Mary, Mary Quite Contrary87

 

 

Sprich das magische Wort und die Ente kommt herunter und zahlt dir 100 Dollar.

(Marx)

 

In der kleinen und kaum bekannten Stadt Rennes-le-Château im Süden Frankreichs, nahe der spanischen Grenze, steht eine ausgesprochen seltsame Kathedrale, die für mehr als ein Jahrhundert zum Mittelpunkt von Kontroversen, Verschwörungstheorien und okkulten Spekulationen wurde. Obwohl sie zur römisch-katholischen Kirche gehört und aus der Distanz oberflächlich orthodox erscheint, braucht man nicht einmal einzutreten, um den Verdacht zu bekommen, die unheimlichste, unheilverkündendste Kirche der gesamten christlichen Welt gefunden zu haben, denn über dem Eingang stehen die Unheil bringenden Worte:

 

DIESER ORT IST VERFLUCHT

 

Wenn namenlose Ehrfurcht und lovecraftsche Furcht vor kosmischem Horror dich nicht zurückhalten, wirst du weitergehen und herausfinden, dass dieser Tempel Maria Magdalena gewidmet ist – jener immer noch verschrienen Schülerin von Jesus, über die es so wenige Aufzeichnungen gibt. In der Bibel selbst taucht sie lediglich als Name auf. Entsprechend der überdauerten Legende war sie eine gewöhnliche Hure; und sogar nachdem sich ihr Ruf verbessert hatte, haftete an ihr für die meisten der puritanischen Christen etwas Beschämendes an.

Eine „verfluchte“ Kirche, die nach der Monica Lewinsky des Neuen Testaments benannt wurde, stellt ein Rätsel dar, doch der wirkliche Mindfuck wartet innerhalb der Kirche auf den Stationen des Kreuzwegs. Eine Station scheint schattenhafte Figuren zu zeigen, die Jesus´ Körper mitten in der Nacht aus dem Grab schmuggeln (als ob sie die Wiederauferstehung vortäuschen wollten?) und eine andere, sogar noch unorthodoxere, wenn man darüber nachdenkt, zeigt einen Schotten in Kilt mitten unter der gaffenden Menge während der Kreuzigung (als ob man die schottischen Riten der Freimaurerei anerkennen würde… ?).

Damit niemand denkt, dass dies das Werk von Monty Python war: Die Kirche der Maria Magdalena wurde in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts vom Pfarrer der örtlichen Gemeinde, Vater Beranger Saunière, erbaut. Wo er jedoch das Geld für den Bau her hatte, ist sogar noch rätselhafter als das unheimliche Gebäude selbst. Die kleine Stadt Rennes-le-Château konnte sich kaum einen Pfarrer leisten und in seinen jungen Jahren überlebte Vater Saunière oftmals nur durch gespendete Mahlzeiten seiner Kirchenmitglieder. Doch plötzlich wurde er reich. Zusätzlich zu der Kirche erbaute er einen Turm, der ebenfalls Maria Magdalena gewidmet wurde, und eine Brücke und andere öffentliche Bauten, doch niemand weiß, wie er das Geld dafür aufbrachte.

Schon früh kamen einige Legenden in der kleinen Stadt auf, die vermuteten, Vater Saunière hätte den verlorenen Schatz der Tempelritter gefunden (diese besaßen ein Schloss in der Gegend) oder die Geheimnisse der Alchemie wieder entdeckt. In L`Or de Rennes-le-Château (Der Schatz von Rennes-le-Château) behauptet ein seltsamer Bursche namens Gérard de Sède, dass Saunière einige alte Pergamente gefunden hatte, die „unbezahlbare“ historische und okkulte Offenbarungen beinhalteten. Er reproduzierte sogar die vermeintlichen Pergamente, welche sich aus nur zwei Seiten des Neuen Testaments zusammensetzten, auf Lateinisch.

