Kapitel 24

 

Trenyth! Großmutter Kojote!« Ich blieb auf der untersten Stufe abrupt stehen, und Delilah prallte gegen mich. Wir stürzten auf den matschigen Boden vor der Treppe.

Ich verzog das Gesicht, als die Spitze des Einhorn-Horns mich in die Hüfte piekste.

Ich befürchtete nicht, dass es brechen könnte - vermutlich würde es selbst dann keinen Schaden nehmen, wenn ein Lastwagen darüberrollte -, aber ich hatte große Angst davor, aus Versehen seine Kraft zu entfesseln. Ich wusste ja immer noch kaum etwas darüber, wie das verdammte Ding funktionierte.

»Autsch! Pass doch auf!«, rief Delilah und rieb sich den Hintern. Sie rappelte sich auf und half mir hoch.

Menolly stand hinter uns. Ich erwartete ein höhnisches Grinsen, doch sie starrte unsere Besucher mit verschleiertem Blick und todernster Miene an. Morio und Smoky blieben ebenfalls stehen.

»Dass ihr beide auf einmal hier seid, gibt mir ein ungutes Gefühl«, sagte ich und rieb die schmerzende Stelle an meiner Hüfte. »Was ist passiert?«

»Wir müssen uns unterhalten«, sagte Großmutter Kojote, deren stählerne Zähne im schwachen Lichtschein schimmerten. Der Neumond war erst ein paar Tage her, und ich konnte die grollende Energie der Dunklen Mutter noch in der Luft spüren.

»Möchtet Ihr hereinkommen?«, fragte ich und wies auf die Haustür.

Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Wir haben keine Zeit für Höflichkeiten. Du musst dich beeilen. Das Gleichgewicht wird heute Abend kippen.

Morgen ist die Tagundnachtgleiche, und die Balance muss wiederhergestellt werden.

Was vor langer Zeit aus dem Lot geriet, kann heute Nacht geradegerückt werden. Die Mächte, die einst herrschten, werden sich von neuem erheben. Du musst dabei sein, um Zeugnis abzulegen, und du musst tun, was du kannst, um den Ruck herbeizuführen.«

Rätsel. Großmutter Kojote sprach immer in Rätseln. Ich machte mir nicht mehr die Mühe, sie zu fragen, wovon sie eigentlich sprach. Das war zwecklos. Wir würden es auf die harte Tour herausfinden. So lief das immer.

Ich wandte mich Trenyth zu. »Und was für schlechte Neuigkeiten hast du für uns? Sie müssen wirklich schlimm sein, wenn Königin Asteria dich durch ein Portal hierherschickt, nachdem sie gesagt hat, sie wolle deinen Hals nicht riskieren.«

Er holte tief Luft. »Ich bringe tatsächlich schlechte Neuigkeiten. So ungern ich derjenige sein will, der dir das mitteilt, aber es hat eine Panne gegeben. Es geht um Trillian ...«

Ich begann zu keuchen. »Nein ... nein ...«

»Camille, hör mir zu ...«

»Wag es ja nicht, mir zu sagen ...« Panische Energie raste durch meinen ganzen Körper. Mein Herz hämmerte so laut, dass ich mich kaum denken hören konnte. Ich begann zu zittern.

»Trillian ist...«

»Nein! Er kann nicht tot sein!« Ich biss mir auf die Lippe, und Blut rann mir in den Mund. Das durfte nicht wahr sein -das war zu viel. Alles war mir zu viel.

Delilah sprang hinter mich und fing mich auf. Smoky sprang die Treppe herunter, und ich lehnte mich an ihn.

Trenyth sagte hastig: »Er ist nicht tot. Seine Seelenstatue ist nicht zerbrochen.« Er schüttelte den Kopf, und meine Lunge erinnerte sich an ihre Aufgabe und stieß zittrig den Atem aus. »Er ist zumindest nicht tot ... noch nicht.«

Ich keuchte erstickt auf, und Smoky hielt mich noch fester. »Was zum Teufel soll das heißen? Noch nicht tot? Ist er verletzt worden? Verwundet? Sag mir doch endlich, was passiert ist!«

Trenyth seufzte. »Wir fürchten, dass er von einem Goblin-Kontingent gefangen genommen wurde. Ein anderer Spion hat den Kampf beobachtet.«

Und dann wurde meine Welt schwarz.

