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»Es gibt viele Leute, die schlechte Erfahrungen beim Tauchen gemacht haben«, sagte ich, als wir auf den schimmernden Blasenzaun zusteuerten, der unser Haus auf dem Meeresgrund umgab. »Doch dann versuchen sie es noch einmal und …«

»Ich habe es noch mal versucht«, fuhr Gemma dazwischen. »Und noch einmal. Es ist auf jeden Fall mehr als nur eine schlechte Erfahrung.«

Der Kreuzer stieß durch den dichten Strom aus Luftblasen und glitt dann in das blassgolden schimmernde Wasser auf der anderen Seite. Die Begrenzungsleuchten rund um das Grundstück meiner Familie wurden langsam dunkler, um die Abenddämmerung zu simulieren.

»Was ist es dann?« Ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie mir irgendetwas verschwieg. Ich steuerte das U-Boot auf unser Haus zu, das wie eine überdimensionale Qualle über unseren Seegras- und Seetangfeldern schwebte.

»Ich …« Sie hob eine Hand und winkte ab, als wäre jede Erklärung zwecklos – als würde ich es sowieso nie verstehen. »Das Meer ist voll von furchterregenden Dingen«, sagte sie schließlich.

»Wie den Roten Teufeln.«

Wenn ich heute einfach im Boot geblieben wäre, hätte sie die Tintenfische gar nicht erst zu Gesicht bekommen und kein weiteres »furchterregendes Ding« zu ihrer Liste hinzufügen müssen. Würde ich nun versuchen ihr weiszumachen, dass es im Meer sicher sei, könnte ich genauso gut von ihr verlangen, an Meerjungfrauen zu glauben. Das Meer war voller Raubtiere, die Menschen als Beute betrachteten, und es gab genügend Ungetüme, die einen Menschen mit einem einzigen Biss, Stich oder Hieb töten konnten.

»Diese schrecklichen Tintenfische gehören auf jeden Fall dazu«, stimmte sie mir schaudernd zu. »Doch die sind längst nicht die Schlimmsten.«

Ich nickte, denn ich wusste, dass sie Angst davor hatte, von einem Hai gefressen zu werden, obwohl ich ihr versichert hatte, dass so etwas nicht sehr häufig vorkam. Sie hatte nur erwidert, dass das »nicht gerade beruhigend« sei.

»Doch wenn ich das hier alles sehe …«, sagte sie, während sie den Blick über die grünen Felder schweifen ließ und den Schwarmfischen zusah, die wie juwelenfarbene Wirbelstürme auseinanderstoben oder völlig synchron dahinglitten. »Wie sehr vermisse ich es, hier zu sein.«

Gut, dachte ich.

Ich war froh, dass Gemma zugestimmt hatte, bei uns zu Hause zu übernachten, aber im Grunde hatte ich gar nichts davon. Wir spielten den ganzen Abend mit meinen Eltern und meiner neun Jahre alten Schwester Zoe Karten. Ich fand, dass wir mehr als genug Zeit mit den anderen in unserem »Familienraum« verbracht hatten, wie Gemma unser Wohnzimmer am liebsten nannte. Doch dann musste Gemma Zoe noch dabei helfen, ihre Haustiere zu füttern. Das dauerte eine Weile, weil das Zimmer meiner Schwester mit Dutzenden Aquarien vollgestopft war, die bis zum Rand mit den verschiedensten Meerestieren gefüllt waren. Als Mum auch noch begann, Gemmas Haare zu flechten, während Dad Zoe laut etwas vorlas, gab ich die Hoffnung auf, an diesem Abend überhaupt mit Gemma allein sein zu können.

Ich zog mich in mein Zimmer zurück und wünschte, meine Eltern würden für eine Weile verschwinden, einen Ausflug an die Oberfläche machen oder etwas in der Art. Kurz darauf platzte Gemma in mein Zimmer. »Polierst du deine Schätze, Käpt’n Blaubart?«

Verlegen legte ich das Entermesser, das ich restauriert hatte, zurück in das Regal neben die anderen Artefakte, die ich aus dem Meeresboden gegraben hatte. Langdolche und Porzellan, Kelche und Schmuck. Alles ordentlich auf Regalen angeordnet, die mein ganzes Zimmer füllten.

