15

Die neuen Bewohner der Botschaft der Föderation hatten sich bereits häuslich eingerichtet.

»Abgesehen davon, dass für meine Leute beim besten Willen nicht genügend Platz wäre«, stellte Kapitän Aber fest, »habe ich es nie für gut gehalten, Zivilisten und Soldaten zu vermischen. Im Augenblick lagern wir auf einem Gelände, das zwei Blöcke von hier entfernt ist. So konnten wir ein tägliches Trainingsprogramm aufnehmen. An Bord des Raumschiffes sind die Männer verweichlicht. Es ist an der Zeit, sie wieder in Form zu bringen.«

»Wozu in Form bringen?«, fragte ihn Seine Exzellenz. »Wenn ich mich nicht irre, müssen sie doch nur der protokollarischen Eskorte dienen.«

»Dieses Land ist unzivilisiert. Es könnte sein, dass die Einheimischen rebellieren.«

»Möglich, aber auf mich machen sie eher einen friedlichen Eindruck. Schauen Sie sich nur das Personal an, das für uns arbeitet, es ist beinahe schon phlegmatisch.«

»Auch ihnen könnte ein bisschen militärische Disziplin nicht schaden.«

»Das wäre gar keine so schlechte Idee«, murmelte der Botschafter.

Doch Ida Soener, die bereits seit acht Jahren auf Ta-Shima lebte und entsprechende Erfahrungen mit den hiesigen Menschen hatte, widersetzte sich energisch der Idee, die gemächliche Routine in der Botschaft radikal zu verändern. »Wir würden damit nur erreichen, dass unser Personal die Flucht ergreift«, sagte sie.

»Aber es sollte doch kein Problem sein, neue Leute zu finden.«

»Sie zu finden nicht, aber sie auszubilden. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Unser jetziges Personal spricht ein wenig Galaktisch, zumindest verstehen sie unsere Anweisungen.«

»Warum stellen wir eigentlich niemanden ein, der die Universalsprache spricht?«

»Wenn Sie einen finden, stellen Sie ihn ein, aber ich glaube nicht, dass es in ganz Schreiberstadt auch nur einen Asix gibt – abgesehen von dem alten Wagenlenker –, der die Sprache beherrscht.«

»Die Dinge werden sich ändern, wenn wir erst einmal unser Standardprogramm zur Alphabetisierung der Massen aufgebaut haben«, sagte Rasser überzeugt. »Ich verstehe nicht, warum mein Vorgänger das nicht schon gemacht hat.«

»Oh! Sie haben doch ihre Schulen, und sie können alle lesen und schreiben. Von wie vielen Bewohnern in den Elendsvierteln Neudachrens können wir das behaupten?« Botschafter Coont hatte versucht, eine kleine Unterrichtseinheit für die Kinder des Hauspersonals ins Leben zu rufen, aber ohne große Ergebnisse. Sie zogen es vor, dass ihre Kinder gemeinsam mit den Ta-Shimoda zur Schule gingen.

Obwohl man sie wegen ihrer barschen Art nicht zweifelsfrei für eine Aristokratin halten konnte, erwies Ida sich als sehr nützlich. Ihr gehorchten die Einheimischen sehr viel besser als allen anderen Bewohnern der Botschaft. Und sie kannte den Planeten gut. Als Arsel sich über die schwüle Hitze beklagte, die ihre Kleidung an der Haut kleben ließ und ihr ein unschönes Ekzem beschert hätte, schlug Ida ihr vor: »Warum tragen Sie nicht die Stoffe, die hier üblich sind?«

Sie reichte ihr ein Stück ihres unmodernen Damenrocks aus einem lichtundurchlässigen Gewebe. Die erste Ehefrau Rasser stellte fest, dass der Stoff aus sehr feinem Garn bestand.

»Was ist das?«, fragte sie neugierig.

»Sie ziehen die Fasern von einer Pflanze, die sie Baumwolle nennen.«

»Von einer Pflanze? Das ist ja originell. Ich habe niemals Pflanzen gesehen, auf denen Fasern wachsen, und dann noch so feine.«

»Ich glaube nicht, dass die Fasern direkt auf der Pflanze wachsen«, warf Ida verunsichert ein. »Vielleicht unter der Rinde oder im Pflanzeninnern. Auf jeden Fall ist das Gewebe bei heißem und feuchtem Klima sehr viel angenehmer als Fototex, auch wenn es nicht so wahnsinnig elegant aussieht. Stellen Sie heute Nacht nicht die Klimaanlage ein«, fügte sie hinzu. »Die Asix merken es sofort, wenn sie zur Arbeit kommen, und weigern sich dann, das Zimmer zu betreten. Man kann auch sehr gut bei offenem Fenster schlafen. Es gibt hier keine fliegenden Tiere, nur Bienen, die vor mehreren Jahrhunderten zwecks Bestäubung eingeführt wurden.«

»Ja, aber es gibt andere Gefahren, vor allem für eine junge Frau. Die Einheimischen würden es doch nicht wagen, uns zu nahe zu kommen?«

Ida lachte auf.

»Machen Sie sich keine Sorgen. Bei den Asix ist das Missverhältnis zwischen den Männern und Frauen derart groß, dass nur die männlichen Fremden ein gewisses Risiko tragen, auf jeden Fall alle, die Haare haben und einen dunklen Teint. Die Frauen aber ganz sicher nicht. Und von den Shiro droht überhaupt keine Gefahr. Sie verachten uns.«

»Die Einwohner einer peripheren und unterentwickelten Welt verachten uns? Warum?«

»Auf alles, was nicht Shiro ist, wird herabgeschaut. Sie sind arrogant und stolz, selbst wenn es sich bei ihnen in Wirklichkeit um Blutmörder handelt.«

»Mörder? Ist das nicht ein wenig übertrieben? Diejenigen, die wir auf dem Raumschiff kennengelernt haben, machten einen durchaus ehrenwerten Eindruck. Mir machen vielmehr die Asix Angst. Sie kommen mir wie Tiere vor.«

»Irrtum, meine Liebe. Die Asix sind vielleicht nicht sehr intelligent und ein bisschen naiv, so wie Kinder, aber sie sind friedlich. Sie würden nicht einmal einer Fliege etwas zuleide tun. Man muss nur das Gute in ihnen sehen. Die wirkliche Gefahr geht von den schreckhaften Aristokraten aus, glauben Sie mir.«

Die erste Ehefrau Rassers blickte Ida zweifelnd an. Sie war bereit, ihr Urteil über die Shiro zu ändern, aber die Asix konnte sie nicht als harmlos abtun. Jedes Mal, wenn eines dieser Muskelpakete an ihr vorbeiging, zitterte sie vor Angst.

Gemeinsam gingen sie zu Fuß in die Stadt. Nicht, dass es dort viel zu sehen gab; die Stadt war klein und uninteressant. Das einzig wirklich Schöne waren die steilen Felsen oberhalb des Meeres, gegen die Wellen peitschten und vor denen sich große Kaskaden weißer Gischt anhoben. Daneben gab es zwei oder drei Geschäfte mit importierten Handelswaren, in die – wie Ida Soener gesagt hatte – niemals ein Einheimischer den Fuß setzte. Dort gab es Auslagen mit Obst und Gemüse oder Käse, hinter denen alte Asix, die im Schneidersitz auf ihren Matten hockten, friedlich schliefen. Und dann gab es noch einen Laden, um den alle Asix naserümpfend einen großen Bogen machten.

»Fleisch ist nicht jeden Tag erhältlich«, sagte Ida. »Doch einer unserer Asix hat mit dem Inhaber eine Übereinkunft getroffen, und so haben wir stets die erste Wahl. Wenn die Inhaberin kein Fleisch hat, schickt sie einen Jungen aus ihrer Familie mit Fisch oder Muscheln zur Botschaft. Ihr Geschmack erinnert ein wenig an die hydroponischen Kulturen, aber sie sind nicht so zart. Doch man gewöhnt sich daran.«

»Der unitaristische Tempel steht direkt neben der Botschaft«, stellte die erste Frau Rasser zufrieden fest. Doch ihre Zufriedenheit sollte nur von kurzer Dauer sein. Kaum eingetreten, bemerkte sie, dass trotz der durchaus befriedigenden Ordnung und Sauberkeit eine geruchsneutrale Atmosphäre herrschte – typisch für Gebäude, die seit Langem leer standen. Sie strich mit einem Finger über die Rückenlehne eines Stuhls, entdeckte aber keinen Staub.

»Ich habe zwei unserer Hausangestellten beauftragt, hier alle zehn Tage ein bisschen sauber zu machen«, sagte Ida Soener. »War das in Ordnung?«

Frau Rasser bejahte. Dann machte sie die Sieben-Kapellen-Runde. Vor jeder der traditionellen Gottheiten murmelte sie ein kurzes Gebet. Vor Fatma, der barmherzigen Mutter, kniete sie länger nieder. In den Schlitz einer Atomlampe steckte sie kleine Stücke lackierten Holzes, von dem sie im Tausch gute zwei Handvoll bekommen hatte. Ein strahlendes Licht erleuchtete die Mutter, eine große Plastik, kein Holo-Bild. Sie trug zwar die traditionelle orangefarbene Tunika, hatte jedoch schwarzes Haar und eine Adlernase, die Frau Rasser noch nie zuvor an so einer Skulptur gesehen hatte – in keinem der vielen Tempel, die sie, eine sehr fromme Frau, in den vielen Welten, die sie gemeinsam mit ihrem Mann besucht hatte, sich angesehen hatte.

