Noch mehr beantwortete Fragen

 

 

Und nun ein Techtelmechtel mit Paul Krassner von 2002

 

F: Du hast 34 Bücher mit Hilfe von Marihuana geschrieben. Könntest du diese Arbeitsweise beschreiben?

 

A: Es ist eher obsessiv oder triebhaft, denke ich. Den ersten Entwurf mache ich nüchtern, überarbeite es dann stoned, danach noch einmal nüchtern, dann überarbeite ich es noch einmal stoned und immer so weiter, bis ich wirklich mit jedem Satz zufrieden bin oder mich wütende Lektoren an Abgabetermine erinnern – was auch immer zuerst kommt. Hemingway und Raymond Chandler hatten ähnliche Zwänge, benutzten aber die falsche Droge, Alkohol, und beide begingen Selbstmord. Papa war erfolgreich, der arme Ray jedoch nicht und sah dabei noch wie ein schlampiger Alkoholiker aus. (Er versuchte, sich selbst in den Kopf zu schießen und schoss daneben.) Auch Faulkner hatte obsessive Anteile und starb, als er betrunken von einem Pferd fiel. Ich denke nicht, dass Alkohol die richtige Droge für uns Zwanghafte und Triebhafte ist. Das ist beinahe genauso schlimm wie als Weiser bekannt zu werden. Nebenbei, der Kongress sollte Bozo anklagen und Rumsfeld inhaftieren.

 

F: Die Piss-Polizei136 liest High Times. Was möchtest du ihnen mitteilen?

 

A: „Ihr seid alle gleichermaßen gesegnet, gleichermaßen bedeutungslos und gleichermaßen aufkommende Buddhas.“ Allerdings sind einige von denen derartige Arschlöcher, dass es eine lange Zeit dauern wird, bis sie von dort nach hier kommen.

 

F: Der Kolumnist Clarence Page schrieb kürzlich über die DEA137, die „eine legitimierte Gesundheitskooperative in Santa Cruz (WAMM, the Wo/Men’s Alliance for Medical Marijuana) überfallen hatte. Diese hatten zu der Zeit über 200 Patienten behandelt, von denen einige todkrank waren. Schwerkranken die Medizin aus den Händen zu reißen, hört sich für mich nach Terrorismus an. In diesem Fall war das durch die Behörden genehmigt und von den Steuerzahlern finanziert.“ Erzähl uns von deinen eigenen Verbindungen zu WAMM.

 

A: Lange bevor ich WAMM selber brauchte, nahm deren Gründerin Valerie Corall regelmäßig an meiner Lesegruppe zu Finnegans Wake teil und ich erlebte sie unglaublich intelligent und fröhlich. Als ich über ihre Aktivitäten bei WAMM erfuhr, also dass sie Marihuana an AIDS-Kranke und Krebspatienten im Endstadium verteilte, während sie mit diesen zusammensaß und ihnen während des Sterbeprozesses Liebe und Unterstützung schenkte, war sie für mich auch eine Heilige. Ich hatte niemals gedacht, dass auch ich einmal Patient bei WAMM werden würde. Mein Post-Polio-Syndrom war bis zu diesem Zeitpunkt nur eine geringfügige Beeinträchtigung. Vor zwei Jahren traten dann plötzlich höllische Schmerzen auf. Mein Arzt empfahl mir Marihuana und nannte WAMM als die sicherste und legalste Quelle. Bis zu diesem Zeitpunkt befand ich mich am Rande zum Selbstmord. Der Schmerz im Bein war wie eine permanente Zahnentzündung. Niemand sollte so etwas erleiden müssen. Dank Valerie und der WAMM habe ich dies seitdem nicht länger als eine Stunde ertragen müssen. Ich nehme eine von ihren Schmerzpillen, werde dann wieder klar und kann mich nach ein oder zwei Stunden wieder an meinen Computer setzen. Nebenbei, der Kongress sollte Bozo anklagen und Rumsfeld inhaftieren. Oder hatte ich das bereits gesagt?

 

F: Ich denke ja.

 

A: Nun, das ist es wert, wiederholt zu werden.

 

F: Als der Stadtrat öffentliche Werbeaktionen für medizinisches Marihuana förderte, fragte ein Agent der DEA: „Was für eine Botschaft teilen die Offiziellen damit der Jugend von Santa Cruz mit?“ Wie würdest du diese Frage beantworten?

