19

In der Bibel wurde Daniel in die Löwengrube geworfen und beruhigte die Tiere durch seinen Glauben. Angelo Farentino hatte diese Geschichte als Kind zwar erzählt bekommen, aber jedes Mal, wenn seine Mutter mit ihm in den Zoo ging und er sich diese grausamen Tiere ansah, war er im Innersten davon überzeugt, dass er in ihrem Bauch landen würde. Er malte sich dann gern aus, dass seine Mutter vor Kummer sterben würde, weil die Löwen ihn gefressen hatten. Doch wenn er an den Stock dachte, mit dem seine Mutter ihn immer geschlagen hatte, wusste er wieder, dass sie eigentlich gestorben war, weil sie sich dafür so schämte. Ihr Sohn war gefressen worden, weil es ihm an Glauben fehlte!

Zum Glück musste Farentino sich diesem Test nie unterziehen. Und seine Mutter war jetzt eine alte Frau, die vor ihrem Haus in dem italienischen Dorf saß, wo sie geboren war und immer noch lebte, und schrie streunende Hunde an. Außerdem beschwerte sie sich dauernd bei den Nachbarn darüber, dass ihr Sohn sie im Stich gelassen habe. Dann jammerten alle – die Kinder von heute, was macht man nur mit denen? –, schüttelten den Kopf und spuckten zum Zeichen ihrer Missbilligung.

Das war Farentino egal. Er mochte seine Mutter nicht. Von Anfang an nicht. Sohnesliebe, so eine Pflicht erkannte er nicht an. Er hatte es als erfolgreicher Verleger zu einem bescheidenen Auskommen gebracht, hatte sein Geld für Immobilien ausgegeben und war zu Wohlstand gelangt. Und er hatte seinen eigenen Glauben – an sich selbst und das, was er erreichen konnte. Er hatte manch Gutes getan. Er war ein guter Mensch gewesen. Betonung auf gewesen.

Jahrelang hatte er Umweltschützern geholfen und dabei gestrahlt wie ein Engel. Schließlich stand er auf der richtigen Seite. Er schützte das fragile ökologische Gleichgewicht der Erde. Wissenschaftler erkannten die Bedeutung seines Verlags an. Und diejenigen, die sich um den Zustand der Welt sorgten, scharten sich um ihn und schrieben darüber, wie dieser schöne Planet von skrupellosen Räubern geschunden wurde, die nur an Macht und Profit interessiert und manchmal sogar echte Wahnsinnige waren.

Und dann war auf einmal Schluss mit dem Gutsein.

Er hatte Geld von der anderen Seite angenommen. Jetzt fuhr er einen Ferrari, besaß eine Villa am Genfer See, Häuser an den abgeschiedensten Plätzen der Welt und – das war besonders kostbar – Anonymität. Falsche Identitäten wurden gekauft, und er konnte seinen Reichtum genießen. Er war in Sicherheit gewesen. Bis Fedir Tischenko ihn gerufen hatte. Jetzt trat Angelo Farentino in die Löwengrube.

Und Max Gordons Vater war der Löwe.

 

Die Frau an der Rezeption im St. Christopher’s griff zum Telefon und bat ihn lächelnd, kurz zu warten. Farentino wartete, die Nerven angespannt. Er versuchte sich zu beruhigen. Keine Viertelstunde nach seiner Unterhaltung mit Tom Gordon würde er wieder in sein Auto steigen, in die Schweiz zurückfahren, dem Mann berichten, der ihm gedroht hatte, er werde ihn vor seinen Feinden bloßstellen, und dann wieder in die Anonymität abtauchen. Wen interessierte schon, was sein Besuch bei Tom Gordon anrichten konnte oder ob Tischenko den jungen Gordon ins Visier nahm? Das Wunderbare an der Bestechlichkeit ist, dass man dabei alle Schuldgefühle verliert. Man ist bösartig und weiß das auch. Man hat keine Moral und schert sich nicht darum. Man bereitet anderen Kummer und Leid und verschließt die Augen davor. Man entschied sich halt für einen bestimmten Lebensstil, dachte Farentino.

»Mister Aldo, kommen Sie bitte? Hier entlang.«

Farentino brauchte einen Augenblick, bis er auf den Namen reagierte, mit dem er eben angesprochen worden war. Ein großer, kräftiger Mann stand in der Tür.