»Warum haben sie das heilige Bild dermaßen verunstaltet?«, fragte sie schockiert.

»Vor einigen Jahren hat ein Missionar versucht, die Einheimischen zu bekehren. Nachdem ein Ta-Shimoda ihn gefragt hatte, an welcher Krankheit die Frau mit den gelben Haaren gelitten habe, hielt er es für besser, die Gottheiten mit physischen Zügen auszustatten, die seinen Schäfchen vertrauter waren. Er hat sich von den Shiro inspirieren lassen, weil die Asix ihnen so viel Respekt bezeugen, dass es einer Verehrung gleichkommt.«

»Aber er hat die Asix nicht bekehren können, oder?«

»Er hat niemanden bekehrt«, seufzte Ina, »und er ist dann auch bald weggegangen. Er war nicht der richtige Mann, er war zu kleingeistig. Er bekam Wutanfälle und bezeichnete es als Sakrileg, wenn die Menschen ihm Fragen stellten, die er als Gotteslästerung empfand. Ihr Nicht-Wissen in Sachen Religion war erschreckend. Der Nachfolger des Missionars hatte sich in den Kopf gesetzt, in Gaia zu predigen, und wir haben ihn nie wieder gesehen. Seitdem haben sie niemanden mehr geschickt.«

»Was ist ihm zugestoßen? Hat er das berühmte Fieber bekommen?«

»Wir haben nicht die leiseste Ahnung. Wir dürfen nicht vergessen, dass jeder, der ohne besondere Befugnis über die Brücke geht, von diesem Moment an als Bürger Ta-Shimas gilt und damit auch dem Gesetz und den Sitten auf dem Planeten unterworfen ist. Ich nehme an, er hatte die glorreiche Idee, einem Shiro zu predigen. Ich hatte ihm ausdrücklich gesagt, er solle die Shiro meiden wie die Pest, aber er war bockig wie ein Maulesel.«

»Frau Soener, ich habe den Eindruck, Sie bringen den Mitgliedern des Klerus nicht genügend Respekt entgegen. Sie sind doch mehr als nur Missionare.«

Frau Rasser war darauf vorbereitet, dass ihre Gesprächspartnerin jetzt eine ihrer vielen Theorien zum Besten geben würde, wie man die Einheimischen zu behandeln habe. Umso größer war ihre Erleichterung, als Frau Soener nichts sagte. Neugierig näherte sie sich der siebenten Kapelle, die der besonderen Frömmigkeit der Schutzsuchenden geweiht war. Aber dort gab es keinen Tempel, nur eine weiße Mauer, ohne Holo-Bild oder Skulptur.

Nachdem sie in die Botschaft zurückgekehrt war, überlegte Frau Rasser lang und breit, wie sie das Treffen für die religiöse Unterweisung organisieren sollte. Der Gedanke, dass sie mit den vielen Hausangestellten allein war, versetzte sie in Angst und Schrecken, aber hier ging es um ihre Pflicht. Sollte sie die Leute im Empfangsraum zusammenkommen lassen? Es waren zu viele, als dass alle einen Sitzplatz bekommen könnten; andererseits wollte Frau Rasser nicht ganz allein vor den stehenden Einheimischen sitzen. Das schien ihr kein guter Anfang, um von der Gleichheit aller vor den sieben Göttern zu predigen.

Sie überwand ihren Stolz und fragte Ida um ihre Meinung.

»Der Empfangsraum würde sehr gut passen«, meinte Ida. »Nach den ersten Zusammenkünften werden sowieso nicht mehr als drei oder vier Leute wiederkommen.«

»Wieso? Glauben Sie, ich wäre nicht in der Lage, ihnen eine offenkundige Sache zu erklären, die alle menschlichen Wesen betrifft?«

»Ohne Zweifel können Sie das erklären, aber die Asix können es nicht verstehen

Machte Frau Soener etwa Witze auf ihre Kosten? Sie, eine gute Frau aus Neudachren, Tochter und Ehefrau eines Soldaten? Jedenfalls hatte die Antwort bei Frau Rasser die gleiche Wirkung wie ein rotes Tuch, das unter den Nüstern eines Stieres hin und her gewedelt wurde.

Schon am darauffolgenden Tag begann ihr Katechismusunterricht. Sie rief alle Hausangestellten zusammen und begann im plumpen Galaktisch: »Ich habe euch kommen lassen, um euch von unserer heiligen Religion zu erzählen ...«

Im weiteren Verlauf erläuterte Frau Rasser die Prinzipien der vier alten heiligen Bücher, die vom Ursprungsplaneten kamen und auf denen die vier großen Religionen basierten, bevor sie vereinigt wurden.

Die Diener schauten sie mit ihren runden Augen, durch die ihre Gesichter stets einen fragenden Ausdruck hatten, schweigend an.

»Habt ihr das verstanden?«, fragte Frau Rasser, die bei der Übersetzung von »Sünde« und »Buße« ins Galaktische ziemlich ins Schleudern gekommen war, nach einiger Zeit. »Habt ihr Fragen?«

»Was ist eigentlich eine Religion?«, wollte eine alte Frau wissen.

»Hm ... Wie soll man das erklären? Das ist die Gesamtheit aller Gebote, die wir ehren müssen.«

»Also ein Gesetz?«

»Ja, eine Art Gesetz. Aber kein menschliches, es stammt von den Göttern.«

»Und was sind Götter?«, fragte der Mann, der im Haushalt als Mädchen für alles arbeitete.

Frau Rasser blickte ihn entmutigt an. Hatte er denn kein einziges Wort von dem verstanden, was sie die ganze Zeit erklärt hatte?

»Das sind die höchsten, allmächtigen Wesen.«

»Über wie viele Personen übt jeder von ihnen Macht aus?«

»Über alle lebenden Wesen aller Planeten!«

»Auch über die Shiro?«

»Sicher. Die Shiro sind nicht mehr und nicht weniger wert als andere Menschen. Man darf nicht glauben, nur weil sie ...«

Einer der Küchenangestellten unterbrach sie:

»Leben die Götter auf deinem Planeten? Und wenn sie so weit weg wohnen, wie können sie mir dann irgendwelche Befehle erteilen?«

Frau Rasser war sichtlich irritiert, weil man sie geduzt hatte. Wie konnte sie den Einheimischen bloß klarmachen, dass man sie zu siezen hatte? Wahrscheinlich würde ihr das nie gelingen.

»Sie leben nicht auf einem speziellen Planeten, sie haben keinen Körper so wie wir ...«, begann sie.

Die Einheimischen fixierten sie die ganze Zeit, und Frau Rasser fühlte sich langsam unwohl. »Sie sind unsichtbar ...«, fügte sie matt hinzu.

Sie sah, wie die Asix untereinander Blicke tauschten, die ein heimliches Einverständnis signalisierten. Ich drücke mich schlecht aus, sagte sie sich. Sie halten mich für eine arme Irre.

»Die Götter stehen über uns allen«, sagte sie unverdrossen, »und wir müssen uns ihrem Willen beugen.«

»Müssen sich auch die Shiro ihrem Willen beugen?«, fragte einer ihrer Zuhörer stirnrunzelnd.

»Selbstverständlich! Denkt immer wieder daran, dass alle Menschen gleich sind.«

»Gut, dann lass einen dieser Götter kommen und sag ihm, er soll einem Shiro erzählen, dass er ihn verehren und ihm gehorchen muss. Sichtbar oder unsichtbar – ich nehme an, dass er nach einem kräftigen Stoß mit dem Säbel genauso blutet wie jeder andere«, sagte das alte Zimmermädchen. Mit einem Handzeichen gab sie den anderen zu verstehen, dass es nun Zeit war zu gehen. Die ganze Gruppe marschierte davon.

»Ein Sakrileg!«, stieß Frau Rasser hervor. Dann aber fiel ihr wieder ein, was Ida Soener über den unglückseligen ersten Missionar erzählt hatte.

Sie erzählte ihrem Mann, was passiert war, und beklagte sich: »Ich weiß nicht, ob es ein Problem mit der Sprache ist oder ob diese Leute einfach nur hoffnungslos blöd sind, aber ich habe noch nie zuvor derart absurde Fragen und Bemerkungen gehört.«

Sie sprach leise, aber ihr Geflüster war für die Ohren eines Asix auch in mehreren Metern Entfernung noch sehr gut zu verstehen. Und alle, die seit mehreren Jahren im Haus des Botschafters arbeiteten, verstanden mehr oder weniger gut die Universalsprache. Doch sie hüteten sich davor, ihre Arbeitgeber davon in Kenntnis zu setzen, damit diese gute Quelle für Klatsch und Tratsch nicht versiegte.

»Sie hält uns für blöd«, berichtete einer der Lauscher der Alten, die gerade in aller Ruhe den Inhalt eines Schmortopfes wendete.

»Umso besser«, sagte die Alte. »Das bringt sie vielleicht von ihrer Idee ab, uns zusammenzutrommeln und uns ihren Blödsinn zu erzählen. Ich meine, wer hat schon mal was von Unsichtbaren gehört? So ein Schwachsinn. Selbst die Jestaks könnten keine Unsichtbaren herstellen.«

»Es wäre aber nicht schlecht, unsichtbar zu sein«, sagte Olov, der Junge, der als Tellerwäscher der Alten zugeteilt war. Er war der Sohn ihrer Tochter und nicht klug genug, um in Gaia weiter zur Schule zu gehen. »Ich könnte heimlich in das Zimmer einer Shiro-Dame gehen ...«

Er hatte keine Gelegenheit, allen zu erzählen, mit welcher Absicht er in das Zimmer der Shiro eindringen wollte. Mit der freien Hand verpasste die Alte ihm eine schallende Ohrfeige und redete weiter, während der Junge offenen Mundes dastand.

