Lilys Mitbewohnerinnen waren bei einer Freundin untergekommen, die in derselben Straße wohnte. Noch so ein großes Haus, diesmal allerdings ein Eckhaus mit großem Garten. Es schien nicht in einzelne Wohnungen unterteilt zu sein. Vielleicht eine studentische Hausgemeinschaft? Vera musste zweimal klingeln, bis sie drinnen Schritte hörte und die Tür geöffnet wurde. Die junge Frau, die im Türrahmen stand, war zierlich; sie hatte kurzes, blondes Haar und den Körperbau einer Zehnjährigen, und ihre Augen waren so geschickt geschminkt, dass sie riesengroß wirkten.
«Tut mir leid», sagte sie. «Annie ist nicht da.»
«Ich will auch gar nicht zu Annie.» Vera zückte ihren Polizeiausweis und trat ins Haus, ohne eine Aufforderung abzuwarten. «Ich suche Emma und Louise. Die Freundinnen von Lily.»
Die junge Frau schaute erschrocken drein. «Natürlich. Entschuldigen Sie, dass Sie so lange warten mussten. Annie bringt ihre Tochter zum Ballett, und Lou und ich sind gerade noch hinten im Garten beim Frühstücken. Wir haben beide nicht viel geschlafen, nachdem wir das mit Lily gehört hatten und dann hier unterkriechen mussten. Kommen Sie doch bitte mit. Ich bin übrigens Emma.» Sie war eindeutig nicht von hier. Ihre Stimme klang nach Südengland. Und nach einem reichen Elternhaus.
Sie klapperte ihnen auf ihren Ledersandalen voran und redete dabei ununterbrochen. Anscheinend wohnten hier doch keine Studenten: keine herumfliegenden leeren Bierdosen, keine laute Musik, keine freiliegenden Leitungen oder abblätternden Tapeten. Hier wohnte eine Familie. An der Wand im Flur lehnte ein Kinderfahrrad, an der Pinnwand in der Küche hingen Kinderzeichnungen. Und auch hier sah man das Geld. Falls Annie alleinerziehende Mutter war, hatte sie zumindest keine finanziellen Probleme.
«Studiert Annie auch noch?» Es gab keinen Grund, diese Frage zu stellen, aber Vera war eben von Natur aus neugierig.
«Nein. Sie ist ein Stück älter als ich. Sie lehrt an der Uni, in Lilys Studiengang übrigens. Wir sind über ein paar Ecken verwandt. Ihr Mann ist viel unterwegs, und als wir auf Wohnungssuche waren, fanden wir, dass es doch nett wäre, bei ihr in der Nähe zu wohnen.»
«Wie praktisch», sagte Vera und überlegte dabei, was genau sie an dieser jungen Frau eigentlich so unsympathisch fand.
«Ja.» Emma drehte sich kurz zu ihnen um und führte sie dann hinaus auf eine steinerne Terrasse, auf der vier Holzstühle um einen Tisch standen. Der Garten war nicht besonders groß und von einer hohen Mauer umgeben. Irgendwo im Efeu hörte man Amseln rufen.
Emma redete schon wieder weiter. «Das ist Louise, meine Mitbewohnerin. Lou, die Herrschaften sind von der Polizei.»
Louise war offensichtlich noch nicht lange auf. Sie war barfuß und ungekämmt, nickte ihnen knapp zu und beschäftigte sich dann wieder mit den Croissantkrümeln auf ihrem Teller.
«Ich mache noch einen Kaffee», bot Emma an.
Vera ließ sich schwer auf einen Stuhl fallen. «Für uns nicht, Herzchen. Wir sind ja nicht zum Vergnügen hier, und wir haben auch nicht viel Zeit. Wir wollen nur über Lily reden.»
«Sicher.»
«Wie lange wohnen Sie denn schon zu dritt zusammen?»