»Ich kann nicht aufhören, an dieses Township zu denken«, sagte sie, während sie vor einer steinernen Götterfigur stehen blieb, die ich als Ständer für Halsketten oder Medaillons verwendete, die ich noch untersuchen und beschriften musste. Sie nahm eine Perlenkette von der Statue und legte sie sich um den Hals. »Ich glaube, es war der Staatenbund.«

»Die Regierung soll alle Bewohner eines Townships getötet haben? Warum?«

»Warum werden Jungs gezwungen, in einer Erziehungsanstalt auf dem Meeresgrund zu leben?«, erwiderte sie und spielte damit auf die Besserungsanstalt an, in die man ihren Bruder einst gesperrt hatte – Seablite.

Dagegen ließ sich nichts einwenden. Nach allem, was ich wusste, hatte diese Erfahrung bei jedem der Jugendlichen Narben hinterlassen – sowohl emotional als auch physisch. Der Arzt, der die Seablite-Erziehungsanstalt geleitet hatte, Doc Kunze, hatte herausgefunden, dass die inhaftierten Jungs nur aufgrund der Tatsache, dass sie unter Wasser lebten, neue Fähigkeiten entwickelten. Er wollte unbedingt untersuchen, woran das lag … und war irgendwann dazu übergegangen, seine Nachforschungen mithilfe eines Skalpells anzustellen.

»Weißt du, wie Abgeordneter Tupper erklärt, was in Seablite passiert ist?«, fragte ich Gemma und ließ mich auf mein Bett fallen. »Mangelnde Aufsicht.«

Sie hörte kurz auf, meine Regale zu durchstöbern und sah mich an. »Oh, wirklich?«

»Seiner Meinung nach ist der Staatenbund keine schlechte Regierung, sondern einfach nur überfordert, und manchmal fällt eben etwas durch das Raster. Nur mangelnde Aufsicht hätte es dem Doc ermöglicht, an den Jungs in Seablite herumzuexperimentieren.«

Gemma zog die Stirn in Falten. »Um ein Township am Meeresboden zu verankern und all diese Menschen sterben zu lassen, braucht es schon mehr als nur mangelnde Aufsicht.«

»Das sehe ich genauso.«

Als sie sich wie früher ans Fußende meines Bettes setzte, fühlte ich mich, als blühten Tausende Seeanemonen mit tanzenden Tentakeln in meinem Inneren auf. Ich war so aufgeregt, sie endlich für mich zu haben, dass ich plötzlich nicht mehr wusste, was ich sagen sollte.

»Bist du nervös wegen morgen?«, fragte sie nach einer Weile.

»Weil wir unsere Ernte an die Drift verkaufen? Nein.« Das entsprach der Wahrheit, auch wenn der Häuptling der Drift aussah, als wäre er einem Albtraum entsprungen, denn sein Gesicht und seine Kopfhaut waren vom Hautkrebs völlig entstellt. »Was kann schon schiefgehen? Sie brauchen unsere Früchte. Und wir wollen sie verkaufen. Ein simples Geschäft.«

»Was ist mit den Rationen, die der Staatenbund ihnen zukommen lässt? Das war doch Teil des Abkommens mit den Surfs, oder? Wenn die Leute zustimmen, auf ein Township zu ziehen, wollte die Regierung sie mit allem versorgen, was sie nicht anbauen oder herstellen können.«

»Der Häuptling der Drift sagt, dass der Staatenbund ihnen nur noch die Hälfte von dem schicke, was sie vor fünf Jahren erhalten hätten.«

»Muss wohl an der mangelnden Aufsicht liegen«, erwiderte Gemma trocken.

Sie sah sogar hübsch aus, wenn sie sich über etwas aufregte. Mit den geflochtenen Zöpfen, die zu einer Art Krone hochgesteckt waren, und dem meergrünen Kaftan, der ihr bis zu den Knöcheln reichte, konnte sie für eine Meerjungfrau gehalten werden. Obwohl ich noch nie eine mit Sommersprossen gesehen hatte …

»Du weißt, dass es ganz schön gemein ist, Jibby an der Nase herumzuführen«, sagte ich und brachte damit das Thema zur Sprache, das mir schon die ganze Zeit unter den Nägeln brannte. »Es sei denn, deine Gefühle ihm gegenüber haben sich geändert.«

Sie lächelte. »Nö, ich bin immer noch nicht bereit, ihn zu heiraten.«

»Warum willst du dann mit ihm zu diesem Boxkampf gehen? Nur um Shade zu sehen?«

»Ja«, sagte sie schnell. »Genau deshalb.«

Das hatte ich auch nicht anders erwartet. Er war ihr Bruder und es leuchtete ein, dass sie ihn sehen wollte. Ich konnte auch nicht vergessen, dass sie vor vier Monaten lieber zu Shade auf die Specter, das U-Boot seiner Gang, gezogen wäre. Sie hatte nur zugestimmt, bei uns zu wohnen, weil er sie abgewiesen hatte.