»Vielleicht hat die Frau sie nicht alle beisammen, aber böse ist sie nicht. Wir werden uns hin und wieder ihre Geschichten anhören, und sie wird zufrieden sein.«

»Bitte nicht«, flehte Olov, »ich würde lieber die Böden saubermachen.«

»Du wirst die Böden wischen, weil du das gern machst«, erwiderte die Alte, »aber erst, nachdem du dir das Gerede der bekloppten Sitabeh angehört hast.«

Wie Ida vorausgesagt hatte, kamen zu den Sitzungen in den folgenden Tagen nur zwei oder drei Leute, und nicht einmal immer dieselben. Hatten sie sich untereinander abgesprochen, um sich abzuwechseln? An einem der Tage fragte sie einen der Jungen, der ihr relativ fleißig vorkam, ob er bereit sei für die Bekehrung.

»Wir werden die Shiro fragen, ob wir uns bekehren lassen sollen oder nicht«, antwortete eine der anwesenden Frauen.

Entmutigt beschloss Frau Rasser, die Idee fallen zu lassen, diesen Wilden Wissen und Zivilisation zu vermitteln. Oder zumindest, es auf später zu verschieben. Wenn sie erst einmal die Universalsprache beherrschen, sagte sie sich, ist es möglicherweise einfacher, ihnen diese Dinge zu erklären; sonst ist es einfach zu kompliziert für sie. Sie wollte noch einmal mit ihrem Mann über die Möglichkeit reden, für die Hausangestellten und deren Kinder nach dem Modell Neudachrens eine untadelige Schule zu eröffnen.

Die Tage zogen eintönig vorüber. Viele Möglichkeiten zur Zerstreuung gab es für die Botschafterfamilie nicht, abgesehen von gegenseitigen Einladungen mit den hiesigen Händlern – ein Kontakt, den auch die erste Ehefrau Rassers akzeptieren konnte, weil die Händler sich nicht mit den einheimischen Frauen abgaben. Nach drei Monaten jedenfalls hatten alle, auch Kapitän Aber und die Soldaten, den Eindruck, dass es nicht die Hitze war, die einem auf Ta-Shima so sehr zu schaffen macht, sondern vor allem die Langeweile.

Deshalb wurde Kommandant N’Tari, der vor seinem nächsten Flug in der Botschaft vorbeischaute, auch als angenehme Abwechslung willkommen geheißen. Niemand fragte ihn, wer die Frau sei, die mit einem Baby, das eine Hautfarbe wie Milchkaffee besaß, am Flughafen auf ihn gewartet hatte. Niemand machte spitze Bemerkungen über seine übertriebene Herzlichkeit den Einheimischen gegenüber. Man lud ihn zum Essen ein und behandelte ihn äußerst zuvorkommend.

Seine Exzellenz hatte eine Liste mit Dingen vorbereitet, die N’Tari ihm schnellstmöglich mitbringen sollte. Der Kommandant versprach, sich darum zu kümmern, ohne eine allzu hohe Gegenleistung zu verlangen. Dann warf er einen Blick auf die Liste, die der Professor auf ein Blatt Papier geschrieben hatte und musste lächeln, als er die Titel von Musik- und Theater-Cubes las, die weit über das hinausgingen, was er sich in Anbetracht seines schmalen Geldbeutels hätte leisten können. N’Tari nahm sich vor, diese Dinge zuerst zu kaufen, um sie sich selbst auf der langen Reise anzuschauen. Auf der Liste standen auch zwei Musikinstrumente und eine Reihe kleiner Laser für Leuchtskulpturen.

»Wie ich sehe, haben Sie sich arrangiert, um hier eine angenehme Zeit verbringen zu können«, bemerkte N’Tari. »Und Sie, Professor? Wie geht die Arbeit an Ihrem Glossar voran? Benötigen Sie noch die Hilfe der Raumfahrtbegleiterin, die Ihnen bereits an Bord geholfen hat?«

Imi war zweimal zur Botschaft gegangen, um mit Li Hao zu sprechen, aber die Wache hatte ihr den Zutritt verweigert. N’Tari hatte ihr versprochen, dass er herausfinden würde, ob dies auf Anweisung des Professors geschehen sei.

»Nein, danke«, antwortete dieser, »eventuell bräuchte ich zusätzliche Erklärungen. Aber die müssten sich auf einem höheren, intellektuelleren Niveau bewegen.«

»Leider kann die junge Tagaki nicht mit einem Ingenieursdiplom aufwarten, aber ich verstehe, dass es Ihnen nicht reicht.«

»Wo haben Sie denn die ganze Zeit gewohnt?«, fragte der Professor, um das Thema zu wechseln. »Bei Ihren einheimischen Freunden?«

»Natürlich. So wie ich es schon die vergangenen Jahre gemacht habe.«

»Drei Monate lang? Ist das nicht zu unbequem?«, fragte die junge Frau Rasser.

»Ich kann nicht behaupten, dass es sich um ein Luxushotel handelt, aber es reicht, und man gewöhnt sich daran. Die Unterkünfte sind spartanisch, das stimmt, aber sauber und klimagerecht. Wenn ich an Land bin, esse und schlafe ich wie die Einheimischen und kleide mich auch wie sie. Ich fühle mich wohl dabei.«

Er betrachtete die junge Frau, die in ihrem zeremoniellen Neudachrener Gewand unter der Hitze zu leiden schien und die ihm mit einem schüchternen Lächeln antwortete.

»Sie haben Glück, dass Sie bald wieder abreisen dürfen, Kommandant«, seufzte Botschafter Rasser. »Ich würde viel dafür geben, wenn ich eine Woche in Neudachren verbringen könnte. Auf diesem Planeten stirbt man buchstäblich vor Langeweile.«

Noch wusste er nicht, dass sich eine ganze Reihe von Ereignissen zutragen sollen, die ihn bald dazu bewogen, sich nach der Langeweile zurückzusehnen.

*

In dem winzigen, vorgefertigten Forschungszentrum in Gaia überprüfte der völlig perplexe Inigo Salis noch einmal die Ergebnisse seiner letzten Untersuchungen. Er hatte noch nie zuvor einen pathogenen Keim gesehen, der sich so verhielt. Zu Beginn hatte der Keim sich mit exponentieller Geschwindigkeit auf allen Zellkulturen entwickelt, ohne auf irgendeine antivirale Substanz zu reagieren, ja, ohne auch nur die geringste Reaktion zu zeigen. Dann aber hatte er sich sehr schnell zurückgebildet, um schließlich ganz zu verschwinden, sowohl in den Kulturen mit der antiviralen Substanz, als auch in den Kontrollkulturen, die Inigo Salis angelegt hatte. Man hätte meinen können, es handelte sich um einen selbstbeschränkenden Faktor, der sich unabhängig von äußeren Bedingungen aktivierte. Als wäre er von einer Art biologischer Uhr ausgelöst worden, ähnlich der, die bei höheren Lebewesen den Prozess des Alterns kontrolliert. Aber das war eine ebenso vereinfachte wie absurde Hypothese. Würde der Keim sich in der Natur ebenso verhalten, hätte er sich selbst ausgelöscht – es sei denn, der Planet verfügte über ein ganzes Reservoir an Organismen, die dann aber sehr speziell sein müssten. Offensichtlich war die Exobiologie ein Studienbereich von ungeahnter Vielfalt. Trotzdem bestanden gewisse Konstanten. Aber ein pathogener Keim, der sich auf diese Weise selbst zerstört ...

»Das ist unmöglich!«, rief Salis kopfschüttelnd aus.

Er hätte gern mit jemandem darüber diskutiert, der kompetenter war als sein Chef. Doch Professor Buce war das traurige Resultat einer politischen Ernennung, der seine Unfähigkeit dadurch zu kaschieren versuchte, dass er die Forschungsergebnisse anderer übernahm.

»Hören Sie auf, alles für sich behalten zu wollen«, hatte er Salis entgegengeschleudert. »Wir sind ein Team, und wir arbeiten zusammen.«

Salis hatte nicht darauf geantwortet. Er wusste, dass Buce versuchen würde, die Lorbeeren für sich einzuheimsen, indem er alles unter seinem Namen veröffentlichte, sollte Salis eine Entdeckung gemacht haben. Also begnügte er sich damit, ein paar Zahlen zu notieren, die er jeden Abend von seiner künstlichen Intelligenz, die er in Schreiberstadt gelassen hatte, auf ein verschlüsseltes Zip übertragen ließ. Er hatte nur ein kleines Comp-System bei sich, und mit seinen Kollegen kommunizierte er nur selten. Außerdem versuchte er sich abzugewöhnen, während der Arbeit laut zu reden – jedenfalls, wenn der alte Asix anwesend war, der ihm hier zu Diensten zu sein hatte.

Im Moment beobachtete Inigo Salis verdutzt die neuen Kulturen, in denen das Virus gerade dabei war, sich auf dieselbe anormale Art zu reproduzieren. Salis hatte den Eindruck, dass die Lösung zum Greifen nahe war. Wenn es ihm doch nur gelänge, sich zu konzentrieren! Doch er bekam mit einem Mal derart stechende, böse Kopfschmerzen, wie er sie nie zuvor gehabt hatte. Er murmelte: »Schickt ...«

Dann löschte er alle Daten, sodass Professor Buce – sollte es ihm gelingen, das Comp-System zu knacken – nichts finden würde. Dann stand er auf, um sich schlafen zu legen. Die plötzliche Schwindelattacke war überaus heftig. Salis klammerte sich an der Rückenlehne des Stuhls fest, um nicht hinzufallen, und wollte um Hilfe rufen, doch er musste feststellen, dass er keinen Laut mehr hervorbrachte. Langsam ging er in die Knie. Er war tot, noch bevor er zur Seite kippte.

