Kapitel 8

 

Als wir nach Hause kamen, fühlte ich mich nicht in der Lage, noch zu Smoky rauszufahren. Er war damit einverstanden, dass ich am nächsten Tag kommen und mit Morgana reden würde, und machte sich zu Fuß auf den Heimweg. Feddrah-Dahns nahm die Einladung an, bei uns zu übernachten, zog es aber vor, draußen zu schlafen.

In dieser Nacht konnten wir ohnehin nicht mehr nach Mistelzweig suchen. Wir wussten ja immer noch nicht, wo wir überhaupt anfangen sollten.

Morio war immer noch nicht aufgetaucht, und ich hinterließ insgesamt drei Nachrichten auf seiner Handy-Mailbox. Auch als Trillian und ich uns zusammen unter die Dusche stellten, konnte ich die Sorge um Morio nicht verdrängen.

»Was hast du, Süße?« Trillian seifte mir den Bauch ein, und ich legte den Kopf zurück, damit mein Haar nicht nass wurde. Er badete mich gern, und ich mochte das.

Eine Dusche - das war ein Luxus, den ich sehr vermissen würde, falls wir je in die Anderwelt heimkehrten.

»Ich mache mir nur Sorgen um Morio«, sagte ich. »Er vergisst nie, sich wenigstens zu melden.«

»Ja, zuverlässig ist der kleine Scheißer, das muss man ihm lassen«, sagte Trillian und beugte sich vor, um eine meiner Brustwarzen zwischen die Lippen zu nehmen. Er sog sacht daran, und ich stöhnte und ließ mich rücklings an die Kacheln sinken. Ich war müde, aber seine Berührung fühlte sich gut an, und ich merkte, dass ich ein bisschen Entspannung dieser Art gut gebrauchen konnte.

»Wie buchstabiert man entspannen}«, flüsterte ich und nahm seinen Kopf zwischen die Hände.

»Ich glaube, die richtige Antwort lautet F-I-C-K-E-N«, erwiderte er und rieb sich an mir. Er war hart - bereit - und ich sah in seinen Augen, dass er vorhatte, sein Fähnchen so oft wie möglich hier aufzupflanzen, ehe Smoky mich in die Finger bekam.

»Manchmal glaube ich, ich hätte eine heilige Hure werden sollen«, flüsterte ich keuchend. Der Eid, den wir geschworen hatten, wirkte wie ein dauerhaftes Aphrodisiakum, und anscheinend wurde die Wirkung immer stärker, je länger wir zusammen waren. »Delilah und Menolly ... die haben ihre Hormone im Griff, aber ich will irgendwie immer. Ich brauche dich, Trillian. Ich brauche deine Berührung. Füll mich aus, hör nie auf, mich daran zu erinnern, dass du mich besitzt.«

Er fuhr mit der Zunge an meinem Hals entlang, doch ich schob ihn zurück und ließ mich auf die Knie nieder. Das Wasser plätscherte warm auf mich herab, als ich die Lippen an sein Bein presste, mich innen am Oberschenkel emporarbeitete, über die straffen Muskeln und die pechschwarze Haut, die unter meiner Berührung bebte.

Hungrig nahm ich ihn auf, und er schob sich in meinen Mund. Ich leckte einmal über seinen harten Schaft, von der Wurzel bis zur Spitze, und er erschauerte.

»Du bist zu leidenschaftlich, um eine heilige Hure zu sein«, sagte er, stützte sich mit den Händen auf meinen Schultern ab und lehnte den Rücken an die gekachelte Wand.

»Sie treiben es mit Männern, weil das ihre Pflicht ist. Du tust es aus Liebe ... aus Liebe zum Sex, zur Leidenschaft, aus Liebe zu ...« Er brach ab, aber ich konnte das Wort uns praktisch auf seiner Zunge hören.

Ich knabberte und reizte ihn, presste die Lippen zusammen und ließ sie ihn langsam wieder öffnen. Er stöhnte und schob sich mir entgegen, als ich die Zunge um seine Spitze gleiten ließ, kräftig saugte und die Tröpfchen kostete, die sich an der Spitze sammelten. Sie waren salzig und warm, voller Begehren.

