Leo Kara befand sich in einer Art Dämmerzustand: Er lag wach und doch in tiefem Schlaf. Alpträume plagten ihn zum Glück nicht. Er betrachtete seine Umgebung wie ein Theaterstück, die Stimmung auf der Bühne war ruhig und gelassen, die Akteure bewegten sich eigenartig, ganz geruhsam, wie in Zeitlupe. Als er die Augen das nächste Mal öffnete, sah er etliche Weißkittel, die neugierig aus höheren Sphären auf ihn herabschauten wie die Propheten der Deckengemälde in der Sixtinischen Kapelle. Dann erschien das Profil des grüngekleideten Killers aus der Villa des Witwenmachers und dem Hotelzimmer im »Vaakuna« auf seiner Netzhaut, und er schloss die Augen.
»Guten Morgen. Sie befinden sich auf der Intensivstation des Krankenhauses in Töölö, und ich bin Stationsärztin Ilona Ilvonen. Es sieht so aus, als würden Sie endlich richtig aufwachen. Sie schweben schon lange im Grenzbereich zwischen Schlaf und Wachsein. Das ist allerdings kein Wunder, wenn man bedenkt, was für eine Menge Diazepam und Benzodiazepin in Ihrem Körper gefunden wurde. Neben dem Alkohol und dem Natriumvalproat. Sie verstehen mich doch?«, sagte die Ärztin, eine Frau mit vollen Lippen, die am Fußende von Karas Krankenbett stand.
Kara nickte und spürte dabei Schmerzen im Genick. Wie lange lag er schon hier? Allmählich tropfte eine Erinnerung nach der anderen in sein Bewusstsein. Die Spritze, die ihm an der Tür des Hotelzimmers in den Nacken gestochen wird … der Mann im grünen Schutzanzug … die Tabletten! Der Killer stopft sie ihm mit Gewalt in den Mund … um ein Haar wäre er daran erstickt … Dann flößt der Mann ihm Aquavit ein, Schnaps fließt auf den Fußboden … Die Spritze und die Tabletten hatten ihn gelähmt. Das war nicht verwunderlich, denn das Benzodiazepin in den Schlafmitteln bewirkte, dass der Mensch widerspruchslos Befehlen gehorchte, mancherorts in der Welt setzte man das Mittel bei Verhören ein, um den Willen der Gefangenen zu brechen. Wieder hatte er ganz kurz ein Stück vom Gesicht des Mannes im grünen Anzug gesehen – diesmal die Augen. In seinem Unterbewusstsein drängte etwas aus den Tiefen des Gedächtnisses hervor …
»Sie verstehen doch, was ich sage?«, fragte die Ärztin bedächtig und testete mit einer Taschenlampe, ob die Pupillen des Patienten auf das Licht reagierten. Kara schreckte aus seinen Gedankengängen auf.
»Was für ein Tag ist heute?«
»Freitag, der 8. Mai. Ins Krankenhaus eingeliefert wurden Sie vorgestern. Sie haben jede Menge Glück gehabt, das können Sie mir glauben. Das Zimmermädchen im Hotel hat Sie gefunden, kurz nachdem Sie die Pillen genommen hatten. Einen großen Teil der Medikamente haben Sie erbrochen. Die Notärztin konnte Ihnen Flumazenil geben, das Gegenmittel für die Medikamente, die Sie genommen hatten. Und Sie sind rechtzeitig zur Magenspülung hierher nach Töölö gekommen. Hätte auch nur einer dieser vier Faktoren gefehlt, würden Sie jetzt nicht … Dann wäre ihr Selbstmordversuch gelungen.«
Dass er in Kati Soisalos Wohnung eingeschlafen war, hatte ihm das Leben gerettet, begriff Kara. Wäre er schon nachts ins Hotel gekommen, hätten die Medikamente stundenlang wirken können, bevor er gefunden worden wäre. Erstaunlicherweise tat es gut, am Leben zu sein.
