16

Sayid ließ den Taxifahrer am Terminal vorbeifahren und eine Runde auf der Ringstraße des Flughafens drehen. Auf diese Weise wollte er feststellen, ob die Biker hier irgendwo in der Nähe lauerten oder ob auffällig viel Polizei unterwegs war.

Als er seinen Pass und das Flugticket aus der Tasche nahm, geriet ihm das Blatt Papier mit dem magischen Quadrat in die Finger, das sie in d’Abbadies Château gefunden hatten. Sayid hatte es in seine Jacke gesteckt, als sie von der Bibliothek ins Observatorium gegangen waren. Was sollte er damit machen? Falls man ihn festnahm und durchsuchte, konnte dieses Papier womöglich einen Hinweis darauf geben, wohin Max unterwegs war. Sayid sah sich die fünf mal fünf Zahlen genau an. Max mochte den Überlebensinstinkt eines wilden Tiers besitzen, dafür verfügte er über die Fähigkeit, sich mathematische Formeln und Zahlenkombinationen merken zu können.

Das hatte ihm bei Klassenarbeiten schon oft geholfen. Er nahm an, das war so ähnlich wie bei Musikern, die vom Blatt spielen konnten. Jedenfalls fiel es ihm nicht schwer, sich die Zahlen einzuprägen. Zu viele durften es natürlich auch nicht sein. Aber Max hatte ihn immer dafür bewundert.

Sayid verschloss die Ohren vor den Geräuschen der Nacht und konzentrierte sich ganz auf jede einzelne Reihe und Spalte, bis die Zahlen in seinem Kopf Gestalt annahmen und sich in sein Gedächtnis einbrannten. Dann schrieb er die anderen Zahlen, die Max ihm diktiert hatte, unter die Sohle seines Schuhs. Nicht einmal Sayids Gedächtnis war so gut, dass er sich diese Folge und das magische Quadrat merken konnte. Er vergewisserte sich, dass die Tinte getrocknet und die Zahlen deutlich zu lesen waren, dann knüllte er das Papier zusammen, schob es sich in den Mund, zerkaute es zu einem weichen Brei und schluckte es runter.

So hätte Max es auch gemacht.

Es schmeckte abscheulich, aber jetzt war wenigstens ein Teil des Geheimnisses in Sicherheit.

Der Taxifahrer setzte Sayid vor dem Abflugterminal ab. Ein Auto hupte. Es klang wie Morsezeichen. Als wollte es ihn auf etwas aufmerksam machen. Sayid drehte sich um. Ungeheure Erleichterung ließ ihn seine Angst vor dem Heimflug vergessen, als er Bobbys Kleinbus neben sich halten sah.

Er humpelte zu der Tür, die bereits aufgeschoben wurde. »Bobby, wo zum Teufel hast du gesteckt?«

Hände packten ihn, zogen ihn ins unbeleuchtete Innere und zerrten ihn grob nach hinten. Er schrie auf, aber der Wagen brauste schon mit aufheulendem Motor davon. Jemand legte einen Arm um seinen Hals, ein anderer fesselte seine Hände mit Klebeband, und dann wurde ihm auch noch der Mund mit einem Streifen zugeklebt. Der Hai hatte die Jagdmeute aufgeteilt. Drei seiner Schläger hatten den Flughafen überwacht, während er mit den anderen ins Château der Komtess eingedrungen war.

Es roch nach Neopren und Seetang, als sie Sayid auf den schwarz gekleideten Körper fallen ließen, der gut verschnürt im Laderaum des Wagens lag.

Das war Bobby, vollkommen leblos. Sayid erstickte beinahe vor Panik. Er hatte keine Ahnung, ob Bobby lebte oder tot war. Auf jeden Fall war er nicht bei Bewusstsein. Und sein Körper strahlte keine Wärme aus, aber das lag vielleicht daran, dass er noch seinen Neoprenanzug anhatte.

Der Kleinbus hatte die Autobahn verlassen, das gelb leuchtende Band schlängelte sich in der Ferne, verlockend wie eine Einkaufsmeile. Sayid hatte ein ungutes Gefühl, als sie jetzt durch eine unheimliche, finstere Industrielandschaft fuhren.