Aber Trillian stieß mich gleich darauf zurück. Keuchend befahl er: »Hör auf ... ehe ich komme.«

Er zog mich hoch und drückte mich rücklings an die Wand. Ich hob ein Bein und stellte es auf den Rand der Badewanne. Er ging leicht in die Knie, ich spürte ihn dick und hart an meinen Schamlippen, und dann drang er leicht und vertraut in mich ein.

Ich schnappte nach Luft, als er mich mit den Fingern zu liebkosen begann, mich reizte und neckte, damit ich seinem Rhythmus folgte.

»O Große Mutter, härter. Ich will dich. Härter, Trillian!« Die ganze sexuelle Spannung von Smokys Besuch und der Stress des vergangenen Abends hatten sich in meinem Körper aufgestaut, und dies war mein einziges Ventil. Die einzige Möglichkeit, meinen Kopf mal abzuschalten, meinen Gedanken zu entkommen.

Er begann zu stoßen, und wir fanden unseren Rhythmus. Mit einer Hand packte er mein Haar, riss mir den Kopf zurück, presste die Lippen an meinen Hals und sog kräftig. Er markierte sein Territorium.

Ich krallte die Finger um seine Schultern, als er so tief und hart vorstieß, dass ich fürchtete, wir würden hintenüber kippen, doch gleich darauf spielten seine Finger wieder mit mir, und plötzlich vergaß ich die Badewanne, das Wasser und auch sonst alles. Ich wurde hochgerissen und in einer Spirale dem Höhepunkt entgegengetragen, bis ein Schwall purer Empfindung in mir aufbrach und mich wie eine Flut durchströmte. Gleich darauf brach ich in seinen Armen zusammen, erlöst, erschöpft, und genoss die Erfüllung, die nur Sex mir bringen konnte.

Ich wachte früh auf, noch vor Sonnenaufgang, als helles Glockenklingeln aus meinem Arbeitszimmer über den Flur drang. Der Flüsterspiegel! Ich schlüpfte unter Trillians Arm hervor, der quer über meiner Taille lag, und küsste ihn zufrieden auf die Wange.

Er murmelte schläfrig vor sich hin und drehte sich um, während ich mich in meinen seidenen Morgenmantel hüllte und aus dem Schlafzimmer über den Flur eilte.

Der Flüsterspiegel in seinem gravierten silbernen Rahmen war sozusagen unser interdimensionales Videotelefon in die Anderwelt. Ursprünglich war er nur für den Kontakt mit dem AND programmiert gewesen.

Dankenswerterweise hatten die Elfen ihn ein bisschen umgepolt, so dass wir jetzt Verbindung zu Königin Asterias Hof aufnehmen konnten.

Ich setzte mich an das Frisiertischchen, an dem er befestigt war, und zog das schwarze Samttuch vom Spiegel. Im Glas schillerte ein Strudel farbigen Nebels.

»Maria«, sagte ich, um den Spiegel zu aktivieren. Statt auf unsere Stimmen reagierte er jetzt auf ein Codewort. Wir hatten den Namen unserer Mutter dafür ausgesucht.

Der wirbelnde Nebel lichtete sich langsam und enthüllte Trenyth, Königin Asterias Berater und Assistenten. Der steife Hofbeamte, der uns nun endlich vertraulicher behandelte, sah so müde aus, wie ich mich fühlte. Er blinzelte und starrte mich mit unverhohlener Überraschung an. Ich blickte an mir hinab und bemerkte, dass mein Morgenmantel aufgeglitten war und ich aus meinem Spaghettiträger-Nachthemd quoll.