»Ich muss mich nun wieder um meine anderen Patienten kümmern. Sie können mit dem Krankenhauspsychologen reden, sobald Sie es möchten. Und ich habe zugesagt, die KRP zu informieren, wenn Sie imstande sind, mit denen zu sprechen. Vor diesen Gesprächen dürfen Sie das Krankenhaus nicht verlassen. In ein paar Stunden schauen wir uns noch einmal an, wie die Lage ist.« Die Stationsärztin winkte ihm zu und wandte sich schon zur Tür, als ihr noch etwas einfiel.
»Sie haben übrigens Besuch, eine Frau wartet schon seit Stunden darauf, dass Sie aufwachen. Soll ich sie hereinlassen?«
Kara nickte, und die Ärztin verschwand, noch bevor er fragen konnte, wer der Gast war. Das klärte sich jedoch schnell, als eine Krankenschwester mit einem Tablett das Zimmer betrat, gefolgt von Katarina Kraus.
»Hier ist man also auch endlich aufgewacht, guten Morgen. Nun müssen Sie aber schnell etwas in den Magen kriegen, damit Sie wieder zu Kräften kommen«, sagte die Schwester, half Kara, sich aufzurichten, und stellte das Tablett auf den Beistelltisch.
Katarina Kraus sah mitgenommen aus, ihre Kleidung war zerknittert, die schwarzen Haare klebten am Kopf, und im linken Augenwinkel war die Mascara verschmiert.
»Was ist mit dir passiert, die Leute vom Krankenhaus wollten es mir nicht sagen«, fragte sie. Ihre Augen waren gerötet, daraus schloss Kara, dass sie entweder geweint hatte oder übernächtigt war.
»Du hattest in der Sushibar anscheinend recht, ich bin wirklich in Gefahr. Jemand hat mir eine Spritze ins Genick verpasst, als ich vorgestern in mein Hotelzimmer gekommen bin.« Kara rückte noch etwas höher und begann die Gemüsesuppe zu löffeln.
»Ich habe vom Gesicht des Mannes nicht viel gesehen, aber ich vermute stark, dass es derselbe Typ war, der mir in der Villa des Witwenmachers in Khartoum das Messer in die Hand gestochen hatte. Nach der Spritze hat er mich gezwungen, eine riesige Menge meiner eigenen Medikamente zu schlucken, Tranquilizer und Schlafmittel. Ich habe immer eine große Dosis mit, weil es im Ausland ziemlich schwierig ist, Rezepte …«
»Du hast einen hohen Preis dafür gezahlt, dass du mir nicht geglaubt hast«, sagte Katarina Kraus mit ernster Miene.
Kara versuchte zu lächeln, brachte aber nur ein müdes Grinsen zustande. »Geglaubt habe ich dir schon. Ich habe nur nicht so gehandelt, wie du es wolltest. Das ist ein großer Unterschied.«
»Jetzt erfährst du endlich die Wahrheit«, erklärte Katarina Kraus und schaute Kara eindringlich an. »Sibirtek hat mittels einer Tarnfirma vor etwa zwei Jahren Räume in einer stillgelegten Papierfabrik in einem Ort namens Kuusankoski gemietet. Dort findest du Hofman, er ist in Finnland und will dich treffen. Er hat die Absicht, dir lückenlose Beweise für die Beteiligung von Sibirtek an dem Raketenprojekt zu übergeben. Und du wirst erfahren, wer Ewan Taylor ermordet hat. Er will nicht, dass du getötet wirst, und er will auch nicht, dass du alles … durcheinanderbringst, indem du deine Nase in Dinge steckst, die gerade jetzt nicht in Verwirrung gebracht werden sollten.«
Kara musste beim Essen eine Pause machen, er hatte Bauchschmerzen. »Wie lange bleibt Hofman in Finnland?«
»Du musst dieses Krankenhaus jetzt sofort verlassen, auch wenn du noch schwach bist. Beim nächsten Mal wird der Killer nicht versagen, da kannst du sicher sein. Sag niemandem, wohin du gehst, verstehst du?«
Kara nickte, doch bevor er etwas fragen konnte, gab Katarina Kraus ihm einen Speicherstick.
»Das ist für den Fall, dass etwas … Unvorhergesehenes passiert. Auf dem Stick befinden sich die Daten von Hofmans Stützpunkt und die Antwort auf … alle Fragen. Bewahre ihn sicher auf«, sagte sie, drückte seinen Arm und verließ das Zimmer.
