Kapitel 7

 

Über Dubba-Trolle muss man eigentlich nur drei Dinge wissen: Sie sind groß, sie sind dumm, und ihre Haut hat ungefähr die Konsistenz einer magisch verstärkten Lederrüstung. Kugeln prallen einfach ab, Dolche müssen magisch oder aus Silber sein, um ihnen etwas anhaben zu können, und wenn ein Schwert nicht gezahnt ist, hat es nicht den Hauch einer Chance, diese widerliche, stinkende Haut zu durchdringen.

Aber ein guter Hammer oder Streitkolben - so ein Baby kann eine hübsche Delle machen, vor allem am Kopf. Und Dubba-Trolle sind anfällig für Feuermagie. Meine Magie war zwar an den Mond und das Wetter gebunden, aber ich konnte Blitze herabrufen, die ja gewissermaßen als flammenähnlich gelten dürften.

Wir baten Feddrah-Dahns, mit Iris und Maggie zu Hause zu bleiben - ihn in Chases SUV und wieder heraus zu befördern war ja schon eine Herausforderung, wenn man es nicht eilig hatte. Smoky, Chase, Trillian, Delilah, Menolly und ich machten uns auf den Weg. Chase nahm seinen Geländewagen, Delilah ihren Jeep. Ausnahmsweise einmal ließ sie Smoky bei sich einsteigen, ohne eine Szene zu machen. Trillian und ich sprangen in Menollys Jaguar.

Während der Fahrt diskutierten wir diverse Ideen, wie wir die Trolle erledigen konnten, ohne größere Kollateralschäden zu riskieren.

»Ich wünschte, ich hätte ein paar von Roz' Feuerbomben«, bemerkte ich.

Rozurial, ein Incubus, hatte uns geholfen, den Meister meiner Schwester aufzuspüren und zu vernichten. Der Mann - genau genommen ein minderer Dämon - war ein wandelndes Arsenal. Er trug einfach alles, von einer Mini-Uzi bis hin zu Knoblauchbomben, mit denen man Vampire außer Gefecht setzen konnte, in den Falten seines Staubmantels mit sich herum, den er gern aufriss wie ein exhibitionistischer Waffennarr. Er war eine Bedrohung für jedes Lebewesen auf dem Planeten. Und jeden Untoten.

»Scheiß auf die Feuerbomben, ich hätte gern Roz dabei«, entgegnete Menolly. »Aber er hat etwas für Königin Asteria zu erledigen. Ich habe neulich über den Flüsterspiegel mit ihm gesprochen. Er hat mir gesagt, dass er gerade irgendeine Mission für sie zu erfüllen hat und ein, zwei Wochen nicht erdseits kommen kann.«

»In welchem Park sollen die Trolle gleich wieder sein?« Ich saß auf dem Beifahrersitz und starrte zum Fenster hinaus. Es war Dienstagabend kurz vor acht, und es herrschte nicht mehr viel Verkehr. Seattle hatte zwar ein Nachtleben, aber es wurde eher in den Clubs gefeiert als draußen auf der Straße. New York City waren wir gewiss nicht, und darum war ich heilfroh.

»Sie sind in der Nähe des Salish Ranch Park, irgendwo zwischen dem Friedhof und dem Arboretum.«

Der Salish Ranch Park lag an der Grenze zwischen dem Vorort Belles-Faire und der Innenstadt von Seattle. Nur durch eine Nebenstraße getrennt, schloss sich Wedgewood Cemetery an. Menolly bog scharf links vom Aurora Boulevard in die Borneo ab, die uns zum Park bringen würde.

»Toll, das hat uns gerade noch gefehlt. Friedhöfe sind um diese Uhrzeit ja so reizvoll für einen Spaziergang«, sagte ich. »Ich frage mich, ob sie versuchen, sich ein Date aufzuschrecken. Vielleicht hängen da ein paar ihrer Ghul-Freundinnen herum.«

Trillian schnaubte. »Du böses, böses Weib.« Er griff über die Sitzlehne nach vorn und fuhr mit dem Zeigefinger meinen Hals hinab. Ich erschauerte.