Drei andere Forscher namens Lincoln, Baigent und Leigh fanden später heraus, dass sich einige Buchstaben in diesen Pergamenten nicht in die Ausrichtung des restlichen Textes einfügen, sondern höher gestellt sind, wie Exponenten in der Mathematik. Diese Buchstaben bilden Wörter, nicht auf lateinisch, sondern auf französisch – doch lassen die Wörter auf seltsame Weise ein neues Mysterium entstehen. Leicht gekürzt sagen sie:

 

DIESER SCHATZ GEHÖRT KÖNIG DAGOBERT II. UND ER IST TOT DORT HIRTE KEINE VERSUCHUNG SO POUSSIN TENIERS DEN SCHLÜSSEL DES FRIEDENS BESITZT 681 DURCH DAS KREUZ UND DAS PFERD GOTTES VOLLENDE ICH DIESEN DÄMONISCHEN HÜTER ZUR MITTAGSZEIT BLAUE ÄPFEL

 

Wir werden zu dieser verwirrenden Offenbarung zurückkehren, doch zuerst einmal wollen wir Vater Saunière ein wenig gründlicher durchleuchten. Dieser einfache Pfarrer vom Lande war häufig in Paris zu Besuch und traf sich dort offenbar mit okkulten Logen, einschließlich einiger, die mit Aleister Crowley in Verbindung gebracht wurden (ein Hinweis?). Bevor Saunière starb, gab er eine letzte Beichte ab, wie es ein guter Katholik machen sollte; doch der Priester, der ihm die Beichte abnahm, fand sie so schrecklich, dass er die letzten Riten und die Absolution verweigerte. Dem katholischen Dogma zufolge fuhr Saunière augenblicklich zur Hölle – dank einer verfluchten Kirche, eines Schotten während der Kreuzigung, blauer Äpfel zur Mittagsstunde und Äonen alten Horrors, welcher diesen Dingen vielleicht eine Bedeutung verleihen könnte.

Wartet. Es wird noch bizarrer.

Gérard de Sède, den ich bereits einen seltsamen Burschen zu nennen wagte, schrieb noch ein anderes Buch, La Race fabuleuse, welches von Stenay handelt, einer Stadt weitab von Rennes-le-Château, die den Kopf des Teufels in ihrem Wappen führte. Obwohl de Sède diese Blasphemie wichtigtuerisch erwähnt (jedoch nicht erklärt), hat er eine Menge interessanter Dinge zu sagen. Über Stenay fielen häufig Frösche aus dem Himmel, ein Ärgernis für die orthodoxe Wissenschaft, die dieses Phänomen nicht erklären konnte.

Charles Fort und die Fort‘sche Gesellschaft besitzen ganze Kataloge voll von unerklärlichen Phänomenen wie „regnende Frösche“ und „regnende Fische“. In manchen Fällen regnete es seltsame metallische Objekte. Ich hoffe, dass euch dies durch diese dunklen Gewässer hier hilft.

Die dunkle Dynastie der Merowingischen Könige (ca. 400 – 700 n. Chr.) führte einen fallenden Frosch in ihrem Wappen. (Zwar weniger teuflisch als der Kopf des Satans, doch umso erstaunlicher?) Die Kirche in Stenay wurde so errichtet, dass man zur Sommersonnenwende am Altar stehend durch die gewölbten Tore hinausschaut und Sirius hinter der Sonne aufgehen sieht. Und Dagobert II., ein König der Merowinger, wurde am 23. Dezember 679 von unbekannten Personen in den Ardennen ermordet, …

 

Dieser Schatz gehört König Dagobert II. und er ist tot dort …

 

Hey, vielleicht macht ja manches davon Sinn?

De Sède bietet uns schließlich dank eines Marquis de B. eine Offenbarung an, oder vielmehr einen Teil davon. (Die besten Bücher über Verschwörungen haben Quellen, die nicht identifiziert werden können. Selbst Woodward und Bernstein hatten „Deep Throat“.) Der Marquis, der selbst von Dagobert abstammte, erzählte de Sède, dass die gruseligen Merowinger das Resultat der Paarungen von Israelis des alten Stammes von Benjamin mit Außerirdischen vom Sirius seien. Sie hatten für viele Jahrhunderte in dunkler Verborgenheit gelebt, da eine bestimmte mächtige Verschwörung versucht hatte, sie alle umzubringen, genauso wie den armen alten Dagobert. Obwohl weder de Sède noch de B. diese Verschwörung benannten, scheinen die Beweise deutlich in Richtung Vatikan zu zeigen.