Der alte Asix Jestak hatte hinter der Tür gewartet. Der Mann war ihm sympathisch gewesen, obwohl er ein Fremder war. Als das Virus aktiv geworden war, hatte er die Initiative ergriffen und Salis eine Dosis Cormarou-Saft verabreicht, um das Ganze zu beschleunigen und sein Leiden zu lindern. Manchmal war es nötig, den Tod eines Menschen in Kauf zu nehmen (die Ärztin hatte ihm erklärt, das sehr viele Ta-Shimoda sterben würden, nicht nur Asix, auch Shiro, sollte Salis bei seinen Untersuchungen erfolgreich sein), aber es war keine leichte und erst recht keine angenehme Sache. Die Sitabeh, hatte man ihm gesagt, töten ohne Bedenken, sogar einfach nur aus Spaß, aber die Ta-Shimoda seien zivilisierte Menschen.

Der alte Asix überprüfte, ob auch wirklich alle Daten im Rechner gelöscht waren. Dann griff er vorsichtig in seine Tasche und nahm das Fläschchen heraus, das Kilara Jestak ihm gegeben hatte, und hielt es gegen das Licht. Das Fläschchen war zur Hälfte leer, die fehlende Flüssigkeit war in Salis’ Bett gegossen worden. Er verteilte den Rest auf dem Körper des Forschers; dann ging er in den Gemeinschaftsraum, in dem der Professor und der andere Assistent saßen, über Bücher gebeugt. Er sagte nur: »Der andere Fremde, krank.« Dann ging er fort.

Die beiden Männer schauten sich an; dann erhoben sie sich, um nachzusehen. Es lag auf der Hand, dass man für Salis nichts mehr tun konnte. Sein Blick war starr, die Augen weit aufgerissen, der Mund zu einem Grinsen verzogen. Während der Assistent Schreiberstadt benachrichtigte, um sich nach der weiteren Vorgehensweise zu erkundigen – nebenbei ließ er die Bemerkung fallen, dass es sich auch um einen Mord handeln könnte –, beugte Buce sich zu dem Toten hinunter, um dessen Taschen zu durchsuchen. Er überprüfte heimlich die Lamellen, aber die Ergebnisse waren derart widersinnig, dass Buce überzeugt war, Salis habe sie bewusst gefälscht, um zu verhindern, dass jemand seine Arbeitshypothese verstehe. Er durchsuchte mehrmals die Schubladen im Büro, ohne etwas Brauchbares zu finden. Es bestand die verschwindend geringe Möglichkeit, dass der junge Mann ein wichtiges Dokument bei sich trug, aber auch hier verlief die Suche ergebnislos.

Mit einem Mal wurde Buce bewusst, dass er sich gerade womöglich einer Gefahr aussetzte, sollte Salis an einer ansteckenden Krankheit gestorben sein. Er eilte in sein Zimmer und schloss die Tür. Jeder Raum konnte isoliert und steril gemacht werden, und Professor Buce beeilte sich, den hermetischen Verschluss der Tür zu aktivieren. Er schnappte sich den Kommunikator, um Hilfe anzufordern, und aktivierte das System zur Luftreinigung.

Aber es war zu spät. Das Virus war bereits in seinen Körper eingedrungen und nun eifrig damit beschäftigt, Zellkolonien zu bilden. Es blieb mehrere Tage ansteckend und vermehrte sich mit exponentieller Geschwindigkeit, um schließlich in seinem Körper zu explodieren.

Buce, der bereits dem Tod geweiht war, ohne es zu wissen, fluchte innerlich vor sich hin, weil die Antwort aus der Botschaft auf sich warten ließ. Ein Soldat meldete sich online bei ihm – derselbe, der zuvor mit seinem Assistenten gesprochen hatte. Der Mann hielt es nicht für nötig, zu Kapitän Aber zu eilen und ihn zu wecken. Er begnügte sich mit dem Versprechen, diese Angelegenheit sofort zur Sprache zu bringen, sobald einer seiner Vorgesetzten aus dem Schlaf erwacht sei. Nur weil Buce hartnäckig darauf beharrte, erklärte der Soldat sich schließlich bereit, jemanden zu rufen. Seine Wahl fiel auf Professor Li, der unter der Tür stand, durch die das Licht fiel. Er fragte ihn, was zu machen sei.

»Ich bin Professor der Anthropologie, ich habe keine Ahnung von Medizin«, erklärte Li.

Trotzdem sprach er mit Buce, der nervös und kopflos wirkte. Als Li begriff, was passiert war, ging er sofort zu Seiner Exzellenz, um ihm Bericht zu erstatten. Der Botschafter und seine zweite Ehefrau hatten sich bereits für die Nacht ausgezogen. Nun streifte er seinen Bademantel über und verließ schlecht gelaunt das Zimmer.

Buce wollte nach Schreiberstadt und bat darum, dass jemand mit zwei sterilen Gewändern zur Brücke kam, um sich dort mit ihm zu treffen. Aziz Rasser war unentschlossen. Er kannte sich aus, wenn es darum ging, Männer bei irgendwelchen Manövern oder seltenen Zusammenstößen mit Rebellengruppen Befehle zu erteilen, doch wenn es um Fragen der Hygiene ging, war er ratlos.

»Ruf den Arzt Duncan«, schlug seine Frau ihm vor.

»Misch dich nicht in Angelegenheiten, die dich nichts angehen, und geh wieder auf dein Zimmer«, befahl der Botschafter barsch, nachdem er den Blick des Soldaten gesehen hatte, der auf dem Ausschnitt seiner Frau im Bademantel ruhte.

Sie warf ihm einen gedemütigten Blick zu und eilte zur Treppe.

Rasser schickte den Soldaten los, sich auf die Suche nach dem Arzt Duncan zu machen. Duncan war der einzige Mediziner in Schreiberstadt – oder, um es genauer auszudrücken, der einzige Arzt aus der Außenwelt.

Die beiden nächsten Stunden waren begleitet von nervösen Anrufen Professor Buces. Endlich kam der Soldat zurück und zog den Arzt hinter sich her. Dieser war dermaßen betrunken, dass er ihnen offensichtlich nicht allzu nützlich sein konnte.

»Exzellenz«, erklärte Li Hao, »das medizinische Zentrum im Astroport schien mir sehr leistungsfähig zu sein. Ich glaube, wir sollten uns an sie wenden. Wenn es sich um eine hiesige Krankheit handelt (er vermied es, »Fieber von Gaia« zu sagen, an das beide dachten), wissen sie sicher besser Bescheid, welche Vorsichtsmaßnahmen zu treffen sind.«

»Können wir uns denn an die Einheimischen wenden? Halten Sie die für geeignet?«

»Natürlich wäre niemand qualifizierter als Doktor Duncan. Andererseits handelt es sich um eine Krankheit von diesem Planeten, also müssen die Einheimischen mehr wissen als wir. Sie wollen doch nicht aus reinem Nationalstolz heraus riskieren, dass die ganze Stadt einer Gefahr ausgesetzt wird?«

Seine Exzellenz musste anerkennen, dass die Argumentation des Professors unwiderlegbar war. Er schickte die Wache los, um einen der Asix zu wecken, die in der Botschaft schliefen. Diesem erteilte er die Weisung, einen Mediziner aus dem Astroport zur Botschaft zu bringen.

»Eine Jestak?«, fragte der Asix.

»Egal wer. Hauptsache, ein Arzt.«

»Es gibt keinen.«

»Wie bitte? Da gibt es keinen Arzt?«

»Es gibt nur Jestak-Ärztinnen.«

Li Hao setzte den Fragen Seiner Exzellenz mit unüblicher Festigkeit kurzerhand ein Ende. Der Asix entfernte sich, um kurze Zeit später in Begleitung einer Shiro wiederzukommen. Die Ärztin, die Galaktisch sprach, wehrte sich vehement gegen einen Transport nach Schreiberstadt.

»Ich muss die Kranken erst untersuchen«, sagte sie. »Im Fall einer Kontamination mit dem Virus von Gaia würden wir riskieren, dass sich eine Epidemie ausbreitet, wenn wir sie nach Schreiberstadt bringen.«

»Es handelt sich um Bürger der Föderation«, widersprach der Botschafter. »Ich bin verantwortlich für ihr Wohlergehen. Wir können sie doch nicht mit dem Toten allein lassen.«

»Ich werde darum bitten, dass das Hospital von Gaia sich ihrer annimmt. Dort weiß man um die Risiken und Gefahren, die beim Überschreiten der Brücke von Niasau bestehen. Im Übrigen ... euer Mediziner«, sie machte eine verächtliche Geste in Richtung Duncan, der in einer Ecke des Zimmers auf dem Sofa der Botschaft lag und schnarchte wie ein dicker Wal, »scheint mir im Augenblick nicht in der Verfassung zu sein, eine Entscheidung zu treffen. Ich gehe sofort nach Gaia, um die Leiche einer Autopsie zu unterziehen und die noch Lebenden zu untersuchen. Wenn Sie intervenieren wollen, müssen Sie mich begleiten.«

Sie drehte ihnen den Rücken zu und ging.

