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Kapitel

In der Nacht auf den ersten Tag des neuen Mondes hatte Yinn Hanitz einen heftigen Anfall. Ilintu holte Fenna aus dem Bett. Nur mit einem Lendentuch bekleidet folgte der Leutnant der Heilerin in das von schnupfenden Zweiten annähernd voll belegte Lazarett. Hanitz stand aufrecht im Bett und deklamierte in der Haltung eines Irrsinnigen mit völlig verzerrtem Gesicht, während ihm Harn aus dem Glied rann: »Wo sind die Sternentage hin? Sie haben uns die Tage genommen, um daraus Landschaften zu machen! Sie brauchten die Zeit, Zeit ist Stoff, Zeit ist Stoff für Romane und Gedichte! Reimen wir uns, oder sind wir misslungen? Die Hand, die sich erhebt, muss herunterkommen. Die Hand, die den Stein wärmt, lässt mein Herz gefrieren! Wir laufen gegen Mauern, gegen Mauern, gegen Mauern, das Blut wird uns erschauern, erschauern, erschauern. Wir laufen gegen Wände, gegen Wände, gegen Wände, das sind eiskalte Hände, eiskalt, eiskalt, das Licht wird unser Ende, das Licht, das Licht! Ich vergesse, was ich esse, ich vergesse meine Fresse in der Esse in der Messe in der Blässe meiner Nässe, woran zu denken ich auf keinen Fall vergessen durfte! Das Feuer brennt, die Hand kommt herab, der Gedichtemann tut Böses an! Tut Böses an!« Es gelang Fenna, Ilintu und zwei helfenden Soldaten der Zweiten Kompanie, Hanitz in eine liegende Position zu bringen. Ilintu brachte Tücher, um den Urin aufzusaugen. Hanitz lallte nun nur noch und wiederholte immer wieder: »Die Hand ist ohne Schrift, ohne Schrift, ohne Schrift …«

»Und ich dachte, ich könnte ihn bald entlassen«, ächzte Ilintu.

»Ist das normal?«, erkundigte sich Fenna. »Es wirkt fast, als würde er Visionen empfangen oder etwas in der Art.«

»War er denn vorher magisch begabt?«, fragte ihn die Heilerin.

»Sicherlich nicht. Er erzählte etwas davon, dass er bei einem Holzhändler gearbeitet hat, als Geselle oder so was. Dann hat er sich als Rekrut zur Armee gemeldet. Das klingt mir nicht nach einem Magier.«

»Manche Magier wissen nichts von ihrem Talent. Wenn es nie gefördert wurde. Aber dann wiederum: Was ist eine Vision? Vielleicht nichts anderes als ein Gewitter im Kopf. Sein Kopf ist kaputtgegangen und heilt nun langsam. Vielleicht sieht es in seinem Inneren so aus wie draußen am Himmel in den letzten Tagen.«

Grübelnd verließ Fenna das Lazarett. Irgendetwas an dem, was Hanitz und Ilintu gesagt hatten, stieß ihm merkwürdig auf. Die letzten Tage. Die Sternentage. Hatten nicht eigentlich zwischen dem Sonnenmond und dem Feuermond vier Tage liegen müssen, von den Astronomen eingefügt, um den Kalender der Könige den Konstellationen des Sternenhimmels anzugleichen? Aber wahrscheinlich irrte er sich, und die Sternentage kamen erst im nächsten Mond. Niemand sonst schien etwas zu vermissen. Die Festung versah ihren Dienst und schrieb den 1. Feuermond. Also vergaß auch Fenna diesen kurzen Moment des Zweifels und wandte sich wieder den dringlichen Aufgaben seines Armeealltags zu.