«Also, kennengelernt haben wir uns im ersten Studienjahr. Wir waren im selben Wohnheim, obwohl wir alle unterschiedliche Fächer studierten. Lily hat Englisch studiert, Louise Sprachwissenschaft und ich Medizin. Darum sind wir auch alle drei noch hier, obwohl alle unsere anderen Freunde schon längst nicht mehr an der Uni sind. In unseren Fächern studiert man länger als die üblichen drei Jahre, und Lily hat noch das Aufbaustudium fürs Grundschullehramt drangehängt. Wir hatten damals eine gemeinsame Küche und kamen ganz gut miteinander klar, da haben wir beschlossen zusammenzuziehen.»
«Aber wie können Sie es sich denn bloß leisten, in so einer Straße zu leben?» Etwas übertreiben, die naive Polizistin spielen. Es konnte nie schaden, wenn sie einen unterschätzten.
«Tja, das verdanken wir ehrlich gesagt meinem Papa. Er hatte sowieso überlegt, sich irgendwo eine Wohnung zu kaufen, er fand das eine gute Investition. Und wir zahlen nur so viel Miete, dass die Hypothek abgedeckt ist. Billig ist das zwar immer noch nicht, aber wenn man sich anschaut, wie andere Studenten so hausen … Meine Eltern sind toll. Sie unterstützen mich sehr.»
«Aber Lily hatte doch kein reiches Elternhaus, oder? Wie hat sie sich denn die Miete leisten können?»
Emma zuckte die Achseln. «Hat sie uns nie erzählt. Soweit ich mich erinnere, ist ihr Vater nach ihrem ersten Jahr an der Uni frühpensioniert worden und hat ihr eine kleine Starthilfe gegeben. Und sie hat ja auch nicht so viel bezahlt wie wir, weil ihr Zimmer kleiner war. Außerdem hat sie immer samstags und in den Semesterferien gearbeitet.»
«Erzählen Sie mir von ihr. Sie kannten sie sicher besser als alle anderen, wo Sie doch so lange zusammengewohnt haben.»
Zum ersten Mal schien Emma nicht zu wissen, was sie sagen sollte. Stattdessen antwortete Louise.
«Niemand kannte sie wirklich gut.»
«Aber … drei Mädels in einer Wohnung … Sie waren doch sicher sehr vertraut miteinander.»
«Eigentlich nicht. Mit Lily war das schwer.»
«Aber man geht doch mal zusammen aus, trinkt ein bisschen was. Da wird sie dann doch aus sich herausgegangen sein.»
«Ich glaube nicht, dass Lily sich jemals irgendwie hat gehenlassen, Inspector. Sie war immer so kontrolliert, so beherrscht. Und ziemlich ehrgeizig, glaube ich. Das hatte wohl etwas mit ihrer Herkunft zu tun. Sie hat viel härter gearbeitet als wir anderen.»
«War sie manchmal krank?»
«Nichts Ernstes. Mal eine Erkältung, eine Halsentzündung. So wie alle eben.»
«Hatten Sie je den Verdacht, dass sie vielleicht depressiv sein könnte? Wo sie sich doch so abgesondert hat.»
«Nein. Und so sehr hat sie sich auch gar nicht abgesondert. Sie ließ uns nur nicht an ihrem Leben teilhaben.»
«Wo waren Sie beide gestern Abend?»
Wieder antwortete Louise. «Ich hatte Geburtstag. Wir sind essen gegangen. Mit der ganzen Clique.»
«Und Lily?», fragte Vera. «Hätte sie nicht auch dazukommen sollen?»
«Ich hatte sie natürlich eingeladen, aber ich war ehrlich gesagt nicht weiter erstaunt, als sie nicht aufgetaucht ist. So was war eben nicht ihr Ding.»
Aber warum wohl? Habt ihr sie vielleicht eingeschüchtert mit euren selbstbewussten Stimmen und euren reichen Eltern?
«Hatte sie einen Freund?»
Schweigen. Die beiden jungen Frauen wechselten einen raschen Blick. Schließlich sagte Emma: «Wir glauben schon, dass sie einen hatte. Sie ist öfter nachts nicht nach Hause gekommen. Aber bei uns war er nie. Zumindest nicht, wenn wir auch da waren.»
«Und sie hat auch nie von ihm geredet?»