Rasser blieb die Nacht über auf, aber es kamen keine Anrufe mehr, und es nahm auch niemand ab, wenn er anrief. Er wusste nicht, was er machen sollte, und ging im Salon der Botschaft wie ein Tiger in seinem Käfig umher.

Im Morgengrauen kam die Ärztin zurück.

»Fieber von Gaia, ein neuer viraler Stamm«, sagte sie kurz und knapp. »Ich habe die Leiche verbrennen lassen und auch das Forschungszentrum – mit allem, was darin war. Die beiden anderen Männer befinden sich auf der Isolierstation.«

»Und wo ist die?«

»Natürlich in Gaia, im Hospital, wie ich Ihnen bereits gesagt habe.«

»Ich würde es vorziehen, dass die Männer hierher ins Hospital kommen. Mittlerweile kann auch unser Arzt wieder die Arbeit aufnehmen und wird sich um sie kümmern.«

»Ich bin entschieden dagegen. Damit riskieren wir, dass sich in der Stadt eine Epidemie ausbreitet.«

Die Shiro sprach in einem autoritären Tonfall, und der nach der langen Nacht müde Botschafter, der es gewohnt war, dass man seinen Weisungen Folge leistete, fühlte sich in seiner Würde verletzt.

»Ich nehme von anderen keine Befehle an!«, rief er aus, und nur das letzte bisschen Diplomatie hinderte ihn daran zu sagen: »Schon gar nicht von einer Frau, die von einem winzigen, halb barbarischen Planeten stammt, gekleidet wie ein Bettler ist und sich aufführt, als wäre sie ein General der Luftraumfahrt«.

»Dann machen Sie doch, was Sie wollen. Mich betrifft es ja nicht unmittelbar. Mein Volk ist immun gegen das Fieber. Es sind Ihre Landsleute, die darunter leiden würden. Es versteht sich von selbst (die ausdruckslosen Augen der Ärztin fixierten ihn), dass ich jegliche Verantwortung für die Toten ablehnen werde, die es aufgrund Ihrer leichtsinnigen Entscheidung geben würde.«

Bevor Rasser auf die Kränkung reagieren konnte, hatte die Ärztin sich mit großen Schritten in ihrem wehenden, sandfarbenen Mantel entfernt.

Aziz Rasser fühlte sich verpflichtet, die Ankündigung wahr zu machen, die er der Ärztin gegenüber geäußert hatte, um das Gesicht nicht zu verlieren. Obwohl auch Doktor Duncan anderer Meinung war, organisierte er die Rückkehr der beiden Forscher, die relativ isoliert in ihren Zimmern im Hotel Aldebaran – eines der beiden Hotels in Schreiberstadt – bleiben sollten. Er schickte einen Asix mit zwei versiegelten sterilen Gewändern zum Hospital in Gaia.

Die beiden Forscher trafen am frühen Nachmittag ein, zwar verängstigt, aber ohne alarmierende Symptome. Sie schlossen sich in den für sie vorgesehenen Zimmern ein und blieben dort allein, um abzuwarten, ob sie sich mit der Krankheit angesteckt hatten oder nicht.

Sie verbrachten eine Woche in Angst und Schrecken.

Sie wussten, dass je nach Virenstamm die Symptome der Infektion mit dem Gaia-Virus unterschiedlich ausfallen konnten und verbrachten ihre Zeit damit zu überlegen, welche sich rasend schnell entwickelnde Form wohl den armen Salis dahingerafft hatte. Denn einige Stunden vor seinem Ableben hatte er sich noch bester Gesundheit erfreut.

Am Ende der Woche wachte Buce trotz der drückenden Hitze mit Schüttelfrost auf. Duncan eilte herbei, um ihn zu untersuchen, konnte aber keine ihm bekannte Krankheit diagnostizieren, obwohl der Mann sich offensichtlich in schlechtem Zustand befand. Er litt an einem Migräneanfall. Alle Muskeln taten ihm weh, und ein heftiger Schmerz im Hals hinderte ihn am Sprechen. Er schaffte es gerade noch zu sagen:

»Sieben Tage Inkubation ... Isolieren Sie mindestens zehn Tage lang alle, die Kontakt mit mir hatten.«

Einmal im Leben dachte er an andere Dinge als an seine Karriere, und es erwies sich, dass er recht behalten sollte. Der vom Alkohol geschwächte Arzt wurde drei Tage später krank. Fünf Tage später folgte ihm der Wirt des Hotels, ein junger Mann aus Atarashii Sendaï, der vor zwei Jahren nach Ta-Shima gekommen war und von allen geschätzt wurde. Dann war die Reihe an dem Soldaten, der die beiden Forscher an der Brücke empfangen hatte.

Buce wäre bestimmt zufrieden gewesen, hätte er noch erfahren, ob er wirklich recht gehabt hatte, aber dieses Glück war ihm nicht beschieden: Er lag im Koma, halb ertrunken unter den eigenen Exkrementen, in einem Zimmer, in das niemand sich mehr hineinwagte. Er hatte starke Blutungen in Augen und Ohren, und sein Gesicht war nur noch eine verzerrte Maske.

Schreiberstadt wurde von einer Woge der Panik erfasst. Die Menschen, die zum Astroport eilten, um den Planeten – zu welchem Preis auch immer – sofort zu verlassen, hatten nicht mit der Standfestigkeit des einheimischen Personals gerechnet.

Kein Raumschiff durfte abfliegen, bevor die Epidemie nicht vollständig unter Kontrolle war – eine Anordnung der Jestaks. Jeder Versuch, mit Gewalt zu entkommen, war zwecklos. Das einzige Raumschiff am Boden hatte kein Comp-System und konnte folglich nirgendwo hin. Allen anderen Raumschiffen hatte man mitgeteilt, dass der Planet sich in Quarantäne befände und Landeanflüge so lange verboten seien, bis eine neue Anweisung erteilt worden sei.

»Geben Sie uns den Impfstoff für das neue Virus«, bat jemand aus der Menschenmenge.

»Das ist unmöglich. Wir müssen ihn erst herstellen, und das wird einige Wochen dauern. Darüber hinaus können wir nicht impfen, solange die Epidemie grassiert. Gehen Sie nach Hause und vermeiden Sie Menschenaufläufe. Das ist das beste Mittel, um sich vor einer Ansteckung zu schützen.«

Einige versuchten sich mit Gewalt Durchgang zu verschaffen, aber sie hatten keine Waffen, und die physische Überlegenheit der Asix brachte sie schnell wieder zur Räson. Sie liefen zurück in die Stadt, wo einige den Ratschlägen folgten und sich in ihren Häusern einschlossen, während andere sich an der Tür der Botschaft zusammendrängten.

Als Omiari Kader sah, wie die Menschen angelaufen kamen, beeilte er sich, das Tor zu verriegeln. Die laut Protestierenden hätten sich zweifellos damit begnügt, mit den Fäusten gegen das Tor zu hämmern und laute Beschimpfungen auszustoßen, hätte Kapitän Aber nicht die Gelegenheit genutzt, in einer Krisensituation wie dieser die vier Soldaten auf die Probe zu stellen, die sich gerade mit ihm in der Botschaft befanden.

»Alle Mann mit Waffen zum Tor!«, schrie er in seiner schönen Stentorstimme, auf die er so stolz war.

Die Männer waren sofort bereit. Kapitän Aber ließ sie sich hinter dem Tor postieren. Dann befahl er, die Flügel zu öffnen. Als die Leute die auf sie gerichteten Waffen sahen, beruhigten sich ihre Gemüter, zumindest bei denen in der ersten Reihe. Sie wollten sogar die Flucht ergreifen, aber die anderen hinter ihnen hatten die Waffen nicht gesehen und drängelten weiter vor. Einen Moment lang gab es ein wirres Hin und Her auf der Schwelle, bis plötzlich ein leiser Schuss aus einem Plasmagewehr ertönte, der die Szenerie binnen einer Sekunde in blendendes Licht tauchte. Schreie waren zu hören. Nach wenigen Augenblicken war die Straße wie leergefegt. Nur drei Personen blieben: ein Mann, der mitten in der Brust ein tellergroßes Loch hatte, und zwei andere, die von ihren Kameraden auf der Flucht niedergetrampelt worden waren.

Die Angst vor Ansteckung bewog die Mehrheit der Menschen, sich zu Hause einzuschließen, und mehrere Wochen lang sah man in den Straßen nur Asix. In der Zwischenzeit breitete sich die Epidemie heimtückisch aus. Einige Tage gab es keinen neuen Fall; dann wurden drei Haushalte an unterschiedlichen Ecken der Stadt auf einmal heimgesucht. Die Ersten, die erkrankten, waren Joel und Martis Anidai, ein junges Paar. Außerhalb der Botschaft war Martis die einzige nicht einheimische Frau in Schreiberstadt. Sie war überaus beliebt. Die Hälfte der Männer waren mehr oder weniger in sie verliebt, obwohl sie nicht wirklich eine Schönheit war und auch keine besonders schillernde Figur. Ihr Tod wurde als echter Verlust empfunden.

Fünf Tage später war ein Händler an der Reihe. Er wohnte seit Jahren zurückgezogen in seiner Bruchbude im Herzen des Asix-Viertels, ohne kaum einmal die Nase aus der Tür zu stecken. Insofern war es schwierig nachzuvollziehen, dass gerade er sich angesteckt hatte. Dann traf die Krankheit drei Raumfahrtbegleiter des Raumschiffes, das auf Anweisung der Jestak am Boden bleiben musste.