In der ersten Woche des Feuermonds bekamen die Grünhörner ihren ersten Sold ausgezahlt. Es war nicht viel Geld – die einfachen Soldaten bekamen vier Rinwetaler pro Dienstmond, die Leutnants immerhin acht –, aber bis auf Garsid und von den Holtzenauen freuten sich alle darüber, zusätzlich zu Kost und Logis überhaupt noch »Spielgeld« ausgehändigt zu bekommen. Von den Holtzenauen schien über eigene Geldmittel zu verfügen, ihm bedeuteten die paar Taler nicht viel. Garsid dagegen fand den Sold eines einfachen Soldaten erbärmlich und an der Grenze zur Beleidigung. Die Männer wimmelten in ihrer Freizeit in die Mannschaftsmesse, um das Geld mit Würfel- und Kartenspielen, Leckereien, die nicht auf der Essensordnung standen, und alkoholischen Getränken wieder in den wirtschaftlichen Kreislauf der Festung zurückzuführen.

In der Dienstzeit drängte Leutnant Gyffs auf Fernwaffenübungen. Sie war immer noch davon überzeugt, dass eine schlagkräftige Fernbewaffnung im Kampf gegen Affenmenschen von entscheidender Bedeutung sein würde. Also ließ sie die Männer mit Langbögen antreten, und es kam einem mittleren Wunder gleich, dass »Scheusal« Kertz niemanden erschoss, denn einer seiner fehlgehenden Pfeile surrte nur um Fingersbreite an Ellister Gilker Kindems Kopf vorbei. Der Klippenwälder verlor daraufhin die Beherrschung und stürzte sich auf Kertz. Es kam zu einer rüden Prügelei, bei der Kertz sich aufgrund seiner todesverachtenden Wildheit erstaunlich gut gegen den einen Kopf größeren Kindem behaupten konnte. Deleven, von den Holtzenauen und Fenna trennten die beiden und bekamen dabei selbst einiges ab. Gyffs und Fenna verhängten einen Tag Stubenarrest für Kertz und Kindem in ihrem gemeinsamen Raum F.

Daraufhin begehrte nun wieder Resea auf, der sich die ganze Woche über recht gut betragen hatte, so als hätte sein Kampf gegen Fenna die in ihm aufgestauten Frustrationen entladen. Nun jedoch beschwerte er sich, dass er aufgrund eines harmloseren Vergehens ins Gefängnis gesteckt worden war, während alle anderen offensichtlich immer nur Stubenarrest bekamen. Er erhielt daraufhin ebenfalls Stubenarrest, ebenfalls in Raum F.

Nun beschwerte sich zum ersten Mal in seinem Leben der so überaus korrekte Bujo Stodaert. »Mit Verlaub, werte Leutnants, aber wenn mein Raum, Raum F, nun zur Arrestzelle für drei Delinquenten umdefiniert worden ist, fühle ich mich, als einziger Undeliquentierter dieses Raumes, ungerecht mit eingebunden.«

Fenna, ohnehin bereits durch die Schläge, die er von Kertz und Kindem hatte einstecken müssen, gereizt, schnauzte: »Wenn ich dir auch einen Tag Arrest aufbrumme, bist du nicht mehr ungerecht mit eingebunden!«

Stodaert behielt sowohl seine tadellose Haltung als auch sein empört zurückgeschobenes Kinn bei. »Mit Verlaub, Leutnant – bedeutet dies, dass ich aufgrund meiner Zimmerzugehörigkeit kriminalisiert werde?«

»Aber mitnichten«, beeilte sich Leutnant Gyffs zu beschwichtigen. »Niemand wird hier ungerecht behandelt!«

»Dass ich nicht lache!«, rief Resea. »Ich bekomme dieselbe Strafe wie diejenigen, die mit Pfeilen aufeinander schießen, nur weil ich etwas gesagt habe!«

»Ich habe nicht mit einem Pfeil auf jemanden geschossen!«, beklagte sich nun Kindem, und der gesamte Tumult begann von Neuem, weil Kertz sich unmotiviert wieder auf Kindem hechtete, während dieser sich Resea vorknöpfte. Von den Holtzenauen und Deleven wurden nun bei den Beschwichtigungsversuchen sogar getreten. Daraufhin rastete Nilocas Deleven aus, auf eine Art, die sogar Fenna erschreckte. Mit harten, präzisen Kinnhieben schlug er erst Kertz und dann Kindem zu Boden. Kertz rappelte sich gleich wieder auf und gebärdete sich wie ein wildes Tier, während Kindem bewusstlos liegen blieb. Die gesamte Dritte Kompanie verwandelte sich nun in ein brodelndes Knäuel, weil Teppel und Ekhanner sich auf Deleven stürzten, während Emara, Nelat und Jonis sie festzuhalten versuchten. Auch Fenna und Gyffs gerieten mitten in den Tumult. Einzig Garsid und der immer noch in Habtachtstellung dastehende Stodaert waren nicht in den Krawall involviert.