«Nicht uns gegenüber.» Emma schwieg einen Augenblick. «Wissen Sie, Inspector, Lily war in vieler Hinsicht die mustergültige Mitbewohnerin. Ordentlich, rücksichtsvoll. Deshalb wollte ich auch, dass sie bei uns einzieht. Aber wir waren eigentlich nicht befreundet. Zumindest nicht richtig. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum sie jemand umbringen sollte. Aber wie sollte ich auch? Wir wussten ja absolut nichts von ihrem Leben.»
Mittags rief Vera ihr Team zusammen. Sie hatte Sandwiches bestellt, ordentlichen Kaffee, Donuts – alles, was nötig war, um die Mannschaft fit zu halten. Sie selbst fühlte sich nach dem Nickerchen im Auto, als könnte sie Bäume ausreißen, aber ihre jüngeren Untergebenen hatten längst nicht so viel Stehvermögen. Immerhin wirkten sie jetzt ein bisschen eifriger. Es gab ein zweites Opfer. Eine kluge junge Frau. Das machte den Fall doch irgendwie interessanter. Ein Junge mit Lernschwäche lockte sie noch nicht hinterm Ofen hervor, aber kaum ging es um eine hübsche Studentin, standen sie alle unter Strom. Sie stellte fest, dass sie langsam zynischer wurde, als ihr guttat.
Sie berichtete von dem Besuch bei Lilys Eltern und von der Wohnung und ging dabei vor ihrem Team auf und ab, zwischen den Sonnenflecken, die von draußen hereinfielen.
«Die beiden Mitbewohnerinnen sind bei einer Nachbarin untergekommen, bis das Durchsuchungsteam fertig ist. Natürlich haben wir sie auch gefragt, ob Lily an dem Abend, als Luke Armstrong ermordet wurde, zu Hause war. Sie war nicht da. Anscheinend blieb sie häufig über Nacht weg. Deshalb haben die beiden auch angenommen, dass sie einen Freund hat.»
«Haben sie sie denn nicht nach ihm gefragt? Die beiden müssen doch neugierig gewesen sein.» Das kam von Holly Lawson mit ihrem eifrigen, frischen Teenagergesicht. «Man kann zwar immer behaupten, dass man sich nicht einmischen will, aber eigentlich will man so was doch über seine Mitbewohnerin wissen. Oder nicht?» Sie sah sich fragend um.
«Da haben Sie sicher recht», sagte Vera. «Reden Sie doch nochmal mit den beiden. Sie kriegen sicher mehr aus ihnen heraus, weil Sie ihnen im Alter näher sind.» Sie trank noch einen Schluck aus ihrem Pappbecher. Am Anfang der Besprechung war der Kaffee noch ganz brauchbar gewesen, aber inzwischen war er kalt, und sie spürte den Kaffeesatz auf der Zunge. Sie stellte den Becher auf den Tisch, ging zum Fenster und ließ die Jalousien herunter, damit die Sonne sie nicht mehr blendete. Es wurde unvermittelt dämmrig im Zimmer, und die Anwesenden waren nur noch verschwommene Schatten.
«Wir werden wohl in den sauren Apfel beißen und eine Pressekonferenz halten müssen», fuhr sie fort. «Ich will aber auf keinen Fall, dass etwas über den Tatort nach außen dringt. Kein Wort über die Blumen. Kein Wort über die Todesursache. Das Letzte, was wir jetzt noch brauchen, ist ein Trittbrettfahrer. Den Leuten, die die Leiche gefunden haben, habe ich auch schon gesagt, dass sie sich mir gegenüber verantworten müssen, falls sie mit der Presse reden. Aber irgendwer muss gesehen haben, wie die Leiche vom Parkplatz zu den Felsen transportiert wurde. Man muss ein Stück über die Wiese gehen, und da ist eigentlich immer irgendjemand. Leute, die ihre Hunde ausführen. Eltern mit kleinen Kindern. Die Pressestelle soll einen Termin machen. So weit erst mal. Was haben Sie sonst noch für mich?» Vera stand jetzt wieder vor dem Tisch vorne im Raum. Wie eine Lehrerin am Pult. Sie fragte sich, was für eine Lehrerin Lily wohl abgegeben hätte.
