Kapitel 17

 

Als Smoky mich durch die Tür trug, kamen mir Zweifel an dieser Idee. Die ganze Situation schrie geradezu danach, dass es zu irgendwelchen Missverständnissen kam und am Ende jemand verletzt wurde. Was schlecht wäre. Ganz schlecht.

Ich blickte zu Smoky auf. Vielleicht tat er das mir zuliebe, als kleinen Kompromiss, damit auch er zu meiner Welt gehören und mit mir zusammen sein konnte? Klar doch ... krieg dich wieder ein, ermahnte ich mich. Drachen teilten nicht gern. Warum zum Teufel kam er also Morio so entgegen? In diesem Reptilienherz, das mir so lieb geworden war, musste noch ein eigennützigeres Motiv stecken.

Und wenn ich schonungslos ehrlich zu mir selbst war, musste ich mir eingestehen, dass ich zwar mit einigem klarkam, aber ein Yokai und ein Drache? Gleichzeitig? War ich wirklich so gut - oder wenigstens so robust? Plötzlich flatterte eine Schar Schmetterlinge in meiner Magengegend herum, und sie fühlten sich gar nicht angenehm an.

Smoky setzte mich aufs Bett und trat zurück. Er sah mir ins Gesicht und drehte sich dann nach Morio um, der neben der Tür stehen geblieben war. Lange sagte niemand ein Wort, und Smoky setzte sich neben mich und begann, mich auszuziehen. Ich erlaubte ihm, mir das Kleid bis zur Taille herunterzuschieben. Er beugte sich vor und küsste meinen Hals.

Morio glitt hinter mich aufs Bett und strich mit einer Hand an meinem Arm empor, während er mit der anderen mein Haar beiseite schob. Dann presste er den Mund an meinen Rücken.

Ich erschauerte bei der Berührung ihrer Lippen. Vielleicht war das doch keine üble Idee. Oh, würde das gut werden. Erschreckend, aber gut.

»Siehst du, du wirst Trillian überhaupt nicht vermissen«, flüsterte Smoky, der schwer atmend die Wange an meiner rieb.

Bingo! Hatte ich es doch gewusst. Ich entwand mich den beiden. »Ich weiß, was du im Schilde führst, also kannst du ebenso gut jetzt gleich damit aufhören!«

»Wie bitte?«

»Ich komme gern in dein Bett, und ich hätte nichts dagegen gehabt, die Nacht mit dir und Morio zu verbringen, aber ...« Ich warf meinem Yokai-Liebhaber einen Blick zu.

»Morio ist ein Teil meiner Beziehung zu Trillian. Sie ergänzen sich, und sie haben einander akzeptiert. Sie sind meine Männer. Aber du versuchst, Trillian auszuschließen, indem du Morio zum Mitspielen einlädst.«

Das war es; deshalb war mir das so komisch vorgekommen. Dies war nichts weiter als Smokys Art, sich zwischen mich und Trillian zu drängen.

Smokys Gesichtsausdruck sagte mir, dass ich recht hatte. Plötzlich war ich angespannt. Würde er explodieren, weil ich ihm auf die Schliche gekommen war?

Vielleicht sogar zurückschlagen?

Morio stand ruhig auf und stellte sich zwischen den Drachen und mich.

Smoky warf ihm einen eisigen Blick zu. »Weg da. Sofort.«

»Nicht, ehe ich mir sicher bin, dass du ihr nichts tun wirst.« Morio hielt eisern stand.

Smoky starrte ihn an, als hätte er ihn am liebsten gegen die Wand geschleudert, doch nach einem kurzen Blick zu mir seufzte er tief und entspannte sich. »Dann wird wohl nur Camille das Bett mit mir teilen«, erklärte er kühl. »Du solltest nicht versuchen, mein Land im Dunkeln zu durchqueren. Ich weiß, dass du ein begabter Gestaltwandler bist, aber in der Nacht erwachen im wilden Wald Energien, mit denen du dich besser nicht anlegst. Du kannst auf dem Sofa schlafen. Stör uns ja nicht.«

Morio drehte sich zu mir um. Ich nickte. »Ist schon gut. Alles in Ordnung.«

Sofort war er bei mir. »Dann wünsche ich dir eine angenehme Nacht. Smoky wird zweifellos dafür sorgen, dass du sicher und befriedigt wieder aufwachst.« Wie üblich blieb er ganz ruhig und gefasst. Den Göttern sei Dank für solche kleinen Annehmlichkeiten. Trillian würde sich inzwischen längst mit Smoky duellieren.