»Fang nichts an, was du nicht zu Ende führen kannst«, warnte ich ihn.

»Oh, wir werden das zu Ende führen ... später eben.«

»Nehmt euch doch ein Hotelzimmer«, höhnte Menolly, aber sie grinste mich dabei an, und ich sah die Spitzen ihrer Reißzähne hervorlugen. Vielleicht hatte unser Spielchen sie etwas erregt.

»Schon klar. Wenn ich nur wüsste, wo Morio steckt. Er wollte heute Abend vorbeischauen, und er ist immer pünktlich. Ich hoffe, ihm ist nichts zugestoßen.« Wie sich herausgestellt hatte, waren Morio und ich zu zweit wesentlich stärker als ich allein. Meine Mondmagie konnte sehr zerstörerisch wirken, aber auch völlig schiefgehen. Morio jedoch ... er lehrte mich etwas völlig anderes.

Er unterwies mich in der Todesmagie, die er von klein auf von seinem Großvater gelernt hatte, und offenbar hatte ich ein Händchen dafür. Vielleicht, weil das keine Feenmagie war, vielleicht hatte ich aber auch nur eine Neigung zum Tödlichen, aber wie dem auch sei, bisher erwies ich mich als recht geschickt. Und wenn wir unsere Kräfte vereinten, konnten wir ganz schön austeilen. Manchmal fragte ich mich allerdings, wie sich die Arbeit mit dem Schattenreich des Astralraums langfristig auf mich auswirken würde. Da wir uns aber viel größeren Bedrohungen gegenübersahen, schob ich diese Gedanken immer wieder beiseite. Wenn die Magie mich nicht umbrachte, dann würden Schattenschwinges Jungs das erledigen. Und Tod durch Magie war mir allemal lieber als Tod durch Dämon.

»Vermutlich ist er nur im Stau steckengeblieben. Iris wird ihm sagen, wo wir sind, wenn er bei euch ankommt.« Trillian seufzte laut. »Du hast wenigstens Magie. Ich habe nicht viel mehr zu bieten als meinen Charme, und ich habe gewiss nicht vor, diese hässlichen Visagen zu küssen, um die Trolle zu beeindrucken.«

»In einer Prügelei bist du besser dran als ich.«

Er schnaubte wieder. »Na klar. Als könnte meine Faust -oder sogar mein Schwert - denen mehr zufügen als einen Kratzer. Und stumpfe Waffen sind leider nicht mein Ding.«

»Bedauerlich, in der Tat.« Ich schaute aus dem Fenster, als Menolly auf die Fireweed Street abbog, die den Park vom Friedhof trennte.

Die Hauptattraktion des zwanzig Hektar großen Parks war eine beeindruckende botanische Sammlung. In riesigen Gewächshäusern, insgesamt mindestens viertausend Quadratmeter groß, wuchsen seltene Blumen, Kakteen und zarte Farne unter Temperaturbedingungen, die ideal für sie waren. Morio und ich waren mehr als einmal in den Abendstunden durch die Gewächshäuser geschlendert.

Mein Handy klingelte, und ich ging dran. Es war Delilah. »Camille? Shamas hat gerade Chase angerufen. Die Trolle sind definitiv auf dem Friedhof.«

»Wir sind gleich da. Fünf Minuten«, sagte ich und legte auf. »Die Trolle sind auf dem Friedhof. Shamas ist schon da, also haben wir zumindest einen Magier vor Ort.«

»Wenn irgendjemand einen Troll von den Füßen holen kann, dann Shamas«, sagte Menolly. »Ich wüsste ja immer noch gern, wie er so mächtig geworden ist. Als Kind hat er nie groß Magie gelernt, aber er könnte sich als professioneller Brandstifter verdingen.«

Als der Park links von uns in Sicht kam, dankte ich den Göttern dafür, dass die Trolle die botanische Sammlung noch nicht entdeckt hatten. Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie sie die gläsernen Gewächshäuser zertrümmerten. Der Schaden wäre herzzerreißend.