Der Tumult endete, als Hauptmann Gollbergs lautes, lederbehandschuhtes Beifallsklatschen hörbar wurde. »Großartig, großartig, meine Herren, dieser Einsatz, diese Leidenschaft!«, sagte er mit beißendem Spott. »Aber ich dachte, das Manöver beginnt erst in über zwei Wochen.«

Es gelang Leutnant Gyffs, sich aus dem Pulk zu lösen, ihren Hauptmann angemessen zu grüßen und zu sagen: »Übung in dynamischer Konfliktlösung, Hauptmann. In Uderun das Neueste vom Neuesten.«

»Eine Art … Rollenspiel, also?«

»Ja, genau, Hauptmann.«

»Na fein. Sieht vielversprechend aus. Genauso geht es bei den Affenmenschen auch zu. Davon können wir anderen dann viel lernen. Weitermachen, Leutnant Gyffs.«

Leutnant Gyffs salutierte knallend. Gollberg ging lachend ab.

Von diesem Moment an war auch Leutnant Gyffs besessen von der Idee, Hauptmann Gollberg im Manöver zu besiegen.

Am Abend auf ihrem Zimmer hielten Fenna und Gyffs Kriegsrat. Der Tag hatte einige Opfer gekostet. Der wieder aufgepäppelte Kindem, Kertz und Resea hatten einen Tag Stubenarrest in Raum F. Deleven musste sogar 24 Stunden in einer Kerkerzelle absitzen. Stodaert war lediglich nahegelegt worden, für eine Nacht in Raum I umzuziehen, was dieser auch in Anspruch genommen hatte.

»Wenn wir uns wirklich effektiv auf das Manöver vorbereiten wollen, müssen wir mit den Männern Die Flagge erobern üben«, begann Loa Gyffs. »Um Die Flagge erobern üben zu können, müssen wir die Kompanie in zwei Mannschaften aufteilen. Ich würde vorschlagen, wir teilen die Kompanie dauerhaft in zwei Teile. Zwei Züge à sechs Mann unter einem Korporal. Die Korporale werden Stodaert und Resea.«

Fenna kippte beinahe vom Schemel. »Stodaert?! Und Resea? Wie kommst du denn ausgerechnet auf diese beiden?« Seit ein paar Tagen duzten sie sich. Während einer hektischen Übung war es zum ersten Mal passiert, und sie machten beide keine große Sache daraus. Man rückte zwangsläufig enger zusammen, wenn man einen Haufen Grünhörner kommandierte.

»Nun, ganz einfach. Stodaert ist der Einzige, der über genügend militärische Disziplin verfügt, um sachgerecht ein Kommando zu führen. Und Resea ist einfach der Beste von allen. Jede Übung, die wir machen, absolviert er einwandfrei, und er hält sich dabei noch zurück, um die anderen nicht zu blamieren.«

»Ja, richtig: Er hält sich zurück aus Rücksicht auf die anderen«, sagte Fenna höhnisch. »Bei Gelegenheit leihe ich dir mal Kertz’ Augengläser, damit du sehen kannst, was da wirklich vor sich geht. Aber von seinen Motiven mal ganz abgesehen: Resea als Korporal ist deswegen keine schlechte Idee, weil wir ihm dadurch, dass wir ihm die Verantwortung für sechs Mann übertragen, Zügel anlegen. Ansonsten bekommen wir den niemals gebändigt, niemals.«

»Also Resea.«

»Wir können es probieren. Von mir aus.«

»Und wen würdest du vorschlagen außer Stodaert? Von den Holtzenauen ist zu weich, der würde sich niemals durchsetzen können.«