Als ich wieder zu mir kam, merkte ich, dass sich jemand über mich beugte. Ich blinzelte und versuchte, denjenigen zu erkennen. Was war passiert? Warum lag ich auf dem kalten Boden?

Großmutter Kojotes schimmernde Zähne erschienen scharf über meinem Gesicht. Sie lächelte auf mich herab und tätschelte meine Wange. Ihre Finger waren rauh, und ihr Blick bohrte sich tief in meine Seele, um mich aus dem Loch hervorzuholen, in das mein Geist sich geflüchtet hatte. Ich schnappte nach Luft und setzte mich auf, als eine Art elektrischer Schlag aus ihrer Hand mein Gesicht traf. Das machte mich sofort munter wie ein scharfer Whisky.

»Komm schon, Mädchen, steh auf. Du hast jetzt keine Zeit zu trauern. Du musst die Bürde schultern und in die Nacht hinausziehen. Stell deine Fragen. Weinen kannst du später«, sagte sie.

Ich schüttelte den Kopf, um den letzten Nebel zu vertreiben, und sah mich um. Smoky saß neben mir. Mein Kopf hatte in seinem Schoß gelegen. Morio und Menolly knieten links von mir, Delilah und Chase zu meiner Rechten. Sie halfen mir hoch, und Smoky schlang den Arm um meine Taille, während Morio meine Hand ergriff.

»Alles in Ordnung?«, fragte Delilah.

»Wie könnte alles in Ordnung sein?«, fragte ich und starrte sie fassungslos an. »Du weißt doch, was Goblins mit ihren Gefangenen machen. Ihnen in die Hände zu fallen ist praktisch eine Todesstrafe.«

Großmutter Kojote wandte sich ab, aber ich konnte nicht aufhören zu reden.

»Trillian und ich gehören einander - bis in den Tod. Als er wieder in mein Leben trat, hatte ich entsetzliche Angst, weil ich wusste, dass ich ihn nie wieder würde wegschicken können -dass ich ihn nie wieder verlassen würde. Ganz gleich, mit wie vielen anderen wir das Bett teilen, wie viele Meilen zwischen uns liegen, wir sind für immer aneinander gebunden.« Ich schloss die Augen. »Sagt mir, was passiert ist.«

Großmutter Kojote erwiderte barsch: »Wir haben keine Zeit.«

»Dann nehmt Euch die Zeit!«, fuhr ich sie an, denn mir war kalt, so kalt wie in den nördlichen Ödlanden. »Trillian ist mein Eidgefährte. Ich muss wissen, was ihm widerfahren ist und warum er überhaupt zu einer neuen Mission ausgeschickt wurde, obwohl er bereits als Spion enttarnt war. Die Welt kann von mir aus in tausend Stücke splittern, das ist mir im Augenblick egal. Ich will es wissen!«

Sie starrte mich an, und einen Moment lang glaubte ich, sie würde mich niederschlagen, doch dann gab sie Trenyth einen Wink. »Mach schnell. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«

Trenyth zupfte am Kragen seines Gewands. »Trillian war der Einzige, dem Königin Asteria diese Mission anvertrauen konnte, und wenn ich dir erklärt habe, worum es ging, wirst du das verstehen.«

»Das will ich hoffen.« Meine Hand fuhr zum Silberdolch an meinem Gürtel.

Er warf mir einen kalten Blick zu. »Euer Vater wurde vor einigen Tagen in Elqaneve erwartet. Er wollte sich unserem Geheimdienst anschließen.«

»Vater! Was weißt du über unseren Vater? Wir haben nichts mehr von ihm gehört, seit er von der Garde desertiert und geflohen ist.« Ich war steif vor Anspannung. Delilah und Menolly ebenfalls.