Ich zog es über meine nackte Brust und grinste ihn anzüglich an. Um vier Uhr morgens fehlte mir sogar die Kraft, es peinlich zu finden, dass ich ihm eine kleine Peepshow geliefert hatte. »Nichts, was du nicht schon mal gesehen hättest, also schau nicht so schockiert drein. Weißt du überhaupt, wie spät es hier ist? Ich habe gerade mal drei Stunden geschlafen. Wir waren die halbe Nacht lang unterwegs und mussten zwei Dubba-Trolle erledigen. Ich bin fix und fertig. Was willst du?«

»Ich bedaure, dass ich dich geweckt habe, aber wir haben hier einen kleinen Notfall«, sagte er.

Ich erkannte die Dringlichkeit in seiner Stimme und hörte sofort mit meinem Geplänkel auf. »Was brauchst du?«

Trenyth schaffte es, wie die meisten Elfen, stets eine ungerührte Miene aufzusetzen.

Er war undurchschaubar, es sei denn, er wollte es anders. »Ist Trillian bei dir?«

Ich nickte. »Ja, warum?«

»Hole ihn. Ich muss ihn sprechen. Jetzt gleich, wenn du so freundlich wärst.« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und wartete stumm, ohne weitere Erklärung.

Nun wurde meine Neugier von Sorge verdrängt. Ich schob das Sitzbänkchen zurück und eilte in mein Schlafzimmer. Was konnte Königin Asteria so dringend von Trillian wollen? Er hatte als Bote zwischen ihr und Tanaquar fungiert, aber nachdem er durch einen feindlichen Pfeil verwundet worden war, hatten sie ihn für eine Weile erdseits bleiben lassen. Schlimmer als die Wunde war die Tatsache, dass er als Spion enttarnt worden war - damit war jeder Aufenthalt in der Anderwelt sehr gefährlich für ihn.

»Trillian, wach auf«, sagte ich und rüttelte an seiner Schulter, bis er die Augen aufriss.

»Trenyth ist im Flüsterspiegel, und er will dich sprechen.«

Sofort sprang Trillian aus dem Bett. Er stand da wie ein nackter, prachtvoller Gott und sah sich hastig im Zimmer um. Ich hielt ihm seinen Hausrock hin - das wadenlange, mantelartige Gewand hatte ich ihm zum Julfest geschenkt.

»Hier, suchst du den?«

»Danke«, sagte er, schlüpfte hinein und band den Gürtel zu.

Ich folgte ihm, als er über den Flur hastete und sich vor den Spiegel setzte.

Trenyth straffte die Schultern. »Trillian, ich habe ...« Er verstummte, als er mich sah.

»Camille, diese Angelegenheit ist geheim. Ich muss dich bitten, den Raum zu verlassen.«

Stirnrunzelnd wich ich zurück, obwohl ich nicht gehen wollte, aber ich war es gewohnt, Befehle zu befolgen. Wir mochten nicht die besten Agentinnen sein, hatten uns jedoch immer alle Mühe gegeben. Als ich die Tür hinter mir schloss und mich im Flur an die Wand lehnte, konnte ich das leise Murmeln ihrer Stimmen hören.

»Was ist los?« Menolly erschien am Kopf der Treppe, Delilah dicht hinter ihr.

»Kätzchen und ich haben Jerry Springer geschaut und dachten, wir hätten den Flüsterspiegel gehört.«

»Da habt ihr recht. Trenyth spricht gerade mit Trillian. Trenyth hat mich aus dem Zimmer geschickt, ehe ich erfahren konnte, was los ist.« Immer noch etwas beleidigt, weil man mich rausgeworfen hatte, warf ich einen Blick auf die geschlossene Tür.

»Mein Gehör ist ja nicht schlecht, aber ich kann kein Wort verstehen.«

Menolly zwinkerte mir zu. »Weg da.« Sie schob sich an mir vorbei und drückte sacht ein Ohr an die Tür. Sie hielt den Zeigefinger an die Lippen und lauschte.

Gleich darauf richtete sie sich auf, und ihr blasses Gesicht wirkte noch weißer als sonst. »In dein Zimmer«, flüsterte sie.

Wir gingen in mein Schlafzimmer und warfen uns aufs Bett. Delilah zog sich die in Satin gehüllte Bettdecke um die Schultern, und ich schlüpfte mit ihr darunter. Menolly seufzte tief.