»Ich bin Marty Kiernan. Ich arbeite in Mister Gordons Flügel.«

Er streckte seine linke Hand aus.

Farentino zögerte, doch seine rechte Hand ging schon nach vorn. Schnell korrigierte er sich, verärgert über seine Ungeschicklichkeit. Er hätte die Behinderung des Mannes gleich sehen, die Geste vorausahnen und sich darauf einstellen müssen. Er war wohl doch aufgeregter, als er gedacht hatte.

Martys Schritte waren weit ausladender als die der meisten Männer und Farentino hatte Mühe, ihm zu folgen. Wo Marty einen Schritt machte, brauchte er zwei. Er kam sich vor wie ein Kind. Ob Tom Gordon seine Bitte um ein Interview und seine Behauptung, er arbeite für eine italienische Zeitung, durchschaut hatte? Konnte Gordon wissen, dass Aldo ein Deckname war, und es diesem Riesen gesagt haben? Einen Widersacher zu demütigen, war ein alter Trick. Verunsichere deinen Gegner, schau, dass du ihn auf dem falschen Fuß erwischst und dir einen Vorteil verschaffst. Es war eine schlechte Idee hierherzukommen. Angelo Farentino war für solchen Stress nicht geeignet. Er gierte nach einer Zigarre. Das feine Aroma der kubanischen Montecristo, die in einer Schachtel in seiner Innentasche steckte, zog ihm in die Nase. Aber im St. Christopher’s war das Rauchen verboten.

»Wie geht es Mister Gordon?«, fragte er Marty, um seine Nervosität zu überspielen.

Marty hielt eine Schwingtür auf und sie traten in einen Korridor mit einer Reihe stabiler weißer Holztüren, an denen kleine Namensschildchen aus Messing hingen. Man sah den Namen nicht an, welchen Rang oder welchen Status der Patient in dem jeweiligen Zimmer hatte.

»Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, dass ich das sage, aber ich glaube, es war keine gute Idee, dass Sie hierhergekommen sind«, antwortete Marty leise.

Farentino sank der Mut. Sie wussten es. Sie wussten Bescheid. Er schaute sich unauffällig nach einem Fluchtweg um. Fast blieb er stehen, er wollte nur noch weglaufen, war drauf und dran, die letzten Reste seiner Würde aufzugeben. Farentino hatte sonst immer einen Plan B. Dem Netz der Behörden oder der Drohung persönlicher Rache konnte man sich immer entziehen. Aber hier war das nicht möglich. Tischenko hatte ihn mitten ins Auge des Sturms geschickt. Die Gedanken rasten in seinem Kopf. Die öffentliche Demütigung eines Gerichtsprozesses, der Gestank britischer Gefängnisse – die Häftlingsuniform! Wo stand eigentlich geschrieben, dass Inhaftierte so schlecht sitzende Kleidung zu tragen hatten?

Mit gespielter Gelassenheit sah Farentino Marty in die Augen.

»Warum sagen Sie das, Mister Kiernan?«

Der andere war vor einer Tür stehen geblieben. Auf dem Namensschildchen stand Tom Gordon. Martys Hand lag auf dem Türknauf.

»Das werden Sie gleich sehen«, sagte er und machte die Tür auf.

Die Höhle des Löwen.

 

Zwischen Biarritz und der Schweiz lagen etliche Hundert Kilometer und die Gangstertruppe des Hais ließ sich Zeit. Sie hatten sich mit Bobbys Kleinbus immer an die Geschwindigkeitsbegrenzung gehalten oder waren sogar noch etwas langsamer gefahren. Es war ja nicht nötig, die Aufmerksamkeit eines gelangweilten Verkehrspolizisten zu erregen.