Kara hob das Wasserglas an den Mund und fluchte über seine Benommenheit, er war nicht dazu gekommen, auch nur die Hälfte der Fragen zu stellen, die ihm durch den Kopf gingen. Ob sich im Krankenhaus ein Computer fände, mit dem er prüfen konnte, was der Stick von Kraus enthielt?
Jetzt musste er seine Lage überdenken, nahm sich Kara vor und schloss die Augen, aber noch ehe er damit beginnen konnte, öffnete sich langsam die Tür.
»Grüß dich, Leo«, sagte Kati Soisalo ganz vorsichtig.
»Kati, schön, dass du da bist.« Kara freute sich, aber dann wurde ihm klar, wie sich die Situation in ihren Augen darstellen musste. »Kurz gesagt, ich habe nicht versucht, Selbstmord zu begehen. Jemand hat mich im Hotelzimmer erwartet, ich habe einen Stich im Nacken gespürt und wurde dann gezwungen … Medikamente zu schlucken.«
»Was für Medikamente?«
Kara wandte den Blick von ihr ab. »Ich habe doch erwähnt, dass ich mit vierzehn eine ziemlich schwere Kopfverletzung hatte. Wegen dieser Ereignisse muss ich Epilepsie-Medikamente und manchmal Tranquilizer und Schlafmittel nehmen.«
»Man braucht sich doch nicht dafür zu schämen, dass man vom Arzt verschriebene Medikamente einnimmt«, erwiderte Kati Soisalo knapp. »Jukka Ukkola war übrigens gestern wieder in meiner Kanzlei. Er hat ziemlich offen angedeutet, dass er für die Probleme meiner Eltern, aber auch für die Drogen in deinem Hotelzimmer verantwortlich ist.«
»Dieser Mann ist ein Verrückter«, schimpfte Kara. »Weshalb versucht er geradezu verzweifelt, mich auszuschalten? Hat er das Metamphetamin in meinem Hotelzimmer versteckt?«
»Überraschen würde mich das jedenfalls nicht«, entgegnete Kati Soisalo in zornigem Ton und setzte sich dann auf Karas Bettkante.
»Das geht jetzt schon zu weit. Auch Pertti Forslund von Wartsala ist tot, er kam vorgestern Nacht bei einem Brand in seinem Haus ums Leben.« Kati Soisalo berichtete kurz, was sie von Forslunds Tod wusste. »Mettälä, Forslund und der Anschlag auf dich. Willst du wirklich dein Leben aufs Spiel setzen, um die Wahrheit über den Tod deines Freundes herauszubekommen? Davon wird er auch nicht wieder lebendig.«
»Es ist alles unter Kontrolle, ich erhalte schon bald Hilfe«, versicherte Kara. Kati Soisalo hatte genug eigene Sorgen, er bereute schon, dass er sie mit in das ganze Chaos hineingezogen hatte.
»Ich bin übrigens gestern in Jukka Ukkolas Wohnung eingebrochen«, stellte Kati Soisalo ganz lapidar fest, und Kara zog erneut die Brauen hoch. Sie erzählte alles, was sie in den letzten Tagen zusammen mit Paranoid über Ukkola herausgefunden hatte.
»Ukkola ist also voll in die Aktivitäten von Sibirtek eingebunden. Wenn ich Zeit gehabt hätte, alle Ordner aus dem Tresor zu kopieren, würde der Mann bald aufgehängt, und woran, sag ich lieber nicht, jedenfalls nicht am Hals. So aber habe ich nur den Namen eines einzigen weiteren Unternehmens erfahren, das mit Sibirtek zusammenarbeitet, die Finnsteel AG.«
Kara verzog das Gesicht, als er seine Haltung änderte.