»Deleven.«

»Deleven? Nach dem, was er sich heute geleistet hat?«

»Deleven ist meiner Meinung nach der beste Mann. Hobock sah das genauso. Außerdem passt es doch gut: Sowohl Resea als auch Deleven waren schon einmal im Festungsknast.«

»Hm. Ich frage mich, ob wir damit nicht ein falsches Signal setzen würden. So, als ob man im Knast gewesen sein müsste, um bei uns Korporal werden zu können.«

»Da hast du recht. Das könnte gefährlich werden.«

»Wenn jemand wie Kertz sich vornimmt, in den Knast zu kommen …«

»Hör bloß auf.« Fenna schüttelte sich. »Also geht das mit den beiden nicht, obwohl sie die besten dafür wären?«

»Wir müssen strategisch vorgehen. Ich sage: Stodaert und … MerDilli! Der kann sich durchsetzen, dem kommt niemand frech.«

»Aber er ist zu schwerfällig. In jeder Hinsicht. Ich möchte ihm keine Männer anvertrauen. Warum sagen wir nicht: Emara? Der würde sich vor Eifer zerreißen, wenn wir ihm Verantwortung übertragen.«

»Also gut. Stodaert und Emara.«

Fenna dachte einen halben Sandstrich nach, dann sprang er auf. »Was tun wir denn da? Sind wir irre? Wollen wir die Männer umbringen, wenn es zum Ernstfall kommt? Stodaert und Emara! Die können unsere Grünhörner vielleicht bis zum Manöver führen, aber doch keinesfalls ins Feindesland! Das sind keine Korporale. Nie und nimmer. Wir haben gar keine Wahl: Deleven und Resea. Oder niemand.«

»Oder Garsid.«

»Nein, nicht Garsid.«

»Warum nicht? Einwandfreie Leistung, selbst beim Bogenschießen.«

»Garsid gehört nicht dazu. Ich habe ihn beobachtet in den letzten Tagen. Ich bin sicher, dass er bald ein Abschiedsgesuch einreichen wird.«

»Aber warum?«

»Warte es ab. Ich erkläre es dir hinterher.«

»Und du willst ihn gehen lassen? Wir brauchen so jemanden. Schon beim Manöver. Garsid und Deleven und Resea sind die Einzigen, die es mit Gollbergs Leuten aufnehmen können.«

»Ich weiß. Ich werde tun, was ich kann, um ihn zu halten.«

Die Entscheidung mit den Korporalen wurde aufs Erste vertagt.

Fenna sollte allerdings recht behalten, was Garsid anging. Nur zwei Tage später bat der Gallikoner, der sich weiterhin entgegen Gyffs’ Anordnung die Glatze rasierte, Leutnant Fenna um ein zweites Gespräch unter vier Augen. Die beiden spazierten dazu nach Süden aus der Festung hinaus.

»Es tut mir sehr leid, Leutnant Fenna«, begann Garsid, »aber ich finde dieses ganze Uniformtragen einfach … peinlich. Ich meine: Sind wir Männer, oder sind wir Ameisen, die alle gleich aussehen und dasselbe tun? Diese Morgenappelle – das ist doch völlige Kinderei! Damit kann man doch die Affenmenschen nicht beeindrucken!«

»Ich weiß. Aber das ist nun einmal militärische Prozedur. Damit möglichst viele Menschen an ein und demselben Strang ziehen können, ohne sich gegenseitig zu behindern.«

»Aber genau das ist doch der entscheidende Punkt: Viele Menschen? Wie viele Soldaten gibt es denn in der Festung? Dreißig plus dreißig plus unsere vierzehn plus ein paar Wachhabende? Das sind doch weniger als hundert! Und wie viele Affenmenschen gibt es? Zehntausende? Hunderttausende? Was wir brauchen, ist nicht Gleichschritt und Masse, sondern … ich weiß auch nicht! Klasse. Wir brauchen Klasse! Einzelkämpfer mit besonderen Fähigkeiten, die sich abheben können von dem ganzen lähmenden Uniformenbrei.«

»In Galliko trägt man keine Uniformen?«

»Nicht im Mindesten. Dort lacht man über Uniformen. Dort kämpft man an vorderster Front, und wenn man die Haare lang haben will oder gar keine Haare, ist das kein Streitpunkt für irgendjemanden.«