Anschließend flaute die Epidemie acht Tage lang ab, was Anlass zu der Hoffnung gab, dass das Ende in Sicht sei. Doch dann registrierte man erneut Krankheitsfälle und weitere Tote. Aus Furcht vor Ansteckung überließ man die Kranken sich selbst, es sei denn, sie hatten das Glück, dass ihnen ein Asix half, der sie sympathisch fand.

Botschafter Rasser saß verzweifelt in seinem Büro, den Kopf zwischen den Händen.

»Störe ich?«, fragte der Professor von der Tür aus.

»Nein, nein, kommen Sie ruhig herein. Normalerweise fühle ich mich nicht so ohnmächtig. Ich wollte wenigstens meine Familie nach Neudachren zurückschicken, aber diese satanischen Ta-Shimoda haben den Astroport geschlossen und machen für niemanden eine Ausnahme. Sie sind davon überzeugt, die Krankheit könnte sich in allen bewohnten Welten ausbreiten.«

»Ich bin mir ziemlich sicher, dass man es mit modernen Mitteln und fähigen Forschern längst geschafft hätte, eine wirksame Behandlung der Krankheit zu finden. Aber wenn sie deren Verbreitung verhindern wollen, ehrt sie das.«

»Soener meint, wir sollen die Shiro um Hilfe bitten.«

»Warum? Wenn sie etwas wüssten, das uns helfen könnte, hätten sie es längst getan, da bin ich mir sicher. Sie haben uns zwar nicht mit offenen Armen empfangen, haben sich uns gegenüber aber auch nicht als feindselig erwiesen.«

»Soener meint, sie würden für uns nicht mal den kleinen Finger bewegen, es sei denn, wir bitten sie darum. Und ich habe das dumpfe Gefühl, mich gegenüber der Ärztin, die sich um Buce gekümmert hat, nicht besonders diplomatisch verhalten zu haben.«

»Die Asix haben mir den gleichen Rat erteilt. Sie sind sich sicher, dass die Jestaks die Situation retten könnten.«

»Mir bleibt wahrscheinlich nichts anderes übrig, als meinen Stolz zu überwinden und mich bei dieser überheblichen Jestak zu entschuldigen.«

Rasser stand auf und ging zur Tür seines Büros. Dabei bewegte er sich wie ein alter Mann.

»Soener!«, brüllte er und steckte den Kopf aus der Tür. »Könnten Sie mal kurz kommen?«

Der Sekretär kam so schnell, dass man hätte meinen können, er hätte die ganze Zeit hinter der Tür gestanden und gelauscht.

»Bitte helfen Sie mir, einen Entschuldungsbrief an das medizinische Zentrum des Astroports abzufassen.«

Soener schüttelte den Kopf.

»Das würde ich Ihnen nicht raten, Exzellenz. Die Shiro entschuldigen sich nie bei ihresgleichen. Wenn Sie das tun, würden Sie Ihre Unterlegenheit zugeben. Das Beste wäre, einen Asix mit einer Botschaft zu schicken, die dieser mündlich dem gesamten Jestak-Clan übermittelt.«

»Riskieren wir da nicht, dass er sich irrt und etwas Falsches wiedergibt? Ihre Frau kennt doch die Einheimischen gut. Was sagt sie dazu?«

»Ida kennt sie weniger, als sie glaubt«, antwortete Soener mit dem Anflug eines Lächelns. »Lassen Sie mich das machen.«

Er hatte recht, denn kaum eine Stunde später fanden sich zwei Shiro, begleitet von einer kleinen Gruppe Asix, in der Botschaft ein und nahmen die Sache sofort in die Hand. Sie ließen die Kranken nach Gaia bringen, ordneten an, ihre Kleidung und alle Gegenstände, mit denen die Opfer in Kontakt gekommen waren, zu verbrennen, beschlossen eine neue Massenimpfung für sämtliche Fremden und brannten das Hotel nieder, in das man zuvor alle Toten – sechzehn an der Zahl – gebracht hatte.

Seit dem Auftauchen der Shiro hatten die einheimischen Hausangestellten der Botschaft, die normalerweise eher faul und apathisch waren, eine ungeheure Energie entwickelt. Spontan befolgten sie sämtliche Weisungen. Sie hatten im Erdgeschoss des Hotels alles auf einen Haufen gepackt, was brennbar war, selbst den großen Tisch aus der Botschaft. Auch der Protest von Sekretär Kader nützte nichts.

Schon bald stieg schwarzer Rauch über dem Hotel auf und verbreitete einen ekelerregenden Geruch nach Plastik und verbranntem Fleisch. Durch den Rauch wurde der düstere Himmel über Ta-Shima noch unheilverkündender.

Während das Hotel brannte, standen die Asix mit Wassereimern bereit, um die Ausbreitung der Flammen – falls erforderlich – eindämmen zu können. Doch kaum waren die Shiro wieder fort, nahmen die Asix ihren alten phlegmatischen Trott wieder auf. Nur widerwillig machten sie sich wieder an die Arbeit. Lieber unterhielten sie sich.

»Die ganzen Toten!«, rief Suvaïdar und ließ sich auf die Matte in Kilaras Büro fallen.

Diese zuckte gleichgültig die Schultern.

»Es sind nur Sitabeh. Im Übrigen bin ich nur für den ersten Toten verantwortlich. In Niasau wäre niemand krank geworden, hätten sie unsere Ratschlägen befolgt und die kontaminierten Personen nicht von Gaia nach Niasau transportiert. Wie auch immer, es ist gut, wenn sich von Zeit zu Zeit eine Epidemie ausbreitet. Das erinnert die Fremden daran, dass es gefährlich ist, hier zu leben. In der letzten Zeit kamen einfach zu viele. Im Grunde ist das gar nicht so sehr viel anders als bei einem Duell, auch wenn es sich nicht um ehrenhafte Waffen handelt. Sie haben stattdessen Raumschiffe, Gewehre, die Strahlen abschießen, und Bomben, die einen ganzen Planeten auslöschen können. Da ist es nicht unehrenhaft, dass wir ein Virus einsetzen.«

Suvaïdar antwortete nicht. Ihre Kollegin hatte ihr ihre Absichten zu verstehen gegeben, und sie, Suvaïdar, war nicht eingeschritten, um sie daran zu hindern, ihre Pläne in die Tat umzusetzen. In der Konsequenz war sie mitschuldig. Jetzt hatte sie die Wahl, entweder nicht mehr über die Sache zu sprechen oder einen Skandal auszulösen, der die Huangs und die Jestaks mitreißen würde, zwei Clans, die traditionell durch häufige reproduktive Beziehungen miteinander verbunden waren. Eine Blutrache wäre die Folge, die unvermeidlich den Tod vieler Shiro aus dem Huang- und Jestak-Clan nach sich ziehen würde.

Während Suvaïdar sich bemühte, ein neutrales Gesprächsthema zu finden, waren ihre Blicke auf das Comp-System Kilaras gerichtet, ein neues Modell, das denen ähnelte, die auf Wahie verwendet wurden, und das ganz sicher Teil der organisierten Einkäufe des Bur-Clans war. Das brachte sie auf die Frage:

»Die Jestak praktizieren doch seit Jahrhunderten die Wissenschaft der Genetik. Wie eigentlich konnten sie ihre Studien und DNA-Analysen ohne Comp-System und Labor-Equipment ausführen? Ich weiß, die Gründer haben die besten Geräte mitgebracht, die man sich vorstellen kann, und zweifellos besaßen sie auch ein Lager mit Ersatzteilen. Aber nichts hält sechshundert Trockenzeiten lang.«

»Beweise habe ich zwar nicht«, entgegnete Kilara, »aber ich bin sicher, dass es in den Jahrhunderten, als sie isoliert waren, auf die eine oder andere Weise möglich war, Kontakte zu Händlern aufrechtzuerhalten. Als ich mit meinen Untersuchungen begann, waren die Außenweltler noch nicht an Land gekommen. Trotzdem besaßen wir Instrumente und elektronisches Material, das relativ neu war. In den Archiven des Hauses der Sadaï würde man zu diesem Thema bestimmt Informationen finden. Ich glaube nicht, dass Tsune uns informieren wird. Da werden wir schon warten müssen, bis eine von uns beiden Sadaï wird, um Genaueres zu erfahren.«

»Wenn du Sadaï wirst, wirst du mir sicher nichts darüber sagen. Du wirst dich wie alle anderen von der Paranoia der Shiro anstecken lassen und deine Geheimnisse eifersüchtig für dich behalten«, antwortete Suvaïdar, bemüht, einen heiteren Ton zu treffen, doch es gelang ihr nicht, die Stimmung aufzulockern.

*

Nach mehreren Wochen, in denen nichts Neues geschah, brachte das medizinische Zentrum des Astroports das Impfprogramm in Gang, und drei Tage später gaben die Jestaks den Astroport wieder frei. Viele, denen es nicht gelungen war, auf Ta-Shima die guten Geschäfte zu machen, die sich erhofft hatten, verließen diesen schaurigen Planeten ohne jedes Bedauern. Man sah auch andere aus sehr viel empfindsameren Gründen abreisen: Sie hatten Eltern oder Freunde sterben sehen. Die langjährigen Bewohner, die Händler, die mittlerweile mit ihren Asix-Lebensgefährtinnen und ihren Kindern schon Jahre in Schreiberstadt wohnten, blieben nahezu alle dort.