Kati Soisalo beugte sich näher zu ihm hin. »Und das Beste zuletzt: Anscheinend hat die Firma Etuvartio, die sich um die praktischen Dinge von Sibirtek kümmert, Geschäftsräume in der ehemaligen Papierfabrik von Voikkaa in Kuusankoski gemietet.«
Kara war verblüfft. »Wie habt ihr das herausgefunden?«
»Das ist eine lange Geschichte, aber wie du schon weißt, ist mein Freund am Computer ziemlich phänomenal. Da du im Krankenhaus bist, dachte ich, dass ich selbst mal einen Abstecher nach Voikkaa mache, um zu sehen, was sich in den Räumen von Sibirtek befindet. Man braucht bis dahin nur anderthalb Stunden.«
»Das machst du auf gar keinen Fall!«, widersprach Kara energisch und versuchte sich im Bett aufzurichten. »Das war mit Abstand die schlechteste Idee, die ich je aus deinem Mund gehört habe. Es ist besser, diesen Fall jetzt den Behörden zu überlassen, und genau das habe ich auch vor«, log Kara, ohne Bedenken zu haben. Sonst geriet Kati Soisalo womöglich in Gefahr, wenn sie einfach an die Tür von Sibirtek klopfte.
»Ach du lieber Himmel, Kara. Du machst dir doch nicht etwa Sorgen um mich. Ich bin ganz gerührt«, erwiderte Kati Soisalo und legte im Scherz die Hand auf ihr Herz.
Kara brachte eine Art Lächeln zustande. »Wir verhalten uns jetzt ein paar Tage völlig ruhig, und danach schauen wir mal, was wir tun können. Einverstanden?«
»Müsstest du nicht bald nach Wien zurückkehren?«, antwortete Kati Soisalo mit einer Gegenfrage.
Kara zuckte mit den Schultern. »Mein Abstecher ins Krankenhaus ist sicher ein hinreichender Grund, die Pläne zu ändern.«
»Dann sieh mal zu, dass du wieder auf die Beine kommst. Und ruf an, wenn du weißt, dass du hier entlassen wirst.« Kati Soisalo klopfte Kara aufs Knie und verließ das Zimmer.
»Jetzt kommen ja von allen Seiten überraschende Nachrichten«, dachte Kara. Das vertraute Hassgefühl stieg in ihm hoch, als er an Jukka Ukkola dachte. War wirklich ein finnischer Polizist, der ein führendes Amt bekleidete, in schwere Straftaten verwickelt? Hatte er tatsächlich Drogen in seinem Hotelzimmer versteckt? Kara schloss die Augen, versuchte einen ruhigen Kopf zu bewahren und dachte über die Instruktionen nach, die Katarina Kraus ihm gegeben hatte. Sollte er sich mit Hofman treffen? Dürfte er den Mord an Ewan trotz allem weiter untersuchen? Müsste er das Versprechen halten, das er seinem Patenkind Oliver gegeben hatte? Sein Entschluss war schnell gefasst, er konnte keinen Rückzieher mehr machen, nachdem er nun schon so weit gekommen war. Und seine Laufbahn beim UNODC dürfte ohnehin im Eimer sein, zumindest wenn die Metamphetamin-Ermittlungen zu einem Gerichtsverfahren führten.
Kara aß seine Suppe auf, entfernte die Kanüle aus seiner Armbeuge und klebte einen Wattebausch auf den Einstich. Zwar fühlte er sich schwach, aber immerhin war ihm nicht schwindlig. Er zog auf dem kalten Fußboden die Zehen zusammen, schleppte sich zum Kleiderschrank und fuhr in seine leicht nach Erbrochenem riechenden Jeans, das Hemd und das abgetragene Sakko. Würde man ihn daran hindern, das Krankenhaus zu verlassen, wenn er auf dem Flur gesehen wurde? Nach Aussage der Ärztin durfte er nicht gehen, solange er nicht mit der KRP gesprochen hatte. Als er das Hemd zuknöpfte, zitterten seine Hände.
Kara starrte den bleichen Mann im Spiegel an, die schwarzen Augenringe reichten fast bis zu den Backenknochen, und die Bartstoppeln wucherten. Er fuhr sich durch die Haare, um sie etwas zu ordnen, ging zur Tür und lauschte eine Weile den Geräuschen auf dem Flur, bevor er sie öffnete.