»Euer Vater hat uns benachrichtigt, dass er kommen wollte. Wir brauchten ihn. Er war im Besitz geheimer Informationen über die Armeen von Hof und Krone. Aber irgendwo unterwegs ist er verschwunden.«

»Scheiße. Nicht gut. Gar nicht gut. Irgendeine Ahnung, was ihm passiert sein könnte?« Menolly trat ein Steinchen beiseite, und Delilah ließ sich düster auf die Hacken sinken. Ich beobachtete sie aufmerksam, aber sie verwandelte sich nicht.

»Durch einen Informanten - Rozurial kennt ihr ja - haben wir erfahren, dass die Seelenstatue eures Vaters noch intakt ist. Aber wir brauchen dringend die Informationen, die er bei sich hat. Wir müssen herausfinden, wo er verschwunden ist und warum. Trillian war der Einzige, dem wir in dieser Angelegenheit vertrauen konnten. Er kennt euren Vater. Er kennt die ganze Geschichte.«

»O Große Mutter«, sagte ich und lehnte mich an Smoky, der mir half, mich auf den Füßen zu halten. »Dann werden die Goblins ...«

»Sobald sie ihn als Spion erkennen, werden sie ihn foltern und töten, wenn es ihm nicht gelingt zu fliehen.« Trenyths Stimme wurde leise. »Es tut mir sehr leid, Camille.

Wir wissen immer noch nicht, was genau geschehen ist. Es gab keinerlei Berichte über Goblin-Aktivitäten in dem Gebiet, in das wir Trillian geschickt haben. Wir haben keine Ahnung, wie sie so plötzlich dort auftauchen konnten.«

»Die Portale.« Menolly schnippte mit den Fingern. »So haben sie es gemacht! Sie benutzen die unbewachten neuen Portale. Um was wetten wir, dass ein paar nach dem Kampf von heute mit Informationen über uns zurück nach Guilyoton entkommen sind?«

»Kampf? Wovon sprecht ihr?« Trenyth blickte verwundert drein.

Wir berichteten ihm von der kleinen Schlacht am Vormittag.

»O Scheiße, den Goblin und die Humberfee dürfen wir nicht vergessen!« Delilah sprang auf und klopfte sich den Hosenboden ab. »Bestimmt haben sie das, was sie wissen, nicht nur den Dämonen gesagt, sondern auch ihren Genossen zu Hause. Goblins sind verschlagene kleine Mistkerle, und sie halten niemals Wort.«

»Wenn das stimmt, haben sie uns vermutlich schon nachspioniert, bevor sie Feddrah-Dahns zur Buchhandlung verfolgt haben«, sagte ich und fühlte mich so taub, als hätte ich ein paar Novocain-Spritzen bekommen. »Ich würde darauf wetten, dass Karvanak uns schon seit einer Weile beobachtet. Wenn er schon in Seattle war, ehe Bad Ass Luke hierherkam, hat er uns vielleicht die ganze Zeit über ausspioniert. Wer weiß, was die Dämonen alles über uns wissen? Oder Königin Lethesanar?«

Meine Sorge um Trillian und meinen Vater nahm ganz neue, höchst unwillkommene Dimensionen an. »Haltet ihr es für möglich, dass Lethesanar mit den Dämonen unter einer Decke stecken könnte?« Bei dem Gedanken wurde mir eiskalt. Wenn das stimmte, war sie eine Verräterin - die gleich zwei ganze Welten in Gefahr brachte.

Trenyth runzelte die Stirn. »Das bezweifle ich, aber ich werde Königin Asteria darauf ansprechen. Mehr kann ich dir im Augenblick leider nicht sagen.«

»Was tun wir denn jetzt?«, fragte ich. Ich fühlte mich immer noch schwach. Innerlich sagte ich mir andauernd vor: Noch ist er nicht tot... noch ist er nicht tot... bewahre dir diesen Hoffnungsschimmer. »Wir müssen Trillian retten. Ich weiß, dass er auch für solche Situationen ausgebildet ist, aber Goblins sind gnadenlos, und sie werden ihn in Stücke reißen müssen, ehe er mit irgendwelchen Informationen herausrückt.«

»Ihr könnt nichts unternehmen«, sagte Trenyth leise. »Wir tun, was wir können, aber es gibt nun einmal...« Er verstummte und legte mir die Hand auf die Schulter. Smoky schob sie weg. Trenyth senkte den Kopf. »Du weißt nicht, wie sehr ich es bedauere, dir das mitteilen zu müssen, Camille. Ich weiß, wie viel Trillian dir bedeutet.«

»Ja, ja«, sagte ich ebenso leise. »Sonst noch was?«

Er schüttelte den Kopf.