 

A: „Die Vollmachten, die den Vereinigten Staaten nicht durch die Verfassung verliehen wurden und die den einzelnen Staaten auch nicht durch sie untersagt wurden, sind den einzelnen Staaten bzw. den Menschen vorbehalten.“

Ich habe das nicht erfunden. Ich fand es auf der letzten Seite eines Lexikons, in einem staubigen, alten historischen Dokument, das sich die „Verfassung der Vereinigten Staaten“ nennt und von dem Bozo wahrscheinlich noch nie etwas gehört hat, obwohl es angeblich die Regeln für unsere Regierung vorgibt. Ich wünschte, mehr Menschen würden dieses Dokument lesen, da es eine Menge radikaler Ideen enthält, die es wert sind, darüber nachzudenken. Es basiert auf der Verfassung von Massachussetts, die von John Adams verfasst wurde. Schaut es euch an, bevor der Bush-Clan es verbietet. Der Kongress sollte Bozo anklagen und Rumsfeld inhaftieren. Oder hört sich das allmählich wie ein Echo an?

 

F: Wie hängt das alles mit deinem neuen Buch TSOG zusammen? Und zuerst, was bedeutet TSOG und wie sprichst du es aus?

 

A: TSOG bedeutet Tsarist Occupation Government und ich spreche es so aus, dass es sich wie ein Monster aus einer Geschichte von Lovecraft anhört. Das Buch präsentiert Hinweise darauf, dass die Zaristen seit der Allianz von CIA, Nazis und Zaristen in den 40er Jahren die führenden „Köpfe“ geworden sind. Amerika wurde eine zaristische Nation, deren Verfassung nur diejenigen noch kennen, die in alten Büchern herumstochern, wie ich es tue. Zur Hölle, wir haben sogar einen offiziellen Zaren, der das vermeintliche „Recht“ hat – oder zumindest die Macht –, sich zwischen mich und meinen Arzt zu stellen und zu entscheiden, wie viel unerträgliche Schmerzen ich bis zu meinem Tod erleiden muss.

Was kommt als nächstes? Wird der Zar kontroverse Fragen in Physik und Astronomie reglementieren? Die mathematische Mengenlehre? Die Biologie? Glaubt mir, in der Verfassung wird kein Zar erwähnt. Persönliche Angelegenheit zwischen Arzt und Patient sind dem Individuum überlassen. Wie man sieht, war dies einst als freies Land gedacht, nicht als zaristischer Despotismus.

 

F: Du bist als Katholik aufgewachsen und wurdest mit 16 zum Marxisten. Was desillusionierte dich an diesen beiden Glaubenssystemen?

 

A: Sie sind rigide. Alle rigiden Glaubenssysteme (GS) entstellen und zensieren die Prozesse der Wahrnehmung, des Denkens und sogar des Fühlens. Sie bringen die Leute wortwörtlich dazu, sich wie schlecht verdrahtete Roboter zu verhalten. Philip K. Dick bemerkte dies ebenfalls und machte sich viele Gedanken über diese möglichen Roboter unter uns. Manche Leute denken, dass er verrückt war, doch ich habe nie jemanden mit einem rigiden Glauben getroffen, der mir wirklich vollkommen menschlich erschien. Phil hatte recht: Viele von ihnen verhalten sich wie Roboter. Vor allem in Regierungsbehörden und Kirchen. Gort, Bozo marada nikto, dig?

 

F: Was ist das Ziel von dem, was du christliche Verschwörung nennst?

 

A: Ich betrachte die Bill of Rights als das Ergebnis einer Verschwörung von intellektuellen Freimaurern aus der Zeit der Aufklärung. Diese führten immer ein unsicheres Dasein, da die rivalisierende christliche Verschwörung zurück zu mittelalterlichen Zuständen wollte – Inquisition, Hexenverbrennungen und all das. Durch die zaristische Übernahme scheinen die Christen gewonnen zu haben. Es gibt nicht einen einzigen Punkt in der Bill of Rights, der nicht verwässert oder völlig verdreht wurde.

 

F: Warum stehst du dem organisierten Skeptizismus so skeptisch gegenüber?