Schließlich hielten sie an. Die Hecktür schwang mit gequältem Kreischen auf, und die Gangster zerrten Sayid ohne Rücksicht auf seine Verletzung am Knöchel ins Freie. Er schlug mit dem Rücken auf dem Boden auf, ein heftiger Schmerz schoss durch seinen ganzen Körper. Dumpf drang sein Stöhnen durch das Klebeband auf seinem Mund. Er drehte den Kopf hin und her, konnte aber in der Dunkelheit nichts Genaues erkennen. Alte Gebäude, ein verlassenes Grundstück.

Bobbys Körper klatschte neben ihm auf die Erde. Sayid hörte ein Stöhnen. Gut! Bobby lebte noch. Andere Männer erschienen jetzt; Sayid konnte sie nicht deutlich sehen, nur einer, der sich einmal kurz über ihn beugte, kam ihm von dem Angriff in d’Abbadies Château her bekannt vor.

Ihre Gesichter waren hässlich und gemein. Jemand gab Bobby einen Tritt, ein anderer zog Sayid brutal auf die Füße. Diese Kerle waren größer und stärker, als er gedacht hatte. Jetzt stand auch Bobby aufrecht und schüttelte benommen den Kopf. Eine Faust stieß Sayid von hinten auf den dunklen Eingang eines leerstehenden Lagerhauses zu. Als man ihn dorthin schleifte, zog er seine Schuhe absichtlich durch eine schlammige Pfütze, um die Zahlen, die er darunter notiert hatte, unkenntlich zu machen.

Im Hintergrund parkten Lastwagen mit dicken Reifen. Daneben standen zwei ältere Teenager und rauchten; ein anderer schraubte an Motorrädern herum, die auf ein Transportgestell montiert waren – offenbar die Maschinen, die Max umgeworfen hatte.

Einer der Männer öffnete die Tür eines anderen Wagens und griff hinein. Peaches! Sie saß auf der Rückbank, unverletzt, aber bewacht von einem dieser Schlägertypen. Sayid konnte die Angst in ihren Augen sehen. Diese Leute mussten sie und Bobby in Hendaye entführt haben. Wie gern hätte er ihr zugerufen, sie solle sich keine Sorgen machen. Alles werde gut. Aber er konnte nicht, und schon wurde die Tür auch wieder zugeschlagen.

Einer umkreiste langsam die gespenstisch in Schatten getauchte Szene und filmte alles mit einer kleinen Videokamera, die er auf Armeslänge von sich hielt. Sayid bemerkte eine Antenne auf dem Dach des Wagens.

Ein anderer stand, von oben angestrahlt, im Lichtkegel eines Scheinwerfers, der seine verkniffenen Züge besonders hart erscheinen ließ. Er lehnte an einer alten, rostigen Werkbank, auf der ein Winkelschleifer lag.

Jetzt trat er vor und riss erst Bobby, dann Sayid das Klebeband vom Mund. Er schob sein Gesicht so dicht an das des jungen Amerikaners heran, dass dieser ängstlich zurückzuckte, falls ihn nicht bloß vor dem schlechten Atem ekelte, den jemand mit so kaputten Zähnen verströmen musste, dachte Sayid.

»Wo ist Max Gordon?«, fragte der Hai.

Bobby schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«

Der Hai nickte zweien seiner Schläger zu, die daraufhin Bobby ihre Fäuste in den Leib rammten. Da half ihm auch seine ganze Fitness nichts: Er sackte zusammen.

»Wo ist er?«, fragte der Hai noch einmal.

Bobby schnappte keuchend nach Luft. Schüttelte den Kopf. »Weiß nicht.«

»Du sagst uns jetzt, wo Max Gordon sich verkrochen hat, sonst müssen wir der alten Frau im Château mal einen Besuch abstatten.«

Bobby und Sayid konnten ihre Bestürzung nicht verbergen. Diese Typen wussten von der Komtess!

»Lasst sie aus dem Spiel! Sie weiß überhaupt nichts!«, schrie Bobby dem Hai ins Gesicht.