Obwohl der Marquis weitere Offenbarungen versprach, kam er nie dazu, diese zu veröffentlichen. Wie Dagobert II. wurde er am 23. Dezember (1972) in den Wäldern der Ardennen ermordet. So behauptet es de Sède.

Ein anderer Teil des Rätsels entspringt einer Schweizer Quelle – der Journalist Mattiew Paoli, der in dem Buch Les Dessous enthüllte, dass er eine Verschwörung verdächtigt, in Frankreich die Monarchie wieder einführen zu wollen. Dies solle in der Gestalt von zwei Gruppen geschehen, die (a) das Komitee zum Schutz der Rechte und Privilegien preiswerter Unterkunft und (b) die Prieuré de Sion genannt werden. Seine Hinweise scheinen genau genommen darauf hinzudeuten, dass beide Gruppen als Vorhut einer älteren und esoterischeren Vereinigung operieren.

Beide geheimnisvolle Organisationen besaßen Verbindungen mit der Grand Loge Alpina in der Schweiz und dem Komitee für öffentliche Sicherheit, einer Dienststelle der de Gaulle-Regierung in Paris.

Die Grand Loge Alpina gilt als die reichste Freimaurer-Loge der Welt, denn der Großteil ihrer Mitglieder gehört zur Elite der Schweizer Bankiersfamilien, von denen der britische Premierminister einst behauptete, sie seien mächtiger als alle Regierungen Europas zusammen. Er nannte sie sogar „die Wichtel von Zürich“. Auch Timothy Leary behauptete einmal, dass der Kalte Krieg ein Ende fand, als die Amerikaner und Russen herausfanden, dass der Schweiz bereits die gesamte Welt gehört.

Das Komitee für öffentliche Sicherheit schien nur aus André Malraux, einem Nobelpreisträger der Literatur, und Pierre Plantard de Saint Clair, einem märchenhaft reichen Okkultisten, zu bestehen. Beide Männer hatten während der deutschen Besatzung heroische Dienste in der Ré-sistance geleistet und führten eine lang anhaltende, freundschaftliche Beziehung zu de Gaulle. Trotzdem scheinen Paolis Hinweise die beiden in Zusammenhang mit einem Komplott gegen de Gaulles demokratische (wenn auch tendenziell rechte) Regierung zu bringen, um diese durch eine Monarchie zu ersetzen.

Das rechnet sich nicht, würde Robby Robot sagen.

Doch schaut her: Paoli kopierte die Vorderseite einer Ausgabe von Circuit, dem offiziellen Journal des Komitees zum Schutz der Rechte und Privilegien preiswerter Unterkunft und/oder der Prieuré de Sion: Sie zeigt eine Karte Frankreichs mit dem Stern Davids darauf und darüber schwebt eine gewöhnliche „fliegende Untertasse“.

Was behauptete de Sède noch über die alten Israelis, die sich mit Außerirdischen vom Sirius paarten? Hmmmm…?

Nach der Veröffentlichung von Les Dessous ging Paoli nach Israel, wo ihn die Regierung wegen Spionage verhaftete, verurteilte und ihn durch ein Kommando erschießen ließ, wodurch er dann als Folge sehr schnell an natürlichen Ursachen starb. Wenn wir nicht wollen, dass dieses Zeug uns richtig abdrehen lässt, sollten wir das lieber als bloßen Zufall betrachten. Und wenn man es für eine Synchronizität hält, gerät man in tiefe und dunkle Gewässer, vor allem wenn man ein wenig stoned ist.

La Race fabuleuse und Les Dessous erschienen beide 1973. Am 23. Juli diesen Jahres hatte ich das erste einer Serie von Erlebnissen, die eine Kontaktaufnahme von Sirius zu sein schien, wenngleich ich dies jetzt, älter und weiser geworden, auf jeden Fall aber zaghafter, dem übermäßigen Konsum von Acid zurechnen würde (siehe meine Cosmic Trigger Trilogie88). Zu Beginn des nächsten Jahres machte das Supergenie der Science-Fiction, Philip K. Dick, eine Reihe ähnlicher Erfahrungen, die er zeitweise ebenfalls einer Kommunikation mit Sirius zurechnete – obgleich er auch dachte, dieser Kontakt könnte von seinem toten Freund Bishop James Pike oder von einem gnostischen Jünger Jesu namens Thomas stammen.