 

A: Wie ich schon erwähnte, ängstigen mich rigide Glaubenssysteme, da sie mich an Roboter oder „Humanoide“ denken lassen – irgendeine unheimliche Vorrichtung wie diese. Heutzutage bedeutet organisierter Skeptizismus nicht das, was es im philosophischen Sinn meint. Sie scheinen nur eine weitere Gang von dogmatischen Fanatikern zu sein, die sich mit allen anderen Gangs dogmatischer Fanatiker im Krieg befinden – und natürlich auch mit uns Modellagnostikern. Schau dir das Komitee für wissenschaftliche Untersuchungen von Behauptungen über das Paranormale (CSICOP) an. Sie haben niemals irgendwelche wissenschaftlichen Untersuchungen durchgeführt. Warum? Meine Schätzung ist, dass sie eine tief sitzende Angst davor haben, dass solche Untersuchungen ihre Dogmen umstürzen könnten – wie die Inquisition, die es ablehnte, durch Galileos Teleskop zu schauen.

 

F: Worauf basiert deine Besessenheit für Hannibal Lecter?

 

A: H.D. Hannibal Lecter, bitte. Für mich ist er eine der größten Schöpfungen der Literatur. Ich bewundere Thomas Harris mehr als jeden anderen Schriftsteller seit James Joyce. Alles an Lecter ist liebenswert und sogar bewundernswert, außer dieser einen bösen Angewohnheit. Doch diese Angewohnheit ist so unausstehlich, selbst für Libertäre, dass wir es niemals vergessen könnten, selbst wenn wir ihn für den bewundernswertesten und liebenswertesten Menschen überhaupt halten. Ein Paradox wie dieses könnte Kandidaten für den Magister der Philosophie die nächsten Tausend Jahre lang inspirieren. Wie kann man einem Psychiater widerstehen, der wie Hannibal Lecter einer lesbischen Patientin erzählt (und das auch so meint): „Da ist nichts falsch daran, eigenartig zu sein. Sie haben keine Vorstellung davon, wie eigenartig ich bin.“ In den Filmen besitzt Lecter die erstaunliche Intelligenz und den unheimlichen Charme, den nur Anthony Hopkins darstellen kann. Nebenbei, Gott beschütze Valerie Corall und verfluche Asa Hutchinson.

 

F: Ich dachte, du würdest nicht an Gott glauben?

 

A: Ich habe keinen „Glauben“, nur Wahrscheinlichkeiten. Ich meinte dies nicht wörtlich. Es war unter den gegeben Umständen eine poetische Ausschmückung.

 

F: Ich weiß, dass du nicht an ein Leben nach dem Tod glaubst, aber ich bin von dem Gedanken fasziniert, dass du und Arlen während der 42 Jahre eurer Ehe gegenseitig die Nervensysteme geprägt habt. Könntest du darauf näher eingehen?

 

A: Ich „glaube“ nicht an Spiritualismus, doch das hält mich nicht davon ab, eine unzerstörbare Verbindung zwischen denen, die sich innig geliebt haben, zu vermuten. Um nicht esoterisch zu klingen, lass mich das mit den wesentlichen Begriffen ausdrücken. Ich kann förmlich keinen Film sehen, ohne zu wissen, was sie darüber gesagt hätte. Wenn zum Beispiel ein Film nett beginnt und katastrophal endet, kann ich sie virtuell sagen „hören“: „Tja, sie hatten wohl zu lange über die Storyline debattiert …“

 

F: Würdest du die Geschichte von Arlen und den Enzyklopädien erzählen?

 

A: Sie mochte es, alte Enzyklopädien aus Antiquariaten zu sammeln. Auf einmal hatten wir acht Stück. Als ich meinen ersten historischen Roman schrieb – in den 80ern, bevor ich online war – benutzte ich sie häufig als Informationsquelle. Ich lernte beispielsweise, dass die Bastille 30 Meter oder 35 Meter oder 40 Meter hoch war. Dies brachte mich auf Wilsons 22. Gesetz: „Gewissheit ist denen vorbehalten, die in nur einer Enzyklopädie nachschlagen.“

 

F: Wie hat das Internet dein Leben verändert?

