Es fällt schwer, die isländische Natur zu beschreiben, ohne dabei pathetisch zu klingen: Die einen sehen in der Vulkaninsel des Teufels Küche oder ein kahles, gottverlassenes Eiland, die anderen verklären es als magische Elfeninsel oder sagenumwobenes Land aus Feuer und Eis. Was auch immer man in Island sieht, beide Lager würden wohl bestätigen, dass es eine existenzielle Erfahrung ist. Bis heute bestimmt hier die Natur, was geht und was nicht: Vielerorts zischt und blubbert es, steigt Dampf empor oder bricht die Erde auf. Diese Natur lehrt dich, im Hier und Jetzt zu leben, sagen sie. Denn wer weiß schon, was morgen ist? Ein Erdbeben, ein Schneesturm, ein Vulkanausbruch? Alles kann passieren.

Weil sie das verinnerlicht haben, gehen die Isländer erstaunlich gelassen mit Naturkatastrophen um – das merkte die internationale Öffentlichkeit auch im Frühjahr 2010, als innerhalb von wenigen Wochen gleich zwei Vulkane ausbrachen und die Asche des Eyjafjallajökulls den Flugverkehr in halb Europa lahmlegte.

Das Motto der Insulaner: Reg dich nicht über Dinge auf, die du nicht ändern kannst! Schließlich bricht durchschnittlich alle fünf Jahre ein Vulkan aus, Erdbeben gibt es mehrmals im Jahr, und dass wegen eines starken Wetterumschwungs mal eine geplante Reise ausfällt, gehört zum Alltag.

Da gilt es den Moment zu nutzen. Und das bedeutet für die abenteuerlustigen Isländer, mit Kind und Kegel so nah wie möglich an den Feuer speienden Vulkan zu fahren. Die erste Ausbruchstelle lag in der Hochebene Fimmvörðuháls, sie bildet einen Pass zwischen den Gletschern Eyjafjallajökull und Mýrdalsjökull. Da diese Hochebene nicht von einer dicken Eisschicht bedeckt war, brachte der Ausbruch die spektakulären Bilder der sprudelnden Lava hervor.

Der Fimmvörðuháls liegt im Süden Islands, rund anderthalb Autostunden von der Hauptstadt entfernt. Wer wenig Zeit hatte, begnügte sich mit einem kurzen Abstecher zum Fuße des Vulkans; auch aus der Ferne waren die riesige Rauchwolke und die feurigen Fontänen beeindruckend. Den meisten Isländern reichte das aber nicht, sie fuhren mit ihren Jeeps hoch: direkt zur glühenden Lava. Ein Liebespaar ließ sich dort sogar ein Luxus-Dinner servieren. Während die beiden an einem Tisch mit weißer Tischdecke gekühlten Champagner tranken und eine vor Ort gekochte Hummersuppe aßen, schoss nur unweit von ihnen die Lava gen Himmel. Helikopter kreisten Ende März und Anfang April scheinbar in Endlosschleife über das Gebiet, bis zu hundert Jeeps parkten auf den runden Bergplateaus. Einige Schaulustige veranstalteten Barbecues, brieten auf den glühenden Steinen ihre mitgebrachten Steaks.