1976 erschien The Sirius Mystery von Robert K. G. Temple, einem Mitglied der Royal Astronomical Society, der die Schwingungen des Sirius offensichtlich auf seine eigene, akademische Art und Weise erlebte. In seinem Buch argumentiert er, dass der altertümliche Verkehr zwischen Erde und Sirius vor über 4500 Jahren im Mittleren Osten begann, doch im Gegensatz zu de Sède vermutete er keinen sexuellen Verkehr, sondern bloß die intellektuelle Variante, und er lokalisierte den genauen Ort des Kontaktes nicht in Israel, sondern in Sumer … dennoch …

Mit der Veröffentlichung von Holy Blood, Holy Grail89 durch die bereits erwähnten Baigent, Lincoln und Leigh wurden die Dinge 1982 weiter angeheizt.

Das Buch hat keine Bezüge zum Sirius, doch neben anderen Dingen versucht es zu beweisen, dass de Sède der Prieuré de Sion angehörte (den wahren Köpfen hinter dem Komitee zum Schutz der Rechte und Privilegien preiswerter Unterkunft); dass die Prieuré seit dem 14. Jahrhundert existierte und die geheimen, inneren Traditionen der Tempelritter fortführte (den Kriegsmönchen, die durch die Inquisition 1300-1307 aufgrund des Vorwurfs der Häresie systematisch ausgerottet wurden); dass Pierre Plantard de Saint Clair der aktuelle Großmeister der Prieuré war; und dass die Prieuré dem Schutz der Merowinger und ihrer Abkömmlinge vor der mörderischen Vendetta durch den Vatikan diene (eine These, auf die schon de Sède anspielte).

Baigent, Lincoln und Leigh waren sogar im Besitz eines Interviews mit Großmeister Plantard de Saint Clair, der den meisten ihrer Fragen auswich. Doch bestätigte er, dass Vater Saunière einen „Schatz“ gefunden hatte, und fügte geheimnisvoll hinzu, dass dieser Schatz nicht materiell aber „spirituell“ sei, nach Israel gehöre und „zur richtigen Zeit“ dorthin gebracht werden würde. Tja, das hilft bestimmt eine Menge, nicht wahr?

Die richtige Bombe geht zum Schluss des Buches hoch, wenn die Autoren ihre eigene Lösung für dieses Rätsel anbieten. Sie behaupten, Jesus hätte Maria Magdalena geheiratet und sie hätten einen gemeinsamen Sohn. Nach der Kreuzigung flohen die Witwe und ihr Sohn nach Frankreich, wo der Sohn schließlich zum Stammesvater der Merowinger wurde. Sie machten sogar ein Foto der Grabkammer des Sohnes der Witwe, die sehr nah bei Rennes-le-Château liegt, und hoben die deutliche Ähnlichkeit mit dem Grab im Gemälde Shepherds of Arcadia von Nicholas Poussin hervor.

 

Der Hirte, keine Versuchung, dass Poussin Teniers den Schlüssel des Friedens hält 681

 

Dieses Gemälde zeigt drei Schäfer, die bewundernd auf das Grab blicken, und das Grab trägt die Inschrift Et in Arcadia ego… („Und in den Arkadien, ich…“). Baigent und andere verweisen darauf, dass man durch eine Permutation der Buchstaben dieses Fragments I TEGO ARCANA DEI („Ich halte die Geheimnisse Gottes verborgen“) erhält. Ich ahne, dass man mit weiterer Raffinesse wiederum „zur Mittagszeit blaue Äpfel“ erhält, vielleicht auf Litauisch.

De Sède hatte dieses kryptische Gemälde bereits in La Race fabuleuse erwähnt, wobei er andeutet, dass es mit den Merowingern und Vater Saunière in Zusammenhang steht. Er behauptet ebenfalls, dass es einst im Besitz von Ludwig XVI. war, der es in einem abgeschlossenen Raum aufbewahrte, wo es kein Besucher des Palastes sehen konnte.