 

A: Es hat sich wie ein neurologischer Quantensprung angefühlt. Nicht nur haben die Datenverarbeitenden Computerprogramme mein zwanghaftes Schreiben und Umschreiben deutlich erleichtert im Vergleich zu den Zeiten, als ich meine Worte noch in Fels hauen, eine Schreibmaschine benutzen oder auf ähnlich barbarische Methoden zurückgreifen musste. Die E-Mail-Funktion bestimmt große Teile meines sozialen Lebens, seit ich „versehrt“ bin. Den größten Teil meiner Recherchen mache ich im World Wide Web, bekomme in wenigen Minuten meine Antwort und muss nicht mehr stundenlang mühselig durch meine Bibliothek jagen. Es hat mein Leben tausendfach bereichert. Ich vertrete auch die Ansicht, dass das Internet als ein Feedback-System eines Tages die Regierung, ein Nicht-Feedback-System, ersetzen wird.

 

F: Wie unterscheidest du zwischen Verschwörung und Koinzidenz?

 

A: So wie Mr. und Mrs. Godzilla Liebe machen: sehrrrrrr vorsichtig.

 

F: Für den 31. März 1981 war eine Dinner Party geplant, ein Tag nach dem Attentat auf Ronald Reagan, welches den Vizepräsidenten und ehemaligen Chef der CIA George Bush zum Präsidenten gemacht hätte, falls es gelungen wäre. Die Party wurde sofort abgesagt. Sie hätte bei Neil Bush stattgefunden und ein Gast wäre Scott Hinckley gewesen, der Bruder des Attentäters. Hinckleys Vater und Bush waren Freunde und Kollegen in der Ölindustrie. Eine PR-Firma gab eine Erklärung ab: „Diese schreckliche Koinzidenz war für die Bushfamilie verheerend. Unser Beileid gilt allen Beteiligten. Und wir hoffen, diese Angelegenheit schnellstmöglich hinter uns zu lassen.“ Der Kongressabgeordnete Larry MacDonald war der einzige, der eine Untersuchung forderte, aber er stürzte mit dem Flugzeug ab. Was denkst du – Koinzidenz oder Verschwörung?

 

A: Für mich scheint es auf den ersten Blick wie eine Koinzidenz auszusehen, zu einer Wahrscheinlichkeit von ungefähr 75%. Wer ist so dumm, einen Killer anzuheuern, der so offensichtliche Verbindungen zu seinem Auftraggeber hat? Aber dann denke ich, dass die Bush-Mafia scheinbar glaubt, sie könnten mit allem ungestraft davonkommen. Vom Savings-and-Loan-Skandal138 bis zum Diebstahl einer Präsidentschaftswahl am helllichten Tag, während dabei die gesamte Welt zuschaut. Sie müssen eine noch geringere Meinung von der Intelligenz der Amerikaner haben als ich. Vielleicht sollte ich die Wahrscheinlichkeit auf 50% senken. Ich denke, dies hätte weitere Untersuchungen verdient, allerdings von jemandem, der nicht in Flugzeugen reist.

 

F: Ishmael Reed sagte: „Die Geschichte der Zivilisation ist die Geschichte der Kriege zwischen Geheimgesellschaften.“ Stimmst du dem zu?

 

A: Ja und nein. Ich würde sagen, dass es keine Geschichte in der Einzahl gibt. Nur Geschichten, Mehrzahl. Der Krieg zwischen Geheimgesellschaften ist eine Geschichte, die sowohl Ishmael als auch ich erforscht haben. Es gibt auch eine Geschichte des Krieges zwischen Gesellschaftsklassen, eine Geschichte des Krieges (oder Wettkampfes) von Genpoolen, eine Geschichte der Beziehungen zwischen Primaten und Caniden usw. ad infinitum. Keine steht im Widerspruch zu den anderen, ausgenommen in den Köpfen aristotelischer Logiker oder Ideologen. Jede Geschichte ergänzt die jeweils anderen.

 

F: Wir beide haben etwas gemeinsam. Lyndon LaRouche hat die Wahrheit über uns beide aufgedeckt. Du bist in Wirklichkeit der geheime Anführer der Illuminaten und mein Gehirn wurde am Tavistock Institute in England gewaschen. Denkst du, dass er solche Dinge tatsächlich glaubt oder erfindet er bewusst Geschichten, wie es zum Beispiel das Programm zur Spionageabwehr des FBI tat?