»Dann gehst du wohl besser und besprichst dich mit Königin Asteria.« Ich wandte mich ab, ehe er noch mehr sagen konnte.

»Kind, bestrafe nicht den Boten.« Großmutter Kojotes Stimme hallte in der stillen Nacht wider, und ich fuhr herum, bereit, ihr zu widersprechen, doch sie schüttelte den Kopf, und ich schwieg. »Er hätte dir gar nichts zu sagen brauchen. Er hätte nicht herkommen müssen.«

Ich holte tief und zittrig Luft. »Da habt Ihr recht. Trenyth, danke, dass du es mir persönlich gesagt hast. Wir fahren jetzt besser. Es sei denn, ihr habt mir noch etwas zu sagen.«

Schweigend wandten sie sich ab und gingen davon. Als ich ihnen nachschaute, sackte mein Herz wie ein Senkblei herab, das mich schwer mit sich zog. Ich ging auf Morios SUV zu. Alle folgten mir, und ihre unausgesprochenen Fragen lasteten obendrein auf mir.

Ich sah sie an. »Ihr könnt nichts tun, also versucht es gar nicht erst. Trillian ist so gut wie verloren, und unser Vater wird vermisst. So ist das nun mal im Krieg. Wenn sie uns nicht erlauben, in die Anderwelt zurückzukehren und ihre Rettung selbst in die Hand zu nehmen, was zum Teufel gibt es dann noch zu sagen? Und selbst wenn wir gehen könnten, wüssten wir nicht, an welchem der tausend möglichen Orte wir zuerst suchen sollten.«

Morio schloss den Wagen auf. Während die anderen hinten einstiegen, traten Smoky und Morio neben mich. Ich starrte Morio stumm an. Der warme Topaston seiner Augen ließ mein Herz weich werden, und ich spürte ein Schluchzen in meiner Brust aufsteigen. Morio schlang die Arme um meine Taille. Smoky trat hinter mich und umfasste meine Schultern. Sein Haar hob sich und streichelte meine Arme, meine Stirn und mein Bein.

»Camille, du musst etwas tun«, sagte Smoky. »Trillian ... es gibt doch eine Chance, ihn zu retten. Und das, was ich dir vorschlage, ist nicht irgendeine Drachenlist, um dich meinem Willen zu unterwerfen.«

»Was kann ich denn tun? Wie könnte ich ihn finden?« Meine Stimme klang schwach, während ich um Beherrschung rang. Am liebsten hätte ich geweint, geschrien, mich fallen lassen und darauf vertraut, dass sie die Bruchstücke wieder aufsammeln würden. Aber wie immer zwang ich mich, stark zu bleiben, der Fels in der Brandung.

Nach Mutters Tod war ich der Leim gewesen, der die Familie zusammengehalten hatte. Und ich hatte sie nicht ein einziges Mal im Stich gelassen, auch wenn ich innerlich geschrien hatte vor Schmerz?

Wenn die anderen Kinder Delilah gepiesackt hatten, damit sie sich verwandelte, war ich es gewesen, die sich mit ihnen geprügelt hatte, um meine Schwester zu retten.

Aber ich hatte nicht geweint. Ich hatte es nicht gewagt, meine Verletzlichkeit zu zeigen, denn sonst hätten sie mir womöglich noch schlimmer zugesetzt.

Als Menolly nach Hause gekommen war, rasend vor Blutrausch und in Fetzen gerissen, hatte ich lange genug die Fassung bewahrt, um Hilfe zu holen. Und dann hatte ich Vater und Delilah in ihrem Schmerz getröstet und meine eigenen Ängste im Zaum gehalten, weil das von mir erwartet wurde. Ich war der Fels. Ich war der Anker.