Aber kehren wir zurück zum Heiland und seiner mutmaßlichen Geliebten Fräulein Magdalena. Wenn man sie als die Urahnin der Merowinger anerkennt, wie Baigent und andere es taten, und wenn man Jesus´ Göttlichkeit anerkennt, wie die meisten Christen es tun, dann ergibt die mittelalterliche Doktrin „der göttlichen Rechte der Könige“ plötzlich einen Sinn. Die Merowinger schienen in jede andere königliche Familie Europas eingeheiratet zu haben – Königliche heiraten nur Königliche, wie man weiß – so trägt beinahe jeder König und jede Königin in Europa seit dem Mittelalter etwas von dem „heiligen“ Blut Jesu in sich, entstanden aus dem Heiligen Gral von Marias Uterus. Wenn man den Begriff „Blut“ als Gene übersetzt, ergibt dies einen gewissen Sinn.

Vielleicht sollten wir die demokratische Ketzerei der letzten 200 Jahre aufgeben und den Genpool von Jesus und Maria Christus als Gott gegebene Herrscher akzeptieren?

Na ja, nicht wenn man glaubt, dass de Sède plausiblere Gründe für die außerirdisch-hebräische Herkunft der Merowinger hat.

Oder man betrachtet dies alles mit skeptischem Blick als einen komplizierten Witz, der von einem sonderbaren Konsortium aus Aristokraten, die zu viel Zeit besitzen, gemacht wurde.

Doch warum sind dann die Schweizer Bankiers involviert? Sie haben definitiv nicht zu viel Zeit zur Verfügung. Und wo zum Teufel bekam Saunière seinen plötzlichen Reichtum her und warum hat er einen Teil davon verwendet, um eine Kirche zu bauen und diese einer angeblich reformierten, mutmaßlichen Hure zu widmen?

Baigent und seine Partner produzierten auch einen Berg an genealogischer Diagramme und Tabellen, die aufzeigen sollen, wer in unserer modernen Welt zum „göttlichen“ Genpool der Merowinger gehört, zusammen mit einer Liste der vermeintlichen Großmeister der Prieuré de Sion. Einige interessante Namen tauchen auf:

 

Prinz Bernhard aus den Niederlanden. Er steht mit den Merowingern in Verbindung und, obwohl dies nicht in Baigents Genealogie erscheint, gründete er die Bilderberger, eine mysteriöse Gruppe reicher, weißer Männer, die in dutzenden Verschwörungstheorien von sowohl linken als auch rechten Gegnern der momentanen Machtstruktur auftauchen. Obwohl sie niemals vor einem realen Gericht eines wirklichen Verbrechens angeklagt wurden, sehen die Bilderberger für eine Menge Schriftsteller, die nicht reich, nicht weiß genug und nicht männlich genug sind, um dort Zutritt zu erhalten, extrem verschwörerisch aus – und sie arbeiten unter größter Geheimhaltung. Glaubt man Lawrence Wilmot, gaben Journalisten vom London Economist und den französischen Fernsehnachrichten ihm gegenüber zu, dass sie Anweisungen erhalten hätten, die Bilderberger nicht zu erwähnen. Andere Journalisten reagierten mit „ironischem Gelächter“, als man sie fragte, warum sie dieses Thema niemals angesprochen hätten.

(Einige bekannte amerikanische Mitglieder der Bilderberger sind George Bush Senior, Bill Clinton und David Rockefeller.)

 

Dr. Otto von Habsburg, Erbe der langjährigen Gebieter über Österreich-Ungarn, Abkömmling der Merowinger und ein weiterer Bilderberger. Baigent & Co. zufolge waren es die Habsburger, die Vater Saunière und den Bau der Kirche der Maria Magdalena finanzierten. Und nach Maynard Solomons gelehrter und nicht verschwörungstheoretisch ausgerichteter Biografie Beethoven tauchte der Herrscher Joseph von Habsburg im 18. Jahrhundert als Held auf, als „erleuchteter Monarch“ für die bayerischen Illuminaten, die Ludwig beauftragten, ihn in der Kaiser-Joseph-Kantate zu verewigen. Dort wird er als „Feind der Dunkelheit und Bringer des Lichts“ gepriesen. Dr. Otto selbst trägt den mysteriösen Titel „König von Jerusalem“. Dieser Titel steht seit allen Generationen grundsätzlich dem ältesten männlichen Vertreter dieser Familie zu. (Weil sie Abkömmlinge von König Jesus sind? Oder von jüdischen Außerirdischen?)

