Buchtipps – Isländische Kreativität zum Nachlesen

Genauso gerne wie die Isländer Bücher schreiben, lesen sie auch die anderer Autoren – durchschnittlich acht Bücher kauft jeder Inselbewohner pro Jahr. Genügend Gelegenheit, sich diese vorher in Ruhe anzusehen, haben sie: Während die meisten Geschäfte um 18 Uhr schließen, sind die Buchhandlungen stets bis 22 Uhr geöffnet; und die dazugehörigen Cafés und gemütlichen Sitzecken laden zum Verweilen ein. Mindestens eines der zehn im Folgenden vorgestellten Werke steht sicherlich im prall gefüllten Regal jeder isländischen Familie.

 

Einar Kárason – Feindesland (btb)

Wer nicht gleich alle Isländersagas lesen will, kann schon mal in ›Feindesland‹ mit einem der bedeutendsten isländischen Autoren der Neuzeit ins 13. Jahrhundert abtauchen. Er trifft dort auf rivalisierende Clans, blutige Gemetzel und politische Intrigen.

 

Christian Schoen / Halldór Björn Runólfsson – Icelandic Art Today (Hatje Cantz)

Fünf Jahre lang war der Deutsche Christian Schoen in Reykjavík Direktor des CIA, Center for Icelandic Art. 2009 stellte er dieses zwei Kilo schwere Kunstbuch zusammen, in dem die 50 bedeutendsten isländischen Künstler der Gegenwart porträtiert werden. Mit dabei unter anderen: die Icelandic Love Corporation, Sirra und Erling von Kling & Bang, Atlantik-Schwimmerin Margrét und Dauerperformer Ragnar Kjartansson.

 

Halldór Laxness – Am Gletscher (Steidl Verlag)

Der Mann, dem die Isländer seit 1955 die höchste Dichte an Literaturnobelpreisträgern verdanken. Auf die Frage, welches Werk man von Laxness lesen sollte, bekommt man meist die Antwort »alle«. In diesem fiktiven Prosastück aus dem Jahr 1968 erhält der Leser Zugang zu unerwarteten kosmischen Geheimnissen am Gletscher Snæfellsjökull.

 

Yrsa Sigurðardóttir – Das gefrorene Licht (S. Fischer Verlag)

Zwei Jobs, zwei Welten. Die erfolgreiche Krimiautorin arbeitet auch als Ingenieurin, zum Beispiel beim Kárahnjúkar-Staudamm-Projekt. Ihre Romane rund um die Rechtsanwältin Dóra Guðmundsdóttir sind aber alles andere als technisch und kühl, sondern vielschichtige und spannende Thriller.

 

Halldór Guðmundsson – Wir sind alle Isländer (btb)

Der Literaturwissenschaftler, der zuvor schon eine 800-seitige Biografie über Laxness verfasste, widmet sich in diesem Buch der Finanzkrise – nicht aus Expertensicht, sondern aus seiner sehr persönlichen. Zehn Porträts von Betroffenen runden das Buch ab, darunter eines über die damalige Außenministerin, bei der zur Zeit der Krise ein Gehirntumor diagnostiziert wurde. Außerdem das einer Familie, die nun hoch verschuldet ist, oder des Autors Hallgrímur Helgason, der an vorderster Front protestierte.

 

Hallgrímur Helgason – Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen (dtv)

Tipps geben kann Hallgrímur ebenso gut, wie sich ungewöhnliche Buchtitel ausdenken. Die Arbeiten des Popliteraten sind geprägt von seinem skurrilen Humor. In diesem Roman geht es um den amerikanischen Auftragskiller Toxic, der, um einer Verhaftung zu entkommen, einen Mann tötet und dessen Identität annimmt. Dummerweise handelt es sich dabei um einen US-Fernsehprediger auf dem Weg nach Island. Einziger Lichtblick: die schönen Isländerinnen.

 

Sjón – Der Schattenfuchs (S. Fischer Verlag)

»Die Sonne wärmt den weißen Männerkörper, und der Schnee, der mit unentschlossenem Knirschen taut, ist die Erkennungsmelodie«, heißt es in Sjóns Kurzroman, für den der charismatische Dichter 2005 den Literaturpreis des Nordischen Rates erhielt. Eine 120-seitige Sage, anrührend, wuchtig und poetisch.

 

Andri Snær Magnason – Traumland (Orange Presse)

In Island wurde dieses 2006 veröffentlichte Werk zu einer Art Volksbuch. Der Autor kritisiert darin den ökologischen Raubbau an der vermeintlich endlosen Natur (wie z. B. beim Kárahnjúkar-Projekt), und die Inbesitznahme durch internationale Aluminiumkonzerne. Was bleibt übrig, wenn alles verkauft ist?, lautet der Untertitel der aktualisierten deutschen Ausgabe von 2011. In seinem lyrischen Sachbuch stellt Andri Snær auch die gängigen wirtschaftlichen Grundsätze in Frage.

 

Steinunn Sigurðardóttir – Der Zeitdieb (rororo)

Ein Mann stiehlt der erfolgsverwöhnten Alda ihre Zeit, anfangs genießt sie es, doch nach nur hundert Tagen endet ihre leidenschaftliche Affäre mit dem verheirateten Kollegen – facettenreich und poetisch erzählt die Autorin eine intensive Geschichte über eine unglückliche Liebe.

 

Ólafur Elíasson – Bílar í ám / Cars in Rivers (Crymogea)

Die isländische Natur mal ganz anders: 35 Fotografien von halb versunkenen Jeeps oder Hochlandbussen, die inmitten reißender Flüsse gestrandet sind. Der Künstler Ólafur Elíasson arrangierte die ihm von Isländern zugesandten Bilder zu einem Kunstwerk, die nun auch im gleichnamigen Buch verewigt werden. Es beschreibt den Kampf des Menschen mit der unberechenbaren Natur und kann auch als Metapher auf die Wirtschaftskrise verstanden werden.