«Wir haben jemanden von der Universität gefunden, der sich die Blumen ansehen kann», sagte Holly. «Einen Doktor Calvert. Er ist Professor dort.»
«Nein.»
«Wie bitte?»
«Peter Calvert. Das geht nicht. Er, oder besser gesagt, sein Sohn hat das zweite Opfer gefunden. Er war mit als Erster am Tatort. Das geht auf keinen Fall.»
«Ach Gott, das war mir gar nicht klar. Ich hatte schon gestern mit ihm gesprochen, bevor Lily Marsh ermordet wurde.» Holly wurde rot, stotterte und wartete förmlich darauf, dass Vera sie mit sarkastischen Bemerkungen überhäufte. Doch Vera war in wohlwollender Stimmung. Sie dachte über Peter Calvert nach. Wahrscheinlich war das alles reiner Zufall. Man musste schließlich kein Botaniker sein, um Tote mit Blumen zu bestreuen. Aber falls sie es hier tatsächlich mit jemandem zu tun hatten, der gern seine Spielchen trieb, waren die Blumen eine Art Visitenkarte. Eine Art Unterschrift.
«Suchen Sie jemand anders», sagte sie. «Aber niemanden von der Newcastle University. Versuchen Sie es an der Northumbria oder an der Sunderland. Es wird hier im Nordosten ja wohl irgendwo noch andere Botaniker geben. Und bringen Sie mal in Erfahrung, was Doktor Calvert in der Nacht getrieben hat, als Luke ermordet wurde. Damit uns keiner vorwerfen kann, wir würden nicht allen Spuren nachgehen.» Sie dachte an das Bild zurück, das sich ihr am Abend zuvor auf der Veranda geboten hatte. Vier Männer an einem Tisch. Und eine Frau. Etwa in ihrem Alter, aber elegant und gepflegt. Und begehrt. Und nicht zum ersten Mal dachte sie: Interessante Gruppe. «Oder nein, wenn ich’s mir recht überlege, übernehme ich Doktor Calvert besser selbst.» Das war ein guter Vorwand, um noch einmal dort vorbeizuschauen. «Solche Typen kann ich Ihnen dann wohl doch nicht anvertrauen.»
Ihre Leute grinsten, ohne es ihr zu verübeln. Eine Aufgabe weniger – und wer hatte je von einem Universitätsprofessor gehört, der zum Mörder geworden wäre?
Vera wandte sich wieder an alle in der Runde. «Wer hat das Alibi von Geoff Armstrong überprüft?»
«Ich.» Charlie Robson. Er war älter als Vera, wahrscheinlich kam er allmählich schon ins Rentenalter. Er arbeitete nicht gern unter einer Frau, hatte sich aber wohl oder übel daran gewöhnt.
«Und?»
«Als Erstes habe ich mich mit dem Mann unterhalten, für den er hauptsächlich arbeitet. Barry Middleton. Ein kleiner Bauunternehmer. Geoff und er kennen sich schon seit Jahren, noch bevor Barry angefangen hat, ihm Aufträge zu vermitteln. Er sagt, Geoff war immer schon ziemlich aufbrausend. So ein Typ, der sich gleich angegriffen fühlt, wenn ihn einer schief ansieht. Es kam auch das eine oder andere Mal zu kleineren Auseinandersetzungen auf der Baustelle. Als er noch in London gearbeitet hat, ist er auf seinen Vorarbeiter losgegangen. Deshalb kam er dann auch ohne Stelle hierher zurück. Aber seit er wieder geheiratet hat, muss er sich komplett geändert haben. Er ist ein richtiger Familienmensch geworden, sagt Barry, tut alles für Kath und die Kleine. Und offenbar versucht er sogar, sich wieder mit Julie zu versöhnen.»
«Das hat er mir auch erzählt.» Aber glaube ich ihm?, fragte sich Vera. Glaube ich daran, dass Menschen sich einfach so ändern können?