 

Jean Cocteau, 23. Großmeister der Prieuré de Sion und eine der Hauptfiguren in der modernen Kunst, der beachtliche Arbeiten in Malerei, Film, Drama, Lyrik, Ballett usw. ablieferte. Homosexueller Opiumsüchtiger, der gute Kontakte zu vielen französischen Aristokraten pflegte. Cocteau war befreundet mit Ezra Pound, Dali, Picasso, Orson Welles, beinahe mit jedem, der für die höhere Kultur wichtig war. Und er half dabei, eine surrealistische Bewegung ins Leben zu rufen. Das erklärt vielleicht die Mittagszeit blauer Äpfel – falls Saunière die Schriftrollen tatsächlich nicht gefunden und irgendjemand sie später gefälscht hätte …

 

Und weitere Offenbarungen und/oder Fälschungen tauchten auf:

In The Messianic Legacy90 (1987) verbringen Baigent, Lincoln und Leigh die Hälfte des Buches damit, Verbindungen zwischen der Prieuré de Sion und modernen Banken zu überprüfen, wobei damit Banken in England, Kanada und den USA genauso gemeint sind wie die üblichen Verdächtigen in der Schweiz. Die andere Hälfte des Buches behandelt die Gleichheit von Männern und Frauen im frühen Christentum. Die päpstliche Doktrin, dass nur Männer Priester werden dürfen, wird dort als erste „Häresie“ bezeichnet.

Auch Pierre Plantard de Saint Clair erscheint erneut für ein kurzes Interview, in dem er ankündigt, als Großmeister der Prieuré zurückzutreten. Die Nennung seines Nachfolgers lehnt er ab und gibt schließlich versteckte Hinweise darauf, dass die gesamte Rasselbande unter die geheime Kontrolle der Ritter von Malta gekommen sei, einer rechten, katholischen Organisation, die an anderen Stellen oft beschuldigt wurde, den Faschismus wiederbeleben zu wollen.

Ein undatiertes Pamphlet, Scandals of the Prieuré of Sion, unterzeichnet mit „Cornelius“, kursierte für einige Zeit unter Verschwörungsfans. Es stellt die Prieuré mit der Mafia und der P2-Verschwörung in Italien in einen Zusammenhang.

Ihr habt schon von der Mafia gehört. P2, besser in Europa als in den USA bekannt, entstand aus dem CIA-Projekt Gladio, das von James Jesus Angleton erschaffen wurde, dem Chef der Counter Intelligence – ein Mann, der in mehr Verschwörungstheorien auftaucht als irgendjemand sonst seit Adam Weishaupt. Gladio, das dazu benutzt werden sollte, die Wahlen in Italien zu beeinflussen, wurde von einem Italiener namens Lucio Gelli organisiert, der während des Zweiten Weltkrieges sowohl für die Gestapo als auch für den Kommunistischen Untergrund gearbeitet hatte, wobei er jede Seite davon überzeugt hatte, die andere Seite zu betrügen. Sobald Angleton Gelli angeheuert hatte, wiederholte Gelli sein altes Vorhaben und gelangte auch auf die Gehaltsliste des KGB. Dabei überzeugte er wiederum beide Seiten davon, wirklich loyal zu sein und die andere Seite hinters Licht zu führen. Nur nebenbei, auch Gelli gehörte zu den Rittern von Malta.

Als er erst einmal von CIA und KGB finanziert wurde, gründete Gelli die P2, eine geheime Gesellschaft, die sich ausschließlich aus 30 Mitgliedern der Großen Orientalischen Loge der ägyptischen Freimaurer zusammensetzte. P2 wurde dann zur „geheimen Regierung“ Italiens, die über 900 Mitglieder der offiziellen Regierung infiltrierte, über die Bank des Vatikans und die Banco Ambrosiano Drogengelder wusch und jeden ermordete, der ihnen ernsthaft an den Karren pisste. Zu den Morden, die der P2 angelastet wurden, zählten zahlreiche an linken Gewerkschaftsführern; Ministerpräsident Aldo Moro; Mino Pecorelli (der erste Journalist, der ihre Mechanismen aufdeckte); Roberto Calvi (der Präsident der Banco Ambrosiano, der zum Kronzeugen werden wollte, nachdem er angeklagt wurde); Michele „der Hai“ Sindona (Präsident der Franklin National Bank, der ebenfalls dazu tendierte, Informationen auszuplaudern, nachdem man ihn beschuldigte, einen Bankprüfer ermordet zu haben); und wahrscheinlich der vorletzte Papst. Calvi und Sindona gehörten ebenfalls zu den Rittern von Malta – genau wie Dr. Otto von Habsburg (siehe oben).