»Wir müssen sie aufhalten, ehe sie in die Nähe der Gewächshäuser kommen«, sagte ich. »Sie dürfen nicht in den Park gelangen.«

Menolly hielt auf dem Parkplatz. »Von hier aus gehen wir zu Fuß weiter.«

Wir glitten aus dem Auto und rannten los. Die Nacht war kühl, und ich war froh, dass ich mir noch schnell meine Stola geschnappt hatte. Menolly lief voraus. Sie trug zu ihrer hautengen Jeans und den hochhackigen Stiefeln nur einen dünnen Rollkragenpulli, aber sie hätte die Kälte selbst dann nicht gespürt, wenn sie um Mitternacht nackt durch die Straßen gerannt wäre. Trillian trug eine schwarze Hose, einen silbernen Pulli, das Schwert in der Scheide am Gürtel und darüber einen wadenlangen Staubmantel, der ihn wärmen und zugleich seine Waffe vor zufällig auftauchenden Ordnungshütern verbergen sollte, die vielleicht etwas dagegen einzuwenden hätten.

Der Friedhof kam in Sicht, als wir die kleine Anhöhe vor dem Haupttor überwanden.

Eine modernisierte Version altmodischer Laternen auf hohen Pfählen beleuchtete die gewundenen Pfade, die sich durch das Labyrinth aus Grabmälern und -steinen zogen.

Das Kopfsteinpflaster der Wege war rutschig, aber von unten drang Erde durch die Fugen, und der Dreck gab bessere Bodenhaftung.

Offiziell war der Wedgewood-Friedhof bis Sonnenuntergang geöffnet, aber die Trolle hatten die schmiedeeisernen Tore einfach auseinander gebogen. Die metallenen Stäbe waren zur Seite geknickt, die Scharniere verbogen und unbrauchbar. Vorsichtig suchten wir uns einen Weg durch die Trümmer, um das Eisen nicht zu berühren.

Menolly würde nur einen leichten Schlag bekommen, wenn sie es berührte, aber Trillian und ich lebten noch. Schmiedeeisen konnte uns schwere Verbrennungen zufügen - für Trillian war die Gefahr sogar noch größer, da er ein reinblütiger Svartaner war.

Wir entdeckten Smoky, Delilah und Chase ein Stück vor uns, wo sie mit unserem Cousin Shamas und drei VBM-Polizisten sprachen. Die Polizisten sahen besorgt aus, und Chase redete auf sie ein.

»Sie können sie nicht erschießen«, hörten wir ihn sagen. »Die Kugeln werden einfach abprallen. Wo zum Teufel sind die Elektroschocker, die Sie mitbringen sollten? Mit einem Taser hätten wir vielleicht eine Chance.«

Als wir näher kamen, drehte Shamas sich nach uns um, und seine Augen leuchteten auf. »Hallo, Cousinchen«, sagte er. Shamas hatte sich überraschend schnell an die menschliche Kultur angepasst. Er hatte dunkles Haar und violette Augen, wie mein Vater und ich, und er war kaum eins siebzig groß, aber kräftig gebaut. Eigentlich genau richtig für eher körperliche Einsätze, und ich staunte immer noch darüber, dass er sich geistigen Aktivitäten verschrieben hatte. »Seid ihr bereit, euch mit ein paar Trollen anzulegen?«

»Dubba-Trollen, darf ich hinzufügen«, brummte ich.

Chase sprach mit einem blonden Polizisten. Er seufzte genervt und wies mit dem Daumen über die Schulter. »Dietrich, solange Sie nicht zuhören können, wenn man Ihnen einen Befehl gibt, schieben Sie Dienst am Schreibtisch. Das ist jetzt das dritte Mal diese Woche, dass Sie den direkten Befehl eines Vorgesetzten ignoriert haben.