«Heute Morgen habe ich dann in seinem Wohnviertel vorbeigeschaut», fuhr Charlie fort. «Geoff war mit seiner kleinen Familie gerade im Aufbruch, als ich ankam. Sie wollten wohl zum Strand. Sie hatten Badetücher dabei und einen Picknickkorb.»
«Wie nett», bemerkte Vera.
«Sie haben mich nicht gesehen. Ich habe mit den Nachbarn geredet, die sagten alle das Gleiche. Eine reizende Familie. Er wirkt ziemlich ruhig. Geht nie in den Pub oder in die Disco, bleibt die ganze Zeit zu Hause bei der Kleinen, während seine Frau arbeitet. Keiner hatte was Negatives über ihn zu sagen.»
«Und was ist mit Mittwochabend? Hat ihn irgendwer das Haus verlassen sehen?»
«Nein, und ein Paar war sich absolut sicher, dass sie es mitbekommen hätten, wenn er mit dem Wagen weggefahren wäre. Sie haben eine Grillparty gemacht, ein paar Freunde eingeladen. Geoff hatten sie auch gefragt. Sie wohnen nur zwei Häuser weiter und fanden, da kann er immer schnell mal nach Hause und nach seiner Tochter sehen. Am Ende ist er dann aber doch nicht gekommen, weil er Rebecca nicht allein lassen wollte. Aber sie waren den ganzen Abend draußen im Garten. Sie haben das Eckhaus, sie hätten ihn auf jeden Fall wegfahren sehen. Das sagen sie zumindest.»
Vera war froh, Geoff aus den Ermittlungen heraushalten zu können. Sie stellte sich die drei vor, irgendwo am Strand, vielleicht in Tynemouth. Kath ausgestreckt auf einem Strandtuch, wo sie ein bisschen Schlaf nachholte, während Geoff mit der Kleinen spielte, sie an der Hand hielt, wenn sie durch die Wellen hüpfte, Sandburgen mit ihr baute, ihr ein Eis kaufte. Anscheinend wurde sie noch rührselig auf ihre alten Tage. Aber sie fand, dass er eine zweite Chance verdient hatte.
Ihr Team wartete offensichtlich darauf, dass sie etwas sagte. «Dann lassen wir Geoff Armstrong einstweilen außen vor, solange sich nichts anderes ergibt. Ich möchte, dass jemand von euch mit Lukes Therapeuten redet. Wir wollen wissen, ob Lily Marsh ebenfalls im St. George’s in Behandlung war. Höchstwahrscheinlich war sie nicht stationär dort, das würden ihre Mitbewohnerinnen dann doch wissen. Aber vielleicht war sie ja in ambulanter Therapie. Wir wissen bereits, dass ihr Vater unter einer psychischen Krankheit leidet. Das ist zwar alles recht unwahrscheinlich, aber wir sollten es trotzdem weiterverfolgen. Außerdem möchte ich, dass jemand Lily Marshs Finanzlage prüft, Bankkonten, Kreditkarten, das alles. So, wie es aussieht, hat sie ziemlich über ihre Verhältnisse gelebt. Hatte sie vielleicht noch andere Einnahmequellen? Einen reichen Liebhaber vielleicht? Außerdem müssen wir den Burschen ausfindig machen, in den sie in der Schule so verliebt war. Er heißt Ben Craven. Vielleicht lebt er ja noch hier in der Gegend.»
Sie fand, dass sie jetzt genug geredet hatten. Hier redeten alle so wahnsinnig gern. Solange sie reden und Kaffee trinken und Donuts essen konnten, mussten sie wenigstens nicht raus ins richtige Leben und sich mit richtigen Leuten auseinandersetzen.
Vera richtete sich wieder auf und wartete, bis alle sie ansahen. «Das Wichtigste ist, eine Verbindung zwischen den Opfern zu finden. Etwas, das sie gemeinsam haben, einen Menschen, den sie beide kennen.»
Ihr Team saß da und schaute schweigend zu ihr auf.
«Na, dann mal los», fuhr sie mit energischer Stimme fort, wieder ganz die Lehrerin. «Hier drinnen dürften Sie wohl kaum fündig werden.»