 

A: Einiges am Innenleben meines Computers verstehe ich immer noch nicht und du erwartest, dass ich eine so bizarre Vorrichtung wie das Gehirn von Lyndon LaRouche erkläre? Ich kann nur vermuten, dass er eher ein Fall für einen Gallen-Spezialisten als für einen Psychiater wäre.

 

F: Was für ein oberflächliches Problem hatte LaRouche mit der Königin von England?

 

A: Er behauptet, Liz hätte Aldous Huxley und Alan Watts in die USA geschickt, um uns mit Drogen und orientalischen Religionen kaputt zu machen, so dass England wieder die größte Supermacht werden könnte. Wenn man Liz und England aus dieser Gleichung streicht und stattdessen Fu Manchu und den 3. Weltkrieg einsetzt, würde das einen großartigen Thriller ergeben. Ich denke, dass Bozo tatsächlich in diesem Film lebt, zusammen mit Mickey, Goofy, Osama bin Laden und Darth Vader.

 

F: Was ist die bizarrste Verschwörung, von der du je gehört hast?

 

A: Eine Gruppierung namens Christians Awake behauptete, dass Ronald Reagan ein schwuler Freimaurer wäre und dass er andere schwule Freimaurer in die Regierung und Gerichte einschleusen wollte. Ich glaube, dass sie als Zugeständnis Clarence Thomas in die Gay Prince Hal Lodge aufgenommen haben.

 

F: Was ist deiner Ansicht nach die unbekannteste Verschwörungstheorie?

 

A: Die Church of Positive Accord glaubt – und ich denke, sie bringen dafür verdammt gute Argumente -, dass der biblische Gott physisch und nicht spirituell ist. Mit anderen Worten frisst und scheißt er genau wie du und ich. Und im Gegensatz zu meinen Ketzereien von 1959 hat er definitiv einen Penis. Er hat sogar Nasenpopel: Sie verkündeten das in einem Interview mit Ivan Stang (Reverend der SubGenius Church). Sie hoben hervor, dass alle „spirituellen“ Ideen bezüglich Gott aus der griechischen Philosophie und nicht aus der Bibel stammen und dass der gasförmige griechische Gott von einer Verschwörung Intellektueller avanciert wurde. Liest man die Bibel mit diesem Raster erneut, macht alles plötzlich Sinn, allerdings auf eine steinzeitliche Weise. Er spricht, Er bewegt sich, Er liebt den Geruch gebratenen Rindfleischs. Er hasst Schwule und Selbstsucht. Er ist ein Serienmörder. Und im Sequel zaubert er eine Teenager-Tussi herbei.

 

F: Deine Leser können nicht immer genau unterscheiden, ob du – wenn du beispielsweise über die Illuminaten schreibst – einen Informationsaustausch anregst oder die Realität persiflierst. Macht das irgendeinen Unterschied?

 

A: Um Madonna zu zitieren: „Ich mach nur Spaß – nicht139.“ Füge meinem keltischen Sinn für Humor Niels Bohrs Agnostizismus hinzu und heraus kommen meine neo-surrealistischen Romane und postmoderne Kritik.

 

F: Ich hatte mehrere Erlebnisse satirischer Prophezeiung, bei denen etwas, das ich erfunden hatte, plötzlich Realität wurde. Ist dir so etwas auch passiert?

 

A: Tja, in Illuminatus! (veröffentlicht 1975) greifen Terroristen das Pentagon an, aber sprengen nur ein Loch in eine der fünf Außenwände. Hört sich vertraut an, oder? Und auch in Schrödingers Katze (veröffentlicht 1981) sprengen Terroristen die Wall Street in die Luft. Ich betrachte keine dieser beiden „Treffer“ als Präkognition oder gar „Intuition“, nur als gesunden Menschenverstand. Es erschien mir offensichtlich, dass die TSOG nicht auf dem gesamten Erdball Amok laufen, in Länder einfallen und beinahe jeden bombardieren kann, ohne dass letzten Endes jemand einmal zurückschießt.