»Wo ist …?«

»Ich weiß es nicht! Ich habe ihn in Hendaye abgesetzt und danach nicht mehr gesehen!«

Der Hai musterte ihn kalt und nickte. »Weißt du was? Ich glaube dir.«

»Dann lasst die Frau in Ruhe. Bitte!«

»Sie hat gesagt, du würdest bald nach Hause kommen. Wir haben ihr gesagt, da kann sie lange warten«, erwiderte der Hai spöttisch.

»Was?«

»Wenn du was wüsstest, hättest du’s uns erzählt. Um sie zu schützen. Stimmt’s?«

»Wenn du ihr was getan hast, bring ich dich um«, schrie Bobby.

Der Hai grinste, das heißt, er verzog das Gesicht, als wollte er ein Stück Fleisch zerreißen. »Zu spät, Bobby.«

Bobby wollte brüllend auf ihn losstürzen, aber die Männer, die ihn festhielten, traten ihm die Beine weg und pressten ihn auf den Boden.

Der Amerikaner hatte Tränen in den Augen, als er mit gebrochener Stimme stöhnte: »Was habt ihr getan? Sie war doch nur eine alte Frau … meine Großmutter!«

Sayid litt mit ihm. Er wusste, was es hieß, einen geliebten Menschen zu verlieren.

»Ich habe sie nicht angerührt. Sie ist vom Balkon gefallen«, sagte der Hai abfällig und wandte sich von ihm ab.

Sayid erschauderte, als der Hai jetzt ihn anstarrte. Vor seinem inneren Auge sah er die Komtess durch den Boden des morschen Balkons in die Tiefe stürzen.

»Aber du weißt, wo er ist«, sagte der Hai und wischte sich den Speichel ab, der ihm von den Lippen troff.

Sayid schüttelte heftig den Kopf. Er war kurz davor, sich zu übergeben. Er würgte, schluckte den beißend sauren Brei wieder runter und überlegte fieberhaft, was er tun könnte. Aber es gab nichts. Er war diesen Leuten schutzlos ausgeliefert.

Das Gesicht kam näher. Wie ein Hai, der aus den Tiefen des Ozeans einen wehrlosen Taucher angreift. So nah, bis das Licht von oben die Knopfaugen in der hässlichen Visage aufblitzen ließ.

»Wie geht’s deinem Bein?«, flüsterte der Hai in Sayids Ohr.

»Bitte, ich weiß nicht, wo er ist. Er macht immer alles allein. Keine Ahnung. Ehrlich. Lass uns gehen. Wir verraten auch keinem, was hier passiert ist. Ganz bestimmt – Ehrenwort.«

Sayid wusste selbst, wie jämmerlich das klang, was da aus ihm hervorsprudelte. Jämmerlich und verzweifelt. In einer so bedrohlichen Situation konnte man einfach keinen klaren Gedanken fassen. Er wollte nicht geschlagen werden, aber ebenso wenig wollte er Max verraten. Wie lange würde er wohl durchhalten?

Der Hai nickte den Kerlen hinter Sayid zu und sie hoben ihn auf die Werkbank und hielten ihn dort fest. Sayid stöhnte auf. Er wollte nicht weinen, er wollte diesen Gangstern nicht zeigen, welch schreckliche Angst er hatte, aber seine Augen schwammen schon vor Tränen. In seinem Kopf schrie eine Stimme: Bitte, tut mir nicht weh, bitte … Nein! Aber die Worte kamen nicht aus seinem Mund, solange er panisch um jeden einzelnen Atemzug kämpfen musste. Seltsam, aber plötzlich hatte er mehr Angst um seine Mutter, sollte ihm etwas zustoßen. Der Hai beugte sich über ihn.

»Der Gips an deinem Bein ist schon lästig, oder? Davon juckt der Fuß, stimmt’s?«

Sayid nickte.

»Dann nehmen wir ihn doch einfach ab«, sagte der Hai grinsend. »Und ich meine nicht den Gips.«

Sayid hörte noch das sirrende Kreischen, als der Winkelschleifer angeworfen wurde.