Während der ganzen langen Nacht hatte Sayid gefesselt hinten im Wagen gelegen. Die Kälte nagte an seinen Fingern, doch er war dankbar, dass sie ihm die Hände vor den Körper gebunden hatten und nicht nach hinten. Die vorüberziehenden gelben Lichter der Autobahnbeleuchtung waren das Einzige, was ihm beim Kritzeln half. Je länger die ermüdende Fahrt dauerte, desto größer wurde die Gefahr, dass er die Zahlen des magischen Quadrats, die er sich eingeprägt hatte, wieder vergaß. Die erlittene Gewalt und die Entführung hatten ihn erschöpft und lange würde er nicht mehr gegen die Müdigkeit ankommen. Das Rätsel, was diese Zahlen bedeuten mochten, konnte er nur lösen, indem sie er sie aufschrieb und im Kopf durchspielte. Wenn Max Recht hatte und die Zahlen überhaupt ein Geheimnis bargen, musste es einen Schlüssel geben, der ihren Sinn erschloss. Doch jedes Mal, wenn Sayid sich gerade so zurechtgerückt hatte, dass er anfangen konnte, die Zahlenreihen aufzuschreiben, drehte sich einer der Gangster um und sah nach, was er tat. Wie lange konnte er sich noch wach halten? Wenn er schlief, löschte sein Gehirn die Zahlen womöglich wie eine kaputte Festplatte Daten.

Sayid hatte die Knie angezogen und den zwei Gangstern vorn im Bus den Rücken zugekehrt. Bobby war noch schlimmer eingekeilt als er und döste offenbar immer wieder ein. Seine Verletzungen waren nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Eins von Bobbys Surfboards war auf Bodenhöhe innen am Bus festgebunden und Sayid hatte es geschafft, sich nach und nach weiter dorthin zu schieben. Jetzt konnte er, den Rücken zum Fahrer gekehrt, trotz seiner gefesselten Hände die Zahlen aufschreiben, die er im Kopf hatte. In der winzigen Schrift waren sie kaum zu erkennen, nicht mal bei Tageslicht. Und die Gerätschaften, die Bobby im Bus verstaut hatte, interessierten sowieso niemanden.

Sayid konzentrierte sich. Erste Zeile waagerecht des magischen Vierecks: 11, 24, 7, 20, 3; dann links senkrecht: 11, 4, 17, 20, 23. Das waren Sayids Gedächtnisstützen. Mit ihrer Hilfe füllte er den Rest des Quadrates aus.

Auf diese Weise machte er ein Back-up auf seiner mentalen Festplatte. Sayid rollte sich auf seinem Arm zusammen. Die Zahlen, die er sich auf den Schuh geschrieben hatte, waren da, wo er sie brauchte, und für den Augenblick hatte er genug getan, um etwas schlafen zu können. Er musste so frisch sein wie möglich, wenn er aufwachte.

Das tat er schon nach wenigen Sekunden, wie er meinte, in Wirklichkeit aber eine Stunde später, als der Motor des Busses stotterte. Der Fahrer fluchte, schaute in den Seitenspiegel und schaffte es durch gutes Zureden noch ein paar Hundert Meter weiter. Sayid sah das matte Blinken der Kontrolllampe am Armaturenbrett. Der Kerl auf dem Beifahrersitz machte den Fahrer auf irgendetwas aufmerksam und rumpelnd rollten die Räder jetzt über den Seitenstreifen. Keine Minute später blieb der Wagen stehen. Die beiden Männer stiegen aus. Die Schiebetür ging auf und einer der Kerle kam zu ihnen herein. Sayid schaute weg, er wollte keinen Blickkontakt mit dem Mann. Der Handlanger des Hais trat Bobby mit dem Fuß.

»Steh auf! Was ist los mit der Karre?«

Bobby schlug die Augen auf; er sah mitgenommen aus. »Schon gut. Das krieg ich wieder hin. Es ist der Filter in der Einspritzdüse. Das passiert andauernd.«

»Dann raus mit dir! «

Der Mann drehte sich um und stieg wieder auf die Straße. Bobby, der genauso eingeschnürt war wie Sayid, rutschte herum, kam auf die Knie, stemmte sich mit dem Rücken gegen die Seitenwand des Autos und schob sich hoch. Als er sich mühsam aufrichtete, flüsterte er Sayid etwas zu. Bobby war hellwach, die Benommenheit war nur vorgetäuscht.