 

F: Jetzt kommt ein Geständnis. In meinem Artikel in der High Times über eine Verschwörungstagung erlitt meine satirische Weissagung einen Rückschlag. Ich hatte Mae Brussell, die Königin der Verschwörungsforscher, einmal gefragt, warum die Verschwörer sie nicht töten würden. Sie erklärte, dass die Agenten immer nach dem Need-to-know-Prinzip arbeiten, aber sie würden ihre Arbeiten genau lesen und dort auftauchen, wo auch immer sie gerade einen Vortrag hält, um einen kurzen Blick auf das große Ganze zu erhaschen. „Es ist ein Sicherheitsventil für sie. Sie erfahren, inwieweit wir Bescheid wissen.“, sagte sie. Ich fragte: „Wollen Sie damit sagen, dass Ihnen die Gemeinschaft der Geheimorganisationen gestattet, so präzise zu arbeiten und zu forschen, weil Sie mehr wissen als irgendjemand von denen?“ „Exakt“, antwortete sie. Nun gut, in meiner Satire in der High Times legte ich diese Worte in den Mund des irgendwie arglistigen Verschwörungsforschers David Icke. Jedenfalls ist meine Frage, ob du glaubst, dass dich die Verschwörer leben lassen, weil du zuviel weißt?

 

A: Das bezweifle ich. Ich glaube nicht, dass sie jemals von mir gehört haben. Sie lesen keine Bücher.

 

F: Warum wurdest du nach meiner Kolumne in der High Times über die Prophezeiungs-Konferenz, bei der ich dich als „respektlosen, bösen Jungen auf dieser ach so artigen Konferenz“ bezeichnet habe, bei zukünftigen Prophezeiungs-Konferenzen als Redner ausgeladen?

 

A: Viele meiner Fans denken, dass ich aus Mangel an Respekt für Seine Königliche Betrügerei George II. ausgebootet wurde. Ich halte das für eine Aussage ohne jegliche Beweisgrundlage. Die Veranstalter sagten, dass es eine Reaktion darauf gewesen wäre, dass sie eine joycesche Offenbarung in einem Film von Spike Lee entdeckt hätten. Das halte ich für eine Aussage ohne jegliches Begriffsvermögen.

 

F: Ich würde gerne etwas über deine – eventuell psychotische? – Erfahrung mit höheren Bewusstseinszuständen und daraus resultierenden Offenbarungen hören.

 

A: Ich hatte keine einzige, aber viele scheinbare Begegnungen mit scheinbar nicht-menschlichen Intelligenzen. Die erste war ein Weihnachtsbaum, der mich liebte – mehr liebte als meine Eltern oder meine Frau oder meine Kinder oder sogar mein Hund. Zum diesem Zeitpunkt war ich auf Peyote. Mit und ohne andere Drogen – zum Beispiel mit Hilfe der Kabbala – kontaktierte ich scheinbar einen mittelalterlichen irischen Barden, einen alten chinesischen Alchemisten, einen Außerirdischen aus dem Sirius-System und einen riesigen weißen Hasen, der auch Pookah genannt wird. Ich akzeptierte schließlich, dass man mit vielschichtigen Ergebnissen rechnen sollte, wenn man die schamanische Wirklichkeit mit einem vorhandenen ontologischen Multi-Modell betritt. Wie Wilsons 4. Gesetz sagt: „Bei ausreichender Nachforschung wird man Beweise für die eigene Theorie finden.“ Ich einigte mich also mit dem magischen Hasen darauf, dass er ein Modell ist, das niemand wortwörtlich nehmen sollte, selbst ich nicht. Ein wirklich schockierendes Erlebnis hatte ich, als ich herausfand, dass die Familie meiner Großmutter, die O’Lachlanns, aus Kerry kamen und angeblich einen Familien-Pookah hatten, der uns davor beschützte, englisch zu werden, indem er uns regelmäßig ein Dosis Wahnsinn verabreichte.

 

F: Die Widmung in meinem Buch Murder at the Conspiracy Convention and Other American Absurdities lautet: “Dieses Buch ist Robert Anton Wilson gewidmet – Guerilla-Ontologe, Teilzeit-Postmodernist, verdammter alter Kauz, mein verrücktester Freund und Lieblingsphilosoph.“ Dies sind alles Begriffe, mit denen du dich selbst beschreibst. Würdest du die einzelnen Begriffe erklären?