 

Geld bedeutete Macht, und Fedir Tischenko besaß beides. Er setzte die Leute, die für ihn arbeiteten, ein, als seien sie Figuren in einem Computerspiel, und das aktuelle Spiel schien einen besonders interessanten Verlauf zu nehmen. Max Gordon war entwischt, und die alte Frau war gestorben, ohne seinen Männern irgendeinen Hinweis zu geben.

Tischenko stand vor der Wand aus Glas – vier Meter hoch und zwanzig Meter breit –, die das riesige, in den Stein gehauene Rechteck ausfüllte. Die Berghöhle war ein Meisterwerk der Ingenieurkunst. In jahrelanger Arbeit hatten Tunnelbohrmaschinen gewaltige Höhlen geschaffen, größer als Straßentunnel, so geräumig, dass fünfzig Meter hohe technische Anlagen darin Platz fanden, so ausgedehnt, dass kilometerlange Kabel in den unterirdischen Labyrinthen verlegt werden mussten. Hier, in seinen Privaträumen, blickte er aus dreitausend Metern Höhe auf zerklüftete Täler und mächtige Gletscher hinab. In den winzigen Flugzeugen, die zweitausend Meter unterhalb seines Domizils dahinflogen, ahnte niemand, dass Tischenko wie ein Berggott über ihnen thronte.

Senkrechte Spalten im Innern des Bergs, die noch aus der Eiszeit stammten, waren zu luftdichten Schächten ausgebaut worden. Die gläsernen Aufzüge, die dort auf- und abfuhren, bewegten sich in einem vollkommenen Vakuum auf Luftpolstern – Technik des Weltraumzeitalters, die sich nicht einmal die reichsten und innovativsten Unternehmen leisten konnten. Es waren die schnellsten Aufzüge der Welt, sie brachten ihn schneller in seine Unterwelt aus Eis und Fels hinab, als wenn er von da oben einfach so in die Tiefe springen würde.

In einem dieser Aufzüge war der Mann unterwegs, den Tischenko zu sich bestellt hatte. Angelo Farentino war nervös, aber das wusste er gut zu verbergen. Auch er lebte in einer Art Festung, einer Festung aus Falschheit und Lügen. Ihn schützten dicke Mauern aus gezielten Falschinformationen vor denen, die ihn nur zu gern hinter Gittern sehen würden für den gewaltigen Verrat, den er an Umweltgruppen überall auf der Welt begangen hatte. Aber Tischenko wusste, wo er zu finden war.

Farentino war einmal Tom Gordons bester Freund gewesen. Er hatte Artikel über ökologische Gefahrenzonen veröffentlicht, geschrieben von Wissenschaftlern, Abenteurern und Forschern wie Max’ Vater. Nach und nach aber hatte Farentino sich auf ein perfides, heimtückisches Spiel eingelassen. Er wandte sich finanzstarken Unternehmen zu, denen daran gelegen war, die durch ihre Projekte verursachten Umweltschäden zu vertuschen.

Die Aufzugtür glitt auf und Farentino, sportlich, aber teuer gekleidet, trat in den Raum. Man hatte ihn herbeordert, und dem Ruf dieses grotesken Menschen nicht zu folgen, wäre mit Sicherheit ziemlich ungesund. Tischenko zu grüßen, war nicht erforderlich. Hier war nicht Höflichkeit, sondern Gehorsam gefragt.

»Gutes Timing, Angelo.«

Per Knopfdruck fuhr Tischenko eine Projektionsfläche von der Größe einer kleinen Kinoleinwand hoch. Dort lief eine Aufnahme, die Sayids Entführer geschickt hatten. Max Gordons Freund war am Flughafen abgefangen worden, und die Angst, die seine Männer dem Jungen einjagten, brachte ihnen die Information, die sie brauchten.

Angelo Farentino krampfte sich der Magen zusammen, als sei er in den Liftschacht gestürzt. Vorsichtig tupfte er sich mit seinem Taschentuch den Schweiß von der Oberlippe, als das Kreischen des Winkelschleifers die Schreie des Jungen auf der Werkbank übertönte.

Es waren entsetzliche Angstschreie – und der Verrat an Max Gordon.