»Macht euch auf was gefasst. Trillian wird in die Anderwelt zurückbeordert. Sonst konnte ich nicht viel verstehen, außer dass der Krieg eine Wendung genommen hat und Königin Asteria ihn für irgendetwas braucht.« Sie runzelte die Stirn und spielte mit Belle herum, dem Teddybären, der am Fußende meines Betts saß. Morio hatte mir Belle geschenkt, und ich mochte ihre Gesellschaft.

»Was? Aber auf seinen Kopf ist ganz sicher ein Preis ausgesetzt. Was zum Teufel machen die eigentlich da drüben? Warum dauert das so lange?« Ich sprang aus dem Bett, riss mir Morgenmantel und Nachthemd herunter und fuhr in einen Rock. Mit zitternden Fingern schloss ich die Häkchen an meinem BH und zog mir ein ärmelloses T-Shirt über. »Trillian hat sich noch kaum von dieser Schusswunde erholt. Sie können unmöglich von ihm verlangen, jetzt schon in den Dienst zurückzukehren. Noch nicht.«

»Habt ihr an der Tür gelauscht?« Trillian betrat den Raum und sah uns eine nach der anderen an. »Wie viel habt ihr mitgehört?«

Menolly schüttelte den Kopf. »Nicht genug. Nur, dass sie dich schleunigst drüben in der Anderwelt sehen wollen.«

»Was ist denn los?« Ich eilte zu ihm, schmiegte mich an ihn und legte die Hand an seine Schulter, wo der Pfeil nur knapp sein Herz verfehlt hatte. »Sie erwarten doch wohl nicht von dir, dass du wieder den Boten spielst? Du bist zu gut bekannt.

Lethesanar wird alle ihre Späher angewiesen haben, die Augen nach dir offen zu halten.«

Trillian schüttelte den Kopf, nahm zärtlich meine Hand und küsste jeden Finger, ehe er aus meiner Umarmung schlüpfte. »Nein, Camille. Sie bitten mich nicht darum, wieder als Spion zu arbeiten. Es geht um eine andere Mission. Ich kann mich nicht verweigern. Denk daran, ich habe einen Eid geleistet, Tanaquar zu dienen, so lange der Krieg andauert. Ich kann jetzt nicht einfach einen Rückzieher machen.«

»Aber wenn du nicht als Bote oder Spion gebraucht wirst, warum hat Trenyth dann Kontakt zu dir aufgenommen?«, fragte Delilah. Sie richtete sich auf, wippte hoch und ließ sich auf den Knien nieder.

Ihre lange, goldblonde Mähne steckte in zwei Pferdeschwänzen links und rechts, und in ihrem hellblauen Kätzchenpyjama erinnerte sie stark an Bubbles von den Powerpuff Girls.

»Der Flüsterspiegel war die beste Möglichkeit, mich zu erreichen«, sagte er ausweichend. Er blickte sich um und nahm seine säuberlich gefalteten Klamotten von einem kleinen Holzregal am Fenster. »Wenn ihr mich jetzt entschuldigen würdet«, sagte er an Delilah und Menolly gewandt, »ich muss mich anziehen. Meine Erdwelt-Kleidung muss ich hierlassen, Camille. Ich habe keine Zeit mehr, sie zu mir nach Hause zu bringen. Würdest du mir meine Reisesachen holen?«

Während ich mich stumm beeilte, sein Hemd, die Hose und den Umhang aus dem Kleiderschrank zu holen, zogen Delilah und Menolly sich still zurück und schlossen die Tür hinter sich. Ich sah zu, wie Trillian in die Anderwelt-Kleidung schlüpfte. Sie verlieh ihm sofort eine magische Ausstrahlung. Irgendwie schien er sich der Erdwelt so gut anzupassen, dass ich oft sein üppiges Feenblut vergaß. Die Svartaner waren mit den Elfen verwandt und hatten sich vor langer, langer Zeit von diesen abgespalten.

Normalerweise trauten die beiden Rassen sich nicht über den Weg, doch der Bürgerkrieg in Y'Elestrial hatte sie auf einer Seite vereint.