Glaubt man „Cornelius“, dann war die P2 Werkzeug und Front der Prieuré de Sion. James Jesus Angleton glaubte lediglich, dass er vom Hauptquartier der CIA in Langley aus alles im Griff hatte. (Wie auch immer, nach Larry Gurwin vom Institutional Investor glauben die italienischen Ermittler, dass die wirkliche Kontrolle von einem noch immer unbekannten Strippenzieher in Monte Carlo ausging.) Cornelius behauptete außerdem, dass die Prieuré de Sion Giorgio Ambrosoli ermordet hatte, jenen Bankprüfer, dessen Tod die Gerichte Michele „dem Hai“ Sindona von der P2 zuschrieben; und dass Kardinal Jean Danielou ebenfalls der Prieuré angehörte.

Kardinal Danielou verband eine Brieffreundschaft mit Jean Cocteau von der Prieuré de Sion und mit Nobelpreisträger André Malroux von de Gaulles Komitee für die Rechte und Privilegien preiswerter Unterkunft und/oder der Prieuré de Sion.

Der Kardinal starb, irgendwie sonderbar, 1974 an einem Herzinfarkt in einem Bordell.

1985 schrieb David Wood GENISIS – kein Druckfehler, jedoch ein joycesches Wortspiel (Gen-ISIS). Basierend auf englischer Wissenschaft oder Kunst oder dem kollektiven Wahn, der die Jagd nach Leylinien genannt wird, sucht das Buch nach dem mystischen Geheimnis der geografischen Begebenheiten, die für die Orte des Mysteriums der Prieuré und Magdalena eine wichtige Rolle spielen. Dies tut man, indem man alle Schlüsselpunkte auf einer Landkarte mit durchgezogenen Linien verbindet. Und wenn dabei nichts Bedeutsames herauskommt, dann versucht man es mit runden Linien, solange diese Bögen eines Kreises sind. Wenn auch das nicht funktioniert, nimmt man eine kleinere Karte und einen dickeren Stift. Wenn man die richtige Karte und den richtigen Stift verwendet, dazu ein paar Kreise, erhält man wie Wood ein Gebilde, das dieser die „Vagina von Nuit“ nannte.

Obwohl es nicht aussieht wie irgendeine menschliche Vagina, die ich außerhalb eines Picasso-Gemäldes jemals gesehen habe, zeigt die Vagina von Nuit doch einige interessante geometrische Proportionen – Zahlenwerte, die in der mystischen Tradition Bedeutung haben. Von diesen leitet Wood ab, dass Maria Magdalena niemals als Person existiert hat; sie ist die maskierte ägyptische Himmelsgöttin Nuit. Weiterhin kamen die Merowinger aus Atlantis und nicht vom Himmel, jedoch wurde die gesamte menschliche Rasse von einer Gruppe außerirdischer Wissenschaftler vom Sirius genetisch konstruiert.

Ich wusste, dass sich Sirius wieder in die Geschichte einschleichen würde.

Wood beteuert auch, dass die Mitglieder der Prieuré de Sion ihre Penisse als Opfergabe für Nuit oder Isis oder (wenn wir die moderne Mythologie verwenden wollen) Maria Magdalena amputieren mussten, um die Initiation zu erhalten.

Hört sich weniger attraktiv an als das Himmelstor, an dem nur erwartet wird, dass man sich die Eier abschneidet.

Ich komme an diesem Punkt nicht umhin, verschiedene sehr intelligente Wissenschaftler zu erwähnen, die ebenso abwegige Evolutionstheorien anbieten wie Wood. Sir Francis Crick, Nobelpreisträger und Mitentdecker der DNA-Moleküle, behauptete sehr lange, dass die DNA zu viel Information als Voraussetzung hätte, um dabei noch von einer Serie „glücklicher Zufälle“ zu sprechen. Da das Wort „Gott“ in wissenschaftlichen Kreisen mit zu vielen Tabus behaftet ist, ging Crick davon aus, dass der Schöpfer der DNA und folglich auch der allen Lebens auf Erden von einer überlegenen außerirdischen Rasse kommen müsse. Ähnliche Ideen stammen unter anderem vom angesehenen Astronomen Sir Fred Hoyle und von Dr. Timothy Leary.