 

Im Flugzeug gönnte sich Max ein wenig Schlaf. Wer wusste schon, was ihn in Marokko erwartete? Er musste jede kleine Verschnaufpause nutzen. Auch mit einem zwanzigminütigen Nickerchen konnte er neue Kräfte tanken. Soldaten schliefen auch bei jeder Gelegenheit, und wenn es nur ein paar Minuten waren.

Du darfst nicht aufgeben. Aber jetzt ruh dich erst einmal aus. Denk an die Gefahren, die dir drohen.

Warum machte er das eigentlich alles? Jemand war auf schreckliche Weise ums Leben gekommen und hatte ihm den Auftrag gegeben, ein Geheimnis zu lüften und den Mörder zu finden – deswegen machte er das. Kapitulieren kam gar nicht in die Frage. Manchmal dachte er daran, alles hinzuwerfen, aber etwas in seinem Blut ließ das nicht zu. Und dieses Etwas war mit keiner chemischen Analyse nachweisbar, auch nicht mit den modernsten Methoden der Wissenschaft. Es war weit mehr als seine Gene – es war er selbst. Im Übrigen analysierte Max nicht gern. Wer zu viel über sich nachdenkt, verzettelt sich allzu leicht und kommt nicht mehr weiter. Nimm alles, wie es kommt. Tu, was du zu tun hast; zum Nachdenken ist hinterher immer noch Zeit.

Der Flug geriet zu einer Folge wirrer Träume und Gedanken. In seinem Kopf herrschte ein wirbelndes Chaos, und ein paarmal wachte er stöhnend auf und rang nach Luft. So schlief er ungefähr zwei Stunden, immer wieder unterbrochen, aus dem Schlaf gerissen von jedem ungewöhnlichen Geräusch, mit laut hämmerndem Herzen, alle Muskeln angespannt, bereit zum Kampf.

Sophie legte eine Hand auf seinen Arm und lächelte ihn an. Max kam zu dem Schluss, dass sie nicht bloß einfach die Ruhe in Person war; vielmehr schien sie überhaupt keine Gefühle zu haben – oder aber sie hatte sich vollkommen unter Kontrolle.

»Uns kann nichts passieren, Max. Niemand weiß, dass wir hier sind. Bald landen wir in Marrakesch und dann sind wir in wenigen Stunden zu Hause.«

»Und dein Vater, was wird der dazu sagen, dass du einen gesuchten Mörder mitbringst?«

»Er wird das genauso wenig glauben wie ich.«

Max sah ihr in die Augen. Das Mädchen war ihm immer noch ein Rätsel, und er wurde das Gefühl nicht los, dass er an einen abgelegenen Ort gelockt wurde und dann niemand mehr wusste, wo er war. Dort wäre er ganz auf sich allein gestellt. Aber war das nicht genau das, was er wollte? Deuteten nicht alle Hinweise auf diesen Ort? Er glaubte, das Risiko wie immer gut berechnet zu haben. Nur, dass Mathe nicht zu seinen Stärken zählte.

Er wünschte, er hätte Sayid zum Flughafen begleitet. Dass er von seinem besten Freund getrennt war, machte ihn zusätzlich nervös.

Als es hell wurde, hatte er sein Schlafbedürfnis überwunden. Jetzt galt es, hellwach zu sein und sich zu vergewissern, dass ihnen niemand gefolgt war, dass sie nicht in einen Hinterhalt gerieten.

Die Sitze waren unbequem, aber das half ihm, sich zu konzentrieren.

Er hatte sich in eine gefährliche Situation manövriert. Er hätte nach der Lawine einfach nach Hause fahren können. Er hätte Sophie in jener Nacht in Mont la Croix nicht helfen und sich den Hai zum Feind machen müssen, und er hätte auch nicht versuchen müssen, den verwundeten Mönch zu retten. Aber er hatte es getan und jetzt musste er die Konsequenzen tragen. Ursache und Wirkung. Max wusste, egal was geschah, ob er das Rätsel löste oder nicht, der Hai würde nicht aufhören, ihn zu jagen.

Tief in seinem Innern spürte er etwas, geballt wie eine Faust.

Nicht Angst, sondern Kampfbereitschaft.