Als Morio die Tür hinter sich schloss, machte mein Herz einen kleinen Satz, und mir wurde klar, wie sehr ich den Yokai wirklich liebte. Trillian war mein Eidgefährte, für den Rest seines Lebens an mich gebunden, selbst dann, wenn wir einander am liebsten schreiend geohrfeigt hätten. Morio hatte mein Herz selbst erobert, auf eine stillere, aber nicht weniger machtvolle Art. Wenn der richtige Zeitpunkt einmal kam, würde ich ihm sagen, was ich für ihn empfand. Sofern er das nicht schon wusste.

Smoky sah zu, wie die Tür ins Schloss fiel, und schaute mich dann an. »Camille, ich möchte, dass du mir zuhörst. Ich will keine Antwort von dir. Noch nicht. Ich weiß, dass du sie beide liebst. Ich weiß, dass du dich weigerst, dich zwischen ihnen zu entscheiden, und dass jeder etwas in dein Leben bringt, das der andere dir nicht geben kann. Aber, Camille ... ich biete dir alles auf einmal, in einer Person. In einem Mann.«

»Einem Drachen«, sagte ich schaudernd. »Bitte, können wir ein andermal darüber sprechen? Wenn du mich zwingst, mich zu entscheiden, garantiere ich dir, dass dir die Antwort nicht gefallen wird. Und mir auch nicht, weil ich fürchte, dass du sie nicht besonders gut aufnehmen wirst.«

Doch als ich in seine von Kälte überschatteten Augen blickte, ließ ein leichtes, unsicheres Flackern Zweifel in mir aufkommen. »Smoky, ich will nicht so tun, als könnte ich verstehen, warum du mich als deine Gefährtin ausgewählt hast. Du bist...

ein Drache. Ich kann dir keine Kinder schenken, und ich werde lange vor dir sterben.

Denk nur einmal daran, wie viel du schon gesehen und erlebt hast.«

»Dein Vater hat deine Mutter geliebt«, entgegnete er schlicht.

Ich schluckte. Das stimmte zwar, aber dies hier kam mir so ... so anders vor. »Ich weiß nur, dass du unglaublich bist. Wenn du mich berührst, vergesse ich, wer ich bin. Ich vergesse, was sich da draußen abspielt, die Dämonen und den Krieg und alle anderen Scheußlichkeiten.« Ich deutete auf die Tür.

»Und das ist schlecht?«, fragte er verwirrt.

»Nein!« Wie konnte ich ihm das so erklären, dass er es verstand? Vielleicht verstand er es auch, wollte es aber nicht zugeben.

»Smoky, ich fühle mich bei dir so sicher wie noch nie zuvor, obwohl ich mich nie sicher vor dir fühle. Zwing mich nicht, mich zu entscheiden. Versuche nicht, meinen Eid gegenüber Trillian zu brechen, denn dann müsste ich dich ganz verlassen. Und das werde ich tun, falls es so weit kommen sollte.«

»Dann lass mich deine Sorgen vertreiben. Für eine Weile.« Er beugte sich vor und küsste mich, und Worte verloren ihre Bedeutung, als mein Drache mich zu seinem Bett brachte und mich liebte, immer wieder.

Als ich im Morgengrauen erwachte, saß Smoky im Sessel in der Ecke. Er starrte mich so konzentriert an, dass ich fürchtete, irgendetwas könnte nicht in Ordnung sein. Doch als ich ihn danach fragte, schüttelte er nur den Kopf.

»Ich habe dir nur beim Schlafen zugesehen«, sagte er.

Ich befreite mich aus dem zerwühlten Bett und räkelte mich. Smoky streckte die Arme aus, und ich ging zu ihm und setzte mich auf seinen Schoß. Ich nahm an, dass er eine weitere Runde zwischen den Laken vorschlagen würde, und suchte schon mal nach einer Ausrede. Er hatte mich in der Nacht völlig erschöpft, und ich hatte das Gefühl, dass ich noch tagelang breitbeinig laufen würde. So sehr ich Sex genoss - heute Morgen konnte ich einfach nicht mehr. Doch statt auf das Bett zeigte er auf meine Tasche.