»Und keine Frau kommandiert einen dort herum.«

»Genau so ist es!«

»Also stellt sich die Frage: Weshalb bist du hier? Weshalb hast du Galliko verlassen und einen Eid auf die königliche Armee abgelegt? Denn: Hast du einen Eid abgelegt oder nicht?«

»Ja, … ich habe … den Eid angelegt, aber …«

»Aber? Was gibt es bei einem Eid denn für ein Aber? Haltet ihr das in Galliko so? Ich habe zwar geschworen, meinte aber eigentlich etwas ganz anderes

»Nein, ich …«

»Niemand hat dich gezwungen, nach Carlyr zu kommen und der Armee beizutreten. Und selbst wenn dich jemand gezwungen hätte, falls du eine Wette verloren hast oder etwas Ähnliches – das spielt jetzt keine Rolle mehr. Du hast einen Eid geleistet, und das ist eine bindende Sache. Also hör auf, dich jetzt dauernd zu beklagen über weibliche Offiziere oder Uniformen oder – was kommt als Nächstes? – dass die Betten zu hart sind oder das Essen nicht schmeckt oder die Mücken nachts zu laut im Zimmerchen summen? Du benimmst dich nicht wie ein Gallikoner, sondern wie ein verwöhntes Stadtmädchen auf seiner ersten Landpartie. Und ich werde das nicht dulden, ich stecke dich für eine ganze Woche in den Knast, wenn du dich nicht endlich mal zusammenreißt. Haben wir uns da verstanden, Soldat Garsid?«

Garsid schwankte zwischen Auflehnung und Unterwerfung. Er war genau auf der Kippe.

»Ich warte auf eine Antwort, Soldat Garsid«, verstärkte Fenna den Druck.

Garsid senkte den Blick als Erster. »Ich … habe verstanden, Leutnant Fenna.«

»Ausgezeichnet.« Fenna schlug jetzt schnell einen versöhnlicheren Tonfall an. »Gesuche um Entlassung aus der Armee akzeptiere ich frühestens nach einem halben Jahr Dienstzeit, alles andere widerspräche der Ernsthaftigkeit eines Eids. Bis dahin behältst du deine Meinung, was dir hier alles nicht passt, für dich. Und was deine Glatze angeht … von mir aus kannst du sie dir weiterhin rasieren. Es gibt kein Gesetz in der Armee gegen zu kurz

»Na gut. Danke, Leutnant Fenna.«

Damit war das Thema erledigt. Fenna wischte sich den Schweiß aus dem Nacken, als Garsid ihm voran Richtung Festung zurückging.

Die grauen Mauern, das schwarze Tor mit dem Turm.

Aus dem Hof drangen die Rufe der übenden Dritten und der exerzierenden Zweiten.

Unter der Sonne schlugen an diesem Tag die ledernen Flügel mehrerer vogelähnlicher Tiere aus der Felsenwüste und wischten vergängliche Schatten über Carlyrs mauerummantelte Zusammenrottung aus Gebäuden.

»Was sind das eigentlich für Viecher?«, fragte Fenna den Gallikoner.

»Echsengeier.« Garsid grinste. »Wenn man noch nicht tot genug ist, helfen sie schon mal nach.«

»Aus der Felsenwüste?«

»Ja, aus dem Inneren. Manchmal tauchen auch welche über Galliko auf.«

»Und hier warten sie darauf, sich auf jemanden im Festungshof stürzen zu können?«

»Ich glaube, sie sind eher an den Abfällen interessiert, die über die Nordmauer gekippt werden. Das hat mir einer von der Ersten erzählt, dass dort ein großer stinkender Haufen Unrat wuchert, aber mit eigenen Augen habe ich ihn noch nicht gesehen, man lässt uns ja nicht nach Norden raus.«

»Das kommt schon noch, Soldat Garsid. Das kommt schon noch früh genug.«

Die Echsengeier kreisten noch lange. Fenna bezweifelte, dass sie nur auf Abfall aus waren, denn dann hätten sie ja nicht zu kreisen brauchen.