|11|Vorwort

Die Peperoni-Strategie ist wie eine frische Habañero-Schote, eine der schärfsten Chili-Sorten der Welt: Sie ist feurig. Sie ist sinnlich-gefährlich. Darum kommt es auf die Dosierung an. Eine zu hohe Dosis entwickelt höllische Schärfe, und man verbrennt sich fürchterlich den Mund. Peperonis sind rot. Sie signalisieren Aggressivität. Ihr Schärfewirkstoff Capsaicin ist – wissenschaftlich erwiesen – gut für das Herz, fördert die Durchblutung und reduziert sogar das Risiko gefährlicher Blutgerinnsel. Capsaicin schützt gleichzeitig den Magen, denn es macht ihn robuster, so der Hamburger Gourmet-Experte Martin Lagoda. Aber die Peperoni-Wirkstoffe attackieren unseren Körper auch und verlangen, dass wir behutsam und klug mit ihnen umgehen. Wird die Peperoni mit bloßen Händen aufgeschnitten, kontaminiert sie die Hände des »Angreifers« bis zu zwei Tage: Kommen die Finger mit Schleimhäuten in Berührung, brennt es höllisch, und die Peperoni errötet vor Freude. Kein Wunder also, dass die Peperoni, gemessen in Scoville-Einheiten, dem internationalen Maß für Schärfe, auf der Werteskala ein Top-Score erreicht. Die Produkte der Schärfegrade neun bis zehn müssen sogar mit Warnhinweisen auf den Etiketten versehen und von Kindern unbedingt fern gehalten werden.

Genauso verhält es sich mit der Peperoni-Strategie für mehr |12|Durchsetzungsvermögen! Richtig dosiert verhilft sie Ihnen im Berufsalltag zu mehr Durchsetzungskraft und Würze. Positive Aggressionen, wohlbedacht eingesetzt, wirken wie ein Feuerwerk in uns: Sie geben uns Tatkraft, Courage und Rückgrat. Wer den Biss hat, Nein zu sagen und für seine Ziele einzustehen, der erlangt mehr Respekt und mehr Energie.

Dieses Buch zeigt Ihnen, wie Sie Ihre natürlichen Aggressionen konstruktiv einsetzen. Sie lernen

  • wie Sie verhindern, über den Tisch gezogen zu werden,

  • wie Sie der potenziellen Opferrolle entgehen,

  • wie Sie Ihre guten Ideen und Projekte erfolgreich durchsetzen.

Dieses Buch verschafft Ihnen außerdem Freude an kleinen Strategiespielen, mit denen Sie Ihre Umwelt verblüffen können, damit sie Sie nicht unterschätzt. Es bringt damit eine gewisse Würze und, wenn nötig, auch Schärfe in Ihr Berufsleben.

Sollte Ihr Partner, Ihre Partnerin nach der Lektüre dieses Buches zu Ihnen sagen: »Du wirkst viel selbstsicherer«, dann bewegen Sie sich in die richtige Richtung. Ich möchte Sie allerdings eindringlich davor warnen, das, was Sie im Folgenden lesen, auf Ihr Privatleben anzuwenden. Sie würden einen fatalen Fehler begehen: Alle Strategien, die im beruflichen Bereich erfolgversprechend sind, entpuppen sich im Privaten als Katastrophe. Bitte bedenken Sie: Im Privaten sind nicht strategisches Geschick und Cleverness gefragt, sondern Miteinander und Einfühlungsvermögen. Ihre privaten Bindungen sollten immer von Offenheit, Ehrlichkeit und Vertrauen geprägt sein, nicht von strategischem Taktieren oder Heimlichkeiten! Die in diesem Buch beschriebenen Job-Strategien können zu echten Scheidungsgaranten werden. Es geht hier ausschließlich darum, wie Sie sich im Geschäftsleben besser durchsetzen.

|13|Die Machtspiele des beruflichen Alltags werden Sie nach der Lektüre dieses Buches schneller durchschauen. Ob Sie dann zum Gegenschlag ausholen oder sich gelassen zurücklehnen, um Ihren Gegenspieler ins Leere laufen zu lassen, das bleibt Ihnen überlassen. Spaß kann beides machen!

Aber beginnen wir von vorne. Wie kam es eigentlich zur Peperoni-Strategie? Mitte der achtziger Jahre hatte ich im Rahmen meines Studiums die Möglichkeit, neue und höchst erfolgreiche US-amerikanische Methoden im Umgang mit jugendlichen Straftätern, sogenannten Gangschlägern, vor Ort kennen zu lernen. Ich war von diesem Konzept des gezielten Aggressionsabbaus so überzeugt, dass ich es auf deutsche Verhältnisse zuschnitt und es im Auftrag der niedersächsischen Justiz im Jugendstrafvollzug mit Gewalttätern, also Hooligans, Skin-Heads und Totschlägern, umsetzte. Das beeindruckende Ergebnis: Gewalttäter können erfolgreich behandelt, aggressives Verhalten kann entschärft werden. Zwei Drittel der Behandelten wurden gewaltfrei; Fachzeitschriften, Presse und Fernsehen berichteten sehr positiv über die Methode. Was will man mehr?

Dann passierte Irritierendes: 1993 meldete sich der Leiter eines Schweizer Wirtschaftsinstituts bei mir und fragte, ob es nicht auch möglich sei, Aggression gezielt auf- statt abzubauen. Ich verstand die Frage zunächst nicht und hielt den Anrufer für unseriös, womöglich gar für den Anhänger einer obskuren Sekte. Aber Dr. David Bosshart, Direktor des renommierten Gottlieb Duttweiler Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft in Zürich (GDI), meinte es ernst. Er setzte – nomen est omen – nach: Er kenne eine Menge Führungskräfte, die hoch qualifiziert seien, Spitzenleute, aber zu gut für diese Welt und nicht in der Lage, ein Team mit nur zehn Leuten zu führen. Sie bräuchten Biss und Power, vor allem mehr Durchsetzungsstärke und |14|den moralischen Segen, dass man sich durchsetzen darf – vor allem für ein gutes Ziel!

Damit war die Idee für einen neuen Typus von Managementseminaren geboren. Seitdem setzen Führungskräfte aus dem Mittelstand und aus den großen deutschen, österreichischen und Schweizer Unternehmen auf dieses potenzialfördernde Trainingsprogramm.

Im Laufe der letzten Jahre traten immer wieder Seminarteilnehmer an mich heran mit der Frage, ob ich ihnen nicht etwas »mitgeben« könne, eine Art Erinnerung: »Für meine regelmäßige Dosis Biss zwischendurch und als Vorbeugung, falls ich wieder zu blauäugig werde«, so der Wunsch des Eigentümers einer deutschen Lebensmittelkette (deren Gemüseabteilungen übrigens ein breites Sortiment an Peperoni führen!). Aus diesen Anregungen entstand die Idee zu diesem Buch. Ich hoffe, Sie können es für sich nutzen – für die kleine Schärfe zwischendurch und als Kochbuch für den gewürzten Berufsalltag mit Biss.

 

Ihr

Jens Weidner