»Pack zusammen und zieh dich an, ich mache inzwischen das Frühstück.« Damit war er zur Tür hinaus und schloss sie leise hinter sich.

Als ich gewaschen und angezogen das Schlafzimmer verließ, hatte Smoky Eier und Würstchen und noch mehr Kartoffeln gebraten. Morio deckte gerade den Tisch und warf mir einen Blick zu. Ich lächelte schwach. Dies war nur ein Tag mit Smoky gewesen - ich konnte mir nicht vorstellen, wie eine ganze Woche am Stück wäre.

Vermutlich hätte ich nach ein paar Tagen selbst meinen Namen vergessen. Wir aßen und kehrten ins Wohnzimmer zurück, wo Morio zum Rand der tieferen Höhle schlenderte.

»Wo führt diese Höhle hin?«, fragte er und starrte in den Abgrund.

Smoky machte eine wegwerfende Geste. »Zu einer Reihe unterirdischer Gänge. Es gibt einen Ausgang, von dem aus ich in meiner natürlichen Gestalt abfliegen kann.

Und wenn ich die Frequenz der Portale ändere, kann ich von hier aus auch in andere Reiche reisen.«

»All deine Ausgänge und Eingänge sind gut geschützt, oder?« Mir stand plötzlich ein Bild von Dämonen vor Augen, die Smokys unterirdischen Bau stürmten.

Er warf mir einen Blick zu, als fragte er sich, ob ich doch eine dunkel gefärbte Blondine sei. »Mach dir deswegen keine Sorgen. Und denk nicht einmal daran, sie für mich verstärken zu wollen. Die Resultate deiner Arbeit habe ich ja gesehen«, fügte er mit einem hämischen Lächeln hinzu.

»He, ich bin geradezu hervorragend in Todesmagie«, erwiderte ich und schüttelte den Kopf. »Aber da wir gerade dabei sind - du wolltest uns noch erzählen, was du über Räksasas weißt.«

Smoky nickte. »Während du geschlafen hast, habe ich aufgeschrieben, was ich in Erfahrung bringen konnte, damit du es auch deinen Schwestern zeigen kannst. Ich hole dir meine Notizen.« Er eilte ins Schlafzimmer.

Morio beugte sich vor und flüsterte: »Was ist der Kerl, ein übergroßer Duracell-Hase?«

Ich spürte das dumpfe Brennen zwischen meinen Beinen sehr deutlich. Er hatte es geschafft, mir Muskeln in meinem eigenen Körper zu zeigen, von denen ich bisher gar nichts gewusst hatte. »Er hält entscheidend länger, das stimmt schon. In mancher Hinsicht ganz nett, aber ...«

Morio schnaubte. »Hast du also endlich jemanden gefunden, der länger durchhält als du? Vielleicht hätte ich letzte Nacht doch dableiben sollen, um dieses Wunder mit eigenen Augen zu sehen.«

Ich gab ihm einen leichten Klaps auf den Arm. »Das sagst ausgerechnet du. Bei dir und Trillian ist es ein Wunder, dass ich überhaupt noch Schlaf bekomme.«

Er zwinkerte mir zu und beugte sich dann vor, um mich rasch auf die Wange zu küssen. Dann rückte er ein paar Zentimeter von mir ab, um mir forschend in die Augen zu schauen.

»Du wirst uns doch nicht seinetwegen verlassen, oder?«, fragte er.

Wieder wurde ich in die hässliche Wirklichkeit zurückbefördert.

»Nein«, antwortete ich. »Glaub mir, ich habe nicht vor, auch nur einen von euch für Smoky aufzugeben. Aber ich fühle mich wie nach einem bizarren Traum. Er ist unglaublich, aber sein Leben wirkt auf mich so ... abgeschieden von meiner Norma-lität.«

»Vielleicht soll er genau das für dich sein. Eine Rückzugsmöglichkeit - eine sichere Zuflucht vielleicht - allein für dich, wenn du einmal Abstand dazu brauchst, wer du bist und was sich gerade abspielt.« Morio ließ sich wieder auf seinen Sessel sinken, als Smoky mit einem Bündel Papier zurückkehrte.

Als er mir die Unterlagen reichte, dachte ich darüber nach, was Morio gesagt hatte.

War der Drache mein Sicherheitsnetz, ein Ort, an den ich mich zurückziehen konnte, wenn ich das Bedürfnis hatte, mich abgeschieden und von allem isoliert zu fühlen?