»Ich will nicht, dass du gehst«, sagte ich schließlich und überlegte immer noch, ob ich danebenstehen und meinen Liebsten anfeuern sollte, wie es sich für die Tochter eines Gardisten gehörte, oder ob ich lieber ehrlich sein wollte. »Du darfst nicht sterben. Wir brauchen dich hier, im Kampf gegen die Dämonen.« Nach einer Pause fügte ich hinzu: »Ich brauche dich.«

Trillian stieß scharf die Luft aus. »Ich weiß. Ich weiß, dass ihr mich braucht und dass die Dämonen eine weitaus größere Bedrohung sind als jeder Krieg zu Hause in der Anderwelt. Aber bitte vertrau mir. Ich würde nicht gehen, wenn es nicht sehr, sehr wichtig wäre. Camille«, sagte er, legte mir die Hände auf die Schultern und blickte mir tief in die Augen. »Versuche nicht, mich aufzuhalten.

Diesmal würdest du es bereuen, wenn du wüsstest, warum ich wegmuss. Aber ich darf dir nicht sagen, worum es geht, noch nicht. Ich bitte dich nur, mich ohne Widerrede ziehen zu lassen.«

»Also schön«, hörte ich mich sagen. »Ich werde nicht versuchen, dich aufzuhalten.

Und ich frage dich auch nicht, wohin du gehst. Aber Trillian, komm zu mir zurück.

Lebendig. Bitte?«

Er barg das Gesicht an meinem Hals und küsste mit warmen, süßen Lippen meine Haut. Gedämpft sagte er unter meinem Haar: »Ich komme zurück. Versprochen. Aber hör mir jetzt zu.« Er sah mir forschend ins Gesicht. Ausnahmsweise einmal war jede Spur von Arroganz daraus verschwunden, und ich sah nur tiefen Schmerz - und Liebe.

»Falls mir doch etwas zustößt, richte dieser Eidechse von mir aus, dass es seine Aufgabe ist, dich zu beschützen. Morio würde für dich sterben, ja, aber Smoky kann dich viel besser schützen. Besser ... als selbst ich es je könnte. Hast du das verstanden?«

Daran wollte ich nicht einmal denken, und ich schüttelte den Kopf. »Sag nicht solche Sachen - nicht mal im Scherz. Du kommst zurück, hörst du? Wenn nicht, dann suche ich nach dir, und ich werde dich finden, ganz egal, wo du bist.«

»Nein. Deine Aufgabe liegt hier - du musst die Portale bewachen und die Dämonen aufhalten. Wir befinden uns im Krieg, Camille, und gleich an mehreren Fronten. Du bist die Tochter eines Gardisten. Du wirst dich nicht um deine Pflicht drücken.« Er küsste mich auf die Stirn. »Mach dir keine Gedanken um mich. Ich kann ganz gut auf mich aufpassen. Ich komme zurück.« Dann versanken wir in einem tiefen Kuss, und die Welt kam knirschend zum Stillstand.

Einen Moment später ließ er mich los und zog sich den Umhang über die Schultern.

»Ich reise durch Großmutter Kojotes Portal. Trenyth erwartet mich auf der anderen Seite. Gib gut auf deine Schwestern acht. Und auf Iris und Maggie. Und vor allem auf dich selbst. Ich brauche dich, Camille, genauso, wie du mich brauchst.«

Ehe ich noch ein Wort sagen konnte, wirbelte er herum und schlüpfte aus dem Zimmer. Ich eilte ihm nach, aber er war nur noch ein dunkler Schemen auf der Treppe, und schneller, als ich es glauben konnte, öffnete er die Haustür, lief die Verandastufen hinab und verschwand in der Dunkelheit des frühen Morgens.