Draußen waren neben Krankenhausmitarbeitern auch zwei, drei Otto Normalverbraucher mit ihren Blumensträußen unterwegs; erleichtert stellte Kara fest, dass er nicht weit zu gehen brauchte, um die Station zu verlassen. Er schwankte, jetzt musste er schnell etwas Richtiges in den Magen bekommen. Im Hauptflur blieb er stehen, suchte nach dem Pfeil, der zum Ausgang wies, und erblickte die Stationsärztin, die sich nur wenige Meter von ihm entfernt unterhielt. Rasch drehte er sich um, ging schnell bis zum Ende des Flurs und sah die Aufzüge. Jetzt war er in Sicherheit.
Im Eingangsfoyer beachtete ihn niemand, die Leute unterhielten sich leise, wie immer in Krankenhäusern, die Stimmung wirkte bedrückt. Er trat hinaus und wurde vom Sonnenlicht geblendet; es dauerte eine Weile, bis er das Taxi erkannte, das auf der Topeliuksenkatu anhielt. Ein Mann mit Gipsbein stieg aus und bemühte sich, das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Kara erreichte das Taxi, als der Fahrer gerade Gas geben wollte.
Er machte es sich auf dem Rücksitz bequem und beschloss, zwei Telefongespräche zu führen, bevor sich die Nachricht von seinem Abgang herumgesprochen hatte. Dieser Fahrer schien stumm zu sein, er sprach kein Wort, nicht einmal, als Kara die Adresse angab.
»Die Gerüchte von meinem Tod sind stark übertrieben«, sagte er zu Gilbert Birou, der blitzschnell abgehoben hatte.
»Kara, du kommst jetzt sofort nach Wien zurück und verschwindest für zwei Wochen irgendwohin«, verkündete Birou ohne Umschweife. Der Generaldirektor machte sich nicht die Mühe, Fragen zu den Ereignissen in Helsinki zu stellen oder sich nach seinem Befinden zu erkundigen.
»Ich bin doch bereits beurlaubt. Aber wenn der Zufall es will, könnte es durchaus sein, dass ich demnächst nach Wien zurückkomme. Von dem Mordanschlag auf mich kann ich dir dann in deinem gemütlichen Büro Genaueres berichten. Oder vielleicht gehen wir zusammen essen, in irgendein angenehmes Lokal, das sich einen Michelin-Stern verdient hat. Ich lade dich ein«, erwiderte Kara, brach das Gespräch ab und fragte sich verwundert, warum er nicht anders konnte, als Birou dauernd zu reizen. Die Antwort gab er selbst: weil der Mann ein absoluter Esel war. Als Nächstes rief er Betha Gilmartin auf ihrem Handy an, das für Privatgespräche reserviert war. Es meldete sich nur die Mailbox. Kara sagte, es gehe ihm gut, und Betha solle nicht alles glauben, was sie in den nächsten Tagen über ihn zu hören bekäme.
Kara betrachtete das Zentrum von Helsinki, das im hellen Licht der Frühlingssonne badete, und begriff erst jetzt, wie nahe er dem Tod gewesen war. Zu nahe. Er hatte nun schon das zweite Mal hinter den Vorhang geblickt und konnte sich nicht erinnern, strahlendes Licht oder tiefste Finsternis gesehen zu haben. Vermutlich stand es auf der anderen Seite auch nicht viel schlechter um die Dinge als hier, jedenfalls, was ihn anging. Legte man seine bisherigen Erfahrungen zugrunde, dann ähnelte das Jenseits seiner Stammkneipe in London, »Swag and Tails«, einem nichtssagenden Ort. Dort schien die Zeit stehengeblieben zu sein und die Gäste auch.
In der Kaisaniemenkatu bezahlte Kara das Taxi, stieg aus und ging in »Wayne’s Coffee«. Am letzten freien Computer des Internetcafés steckte er den Stick von Katarina Kraus in den USB-Port, überflog die darauf gespeicherten Bilder und wunderte sich. Sie hatte doch behauptet, dass diese Informationen all seine Fragen beantworten würden.
Was zum Teufel sollte denn das Foto eines Fabrikgebäudes mitten in der Wüste verraten?