Das Profil erfolgreicher Männer

Vor allem männliche Führungskräfte – und das sind derzeit in den Unternehmen über 80 Prozent – verstehen sich als Menschenkenner, die Einschüchterungen und das Einimpfen von |75|Minderwertigkeitsgefühlen gezielt einsetzen können, um ihren Einfluss zu zementieren. Geschickt schaffen sie so informelle Hierarchien und knüpfen ein Netzwerk, auf das sie in Krisenzeiten bauen können.

Ihr Ehrgeiz ist primär geprägt vom Willen zur persönlichen, firmeninternen und gesellschaftlichen Macht. Einfluss und Autorität gefallen ihnen, Macht ist für sie erotisch, denn sie gibt das gute Gefühl, wichtig zu sein und gebraucht zu werden. »Mein Wort ist heilig«, so der Patriarch eines deutschen Familienunternehmens, der sich damit fast päpstliche Dimensionen zusprach. Kraftvolle Autorität beinhaltet natürlich auch ein positives Verhältnis zur Aggression. Vor allem: Macht macht ihnen Spaß! Anerkannte Führerschaft beinhaltet die unterschwellige Angst der Mitarbeiter vor dieser Power. Mächtige Männer werden dafür nicht gehasst, sondern respektiert, manchmal sogar geliebt.

Als sehr wichtig beschreiben die von mir befragten Manager ihr seismografisches Gespür für drohenden Ärger. Dank ihres geschulten Blickes für ihr Umfeld ist es ihnen möglich, potenzielle Angriffe von Kollegen oder Konkurrenten abzusehen. Dies verschafft den modernen Machtmenschen den nötigen Freiraum, um rechtzeitig Gegenstrategien zu entwerfen.

Die heutigen Führungsmänner beschreiben sich als sehr selbstbewusst. Sie glauben, Berge versetzen zu können, und lieben es, von Zeit zu Zeit moralische Prinzipien über den Haufen zu werfen, denn: »Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern!«

Starke Führungskräfte schreiben sich Definitionsmacht zu und lieben die Freiheit, selbst bestimmen zu können, ohne größere Rücksichten nehmen zu müssen. »L’etat, c’est moi« – der Staat bin ich –, sagte der französische Sonnenkönig. Heute gibt sich die Führung etwas bescheidener. Da heißt es: »Die Unternehmenskultur |76|bestimme ich!« »Corporate Identity« wird dies euphemistisch genannt. Jeder neue Chef, der so gestrickt ist, versucht, dem Unternehmen seinen Stempel aufzudrücken und seine Duftmarke zu hinterlassen. Das wird meist »Umstrukturierung« genannt und mündet in einen umfassenden Prozess. Der wird mitunter derart überzogen, dass selbst gut funktionierende Einheiten neu gemischt werden. Dabei besteht die Gefahr des reinen Aktionismus unter dem Deckmantel des Innovativen!

Die stete Anspannung und die immerwährende Verteidigung des Erreichten haben allerdings auch Auswirkungen auf die Gesundheit. Selbst kurze Urlaubsreisen sind ein zusätzlicher Stresspunkt, denn zunächst stellen sich Erfolgsmenschen die bange Frage, ob der Laden auch wirklich ohne sie läuft. Dazu tritt ein Phänomen, das vor allem Mediziner und Psychologen beobachten: Schmerzhafte Brustverengungen und Herzrhythmusstörungen florieren bei Leistungsträgern bevorzugt in der Urlaubsphase. Die Erklärung: Kaum fällt die alltägliche Selbstkontrolle, rächt sich der Körper für die Dauerbeanspruchung. Ein teuflischer Kreislauf: Der Leistungsbereite übertüncht die Erschöpfungssignale, begeistert sich daran, wie lange er arbeiten kann, erlebt seine Höhenflüge im »Workers High« und registriert erst beim Auftauchen psychosomatischer Symptome, dass Adrenalinausstöße die Kraft nur vortäuschen. An der Gesundheit wird Raubbau getrieben, und auch das Sozialleben leidet.

Wenn Sie als Mann diesem Erfolgsprofil so gar nicht entsprechen (mögen), ist das nicht tragisch, solange Sie nicht in das Schussfeld solcher Macher geraten. Sie stehen damit auch keineswegs allein: Verblüffenderweise ist das Gros der Männer durchsetzungsschwach beziehungsweise autoaggressiv in dem Sinne, dass sie ihre aggressive Power eben nicht ausleben.

|77|Mich hat immer wieder verblüfft, wie viele dieser zurückhaltenden Zeitgenossen selbst in international aufgestellten Unternehmen zu finden sind – und dort ihre Zurückhaltung auch als Handicap erleben. Eine Befragung der Schweizer Beratungsfirma Management Training Systems unter Mitarbeiterinnen und weiblichen Führungskräften hatte zum Ergebnis, dass diese nicht unter zu autoritären, sondern unter zu schwächlichen Kollegen und Chefs leiden! Eine Dame aus dem Norden kommentierte diesen unpositionierten Männertypus einmal ernüchtert: »Haben Sie schon einmal versucht, einen Pudding an die Wand zu nageln?«