Und jetzt war Trillian so gut wie tot, und unser Vater galt mitten im Krieg als vermisst.

Aber wir hatten eine Mission zu erfüllen. Wieder wurde von mir verlangt, meine Gefühle beiseite zu schieben. Meine eigenen Bedürfnisse zu ignorieren und mich um das Wohl der Allgemeinheit zu kümmern. Vielleicht war das der Grund, weshalb ich nie Kinder bekommen wollte. Ich hatte schon alles gegeben, was ich zu geben hatte.

»Ich sage dir, was du tun kannst«, erklärte Smoky. »Vollziehe ein Binderitual mit Morio und mir. Nimm uns als deine Ehemänner an. Dann können wir dich so schützen, wie es nötig ist - und wir können selbst alle unsere Kräfte entfesseln, um Trillian zu finden.« Sein Blick war so intensiv, dass er mir Angst einjagte.

Ich starrte ihm forschend ins Gesicht und sah dann Morio an, auf der Suche nach einer Bestätigung dafür, dass Smoky die Wahrheit sagte. Morio nickte mit zusammengepressten Lippen.

»Ist das dein Ernst? Ich soll euch beide heiraten? Also, zunächst einmal gibt es auf dieser Welt Gesetze gegen so etwas -na ja, zumindest in diesem Land ...«

»Scheiß auf Gesetze und Regeln. Wir reden hier nicht von amtlichen Dokumenten«, unterbrach mich Morio. »Und es geht auch nicht um eine einfache kleine Hochzeitszeremonie oder heroische Versprechungen. Nein, ich weiß, wovon Smoky spricht. Er redet vom Ritual der Seelensymbiose.«

Ich schüttelte den Kopf. »Was zum Kuckuck ist das? Davon habe ich noch nie gehört.

Ist das ein Erdwelt-Brauch?«

Smoky schnaubte. »Nicht direkt. Das Ritual ist ein wohlgehütetes Geheimnis einiger Abstammungslinien der Übernatürlichen Wesen.«

Er warf Morio einen warnenden Blick zu. »Frag nicht einmal, woher ich davon weiß; du würdest keine Antwort bekommen.«

Morio schaute zum Auto hinüber und winkte, als Delilah den Kopf zum Fenster herausstreckte. »Wir kommen gleich.« Er wandte sich wieder mir zu. »Das Ritual bindet Seelen durch eine magische Vereinigung aneinander. Aus dieser Verbindung entstehen gewisse Fähigkeiten. So können Seelensymbionten die anderen Mitglieder ihrer Symbiose immer und überall aufspüren. Trillian wird zwar strenggenommen nicht darin eingeschlossen sein, aber da du durch so starke Magie an ihn gebunden bist, na ja ... könnte das genau das sein, was wir brauchen. Du kannst dann unsere Kraft benutzen. Wenn wir alle drei über magische Verbindungen nach ihm suchen, könnten wir ihn tatsächlich finden.«

Ich starrte die beiden an. »Du meinst also, wenn wir das tun, könnten wir ihn aufspüren?«

»Eine Garantie dafür gibt es nicht, aber ich bin bereit, es zu versuchen.« Morio reckte das Kinn. »Camille, du weißt selbst, dass die Elfen nichts riskieren werden, um Trillian zu finden. Sie betrachten ihn möglicherweise sogar als Last, als Gefahr für ihre Operationen, da er jetzt gefangen genommen wurde. Sie könnten sogar Tanaquar bitten, eine Jakaris-Triade auszuschicken, wie sie es bei deinem Cousin Shamas versucht haben. Trillian besitzt nicht dieselbe ursprüngliche Macht wie Shamas.

Ihm würde es nie gelingen, sich die Magie der Meuchler zunutze zu machen. Sie würden ihn töten.«

Jakaris war der svartanische Gott des Lasters und der Bosheit, doch für die Dauer des Krieges hatte König Vodox die Triaden - Gruppen von je drei Mönchen, die hervorragende magische Meuchelmörder waren - in den Dienst von Tanaquar und Königin Asteria gestellt. Wenn sie Trillian ins Visier nahmen, war er schon so gut wie mausetot.