»Deine Eltern kommen bestimmt jeden Augenblick herein, um uns zu sagen, dass es spät geworden ist.«

»Wahrscheinlich«, stimmte ich ihr zu. »Wir sind bei Tagesanbruch mit der Drift verabredet und ich muss vorher noch den Anhänger holen. Möchtest du mitkommen?«

»Sicher«, sagte sie bewusst lässig.

»Du musst auch nicht aus dem Boot aussteigen.«

»Das ist es nicht.« Sie machte eine Pause. »Na ja, das ist es doch. Aber eigentlich habe ich gerade daran gedacht, dass ich nicht noch ein Township in diesem Müllstrudel finden will. Obwohl ich mir vorstellen kann, dass du dir hier unten schon mit der Hälfte des Geldes ein Stück Land abstecken kannst.«

»Ja, wenn ich volljährig bin.« Dass wir die Nomad gefunden hatten, brachte mich zweifellos der Verwirklichung meines Traums wieder ein Stück näher. Seit der Staatenbund die Eigenheimförderung abgeschafft hatte, war er in fast unerreichbare Ferne gerückt. Weil die Surfs auf der Nomad kaltblütig ermordet worden waren, hatte ich mich nicht gerade darüber freuen können, einen so wertvollen Fund gemacht zu haben. Doch jetzt, da das herrenlose Township nicht mehr in unmittelbarer Nähe dunkel und still auf dem Wasser schaukelte, breitete sich eine angenehme Wärme in mir aus. Mein eigenes Land. Fünfundzwanzig Hektar unterseeisches Gelände – traumhaft schön und von Meerestieren nur so wimmelnd.

»Es muss schön sein, genau zu wissen, was man will«, grübelte sie laut.

»Anders ginge es gar nicht«, erwiderte ich. »Ich könnte oben eingepfercht in eine Schachtelstadt mit Millionen anderen Menschen und ohne Natur nicht überleben.«

»Da hast du vollkommen Recht. Du würdest vermutlich vor Langeweile sterben, weil es dort keine grässlichen Ungeheuer gibt, die dich fressen wollen.« Sie stand von meinem Bett auf und ihr Lächeln verschwand. »Ich komme morgen mit, obwohl ich es wahrscheinlich bereuen werde.« Sie beugte sich vor und umarmte mich kurz.

»Gute Nacht«, sagte ich und versuchte, so locker wie möglich zu klingen. Sie sollte nicht merken, dass mein Puls bei ihrer Berührung sofort nach oben geschossen war.

»Ach und übrigens«, rief sie mir über die Schulter zu, als sie schon auf dem Weg zu Zoes Zimmer war, »du leuchtest.«

Wir waren von dichtem Nebel umgeben, der die Meeresoberfläche gespenstisch erscheinen ließ. Erst bei Sonnenaufgang würde sich der Nebel verflüchtigen. Bis dahin wagte ich es nicht, den Kreuzer zu beschleunigen, aus Angst, auf das überschwemmte Atoll aufzufahren, das unser Ziel war. Wir mussten uns schon fast auf der richtigen Position befinden.

Ich stieß die Luke auf und stellte mich auf den Pilotensitz, um einen besseren Ausblick zu haben. »Die Drift sieht aus wie ein riesiges portugiesisches Kriegsschiff mit einer blau-lila Kuppel aus Plexiglas«, erklärte ich Gemma, die erstaunlicherweise zum zweiten Mal in nur zwei Tagen ihren Taucheranzug trug.

»Ich kann in diesem Nebel gar nichts erkennen«, sagte sie.

Ich schickte eine Reihe Klicks in den Dunst – die hohen Frequenzen waren für Gemma nicht zu hören – und betrachtete die Bilder, die das Echo in meinem Kopf formte. Direkt vor uns konnte ich das Atoll mit dem auf Grund gelaufenen Transportschiff ausmachen, das mit jeder Welle knarrte. Aber ich sah kein Township, was seltsam war. Wir waren auf keinen Fall zu spät.