»Sayid, ich versuche abzuhauen, wenn ich kann. In Ordnung? «

Der Gedanke traf Sayid wie ein Schlag. Bobby verlieren? Mit den Gangstern allein zurückbleiben? Auch wenn sich der Amerikaner in den letzten Stunden kaum gerührt hatte, bedeutete es ihm sehr viel, dass sie hier, in dieser Situation, zusammen waren. Das wurde ihm jetzt klar. Ein schreckliches Gefühl der Einsamkeit ergriff Besitz von ihm. Trotzdem nickte er. Natürlich. Einer von ihnen musste es versuchen, wenn sich die Gelegenheit ergab.

»Ich hole Hilfe, Sayid. Ehrenwort. Und Peaches weiß nichts, ihr werden sie nichts tun. Ich hab sie in dem anderen Auto gesehen.«

»Ich kann dir vielleicht helfen«, hörte Sayid sich selber sagen und hatte zugleich Angst vor dem, was er ihm vorschlagen würde.

Bobby sah ihn fragend an.

»Ich lenk sie ab«, flüsterte Sayid.

»Hey, raus jetzt mit dir! Los!«, schrie der Gangster. Er hatte einen osteuropäischen Akzent.

Bobby nickte Sayid zu. »Gute Idee. Aber nicht zu früh. Gib mir Zeit«, flüsterte er, als er aus dem Auto stieg.

»Ich muss mal pinkeln«, rief Sayid. »Es ist schon Stunden her. Bitte.«

Er hörte seine Entführer murmeln, und dann drehte sich der, der ins Auto geklettert war, um, langte herein, packte Sayid und zerrte ihn grob in die Nachtluft. Sayid setzte sich auf den Rand der Trittstufe und versuchte sich zu orientieren. Sie hatten an einem erhöht liegenden Parkplatz haltgemacht, der aussah wie ein Picknick-Platz – Bänke und Tische und ein kleines rotes Backsteingebäude mit Toiletten. Am Wochenende diente er Leuten, die weite Strecken fuhren, als Rastplatz, jetzt aber war außer dieser Mörderbande niemand in Sicht. Sie hatten die anderen Autos hinter Bobbys Kleinbus geparkt. In einem sah Sayid vorn den Hai sitzen, der gerade etwas zu jemandem hinter ihm sagte. Die Tür glitt auf und ein dritter Mann trat zu den beiden aus Bobbys Auto hinzu.

Bobby hatte die Motorhaube schon aufgeklappt.

»Ich brauch meine Hände, wenn ihr nicht wollt, dass hier überall Diesel rumschwimmt«, sagte er und hielt einem der Männer seine gefesselten Arme entgegen.

Der Mann zog ein Messer hervor und schnitt das Klebeband durch, dann trat er zurück und beobachtete Bobby, der seinen Kopf über den Motor beugte.

»Ich brauch hier drin auch Licht. Macht schon, Leute.«

Der Mann mit dem Messer nickte einem anderen zu, und der fand vorne im Bus eine Taschenlampe und stellte sich damit dicht neben Bobby und leuchtete in den Motorraum. Die anderen Männer blieben in ihren Autos sitzen. Wenn zu viele Leute im Freien herumliefen, konnte das unnötig Aufmerksamkeit erregen; ein liegen gebliebener Bus, um den sich zwei Männer kümmerten, war weniger auffällig.

Einer der Gangster zerrte Sayid auf die Beine. Sein Fuß tat weh und er humpelte. Der Mann lockerte seinen Griff. »Tragen werde ich dich nicht, also los, beeil dich.«

Sayid humpelte auf die Toiletten zu und schaute sich die Reihe der Autos, den schwarzen Teerstreifen des Parkplatzes und die gelb schimmernden Autobahnlampen an. Viel Verkehr war nicht, aber es gab eine Mittelleitplanke zwischen den Fahrbahnen. Dahinter, auf der anderen Seite der Fahrbahn in Gegenrichtung, verlor sich das Gelände in der Dunkelheit. Dahin würde Bobby rennen, da war sich Sayid sicher.

Er sah nach hinten zu den anderen Autos. Die Entführer hatten Peaches rausgelassen, damit sie sich die Beine vertreten konnte. Sie hatte Jeans und eine Skijacke an und hielt die Arme zum Schutz vor der feuchten Kälte um den Oberkörper geschlungen. Vor Kälte oder Angst? Sayid blieb stehen, lehnte sich an einen Tisch, um seinem Bein Erleichterung zu verschaffen. Sein Bewacher war nur ein paar Schritte entfernt. Würde Peaches auch loslaufen, wenn sie sah, dass Bobby es versuchte? Zu dritt konnten sie vielleicht ein Auto anhalten oder wenigstens so viel Aufmerksamkeit erregen, dass jemand Alarm schlug.

