Stadtgeschichte
Austrofaschismus
Die Juli-Unruhen, die 89 Tote und Hunderte von Verletzten forderten, der von der Bundesregierung 1931 verfügte Länderfinanzausgleich zuungunsten der Stadt Wien und die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise von 1929 verhärteten die Fronten zwischen dem „Roten Wien“ und dem christlich-sozialen Österreich. Gleichzeitig bemühten sich die seit 1926 parteilich organisierten österreichischen Nationalsozialisten um bundespolitische Einflussnahme.
Als sich das österreichische Parlament im Jahre 1933 infolge innerer Krisen auflöste, schaffte Bundeskanzler Engelbert Dollfuß die parlamentarische Verfassung ab, installierte ein ständestaatliches System, erkannte Wien den Status als Bundesland ab und erklärte die Sozialdemokraten zum Feind österreichischer Staatsgesinnung und Traditionspflege. Als die sich im Februar 1934 mit einem bewaffneten Aufstand gegen die austrofaschistische Diktatur zur Wehr setzten, kam es in ganz Österreich zum Bürgerkrieg. Der tobte in Wien besonders heftig, kostete Hunderte von Menschen das Leben und bewog viele demokratisch gesinnte Österreicher, ins Ausland zu fliehen. Den Straßenkämpfen folgte das Verbot der Sozialdemokratischen und nach deren Putschversuch im Juli 1934 auch das der Nationalsozialistischen Partei. Dollfuß, der von den Putschisten erschossen worden war, wurde von Kurt Schuschnigg (1897–1977) ersetzt, der ein nicht minder autoritäres Regime etablierte als sein Vorgänger. Zu seinen ersten Amtshandlungen zählten die Absetzung der roten Stadtverwaltung und die weitgehende Aufhebung ihrer Sozialgesetzgebung.
Städtebaulich war die wirtschaftlich desolate Periode des Austrofaschismus von einer relativen Stagnation gekennzeichnet. Hervorzuheben sind allein einige über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen realisierte Projekte im Bereich des Straßenbaus, darunter die Anlage der Höhenstraße auf den Kahlenberg.
Die von den faschistischen Staaten Deutschland und Italien eingekreiste, vergleichsweise gemäßigte österreichische Variante des totalitären Staates wurde schon bald von den illegalen Aktivitäten deutschtümelnder Nationalsozialisten infiltriert. Nachdem sich Schuschnigg diesem Druck von rechts bereits im Februar 1938 gebeugt, die Nationalsozialisten amnestiert und deren Exponenten Arthur Seyß-Inquart in sein Kabinett aufgenommen hatte, erfolgte am 13. März 1938 der „Anschluss“ an Hitler-Deutschland.