Ich verschränkte die Arme vor der Brust, um mich vor der Kälte zu schützen, und blickte zum Himmel im Osten auf. Der erste Schimmer des Morgengrauens kündigte sich an, blasses Licht durchdrang schon den schwindenden Schleier der Nacht. Die Sonne würde noch eine ganze Weile nicht aufgehen, doch ihr Versprechen zeigte sich bereits. Zur Abwechslung hatten wir heute klaren Himmel, an dem noch Sterne leuchteten. Der Mond war schon schlafen gegangen; die Mutter ruhte sich für ihren Weg aus ihrer dunklen Phase aus, doch ich konnte ihre Anziehung selbst jetzt noch spüren.

Das leise Zwitschern der ersten Vögel hallte durch die Stille. Ich wandte meine Aufmerksamkeit der Eiche im Garten zu, unter der Feddrah-Dahns sich niedergelassen hatte. Sogar im Schlaf sah er königlich aus. Während ich da stand, traten Delilah und Menolly zu mir auf die Veranda. Menolly betrachtete den Himmel und schätzte ihren Sicherheitsabstand ein.

»Heller wird es in meiner Welt nie«, sagte sie unvermittelt. »Zumindest ohne die Hilfe von Laternen oder Glühbirnen.«

Ich seufzte tief. »Ich wünschte, ich könnte für dich etwas daran ändern. Ich wünschte, ich könnte eine Menge Dinge ändern. Trillian ist heim in die Anderwelt gegangen. Er wollte mir nicht sagen, warum, nur dass es furchtbar wichtig wäre. Was bedeutet, dass sie ihn zu Hundefutter verarbeiten würden, falls er sich weigern sollte, denn Tanaquar hat immer noch seinen Vertrag.«

»Ich wünschte auch, er könnte bleiben«, sagte Delilah. »Es passiert gerade so viel.«

»Was meint ihr, wie es jetzt mit Chase weitergehen wird, da sein Chef tot ist?«, fragte ich.

Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung. Hoffentlich wird er nicht gefeuert.«

Menolly setzte sich auf die oberste Stufe und stützte sich rücklings auf die Ellbogen.

»Fährst du heute zu Smoky raus?«

Ich nickte. »Ja, später. Ich muss mit Morgana sprechen. Aber erst gehen wir lieber den Hinweisen auf diesen Dämon nach.« Frustriert stieg ich die Treppe hinunter, kniete mich ins taufeuchte Gras und zupfte eine Handvoll dürres Unkraut aus, das es gewagt hatte, sich zwischen den Schwertlilien niederzulassen. »Es ist einfach zu viel... es gibt zu viel zu tun, und alles ist so verstreut, dass man nicht sehen kann, wie die Puzzleteilchen zusammenpassen. Was glaubt ihr, wo das dritte Siegel ist?«

»Es könnte sonstwo sein, wenn man bedenkt, wo wir die beiden ersten gefunden haben«, bemerkte Delilah und hüpfte, immer noch im Pyjama, zu mir herunter. Wir jäteten gemeinsam Unkraut und verschmierten uns die Hände mit feuchter, lehmiger Erde. Der kräftige Geruch stieg mir in die Nase, vermengt mit einem leicht modrigen Hauch, satt und säuerlich und erfüllt vom Versprechen auf neues Wachstum. »Wenn wir nur irgendeinen Hinweis hätten ...«

Menolly räusperte sich. »Also, ich habe gestern Nacht bei der Arbeit etwas herausgefunden, aber ich weiß nicht, wie nützlich das sein wird.« Sie gesellte sich zu uns, schaute aber nur zu, während wir sprießenden Löwenzahn und Klee ausrupften.

Vampire konnten nicht besonders gut mit wachsenden, lebendigen Dingen umgehen, und sie hatte sich ohnehin nie so fürs Gärtnern interessiert wie Delilah und ich.

»Was denn?« Ich blickte zu ihr auf. »Im Moment ist jede Kleinigkeit willkommen.«

Ich fügte nicht hinzu, dass ich alles hören wollte, was mich vielleicht von Trillians Rückkehr in die Anderwelt ablenken könnte, doch ich sah das Verständnis in ihren Augen.

Sie schaute wieder zum Himmel auf. »Mir bleibt noch etwa eine Stunde, ehe ich mich drinnen verstecken muss«, sagte sie. »Okay, hört euch das an.« Sie ließ sich im Schneidersitz neben uns nieder, pflückte einen langen Grashalm und spielte damit herum, während sie weitersprach.