»Vielleicht ist es untergetaucht.« Gemma streckte den Kopf neben mir aus der Luke.

»Das glaube ich kaum.« Ich wusste, dass die Surfs an Bord der Drift Fischer und Robbenjäger waren. Das Township konnte zwar unter Wasser fahren, aber es blieb meist an der Oberfläche, während es elektrische Netze hinter sich herzog.

»Vielleicht haben deine Eltern den Treffpunkt wegen des Nebels verlegt.«

»Nein, ich könnte wetten, sie sind im Inneren des Wracks und warten dort auf die Drift.« Ich ließ mich zurück in den Pilotensitz fallen, steuerte den Kreuzer neben das Wrack und schaltete den Autopiloten ein. »Ich geh mal nachfragen, was Dad mit dem Anhänger machen will.« Ich kletterte aus dem U-Boot. »Vorher hole ich noch eine Harpune aus dem Heck.«

»Du hast doch eine an deinem Halfter.«

»Ich meine, für dich. Reine Vorsichtsmaßnahme für den Fall, dass die Surfs hier auftauchen und versuchen, sich die Ernte zu holen, ohne zu bezahlen.« Kurz darauf drückte ich ihr die Harpune in die Hand. »Weißt du noch, wie man sie lädt?«, fragte ich, als ich ihren alarmierten Blick bemerkte. Sie nickte und ich glitt auf das schmale Seitendeck des Kreuzers. »Ruf mich, wenn du irgendetwas siehst.«

Ich betrachtete die schemenhaften Umrisse des Schiffswracks im Nebel. Die Bug- und Heckaufbauten ragten über den Wellen auf, doch das flache Deck in der Mitte lag unterhalb der Wasserlinie. Einst war dieses Wrack ein luxuriöses Transportschiff gewesen, das Passagiere nach einem geregelten Fahrplan die Ostküste hinauf- und hinunterbeförderte. Doch ein Sturm hatte das Schiff vom Kurs abgebracht und zerstörerische Wellen hatten es auf das überschwemmte Atoll geworfen. Seitdem war das Schiff seiner Samtsitze und der Lederverkleidung beraubt worden und hatte allen Glanz verloren, doch die Meereswache ließ den Schiffsrumpf, wo er war, um andere Schiffe davor zu bewahren, ebenfalls auf Grund zu laufen.

Vorsichtig sprang ich vom Puffer des Kreuzers auf einen Vorbau des Bugturms und landete dabei bis zur Taille im Wasser. Ich kletterte auf den nächsten Vorbau, wobei ich die Löcher in dem verrosteten Rumpf als Kletterhilfe benutzte. Eine Reling gab es schon lange nicht mehr und der Schiffsboden sah alles andere als stabil aus. Ich trat durch eine Öffnung, in der einst eine Schiebetür aus Glas gewesen war, und lief schnell durch die Privatkabine in den Gang, der dahinter lag.

Der Korridor endete in einer großen Halle in der Mitte des Bugturms. Ich lehnte mich über die niedrige Galerie und suchte nach dem gähnenden Loch, das sich ein Stockwerk tiefer im Boden befand, genau an der Stelle, wo der Heizkessel explodiert war, als das Schiff auf Grund gelaufen war. Jetzt schwappten die Wellen durch die Öffnung in das Wrack. Wenn der Anhänger nicht am Kreuzer festgemacht gewesen wäre, wäre ich dort aufgetaucht. Stattdessen erwartete ich, die Slicky in dem Loch mit dem verkohlten Rand schwimmen zu sehen, doch von unserem Nanoboot war weit und breit keine Spur. Das war eigenartig, denn meine Eltern standen unten in der Halle – genau dort, wo ich sie vermutet hatte.

Sie sprachen mit einem drahtigen Kerl, den ich als Hadal erkannte, den Häuptling der Drift. Wie immer lief mir bei seinem Anblick ein kalter Schauer über den Rücken. Durch den Hautkrebs hatte er nur noch ein halbes Ohr, aber das war bei Weitem nicht das erschreckendste Merkmal. Diese Auszeichnung stand eher den zwei kleinen Hörnern zu, die an der linken Seite seines kahlen Schädels hervorstachen – verschrumpelt und gelb wie alte Fingernägel. Eine weitere entsetzliche Folge der jahrelangen und viel zu starken Sonneneinstrahlung. Während ich versuchte, meinen Ekel zu überwinden, bemerkte ich, dass Hadal allein war, was mir noch eigenartiger vorkam als unser fehlendes Nanoboot.