Konnte ich die Persephone spielen, einen Teil meiner Zeit in Smokys Welt verbringen und den Rest dort, wo ich gebraucht wurde - um Dämonen zu bekämpfen und gleich mehrere Welten zu retten? Und würde Smoky sich damit zufriedengeben?

»Danke«, sagte ich und blätterte rasch die ordentlich beschriebenen Seiten durch. »Du bist ein Schatz, auch wenn du es nicht zugeben willst.«

Er machte ein zufriedenes Gesicht, als ich mich zu ihm hinüberbeugte und ihn auf die Wange küsste.

»Das bist du wirklich«, flüsterte ich. »Und ich wäre zu dir gekommen, auch wenn wir diese Abmachung nicht getroffen hätten.« Smoky gab nach, zog mich an sich und küsste mich lange und genüsslich. Dann ließ er mich los und schnaubte erneut, doch diesmal klang es nicht beleidigt.

Ich überflog die erste Seite. Seine Handschrift war sehr präzise, und er hatte mit blauer Tinte auf frostweißes Papier geschrieben. Ich beschloss, lieber zu warten, bis ich zu Hause war, um seine Notizen durchzulesen, damit ich alles gleich mit Menolly und Delilah besprechen konnte.

»Wir sollten uns auf den Weg machen«, sagte ich und stand auf. »Morio, bist du hergefahren?«

Morio zog eine Augenbraue hoch. »Nein, ich bin geflogen. Natürlich bin ich gefahren.

Mein Auto steht in der Nähe von Georgios Haus.« Er wandte sich Smoky zu. »Wenn du erlaubst?«

Smoky schlüpfte in seinen weißen Trenchcoat, und ich war wieder einmal wie gebannt von seiner Schönheit. Der Mann sah einfach zu umwerfend aus, um real zu sein. Er schlang mir einen Arm um die Schulter und hob mit der anderen Hand meine Reisetasche auf. »Ich begleite euch zum Haus. Ich sollte mich sowieso bei Estelle erkundigen, wie es Georgio heute geht.«

Während wir uns den Pfad entlang durch den Wald schlängelten, hatte ich das Gefühl, wieder atmen zu können. Die Wohnung im Hügel war zu beengt gewesen, doch hier draußen fühlte es sich wieder ganz natürlich an, in Smokys Arm dahinzuspazieren. Ich lehnte den Kopf an seine Schulter.

»Es tut mir leid, dass wir die Woche aufteilen müssen«, bemerkte ich.

»Nein, tut es dir nicht«, erwiderte er. »Aber das ist schon in Ordnung. Es bedeutet nämlich nur, dass du länger an mich gebunden sein wirst, als du dachtest - wegen der vielen Tage dazwischen. Ich bestehe nicht darauf, dass du heute Nacht hier herauskommst. Du wirst mit der Dämonen-Geschichte zu tun haben.«

»Danke.« Und es ging um noch viel mehr als die Dämonen-Geschichte. Titania war wieder beängstigend machtvoll, und Morgana war auch nicht gerade schwächlich. Was, wenn Titania Morgana dazu überredete, die Dunkle Krone zu tragen, und sie die Höfe so wiedererrichteten? Oder wenn Morgana versuchte, Titania zu töten? Das allein würde die Feen sowohl der Anderwelt als auch der Erdwelt zu den Waffen rufen. Aber nicht in der Aufstellung, die wir gebraucht hätten.

Ich starrte auf den Pfad hinab. Die halb verrotteten Blätter des vergangenen Jahres waren in den Mulch aus Erde und Laub übergegangen, und der Weg war feucht, aber nicht so matschig, dass man darin versinken könnte. Während wir über Steine und Baumwurzeln hinwegtraten, versuchte ich, mich in das Land einzufühlen - vielleicht konnte ich so herausfinden, was Titania und Morgana trieben.

Ein paar Augenblicke lang spürte ich nichts als das gewöhnliche Kommen und Gehen des Waldes. Kleine Geschöpfe huschten herum, der Wind pfiff in den Zweigen, und die Sonne versuchte, die dichte Wolkendecke zu durchdringen. Dann konzentrierte sich allmählich meine Aufmerksamkeit auf der Ebene, die ich brauchte. Ich spürte die geistige Signatur eines Blaubeer-Deva, als wir an dem niedrigen Gebüsch vorübergin-gen. Und dort drüben arbeitete eine Gruppe von Naturgeistern an einer kranken Tanne.