»Ich habe gestern die Bar gemacht, und Luke hat an den Tischen bedient, weil Chrysandra Urlaub hat. Er ist zu einem neuen Gast in einer der Sitznischen gegangen, und als er mir die Bestellung gebracht hat, hat er gesagt, die Frau hätte ihm Fragen über mich gestellt. Sie wollte wissen, wo ich wohne und wann ich Feierabend habe.«

»Das klingt nicht gut.« Ich zog an einer besonders störrischen Distelwurzel, die schließlich aus der Erde glitt. Ich warf sie auf den wachsenden Haufen. »Was hat er ihr gesagt?«

»Gar nichts natürlich, aber ich habe ein bisschen herumgeschnüffelt. Genehsys war da. Die Sängerin, ihr kennt sie doch - tritt manchmal mit ihren Volksliedern im Wayfarer auf? Jedenfalls ist sie eine Fee und besitzt die Gabe, magische Wesen zu erspüren. Ich habe sie gebeten, sich die Frau mal vorzunehmen.«

»Und was hat sie herausgefunden?« Delilah hielt inne und griff nach einem Zweig, auf dem viele Marienkäfer saßen. Sie hob ihn auf, trug ihn zu einem nahen Rosenbusch und schüttelte die Käfer sacht auf die Blätter. »Wir haben Blattläuse«, sagte sie. »Marienkäfer fressen die.«

Menolly zog die Augenbrauen hoch. »Na, dann legt los, Marienkäfer. Also, Genehsys hat gesagt, die Frau sei anscheinend eine Dschinniya.«

»Eine was? Scheiße.« Delilah fuhr herum. »Mit einem Dschinn möchte ich nicht aneinandergeraten.«

Ich runzelte die Stirn. »Wie verstehen sich Dschinns denn so mit Räksasas?«

Menolly zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, aber das sollten wir vielleicht feststellen. Ich bin der Dschinniya gefolgt, als sie gegangen ist, und habe Luke kurz die Bar überlassen. Sie ist durch eine Tür neben einem persischen Teppichgeschäft verschwunden. Über dem Laden sind Wohnungen. Was wetten wir, dass sie da haust?«

»Ein persisches Teppichgeschäft? Räksasas sind ursprünglich aus Persien.« Ich runzelte die Stirn. »Wenn sie tatsächlich mit dem Dämon zusammenarbeitet, dann weiß er vermutlich von uns, da er sich ja schon eine ganze Weile in Seattle aufhält.

Wenn nicht... wer ist sie dann, und was will sie hier?«

Ein Wiehern unterbrach uns. Feddrah-Dahns war aufgewacht und stand plötzlich so dicht hinter mir, dass ich seinen Atem auf der Schulter spüren konnte. »Ihr seid sehr früh wach«, bemerkte er. »Wollen wir uns gleich auf die Suche nach Mistelzweig machen?«

Delilah schüttelte den Kopf. »Noch nicht gleich. Menolly, hast du vor Ende deiner Schicht noch etwas über streunende Pixies gehört?«

Sie grinste und zog einen Zettel hervor. »Das ist das Beste.

Ich wollte euch das auf den Tisch legen, damit ihr es beim Frühstück findet. Zwei Elfen an der Bar haben sich über einen unberechenbaren Pixie beklagt, der nicht hier aus der Gegend stammt. Anscheinend hat er sich in ihrem Garten niedergelassen. Ich habe mir ihre Adresse geben lassen und ihnen versprochen, dass wir uns das mal ansehen würden. Ihnen ist wirklich alles recht, solange wir ihn nur davon überzeugen weiterzuziehen.«

Elfen und Pixies kamen meist nicht gut miteinander aus - es war noch schlimmer als bei Sidhe und Pixies. Niemand wusste so genau, warum, aber diese Feindschaft hatte schon vor der Spaltung bestanden.