Ich schicke Sie hiermit vom Spielfeld. Rufen Sie Verstärkung, und dann sehen Sie zu, dass Sie hier wegkommen. Ich will Sie morgen früh in meinem Büro sehen. Als Allererstes. Sonst schmeiße ich Sie aus dem AETT und degradiere Sie so weit, bis Sie nur noch Knöllchen schreiben dürfen.«

Der Polizist warf Chase einen äußerst giftigen Blick zu, brummte aber »Ja, Sir« und stapfte davon. Chase sah ihm nach und wandte sich dann seinem Kollegen zu. »Haben Sie irgendein Problem, Lindt?«

»Nein, Sir!« Officer Lindt schüttelte den Kopf. »Ich wollte gerade die Taserwaffen holen, wie Sie es angeordnet hatten, als Dietrich mich zurückgepfiffen hat. Er hat nun mal einen höheren Dienstgrad als ich.«

»Tja, und ich einen höheren als er. Schon gut. Sie gehen jetzt zum Streifenwagen und holen die Taser, dann kommen Sie so schnell wie möglich hierher zurück.« Chase wartete, bis der uniformierte Polizist losgerannt war, ehe er lauthals fluchte.

»Verdammt, da steckt doch wieder Devins dahinter. Seit ein paar Wochen sitzt er mir wegen dieser Krypto-Geschichte im Nacken, und jetzt hetzt er unzufriedene Kollegen gegen mich auf.«

Delilah murmelte nur leise: »Ich weiß« - wenn er im Dienst war, achtete sie auf einen rein professionellen Umgang. Ich suchte den weitläufigen Friedhof nach den Trollen ab.

»Da drüben«, sagte Shamas und deutete in Richtung Nordosten. »Bei dem Springbrunnen.«

Und da waren sie. Zwei Dubba-Trolle, vier Köpfe, bitte gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen. Ich erschauerte. Die verdammten Biester waren fast dreieinhalb Meter groß. Wie ich Chase gesagt hatte, waren sie die schlimmsten Vertreter der Trollfamilie, und sie ernährten sich gern frisch - lebendiges Fleisch, Kochen nicht erforderlich.

Ich stöhnte. »Himmel. Euch ist schon klar, dass wir in deren Augen ein paar Appetithäppchen sind. Bis auf Smoky vielleicht.«

Smoky schüttelte den Kopf. »Ich habe gewiss nicht vor, hier meine Drachengestalt anzunehmen. Jahrelang habe ich sorgfältig darauf geachtet, im Verborgenen zu bleiben, und daran wird sich auch nichts ändern. Ich werde euch also auf die altmodische Art helfen müssen.«

»Ein Jammer. Dein Feueratem wäre gegen diese Jungs sehr nützlich«, bemerkte Delilah.

»Also, haben wir einen Plan? Wir können nicht einfach losstürmen und das Beste hoffen.« Ich blickte mich auf dem Friedhof um und rechnete niedergeschlagen unsere Chancen aus. Wenn wir mit so etwas wie einer Strategie zu Werke gingen, würden wir den Kampf vermutlich überleben, aber ziemlich sicher würde es Verletzte geben.

Chase kniff die Augen zusammen. »Was meinst du? Können Taserwaffen etwas ausrichten?«

»Schon möglich, denn Elektrizität ist Feuer sehr ähnlich«, sagte ich. »Ich werde einen Spruch bereithalten, mit dem ich Blitze herabrufen kann.«

Delilah runzelte die Stirn. »Normalerweise benutze ich ja den Dolch, aber ich wette, ich kann auch mit den Fäusten einigen Schaden anrichten. Ich habe in letzter Zeit hart trainiert. Wenn ich einem dieser Biester auf den Rücken springen kann, werde ich auf seinen Schädel einhämmern.«

»Ah ... großartig«, sagte ich, doch meine Begeisterung war etwa so schlaff wie gekochte Spaghetti. »Trillian? Smoky? Was habt ihr zu bieten?« Ich hoffte ja immer noch, dass Smoky einfach den Drachen geben und die beiden mit einem einzigen Feuerstoß grillen würde.

»Dass ich ein Drache bin, verleiht mir auch als Mensch gewaltige Kraft. Ich knöpfe mir einen von denen vor«, sagte er. Ich warf ihm einen hoffnungsvollen Blick zu, doch er schüttelte den Kopf.