 

A: Nun, „Guerilla-Ontologie“ habe ich bei einer Forschungsgruppe über Physik und Bewusstsein aufgegriffen, bei der ich damals in den 70ern Mitglied war. Physiker nennen es gewöhnlich „modellhaft agnostisch“ und das bedeutet, niemals irgendein Modell oder eine Karte des Universums zu 100% für wahr oder falsch zu halten. Folgt man Korzybski, betrachtet man Ereignisse in Wahrscheinlichkeiten und nicht uneingeschränkt. Ich gebe dem größten Teil der modernen Physik eine Wahrscheinlichkeit von über 90%, dem Monster von Loch Ness 50% und irgendetwas, was die Regierung sagt, unter 5%. Wie Bucky Fuller zu sagen pflegte: „Das Universum wird nicht simultan wahrgenommen.“ Niemand kann es auf einmal als Ganzes wahrnehmen – also haben wir keine Garantie dafür, dass das heutzutage beste Modell dazu passen wird, was wir morgen vielleicht entdecken.

Meine einzige Originalität besteht darin, diese zetetische Einstellung außerhalb der exaktesten der exakten Wissenschaften, der Physik, anzuwenden; also auch auf weniger exakte Wissenschaften und die Nicht-Wissenschaften wie Politik, Ideologien, juristische Entscheidungen und natürlich Verschwörungstheorien. Ich habe auch eine starke Aversion, beinahe schon eine Allergie, gegen Glaubenssysteme – die bequeme Abkürzung GS habe ich David Jay Brown zu verdanken (Virus: The Alien Strain und Brainchild, New Falcon Publications). Eine neurolinguistische Diät führt in GS sehr und bei Vorlage instrumenteller Daten weniger wahrscheinlich zu bleibenden Gehirnschäden, torkelndem Gang, Blindheit und behaarten Händen wie bei einem Werwolf.

Einen Postmodernisten nannte ich mich selbst, nachdem ich in zwei Büchern so etikettiert wurde. Eines handelte von meinen soziologischen Arbeiten und eines von meiner Science-Fiction. Danach las ich einige Postmodernisten und entschied, dass sie nur in Bezug auf die Dogmen anderer agnostisch waren, nicht in Bezug auf ihre eigenen. Und dann wechselte ich zu „verdammter alter Kauz“, da es besser zu mir passte als eine der vorherigen Etiketten. Außerdem wurde mein Haar plötzlich schneeweiß, einige Leute wollten mich zu einem Weisen machen und das musste ich verhindern. Das ist für einen Schriftsteller gefährlicher als Alkohol. Nebenbei, der Kongress sollte Bozo anklagen und Rumsfeld inhaftieren.

 

F: Da du glaubst, das Universum wäre indifferent, … warum bist du dennoch ein Optimist?

 

A: Das mag genetischen Ursprungs sein – manche von uns stehen immer wieder auf, egal wovon sie getroffen wurden. Doch soweit ich das vernünftig erklären kann, kennt niemand die Zukunft, also hängt die Wahl zwischen Optimismus und Pessimismus von Temperament und Wahrscheinlichkeiten ab.

Der Psychologe John Barefoot studiert dies sehr gründlich und schlussfolgerte, dass Optimisten eine ungefähr 20% größere Lebenserwartung haben als Pessimisten. Wenn der Ausgang unbekannt bleibt, warum sollte ich auf die Wette eingehen, dass es mir schlecht gehen wird – und die dann noch mein Leben verkürzt. Ich ziehe das Wagnis vor, dass ich glücklich und kreativ bleibe und meine Lebensspanne steigt. Das ist wie der Vorteil von Dope gegenüber Aspirin. Dope beseitigt nicht nur den Schmerz besser, sondern steigert auch die Abwehrkräfte. Hochgefühle verlängern das Leben, schlechte und masochistische Gefühle verkürzen es.

 

F: Als ich kürzlich an einer Universität gesprochen habe, fragte mich ein Student, was auf meiner Grabinschrift stehen sollte, wenn ich wählen dürfte. Ich entgegnete: „Warte. Ich bin noch nicht fertig.“ Was für eine Grabinschrift würdest du dir aussuchen?

 

A: Ich habe in meinem Testament bestimmt, dass mein Körper verbrannt und die Asche in Jerry Falwells140 Gesicht geworfen werden soll. Der Vollstrecker soll dabei nur ein einziges Wort schreien: „Gotcha!“