Ich wischte mir die Hände am Gras ab und stand auf. »Dann sollten wir uns wohl an die Arbeit machen. Wir müssen sowohl die Pixie-Meldung als auch die Dschinniya überprüfen. Menolly, du wirst uns leider nicht helfen können - du musst bald in deinen Unterschlupf.«

»Nicht so schnell«, kam eine Stimme von der Veranda. Iris stand da, mit Maggie in den Armen, die schläfrig gähnte. »Was tut ihr denn so früh am Morgen hier draußen?«

Delilah eilte die Stufen hinauf, um Iris alles zu erklären, und ich nahm ihr Maggie ab und trug sie hinunter. Die Gargoyle würde noch sehr lange ein Baby bleiben. Ich setzte sie auf den Boden, und sie torkelte herum und versuchte ungeschickt, mit Hilfe ihres Schwanzes das Gleichgewicht zu finden. Fliegen konnte sie noch nicht - ihre Flügel waren noch viel zu klein und zu schwach. Aber immerhin hatte sie inzwischen herausgefunden, wie sie laufen konnte, ohne ständig auf die Nase zu fallen.

Jetzt tapste sie zu einem Fleckchen nackter Erde, das eigens für sie vorgesehen war, und warf mir einen Blick zu, als wollte sie sagen: »Musst du mir unbedingt zuschauen?«

Ich lächelte sie an. »Entschuldige, Maggie. Ich drehe mich ja schon um.«

»Muuf«, kam die leise Antwort, und sie hockte sich hin, um ihr Geschäft zu erledigen.

Ich wandte mich ab und ließ sie in Ruhe. Maggie gehörte jetzt zur Familie. Wir hatten sie aus den Klauen eines Dämons gerettet - einer Harpyie, um genau zu sein -, und Maggie war für uns eine Art Mischung aus Haustier und kleiner Schwester geworden.

Menolly verbrachte viel Zeit mit ihr. Sie half Maggie, krabbeln und laufen zu lernen, und hatte eine Geduld mit ihr, die sie bei sonst niemandem an den Tag legte, außer vielleicht bei Delilah - ihrem Kätzchen.

Maggie stieß ein weiteres Muuf aus, um mich wissen zu lassen, dass sie fertig war. Ich ging zu ihr und sah unter ihrem Schwanz nach, ob auch nichts Unerwünschtes an ihrem seidigen Fell klebte. Sie reckte die Ärmchen nach mir, und ich hob sie wieder hoch und stützte sie an meiner Hüfte ab, während sie die Arme um meinen Hals schlang und den Kopf an meine Schulter legte.

Ich streichelte ihr flaumiges Fell und küsste sie zärtlich auf den Kopf. Iris kam klappernd die Stufen herab und begutachtete das halb gejätete Beet. »Ein guter Anfang. Ich bringe das heute Nachmittag zu Ende. Jetzt kommt herein, ich mache euch Frühstück, und ich will hören, was es Neues gibt.«

Während alle ihr nach drinnen folgten, auch Feddrah-Dahns, ließ ich den Blick über die Grenzen unseres riesigen Grundstücks gleiten. Durch die Wälder dahinter gelangte man in Großmutter Kojotes Heimat, wo sie das Portal bewachte. Gedanken an Trillian schössen mir durch den Kopf. Warum war er zurück in die Anderwelt beordert worden? Würde ihm auch nichts geschehen? Mein Herz setzte einen Schlag aus.

Wehe, wenn. Und da ich gerade an Männer dachte, wo zum Teufel steckte eigentlich Morio? Er hatte immer noch nicht angerufen.

Als ich mich wieder dem Haus zuwandte, flog ein Rabe über mich hinweg und krächzte laut. Erschrocken blickte ich über die Schulter zurück, als er in der Eiche landete. Der Vogel starrte mich mit glitzernden Augen an, und ich hatte das deutliche Gefühl, dass Morgana ihn als eine Art Botschaft geschickt hatte.

Zu viel, dachte ich, kehrte ihm den Rücken zu und ging ins Haus. Das alles war viel zu viel. Jedenfalls vor dem Frühstück.