Rasser hatte den Zwischenfall am Tor der Botschaft nicht vergessen. Dass dabei drei Zivilisten ums Leben gekommen waren, war überaus bedauerlich und darüber hinaus schlecht für seine Karriere – auch wenn die Opfer zum Teil mitverantwortlich waren. Schließlich hatte man ihnen geraten, Menschenansammlungen zu meiden, um die weitere Ausbreitung der Epidemie zu unterbinden. Und sie hatten nichts Besseres zu tun gehabt, als sich zu dieser absurden Kundgebung zu versammeln. Die Föderation repräsentierte die höchste Autorität und war der erste Anlaufpunkt für alle Bürger. Doch wie konnten sie die Hoffnung hegen, dass eine Handvoll Soldaten das Virus mit Erfolg hätte bekämpfen können?

Solange die Angst vor dem Virus umgegangen war, hatte Rasser vermieden, mit Kapitän Aber zusammenzutreffen. Dieser hätte sich eventuell nützlich machen können, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Doch nachdem die Quarantäne aufgehoben worden war, beschloss Rasser, Maßnahmen zu ergreifen – ein Entschluss, der durch einen unangenehmen Vorfall bestärkt worden war.

In Schreiberstadt gab es nur wenige Orte, an denen man sich treffen konnte. Die Bars der Einheimischen befanden sich im Viertel unweit der Brücke, wohin ein Mitglied der Botschaft niemals seinen Fuß setzen würde (glaubte zumindest Rasser; Ida Soener hätte ihm sagen können, dass dem nicht so war). Dann gab es zwei Hotels mit Restaurant und Bar. Jetzt gab es nur noch ein Hotel, die »Meerjungfrau«. Und nach der Ballerei, die drei Händler das Leben gekostet hatte, waren die Soldaten dort keine gern gesehenen Gäste mehr.

Rasser sagte sich, dass es eine gute Idee wäre, das Ende der Quarantäne dort mit seinen Frauen zu feiern, auch wenn das Hotel nichts Außergewöhnliches zu bieten hatte. Die Sitze bestanden aus großen Bänken, die die Einheimischen gezimmert hatten, die Musik war viel zu laut und zu vulgär, und die Getränke waren mittelmäßig. In den meisten zivilisierten Welten wäre die »Meerjungfrau« allenfalls eine Kaschemme in einem der berüchtigten Viertel unweit des Astroports gewesen. In Schreiberstadt aber besaß das Hotel die einzige Bar in der Stadt. Deshalb zog es ein Publikum an, das diese Bar unter anderen Umständen niemals betreten hätte.

Kaum saßen alle drei auf der Holzbank ohne Rückenlehne, kam der Eigentümer zu ihnen an den Tisch. Er war ein vulgäres Individuum und schlecht erzogen, und nach seinem Akzent zu urteilen, kam er aus der Provinz.

»Exzellenz, können Sie den Soldaten nicht verbieten, in die Meerjungfrau zu kommen? Sie verderben mir das Geschäft, weil andere Gäste das Lokal dann fluchtartig verlassen.«

»Aber die Soldaten sind auch doch gute Gäste, oder?«

»Wenn sie nicht auf Pump essen und trinken ... Aber ich verliere trotzdem Geld. Sämtliche Zimmerreservierungen wurden wegen der Epidemie annulliert, und wenn ich jetzt auch noch auf die hier wohnenden Gäste verzichten muss ...«

»Was soll ich tun? Ich habe die Krankheit doch nicht zu verantworten!«

»Natürlich nicht, obwohl mir zu Ohren gekommen ist, dass Sie den Shiro-Ärztinnen nicht zuhören wollten. Viele glauben, es sei auf einen Fehler der Botschaft zurückzuführen, dass es so viele Opfer gab. Und die Leute vergessen auch die Zivilisten nicht, auf die die Föderation grundlos das Feuer eröffnet hat. Wenn jetzt auch noch die einzige Bar und das einzige Restaurant in Schreiberstadt geschlossen werden muss, weil Sie einen Fehler gemacht haben ...«

Der Mann schien mit dem Reden gar nicht mehr aufhören zu wollen.

»Ich bin nicht der Befehlshaber der Armee«, unterbrach Rasser ihn schroff. »Wenden Sie sich an Kapitän Aber.«

»Ihr Titel lautet doch ›Bevollmächtigter Botschafter‹, oder?«

Um das Ganze zu beenden, beschloss Rasser, den Abend lieber doch zu Hause zu verbringen. Seine erste Ehefrau bestärkte ihn darin.

In der Botschaft ließ er Aber zu sich kommen. Dieser erschien in Uniform, korrekt wie immer, eine Eigenschaft, die Rasser anfangs geschätzt hatte, die ihm mittlerweile aber auf die Nerven ging. Während alle anderen in ihren zerknitterten Gewändern schwitzten, lief der Kapitän geschniegelt und gestriegelt herum. Wie machte er das nur? Außerdem ließ er sich einen Bart wachsen, seitdem sie an Land gegangen waren, zweifellos, um sich damit von den Einheimischen abzugrenzen, die zumeist rasiert waren.

Als Rasser ihn dort sitzen sah – lächelnd, die Brust herausgestreckt und damit beschäftigt, an seinem Bart zu drehen –, stieg dumpfer Zorn in ihm auf.

»Sind die Impfungen beendet?«, fragte er.

»Ja, alles ist in Ruhe und Ordnung vonstatten gegangen. Meine Männer waren absolut effizient. Wie immer.«

Der Botschafter starrte seinen Gesprächspartner an, der sehr zufrieden mit sich zu sein schien.

»In der schwierigen Phase, die nun hinter uns liegt, habe ich es vorgezogen, keine Fragen zu stellen«, sagte Rasser. »Wir alle waren in Gefahr, und es erschien mir opportun, nicht zusätzlich Meinungsverschiedenheiten unter uns hervorzurufen. Nun aber hat sich die Lage normalisiert. Können Sie mir sagen, warum ein Schuss aus dem Plasmagewehr auf eine Gruppe von Zivilisten abgegeben wurde und welche Maßnahmen Sie ergreifen wollen, um gegen den Schuldigen vorzugehen?«

»Es ist nicht erwiesen, dass die Zivilisten unbewaffnet waren«, erwiderte Aber, »und mein Untergebener hat nur seine Pflicht getan. Er hat eine Meuterei unterdrückt. Es gibt keinen Grund, ihn zu bestrafen, aber auch keinen, um ihn zu loben.«

»Sie verlieren den Sinn für die Realität! Von welcher Meuterei sprechen Sie? Es waren höchstens hundert Menschen, Bürger, die in Panik waren. Ein Schuss in die Luft hätte gereicht, und sie wären wie Kaninchen davongelaufen.«

»Ich bedaure, aber ich sehe die Dinge völlig anders als Sie, was militärische Fragen betrifft. Zudem bin ich selbst Zeuge.«

»Sie vergessen, dass Sie sich als Militärattaché meinen Befehlen zu unterwerfen haben. Wenn Sie Ihre Pflicht nicht erfüllen, werde ich verlangen, dass der Mann, der ohne Weisung die Waffe gezogen hat, mit dem ersten abflugbereiten Raumschiff zum Militärastroport in seiner Heimat gebracht wird. Seine Vorgesetzten werden ihn aburteilen. Auf einem Planeten, auf dem die Föderation gerade erst Fuß gefasst hat, brauche ich keine Wirrköpfe, die sofort auf den Abzug drücken.«

»Ich bedaure, Ihnen widersprechen zu müssen, Herr Botschafter. Ich hätte es vorgezogen, nicht hierherzukommen, aber Sie haben mich dazu verpflichtet.«

Kapitän Aber griff nach seiner Tasche. Für einen Moment befürchtete Rasser, er würde eine Waffe ziehen und gegen ihn richten, doch der Offizier zog nur einen hyperminiaturisierten Holo-Projektor aus seiner Tasche. Das Gerät war nicht viel größer als eine Erbse – das Resultat einer Avantgarde-Technologie, über die nicht jeder verfügen konnte. Der Kapitän hielt ihn in der linken Hand; dann zog er eine winzige Nadel vom Revers seiner Jacke und schaltete das Gerät damit ein. Eine Handspanne über dem Boden erschien das Bild von General Wolf B’chir. Obwohl das Bild nur wenige Zentimeter groß war, konnte man sein feistes Gesicht mit den schlaffen Wangen und die kleinen Schweineaugen unter dem platinblonden Pony sehr gut erkennen.

Rasser fühlte, wie ein Zittern sich seiner bemächtigte. Wenn nur die Hälfte von dem stimmte, was man sich über die Methoden von B’chir und über die Hohlköpfe im Kommandostab der Spezialkräfte erzählte, war sein Schrecken mehr als berechtigt.

Mit dem schweren Akzent der Elendsviertel von Dachrenstadt, den er niemals abzulegen versucht hatte, deklarierte der General, der Rasser geradewegs in die Augen zu blicken schien:

»Der Träger dieses Cube, der sich für diese Mission ›Kapitän Aber‹ nennt, ist einer meiner Mitarbeiter und leitet einen Einsatz von größter Wichtigkeit. Er besitzt den Rang des Zweiten Kommandanten bei den Spezialkräften und steht deshalb im Rang über jedem Offizier der Astroflotte. Ihm muss jederzeit Gehorsam entgegengebracht werden, egal, welchen Befehl er erteilt.«

Der Mann, den Rasser unter dem Namen Aber kannte, lächelte ihn verächtlich an.