»Ich habe dir doch gesagt, dass ich mich hier nicht verwandeln werde, Weib. Hast du eine Ahnung, was dann mit den Grabsteinen und Kreuzen passieren würde? Zeig zumindest ein wenig Respekt vor den Toten.«

Trillian musste lächeln, hüstelte aber sofort, um es zu verbergen. »Wie ich schon im Auto sagte - mein Schwert wird nicht viel Schaden anrichten, außer ich steche es einem von ihnen ins Auge. Das kann ich ja versuchen.«

»Wunderbar. Könnte gar nicht besser aussehen.« Ich kicherte. »Warum zeigen wir ihnen nicht gleich den Weg zu den Gewächshäusern? Shamas, womit kannst du uns helfen?«

»Ich wollte mich mal an meinem Funkensturm-Zauber versuchen, aber dann müsstet ihr mich zuerst ranlassen, sonst werdet ihr alle davon erfasst.« Er sah uns erwartungsvoll an, und wir alle wichen hastig ein, zwei Schritte zurück, Chase als Allererster. Er lernte schnell, o ja.

»Bitte, nur zu«, brummte ich und fragte mich, wo Shamas einen solchen Zauber aufgeschnappt haben mochte. Ich wusste ganz sicher, dass er bei keinem Elementarmagier studiert hatte, und Zauber wie ein Funkensturm lagen nicht einfach so an jeder Straßenecke herum.

Shamas marschierte vorwärts und brummte dabei leise vor sich hin, einen erwartungsvollen Ausdruck auf dem Gesicht. Sein Haar war zu einem langen Zopf geflochten, ganz ähnlich wie bei Vater, und Heimweh überfiel mich. Zu Hause in der Anderwelt hätte das hier wesentlich mehr Spaß gemacht.

»Von mir aus kann's losgehen«, sagte er, und ich bekam den Eindruck, dass er sich geradezu gut amüsierte. Die Trolle hörten auf, den Baum zu zerpflücken, neben dem sie standen, und starrten Shamas mit verblüfften Mienen an. Zweifellos war zu Hause niemand so dumm, sie herauszufordern.

Shamas hob die Hände und wirkte in seiner AND-Polizei-uniform seltsam deplaziert.

Mit lauter Stimme rief er: »Shellen, Morastes, Sparlatium ...«

Die Luft um ihn herum knisterte laut, und dann schoss ein Schwärm Funken und kleiner Flammen aus seinen Fingerspitzen und raste auf die Dubba-Trolle zu, die plötzlich erkannten, dass sie angegriffen wurden.

Der linke - der größere von beiden - brüllte laut auf und versuchte, die glühende Salve abzuwehren, während der rechte dem heranrasenden Funkenregen dümmlich entgegen glotzte. Sobald die kleinen Flammenpfeile ihn trafen, geriet auch er brüllend in Bewegung und taumelte vorwärts, gefolgt von seinem noch größeren Freund.

»Heilige Scheiße, sie kommen!« Shamas wirbelte herum und rannte zu uns zurück.

Die Dubba-Trolle hatten die Verfolgung aufgenommen, und alle vier Köpfe gaben donnernde Obszönitäten auf Calouk von sich. Hätte ich nicht so viel Angst davor gehabt, zertrampelt zu werden, dann hätte ich ein paar passende Erwiderungen zurückgeschleudert. Doch so wirbelte ich nur herum und floh nach rechts, Delilah neben mir. Trillian rannte uns nach, während Smoky, Chase und Menolly nach links auswichen.

»Was jetzt?«, rief Chase aus seiner Deckung hinter einem Grabstein hervor. Er erinnerte mich an die Maus, die Delilah ständig jagte. Aber sie spielte nur mit dem kleinen Geschöpf und hatte es aufgegeben, die Maus fressen zu wollen. Die Trolle würden nicht so nett zu uns sein.