Inside the „Men´s Club“: Secrets of the Patriarchy von „Hawthorne Abendsen” (keine Zeitangabe; A-Albionic Research, Ferndale, Michigan) bietet zu dieser Absonderlichkeit noch eine weitere Perspektive an. Die Prieuré de Sion, so Abendsen, kontrolliert alle anderen, ausschließlich männlichen Geheimgesellschaften, von denen man je gehört hat, und damit überhaupt alle Gesellschaften in unserer Zivilisation. Sie verehrt Al-Shaddai (Herr der Schlachten), den Gott, der Abraham erschien, und sie betrachtet alle späteren, freundlicheren Darstellungen von Göttlichkeit (z.B. den Gott der Liebe) als Täuschung, um die Massen in die Irre zu führen. Man könnte sagen, dass Hannibal Lecter M.D. ihr Hohepriester ist.

Die Verehrung von Al-Shaddai besteht darin, so Krieg zu führen, wie es sich ein Gott des Krieges wünschen würde, und gelegentliche Tier- und Menschenopfer der Art, die fundamentale Christen den Satanisten zuschreiben würden. Laut Abendsen hat Satan damit jedoch nichts zu tun: Blutopfer, unabhängig von der Kriegskunst, stellen das zentrale Ritual des jüdisch-christlich-moslemischen Systems dar, und solltet ihr irgendetwas anderes gehört haben, dann ist das nur Teil der Vertuschung, um die mörderischen Dinge zu verschleiern, die unsere Herrscher nun einmal tun.

Obwohl sich dieses Seemannsgarn aufgesetzt oder wie eine Parodie anhört, besitzt Abendsens Theorie eine gewisse Ähnlichkeit mit der vieler ernsthafter Denker aus den letzten Jahrzehnten. Radikale Feministen halten unsere Kultur für eine patriarchale; Dr. Wilhelm Reich nannte sie „autoritär-patriarchal“; Dr. James de Meo nennt sie „gepanzertes Patriarchat“, usw. Das neueste Schimpfwort dafür, „logophallisch zentriert“, ein Beitrag der Postmodernisten, bedeutet ein soziales System, das auf dem Glauben an spezielle magische Kräfte von Worten und Penissen basiert. Dr. Leonard Shlain schiebt das alles in The Alphabet Versus the Goddess auf die Erfindung des Alphabets.

Nebenbei: „Hawthorne Abendsen“ scheint sich bei Philip K. Dick bedient zu haben, der diesen Namen in seinem Sci-Fi-Klassiker The Man in the High Castle als Namen des Autoren in dem Buch-innerhalb-des-Buches verwendete.

Ja genau, der gleiche Philip K. Dick, der sich später dafür entschied, Nachrichten vom Sirius zu empfangen…

Wie die Franzosen sagen, muss es einen wahnsinnig machen, gleichzeitig zu denken und dabei auf und nieder zu hüpfen. Und die verfluchte Kirche der Maria Magdalena steht immer noch in Rennes-le-Chateau, von wo aus sie ihren Fluch in die Welt trägt. Ein Freund von mir, Fred Lehrman von der Nomad University, besuchte diesen Ort vor kurzem und erzählte mir dann, dass er auf einen unerschrockenen Forscher getroffen wäre, der in einer der Statuen ein Geheimfach entdeckt hatte, in dem sich eine deutsche Zeitschrift aus dem Jahr 1904 befand. Da einige der Worte mit einem Stift unterstrichen worden waren, hoffte der Forscher, den Schlüssel zur Enthüllung aller Geheimnisse entdeckt zu haben.

Ich wünsche ihm Glück, doch befürchte ich, dass er irgendetwas in der Art findet wie:

Prächtig feist Buck Mulligan hat niemals geweint noch tausend Dämmerungen zerschmettert JFK Dallas 1963 die Mitternacht violetter Bananen …