Ich wollte schon etwas nach unten rufen, sah mich aber vorher noch einmal in der Halle um. Durch ein paar zerbrochene Scheiben in der verdreckten Dachluke fiel vereinzelt etwas Licht. Genug, dass ich einige Gestalten ausmachen konnte, die sich von allen Seiten lautlos näherten. Meine Dunkle Gabe funktionierte in der Luft nicht annähernd so gut wie unter Wasser, aber ich sandte trotzdem ein paar Klicks in ihre Richtung und wartete aufgeregt auf das Echo, das sie mir zurückwerfen würden. Das Bild, das sich daraus formte, ließ mich schaudern. Mehrere Surfs drückten sich an den Wänden entlang und kreisten meine Eltern langsam ein. Ich bezweifelte, dass Mum und Dad ihre Anwesenheit auch nur ahnten.

Die Angreifer hatten freie Oberkörper, weshalb sie ein schärferes Echo zurückwarfen als mit Kleidung, und jeder von ihnen trug einen Dreizack bei sich – einige waren eher kurz und am unteren Ende keulenförmig, andere waren lang und schrecklich spitz. Der Dreizack war ein typisches Werkzeug der Surfs, doch diese Männer hielten ihn wie eine Waffe. Das konnte nichts Gutes bedeuten.

Ich wagte kaum zu atmen, löste die Harpune aus dem Halfter und kroch vorsichtig vorwärts. Als ich die Spitze hob, fiel mir eine Bewegung im Wasser unter mir ins Auge – ein auftauchendes U-Boot. Es konnte nicht die Slicky sein, denn dazu war es zu groß. Von ihrem Standpunkt aus konnten meine Eltern unmöglich sehen, was direkt unter der Wasseroberfläche auf sie lauerte.

»Dad!«, brüllte ich, während ich auf Hadal zielte. »Sie haben euch umzingelt.«

Meine Eltern wirbelten herum und hielten nach mir Ausschau, als die Surfs hervorstürzten. Der Schreck, der Mum und Dad ins Gesicht geschrieben stand, bestätigte meinen Verdacht: Sie hatten nicht gewusst, dass sich weitere Surfs in der Halle aufhielten. Bevor sie reagieren konnten, sprang Hadal hinter meine Mutter und drehte ihr den Arm auf den Rücken. Meine panische Angst verwandelte sich augenblicklich in Wut.

Schon kam einer der sonnenverbrannten Surfs auf mich zu und schleuderte mir seinen Dreizack entgegen. Ich duckte mich gerade noch rechtzeitig, sodass die Waffe an meinem Kopf vorbeischoss und in die Wand einschlug. Schnell sprang ich wieder auf und sah, dass noch ein Surf zur Treppe rannte, während es der Rest der Meute auf meine Eltern abgesehen hatte. Was würde passieren, wenn ich ein paar von ihnen außer Gefecht setzte? Mein Finger am Abzug war bereit abzudrücken, ich könnte so zielen, dass ich niemanden tötete. Trotzdem warf ich die Idee wieder über den Haufen. Es war unmöglich, alle Angreifer auszuschalten, bevor einer von ihnen meine Eltern ernsthaft verletzen konnte.

»Ty!«, schrie Dad. »Hau ab!«

Hinter ihm tauchte das U-Boot durch das Loch im Boden auf. Es sah grün und bösartig aus und sein Bug mündete in einem spiralförmigen Bohrer.

»Ty, lauf!«, rief nun auch Mum, während Hadal sie zu dem wartenden U-Boot zerrte.

Ich verfolgte ihn mit der Spitze meiner Harpune, bis die Surfs meine Eltern an Bord gezwungen hatten. Dann polterten Schritte auf der Treppe neben mir. Ich konnte unmöglich die ganze Horde abwehren. Doch wenn ich ihr U-Boot mit dem Kreuzer verfolgte, könnte ich ihre Koordinaten per Funk an die Meereswache weitergeben und meine Eltern auf diese Weise befreien.

Gerade als die Schritte die oberste Stufe erreichten, machte ich mich aus dem Staub.