Ich überließ Chase der Obhut von Smoky und Menolly und ignorierte ihn. Sobald ich den Trollen nicht mehr direkt im Weg war, stemmte ich die Füße fest auf die Erde und hob die Arme gen Himmel. »Mondmutter, gib mir deine Macht, leih mir deine Kraft, mit der ich die Blitze rufe!«

Meine Finger kribbelten, und ein leises Grollen aus den Wolken hallte über den Friedhof. Die Mondmutter hörte mich. Ich konnte spüren, wie ihre Energie mich einhüllte, sich in mir bewegte, sich wie eine wirbelnde Kraftsäule um mich aufbaute, ein Tornado unsichtbarer Wellen, die mich so heftig herumstießen, dass ich beinahe das Gleichgewicht verloren hätte und gestürzt wäre. Hastig fing ich mich und baute mich noch breit-beiniger auf. Wenn ich mich zu plötzlich bewegte, konnte es passieren, dass ich den Zauber brach oder danebenzielte.

Und dann hörte ich sie lachen. Die Stimme der Mondmutter plätscherte über einen kristallenen Wasserfall zu mir herab und besänftigte meine Angst wie ein Kissen aus Nebel in einer kühlen Nacht.

Am Himmel knackte und knisterte es, und ein Energiestrahl fuhr zu meinen Fingerspitzen herab und traf mich wie tausend Elektroschocks. Der Blitz prallte in meinem Körper zurück und zuckte in mir, während ich mich darauf konzentrierte, ihn zu einer Kugel von der Größe eines Strandballs zu formen. Meine Zähne begannen zu klappern, und ich wusste, dass ich den Blitz loswerden musste, ehe ich wegen völliger Überladung ins Koma fiel.

»Nehmt das, Jungs!« Ich streckte die Hände in Richtung des nächsten Dubba-Trolls aus. Das war natürlich zufällig der dumme, kleinere. Ich bekam immer die Dummen ab. Er blinzelte - mit allen vier Augen - und wollte sich gerade an den Köpfen kratzen, als der Blitz aus meinen Händen hervorschoss. Eine Kugel gleißenden Lichts sauste auf ihn zu. Sie traf ihn mit einem lauten Knall, und die Verwunderung auf seinem Gesicht wich dem Zorn und dann der Erkenntnis, dass er gerade zu Boden ging.

Besorgt hielt ich nach Anzeichen dafür Ausschau, dass mein Zauber abprallen und sich zum Querschläger entwickeln könnte, was leider schon des Öfteren vorgekommen war. Aber der Blitz hüllte den Troll nur in ein neongrelles Netz aus Funken. Binnen Sekunden krachte der Troll auf den Boden, dass die Erde bebte. Sein Kumpel drehte sich um, sah seinen gefallenen Kameraden und lief auf mich zu.

In diesem Moment zerrissen Polizeisirenen die Nachtluft. Mit quietschenden Reifen hielt ein Streifenwagen ganz in der Nähe, und Devins sprang heraus. »Johnson, was zum Teufel ist hier los?«

Chase tat mir zwar leid - sein Boss war ein echtes Arschloch -, aber ich hatte im Augenblick andere Sorgen. Ich rannte los. Schnell. Der Kumpel des Gefallenen kam mir allzu nahe.

Sobald Dubba-der-Größere an seinem Kollegen vorbeigerannt war, liefen Delilah und Trillian hin. »Er ist nicht tot«, rief sie mir zu. Trillian zog sein Schwert und stach den gefällten Troll ab, erst den einen Kopf, dann den anderen. Er rammte ihm das Schwert in die Augen, die einzige Stelle, wo er mit einer gewöhnlichen Klinge etwas ausrichten konnte.

»Jetzt schon«, sagte er und wich einem ekelhaften Spritzer Augenglibber aus.

»Sehr schön, aber ich habe Nummer zwei am Hals!« Ich duckte mich, als der größere Troll nach mir schlug, und wechselte die Richtung, doch er blieb dran. Während ich ihn abzuschütteln versuchte, schaute ich einmal zu oft über die Schulter zurück. Mein Fuß knallte gegen eine flach am Boden liegende Gedenktafel. Schmerz raste durch meine Zehen, und ich schlug der Länge nach auf die Marmorplatte.