Könnte er doch bloß ihren Blick auf sich lenken! Er würde einfach nicken. Ein simples Nicken und ein Lächeln. Damit sie wusste, sie brauchte keine Angst zu haben.

Jedenfalls nicht so viel Angst wie er.

 

Angst. Flucht oder Kampf? Halte stand und besinn dich auf deine eigenen Kräfte. Vertreibe die Panik. Bete – das war die beste Möglichkeit. Farentino hatte soeben einen neuen Glauben entdeckt und gab sich insgeheim das Versprechen, dass er seine Mutter besuchen, einer Wohltätigkeitsorganisation einen großen Betrag spenden und nie wieder so dumm sein würde, etwas so Verrücktes zu tun, wie es dieser Tischenko von ihm verlangte.

Das Zimmer war groß und angenehm möbliert, wie ein altes Landhotel. Ein Einzelbett, neben dem eine Tür ins Bad führte, ein Schreibtisch, mit Papieren und Notizbüchern übersät. Durch eine Terrassentür sah man auf die Parklandschaft des Gartens, soweit es das von einer Mauer umschlossene Gelände erlaubte.

Tom Gordon saß auf einem Balkonstuhl. Er war auf eine Art gekleidet, wie Farentino ihn schon oft gesehen hatte: beige Hose, langärmeliges, schweres Baumwollhemd und Stiefel. Die kühle Luft schien ihm nicht einmal jetzt etwas auszumachen. Farentino rührte sich nicht, denn Tom Gordon sah weiter unverwandt geradeaus. Dann sah er ihn an. Das war der Augenblick des Erkennens, in dem Gordon sich auf ihn stürzen würde wie ein von der Leine gelassenes Tier. Nicht einmal der große, kräftige Mann neben ihm wäre dann schnell genug, um zu verhindern, dass hier jemand ernsthaft verletzt wurde.

Tom Gordon stand auf und kam die paar Schritte auf ihn zu. Er streckte die Hand aus. »Mister Aldo, ich hoffe, Sie können mir verzeihen, aber ich erinnere mich nicht, für welche Zeitung Sie arbeiten.«

Sofort verdoppelte Angelo Farentino im Stillen die Summe, die er spenden wollte. Die Erleichterung fegte fürs Erste alle Zweifel und Ängste hinweg.

Farentino setzte sich neben Tom Gordon auf die Terrasse und sah ihm in die Augen, suchte nach einem Zeichen des Erkennens, und sei es noch so flüchtig. »Erinnern Sie sich an mich, Tom?«

Tom Gordon überlegte einen Augenblick. Der Mann kam ihm bekannt vor. Ja, er kannte ihn. Aber woher und von wann? Er schüttelte den Kopf. »Entschuldigen Sie bitte, Mister Aldo, mein Gedächtnis spielt mir einen Streich.«

»Das macht doch nichts. Wir haben einmal zusammengearbeitet.« Es versetzte Farentino einen Stich, als er seine Worte hörte. »Wir waren gute Freunde.«

Er schaute den Mann an, dem er sich einmal so nahe gefühlt hatte wie einem Bruder, der dann aber zu seinem Feind geworden war, den er erbittert bekämpfte. Und das alles, weil einmal eine Frau zwischen ihnen gestanden hatte.

Tom Gordon nickte. »Ich bin sicher, dass es mir wieder einfällt. Also, Sie wollten mir Fragen stellen für Ihre Zeitung. Ich werde mein Möglichstes tun, Ihnen zu antworten.«

Farentino lehnte sich in seinem Stuhl zurück, entspannte sich, hatte sich wieder in der Gewalt. Er würde herausfinden, was Tischenko interessierte, und es ihm berichten. Das Leben war wieder im Gleichgewicht. Er brauchte wohl doch kein Geld für Wohltätigkeiten zu verschwenden und den Besuch bei seiner verkniffenen Mutter konnte er sich auch sparen.

Er lächelte.

»Tom, stört es Sie, wenn ich eine Zigarre rauche?«