Die gute Nachricht: Sie müssen nicht zwingend zu dem beschriebenen männlichen Erfolgsprofil mutieren. Sie sollten aber zumindest so agieren, dass Sie mit den Machern nicht zusammenstoßen. Das ist leicht zu vermeiden, denn aus den obigen Beschreibungen leiten sich einfache Tipps für den beruflichen Umgang mit dieser Erfolgsspezies ab:

  1. Bauen und pflegen Sie Ihr berufliches Netzwerk, und sprechen Sie darüber! Ohne Netzwerk sind Sie ein schutzloses Nichts und vom Wohlwollen oder der Aversion der Leitung und Kollegen abhängig. Ein stabiles Netzwerk von gleichgesinnten Kollegen wird dagegen immer in die Bresche springen, um selbst Ihre Schwächen schönzureden! Macher-Typen meiden gerne Netzwerk-Konflikte, denn da haben sie zu viele Gegenspieler gleichzeitig am Hals.

  2. Bejahen Sie glaubwürdig Ihr positives Verhältnis zur Macht und zur Hausspitze. Diese wird Sie dann als »Bruder (oder Schwester) im Geiste« liebevoll umarmen: »Der ist in Ordnung und keine Gefahr«, sagen sich die Macher.

  3. Signalisieren Sie ungefragt und glaubwürdig Loyalität (auch wenn Sie nicht hundertprozentig dran glauben). Dann brauchen |78|Sie keine unterschwellige Angst vor Attacken der Führung zu haben, denn die greift ihre Bauern, Läufer und Springer – um sich aus dem Schachvokabular zu bedienen – niemals an. Loyalität sichert ein konfliktfreies Berufsleben, denn Schwächen werden verziehen: Dame und König werden Ihnen Schutz gewähren, solange es irgend geht.

  4. Daraus folgt ein wichtiger Hinweis an die Feedback- und Kritikverliebten: Verabschieden Sie sich von dem Gedanken, dass herumreden, herumkritisieren und ehrliche Feedbacks eine kluge und mutige Strategie sind. Der berühmte »kritische Deutsche« ist eben der, der alles scharf durchdenkt und dann vor lauter kritischer Reflektion handlungsunfähig erscheint. Für Macher ein absolut rotes Tuch. Verzichten Sie darauf!

Das Verhältnis erfolgreicher Männer zu erfolgreichen Frauen

Viele Männer halten es immer noch für Emanzipation, wenn Frauen heute die Unternehmensspitze erkennen, ohne sie aber erklimmen zu können. Die ambitionierten Frauen sollen mit ihrem Kopf an die sogenannte »gläserne Decke« (die »Schranke« zum Topmanagement) stoßen, die fein-säuberlich vom Old-Boys-Network gegossen wurde. Männer mögen Frauen – aber nicht als Konkurrentinnen, zumal Frauen 50 Prozent der Bevölkerung ausmachen und damit potenziell auch 50 Prozent Männerkonkurrenz darstellen.

Diese Erkenntnis empfinden besonders mittelmäßige Männer als erschütternd, weil sie genau wissen, dass sie von den besser qualifizierten Frauen fachlich ausgestochen werden können. Früher war es ihnen möglich, trotz ihres Mittelmaßes Karriere zu machen, denn die Zahl der Mitbewerber war geringer, und |79|die waren vom gleichen Geschlecht – das konnte das männliche Ego gerade noch akzeptieren. Heute treten hoch qualifizierte Frauen als Konkurrentinnen hinzu – für Männer mit Minderwertigkeitskomplex nur schwer zu verkraften, weil nun nicht ihre berufliche Qualifikation, sondern auch ihr männliches Rollenverständnis infrage gestellt wird. Zum Kampf um den Arbeitsplatz tritt der Geschlechterkampf hinzu. Das bedeutet für Frauen, Gefahr droht ihnen nicht von den schlauen Top-Kräften – die sind einfach gut und können Kompetenz auch bei anderen problemlos respektieren. Gefahr droht vor allem von den mittelmäßigen Männern mit mittelmäßiger Denke, bei denen man sich schon länger fragt, wie die überhaupt ihre Position erklimmen konnten.

Antiquierte, aber beliebte »Strategien« dieser Männer sind Chauvinismus und Sexismus. Diese sind nicht nur Ausdruck primitiv-unsensibler Männlichkeit, sondern leider auch eine der wirkungsvollsten Waffen im Geschlechterkampf, denn viele Erfolgsfrauen hassen das Vulgärniveau und wenden sich ab. Damit überlassen sie aber das Feld den Männern. Es ist besser, Frauen nehmen den Kampf auf.

Um ihn erfolgreich zu gestalten, sollten Sie als Frau zunächst die mittelmäßigen Männer orten: Wo sind die im Unternehmen und wo haben Sie mit ihnen Berührungspunkte? Haben Sie diese Durchschnittskollegen erst einmal geortet, können Sie sie mit Charme, Höflichkeit und dem ein oder anderen überraschenden Lob – für das Männer extrem anfällig sind! – in Sicherheit wiegen. Danach lassen sich die »Umworbenen« relativ willig um Hilfe bitten, instrumentalisieren oder schlicht über den Tisch ziehen. Fällt es ihnen hinterher doch einmal auf, kommentieren sie meist nur verblüfft: »Von der hätte ich das nie erwartet!« Gegenwehr brauchen Sie in der Regel nicht zu befürchten.