»Verflucht noch mal!« Ich versuchte mich aufzurichten, aber mir blieb die Luft weg, und ich konnte kaum denken.

»Ich komme!« Das war nicht Chases Stimme. Ich blickte auf. O Scheiße! Devins kam mit gezückter Pistole in meine Richtung gerannt.

»Nicht!«, versuchte ich ihn zu warnen.

»Kugeln nützen da nichts, Sir!« Chase raste hinter seinem Chef her. »Ihre Haut ist zu...«

»Schwachsinn! Das wird den Dreckskerl lehren, in meiner Stadt Friedhöfe zu verwüsten!« Devins sprang über ein offenes Grab hinweg und landete auf der anderen Seite. Der Troll, der mich verfolgte, blieb stehen, drehte sich herum und trampelte auf den Polizeichef zu.

»Nein! Gehen Sie weg!« Kreischend rappelte ich mich hoch. Menolly flog förmlich in unsere Richtung - so schnell hatte ich noch nie jemanden rennen sehen, aber sie war nicht schnell genug. Der Troll erreichte Devins, ehe irgendjemand zu Hilfe kommen konnte, und mit einem Schwung seiner Holzkeule schleuderte er Devins in das offene Grab. Mit einem scheußlichen Krachen prallte der Polizeichef in einem unguten Winkel am Rand des Grabes auf und rutschte hinein.

Chase blieb schliddernd stehen und machte kehrt. Menolly rannte weiter und sprang dem Troll auf den Rücken. Sie schaffte es, die Arme um einen der Hälse zu schlingen, und drückte zu. Fest. Sehr fest. Der Kopf baumelte schlaff herab, sie ließ los und fiel zu Boden. Brüllend schlug der Troll nach ihr.

Smoky ging zum Angriff über. Er hatte sich die Keule des toten Trolls geschnappt und schwang sie gekonnt. Obwohl sie fast so groß war wie er selbst, führte er sie mit einer Hand und ließ sie dem Troll gegen die Schienbeine krachen.

Wieder stieß der noch lebende Kopf des Trolls ein lautes Gebrüll aus. Menolly schlich sich in seinen Rücken, sprang und landete oben auf seiner Schulter. Sie warf den Kopf zurück, bleckte die Reißzähne und grub sie tief in den Kopf des Trolls. Er grölte noch einmal laut, während Smoky erneut zielte und ihn diesmal punktgenau in die Weichteile traf.

Der Troll brach zusammen, und für mich sah es ein wenig so aus, als wiche die Luft aus einer der riesigen Luftballon-Figuren bei der Macy's-Parade zu Thanksgiving.

Menolly brachte sich mit einem Sprung in Sicherheit, und wir alle starrten auf das Geschöpf, das stöhnend hintenüber kippte. Trillian sprang mit hoch erhobener Klinge hinzu und stieß sie in die Augen des Trollkopfs, der sich noch bewegte. Ich humpelte zu Delilah hinüber, die mich mit einem Arm stützte.

»Den Göttern sei Dank, das Vieh ist tot«, sagte ich leise und blickte in die leeren Augen des Dubba-Trolls hinab. »Sie sind beide tot. Ist jemand verletzt?« Mein Fuß tat immer noch weh, aber eine gute Fußmassage würde das wieder in Ordnung bringen.

Alle schüttelten den Kopf, doch Chase kniete sich an das offene Grab.

»Leuchte mal hierhin«, sagte er zu Shamas.

Unser Cousin richtete den Strahl seiner Taschenlampe in das Loch, und Chase ließ sich vorsichtig hineingleiten. »Wir wissen bisher von zwei Todesopfern - die Trolle haben zwei Obdachlose getötet, die im Park schlafen wollten«, sagte er leise.

Chase fühlte Devins' Puls und blickte dann kopfschüttelnd zu uns auf. »Hiermit sind es drei. Devins ist tot. Genickbruch.«

Ich stützte mich schwer auf Delilahs Arm. Drei Todesopfer durch Krypto-Angriff.

Hurra, hurra. Die Freiheitsengel würden Luftsprünge machen, wenn sie davon erfuhren.