»Alles klar, Exzellenz? Ich werde die Mission, die mir anvertraut wurde, mit Ihrer Hilfe ausführen, wenn Sie bereit sind, mit mir zusammenzuarbeiten. Sollten Sie sich jedoch als genauso reserviert erweisen wie Ihr schwachsinniger Vorgänger, werde ich meine Aufgabe mit demjenigen vollenden, den man mir nach Ihrem Tod als Ihren Nachfolger schicken wird. Das wäre kein großes Problem, dann an isolierten Orten wie diesem, wo zudem Primitive leben, passieren des Öfteren Unfälle.«

Er grinste. »Schauen Sie sich beispielsweise die zweite Frau Rasser an«, fuhr er dann fort. »Sie hat die unglückselige Angewohnheit, am Meer spazieren zu gehen, an den Klippen entlang. Ein kleiner Ausrutscher kann einen Sturz aus zwanzig Metern Höhe auf die Felsen zur Folge haben – Felsen, die so scharf sind wie Zähne. Das wäre ein echtes Drama, nicht wahr, Herr Botschafter? Der Körper wäre in einem Zustand, dass niemand mehr sagen könnte, ob sie vor dem Sturz in die Tiefe eine unangenehme Begegnung hatte oder nicht. Eine junge Frau, hübsch und grazil, wenn auch ein bisschen mittelmäßig, auf einem Planeten, wo Frauen, die allein unterwegs sind, hilflos den einheimischen Missgeburten ausgeliefert sind ... sie könnte eine schlechte Viertelstunde erlebt haben, was glauben Sie? Vielleicht sogar eine sehr lange Viertelstunde. Mir bleiben siebzehn Männer, kräftig und in Bestform.«

Rasser warf ihm einen verstohlenen Blick zu. Und er hatte geglaubt, dieser Mann hätte ein Auge auf Arsel geworfen! Er versuchte, seine Angst nicht zu zeigen, aber sein Herz schlug heftig, und sein Gesicht hatte eine unschöne blaurote Farbe angenommen.

»Das werden Sie nicht wagen ...«, flüsterte er.

»Ich persönlich? Nein, sicher nicht. Selbst wenn ich im Gegensatz zu Ihnen nicht aus einer aristokratischen Militärfamilie stamme, betrachte ich mich doch als Gentleman. Ich interessiere mich in keinster Weise für die Bauerntrampel von Neudachren, auch nicht für diese schrecklichen Ta-Shimoda, nicht einmal für meine Männer. Aber die Natur hat ihre Gesetze. Übrigens gibt es da etwas, worüber ich mit Ihnen reden möchte. Wie Sie sich vielleicht denken können, geht es um Ihre Tochter.«

»Lassen Sie Arsel aus dem Spiel!«, rief Rasser.

Doch der Mann, den er als Kapitän Aber kannte, fuhr unbeeindruckt fort: »Ich habe erheblichen Einfluss auf die Spezialkräfte – genug, um bewirken zu können, dass Ihr Aufenthalt auf diesem charmanten Planeten auf mindestens vier Jahre ausgedehnt wird. Und was mich selbst betrifft, wäre eine Heirat praktisch, denn hier fehlen gewisse Annehmlichkeiten, auf die ein Mann ein Anrecht hat. Ich denke, wir könnten die Angelegenheit schnell unter Dach und Fach bringen, oder?«, fragte er und zog dabei an seinem Bart.

»Verschwinden Sie!«, brachte Rasser, der kaum noch atmen konnte, mühsam hervor.

Kapitän Aber schlug die Hacken zusammen, als wolle er einen respektvollen Gruß parodieren, und ging zur Tür. Dort wandte er sich noch einmal um.

»Wir werden darüber reden, wenn Sie sich beruhigt haben«, sagte er. »Sie haben gar keine andere Wahl, als die Sache in aller Ruhe noch einmal mit mir durchzusprechen – wie ein Gentleman. Ach ja, ich habe ganz vergessen, dass ich in meiner letzten Nachricht, die ich nach Neudachren geschickt habe, darum bat, meine Brigade zu verstärken und mir ein terrestrisches Modul oder ein Luftmodul zu schicken. Wo jetzt die Quarantäne beendet ist, bekomme ich dreißig Mann zusätzlich, die von Kopf bis Fuß bewaffnet sind. Jeder von ihnen ist mehr wert als hundert Wilde oder aufgestachelte Bürger.«

Rasser wollte ihm eine bissige Antwort geben, stellte sich dann aber seine junge Frau in den Händen von sechsundsiebzig brutalen Grobianen vor. Bildhaft sah er vor Augen, wie sie missbraucht wurde, wie ihr graziler, zerbrechlicher Körper von den Rohlingen niedergemetzelt und dann von den Felsen geworfen wurde, völlig verformt, als wäre sie eine zerbrochene Puppe. Rasser schluckte herunter, was er hatte sagen wollen, und verfluchte den Tag, an dem er die blödsinnige Idee gehabt hatte, seine Familie mitzunehmen. Ich werde alle drei mit dem ersten Raumschiff, das ablegt, zurückschicken, überlegte er, selbst wenn es sich nur um einen Frachter handelt.

Kapitän Aber, der die ganze Zeit auf der Schwelle gestanden hatte, schien seine Gedanken gelesen zu haben. »Sie brauchen gar nicht erst daran zu denken, dass die Damen abreisen könnten«, sagte er. »Ich würde mich mit allen Mitteln dagegenstellen. Zwischen Botschaft und Astroport kann es zu jeder Menge Zwischenfällen kommen. Denken Sie nur an den tragischen Unfall, der Botschafter Coont und dieser lächerlichen Königin aus dem Feuilleton-Holovid das Leben gekostet hat.«

Der Botschaft stürmte in hilfloser Wut aus seinem Büro. Nach wenigen Schritten stieß er mit seiner zweiten Ehefrau zusammen, die ihm mit Ida Soener entgegenkam.

»Woher kommst du?«, schnauzte er sie an.

»Ich ... ich bin mit Frau Soener an den Felsen spazieren gegangen«, stammelte die junge Frau bestürzt.

»Wie konntest du ohne meine Erlaubnis dorthin gehen? Pass auf, dass so etwas nicht noch mal geschieht.«

»Aber Aziz, ich gehe doch fast jeden Tag spazieren! Sich das Meer anzuschauen ist eine der wenigen Ablenkungen auf diesem grässlichen Planeten.«

»Du wirst nicht mehr gehen.«

»Ich habe doch nichts Schlimmes getan!«, rebellierte die junge Frau. »Was bin ich hier eigentlich, Ehefrau oder Gefangene? Glaubst du, du hättest mich gekauft, nur weil du meinem Vater Geld gegeben hast?«

Die Ohrfeige traf sie unerwartet, und taumelnd hielt sie sich an einer Stuhllehne fest. Dann rannte sie davon, Tränen in den Augen. Eine Asix, die gerade in aller Ruhe die Halle fegte, sah ihr nach.

»Was hast du Nichtsnutz hier zu suchen?«, schrie Rasser aufgebracht. »Horchst du an der Tür?«

Die Asix blickte ihn offenen Mundes an und zuckte beredt mit den Schultern. Dann ging sie seelenruhig davon, verschwand in der Küche, goss sich eine Tasse von einem Aufguss ein, die man den Fremden normalerweise nicht servierte, und machte sich dann auf die Suche nach der zweiten Frau Rasser. Sie fand sie im Garten bei einer Cormaroupflanze sitzend. Ohne ein Wort zu sagen, reichte sie ihr die Tasse, gab ihr einen kleinen, freundschaftlichen Klaps auf die Schulter und ging mit schleppendem Schritt wieder davon.

Seine Exzellenz kam einen Augenblick später. Er eilte zu seiner zweiten Frau, die ihn beunruhigt anschaute.

»Es tut mir leid«, sagte er, »ich weiß nicht, was mich geritten hat. Es wird nie wieder vorkommen, das verspreche ich dir ... nein, ich schwöre es. Du weißt, dass ich dich liebe.«

»Aber warum warst du so zornig? Willst du denn nicht, dass ich mit Frau Soener zusammen bin? Ich weiß, dass sie nicht gerade ein Vorbild an Sittsamkeit und guter Erziehung ist, aber ich habe hier keine große Auswahl.«

»Das ist nicht der Grund. Ich kann dir nicht erklären, warum. Aber gehe möglichst nicht allein, das könnte gefährlich sein.«

»Glaubst du, die Einheimischen würden mich angreifen, wie meine Co-Frau es befürchtet? Der Kapitän hat gesagt, sie seien gefährlich, aber Frau Soener hat mir versichert, dass sie friedliebend sind. Und sie muss es wissen, denn sie lebt schon seit Jahren hier.«

Rasser setzte sich auf die Bank und legte einen Arm um seine Frau, die daraufhin ein bisschen auf Abstand ging.

»Ich kann es dir nicht erklären«, sagte er. »Es ist einfach so.«

»Wenn das Leben hier wirklich so gefährlich ist, dann schließ uns drei doch einfach im Haus ein. Du weißt, dass meine Co-Frau diesen Planeten verabscheut.«

Rasser schüttelte den Kopf.

»Ruf bitte die anderen beiden Frauen«, befahl er einem Einheimischen, der gerade mit einem Eimer in der Hand eilig vorbeiging.

Als die drei Frauen zusammensaßen, befahl Rasser ihnen in herrischem Tonfall, jeden Kontakt mit Kapitän Aber zu meiden, der über das normale Botschaftsleben hinausgingen.

»Aber warum ...?«, wollte die erste Ehefrau wissen. Dann aber sah sie den Bluterguss, der die Wange ihrer Mit-Ehefrau schmückte, und die Miene ihres Ehemannes und zog es vor, den Mund zu halten.