Dann spürte ich es - eine Regung, beinahe wie ein Strudel.

»Ich spüre eine Erschütterung der Macht, Luke«, murmelte ich.

Smoky runzelte die Stirn. »Was soll das heißen?«

»Im Ernst«, sagte Morio. »Das kann sogar ich spüren. Da lauert etwas Großes am Horizont.«

Während ich die Energien zu sortieren versuchte, die in dem Strudel herumwirbelten, erkannte ich allmählich zwei deutlich voneinander unterschiedene Präsenzen. Die eine war ein Strom von Zweig und Blatt, von Stein und Holz, Herbstfarben und Sommerdüften ... die andere eine Kakophonie aus Nebel und Schatten, Sternenlicht und Kristallen und tiefen Höhlen. Doch die beiden Energien befanden sich nicht im Konflikt.

»Es ist beinahe, als ob ... o ihr Götter. O große Mondmutter, was zum Teufel haben sie denn jetzt wieder vor?« Ich riss mich aus meiner Trance und öffnete die Augen, ehe die beiden mich erspüren konnten. Die plötzliche Rückkehr in die Realität hätte mich beinahe aufgeschürfte Knie gekostet, weil ich bei meinem nächsten Schritt mit den Zehen an einer Wurzel hängenblieb.

»Wer?« Smokys Tonfall forderte eine sofortige Antwort, und er packte mich am Ellbogen und verhinderte meinen Sturz.

»Titania und Morgana. Sie arbeiten zusammen. Ich weiß nicht, was sie vorhaben, aber wir können darauf wetten, dass es mächtig Ärger geben wird. Gestern Abend sind die beiden sich beinahe an die Kehle gegangen. Was ist also inzwischen passiert?« Ich versuchte, mich auf das Wesen der Energie zu konzentrieren, aber Geheimnisse offenbarte mir natürlich niemand.

Morio nahm meine Hände in seine und unterstützte mich. Doch selbst mit seiner zusätzlichen Kraft konnte ich nicht bestimmen, was für einen Zauber die beiden da gemeinsam wirkten.

»Okay, das macht mich echt nervös.« Ich blickte über die Schulter in den Wald hinter uns zurück, konnte aber nichts Ungewöhnliches erkennen.

»Lass dich davon nicht beunruhigen«, sagte Smoky. Wir betraten die Lichtung in der Nähe des Hauses, das einst Tom Lane gehört hatte. Jetzt beherbergte es eine gebrochene Seele namens Georgio Profeta. Oder den heiligen Georg, wie er sich selbst betrachtete. Sankt Georg versuchte ständig, den Drachen zu töten. Nämlich Smoky. Georgios Plastik-Kettenhemd und Schaumstoff-Schwert konnten zwar nicht viel Schaden anrichten, doch in seiner Einbildung trug er eine prächtige Rüstung und ein Schwert, auf das ein Ritter des Königs stolz gewesen wäre.

Morios SUV war ein Stück abseits geparkt. Während er hinüberging und den Wagen aufschloss, verabschiedete ich mich von Smoky.

»Rufe nach mir, wenn du mich brauchst«, sagte er und schnupperte an meinem Haar.

»Egal wozu.«

»Danke«, erwiderte ich flüsternd. »Danke, dass du mir einen Blick in dein Leben gewährt hast, und in deine Art zu lieben.«

Er schüttelte den Kopf. »Dafür kannst du mir danken, wenn du meine Einladung annimmst.«

Ich lachte und drehte mich zum Wagen um. »Sei doch vernünftig. Ich kann nun mal keine Drachenbabys bekommen, und du wirst sicher eines Tages Kinder haben wollen, als neunter Sohn eines neunten Sohnes eines neunten Sohnes. Und du weißt ganz genau, dass ...«

»Ja, ja, ich weiß«, sagte er. »Du liebst Trillian. Du liebst Morio. Aber, Camille, ich weiß, dass du auch mich liebst. Jetzt geh und tu, was du tun musst. Du wirst zu mir zurückkehren. Ich warte auf dich.« Er zwinkerte mir zu und winkte uns nach, als wir davonfuhren, in Richtung Stadt. Zurück in die Wirklichkeit meines Lebens.