»Verdammt will ich sein. Und ihr beiden ... ihr würdet das für mich tun? Ihr würdet eine solche Seelenverbindung mit mir eingehen, um mir zu helfen, Trillian zu retten?«

Ich starrte sie an und konnte kaum fassen, welch großzügiges Geschenk sie mir da anboten.

Morio nickte. Smoky ebenfalls.

»Wie lange hält diese Verbindung an?« Im Herzen kannte ich die Antwort schon, aber ich wollte sie aus ihrem Mund hören.

Smoky räusperte sich. »Fürs ganze Leben ... und darüber hinaus. Und es würde bedeuten, dass wir uns nie lange voneinander trennen könnten. Wenn du zum Beispiel für mehr als ein paar Monate in die Anderwelt gehen würdest, müssten Morio und ich dir folgen. Wenn einer von uns stirbt, wird sein Körper einen Weg finden, zu den anderen zurückzukehren, damit sie ihn bestatten können. Und wir bieten dir das nicht in Freundschaft an, sondern als Liebhaber. Du wirst unsere Frau sein.«

Ich wandte mich dem Auto zu. Sollte ich das Angebot annehmen? Es war die einzige Möglichkeit... aber es würde so vieles in meinem Leben verändern. Und dann dachte ich an Trillian und traf meine Entscheidung. Ich würde ihn finden, ganz gleich, was ich dafür tun musste.

»Dann los. Wir haben etwas zu erledigen.« Auf dem Weg zu Morios Wagen fügte ich leise hinzu: »Ich liebe euch beide. Ich hoffe, ihr wisst, wie sehr. Und ich liebe Trillian. Wenn es uns gelingt, ihn zu retten, erwarte ich von euch, dass wir ihn in unsere Ehe aufnehmen. Es wird mir eine Ehre sein, eure Frau zu werden. Aber denkt daran, ich bin bereits Trillians Frau, auch wenn wir noch nie über eine Hochzeit gesprochen haben. Seid ihr beide bereit, mich mit ihm zu teilen?« Ich sah Smoky an. Ziemlich entscheidender Moment.

Morio öffnete die Beifahrertür, trat beiseite und wartete darauf, dass ich einstieg. »Ich bin mir sicher, dass ich kein Problem damit habe. Vorausgesetzt...«

»Vorausgesetzt ... was?«, fragte ich.

»Vorausgesetzt, Trillian ist bei seiner Rückkehr noch geistig gesund und steht weiterhin auf unserer Seite«, beendete Smoky den Satz. »Unter dieser Bedingung bin ich einverstanden.« Er stieg hinten neben Menolly ein.

Morio schloss die Tür, und ich schnallte mich an und dachte an die Zukunft. Delilah schob den Arm zwischen den Lehnen hindurch und legte mir eine Hand auf die Schulter, die ich geistesabwesend tätschelte.

Trübselig starrte ich aus dem Fenster. Bei allem, was uns bevorstand, kam es mir verrückt vor, irgendwelche festen Beziehungen einzugehen, mich langfristig an jemanden zu binden. Und doch war die Bindung ja schon da. Ohne jede Zeremonie oder amtliche Bestätigung war ich an Morio und Smoky ebenso gebunden wie an Trillian. Warum diese Beziehungen also nicht offiziell machen? Warum sollten wir uns nicht einen Vorteil verschaffen, der sich noch als sehr nützlich erweisen könnte?

Ich seufzte tief und blickte über die Schulter zu Smoky zurück.

Er zwinkerte mir zu - kaum merklich, aber diese winzige Geste sagte mir alles, was ich jetzt hören wollte. Ich bin für dich da. Ich werde dir helfen. Ich liebe dich. Du gehörst mir, aber ich bin jetzt bereit, dich mit den anderen zu teilen, die du liebst.

»Na, dann wollen wir mal«, sagte ich, als Morio aus der Auffahrt abbog und den Weg zu Smokys Hügel einschlug.