Bastian Pastewka

«Ich bin Seplophobiker.»

Bastian Pastewka wurde am 4. April 1972 in Bochum geboren, wuchs aber in Bonn auf. Er ist Schauspieler, Komödiant, Synchronsprecher und Fan der Hörspielserie «Die drei???». Wir lernten Bastian Anfang der 90er Jahre im Rahmen der «Filmdosen-Show» kennen, die ich (Hella) gemeinsam mit Ralph Morgenstern, Dada Stievermann und Georg Uecker auf der winzigen Kultkneipenbühne moderierte und bei der ich (Conny) vergnügt auf der Fensterbank saß. Mit seinen Kollegen Hoëcker und Wenzel kasperte er in der Combo «Comedy Crocodiles» herum und hat damals schon unser Herz im Sturm erobert. Wir haben seine steile Karriere mit Freude beobachtet, und wenn er bei «Genial daneben» als Gast aufschlug, war es jedes Mal ein Fest für uns.

Freundlicherweise erklärte er sich sofort bereit, an unserem Büchlein mitzuwirken, und kam an einem Freitagnachmittag zu uns ins traute Heim. Wir hatten uns im Vorfeld per SMS erkundigt, ob Marmorkuchen mit Pfefferminztee sein Wohlwollen provozieren würde, was er einspeichelnd bejahte. In der Kombination mit unserer unübertroffenen VANILLESAHNE À LA CONNY konnten wir ihn also erst mal kulinarisch komplett beglücken, bevor wir uns diesem höchst vergnüglichen Gespräch hingaben. Als Dankeschön für sein Mitwirken schenkte ich (Hella) ihm mein aktuelles Micky-Maus-Gimmick – ein Geräuscheimitationsgerät, was Tage später bei ihm für einige Aufregung sorgte: Bastian schleppte zwei Kästen Wasser in seine Bärliner Wohnung und drehte sich fünfmal hysterisch nach einem kläffenden Hund um, bevor er feststellte, dass das Bellen aus seiner Jackentasche kam …

 

HvS: Liebe Lesenation, wir sitzen hier mit dem einzigartigen Bastian Pastewka an unserem Wohnzimmertisch.

 

BP: (gibt uns Dénes Törzs) Guten Abend!

 

Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast.

 

(Neigt den Kopf und zwinkert in die nichtvorhandene Kamera:)
Das habe ich gern getan, liebe Cornelia, liebe Hella!

 

Wieso komme ich auf die Idee, dass du Macken und Marotten erfunden haben könntest?

 

Danke, Hella, das ist richtig. Ich möchte fast sagen: Lieb, dass du fragst; du könntest recht haben. (Herr Törzs fährt aus ihm heraus, er spricht normal weiter …)
Aber am Ende sind es vielleicht doch nicht so viele Macken, wie ihr glaubt: Ich brauche beispielsweise vor Auftritten keinen Talisman-Check. Oder orakle: «Ich kann nur von links auf die Bühne kommen, wenn das Licht in Blau gehalten ist, sonst wird die Show schlecht! Und setzt mir keine Senioren in die zweite Reihe! Erst in die dritte!» So bin ich nicht. Mir ist es immer alles total wurscht. Wenn ich irgendwo auftrete, gibt es nur eine Regel: Ich möchte mein Publikum vor der Show nicht sehen. Ich gucke nicht durch den berühmten Spalt im Vorhang oder schlendere am Einlass vorbei, um mich bekannt zu machen: «Hallo! Servus! Zauberhaft! Klasse! Mensch, wir sehen uns gleich im Theater!»
Das kann ich nicht. Ich möchte mein Publikum eigentlich auch während der Vorstellung nicht sehen, höchstens als Schatten im Dunklen. Ich verbiete Teelichter auf Tischen im Saal, weil sich sonst die Gesichter aufhellen. Und wenn ich auf der Bühne stehe, Geschichten erzähle und das Publikum anspiele, gucke ich konsequent zwischen den anwesenden Leuten durch. Da sitzt womöglich niemand; aber alle denken: «Mensch, der spricht jetzt jemanden persönlich an!» Wenn ich mir meine Zuschauer anschauen könnte, würde ich sie unwillkürlich studieren. Wie sie aussehen, wie sie gucken. Ob sie jetzt gerade einnicken oder es so mittel finden; und schon fang ich an zu starren und vergesse meinen Text.

 

CS: Und das ist der Grund. Es ist nicht Lampenfieber?

 

Überhaupt nicht. Eine halbe Stunde vor dem Auftritt geht mir die Düse, und ich werde nervös. Die 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn sind hoffnungslos. Immer wenn man sich als Kind beim Versteckspiel endlich hinter einem perfekten Baum verborgen hat, muss man dringend pinkeln! Genauso fühlt sich meine Form des Lampenfiebers an. Ich gehe bis kurz vor knapp bis zu 15-mal in die Garderobe, wasche mir die Hände, lege Mundspray nach, checke alle Requisiten und dann nochmal von vorne! Und kurz darauf gehst du raus: «Zauberhaft! Hallo, Hameln!», und alles ist gut.

 

Nun wissen wir ja von dir, dass du unglaublich viele Fernsehsendungen programmierst und aufnimmst. Ist das nur Interesse oder eher zwanghaft?

 

Zwanghaftes Interesse! Überdies habe ich zu viele DVDs. Das ist Statusdenken wie bei Rotweinkennern: Man muss die Flasche nicht trinken, man muss sie besitzen. Sie steht im Regal, und man sollte sie jederzeit angeberisch Freunden zeigen können. Unter Film-Freaks ist das genauso: «Guckt mal hier: ‹Zwei Superpflaumen in der Unterwelt›, digital remastered, Directors Cut, Special Edition, mit vielen Extras. Die hat nicht jeder.» Dann stellt man sie schnell wieder zurück und hofft, dass niemand gemerkt hat, dass sie noch originalverschweißt ist.
Neulich habe ich alle meine alten Videokassetten digitalisiert. Ich hatte noch wahnsinnig viele: Filme, Serien, Dokumentationen, die ich seit Ende der 80er Jahre gestapelt habe. Ich habe Ansagen gefunden … Freunde, das gibt es heute gar nicht mehr! Dénes Törzs sagt direkt nach der Tagesschau (und wieder morpht sich Bastian zu dem sympathischen NDR-Moderator mit grauem Haar und Brille): «Liebe Freunde im Ersten, bleiben Sie gleich sitzen; wir haben ein nettes Filmchen für Sie! Erleben Sie Paul Newman und Robert Redford in ‹Der Clou›. Und die Musik aus dem ‹Clou› – die kennen Sie alle! Viel Vergnügen!»
Dann war er noch vier Sekunden zu sehen und wurde nochmal weitere drei Sekunden ausgeblendet. Diese Ankündigung habe ich mir sofort auf eine DVD gebrannt und natürlich nie wieder angeguckt. Das ist ja die Krux: Ich muss es kennen, ich muss es haben, es muss griffbereit sein. Gesegnet sei der Festplatten-Recorder!

 

Wir haben auch drei Festplatten-Recorder.

 

Ich nutze täglich die Funktionen «Bearbeiten» und «Umbenennen»: «Lie to me – Staffel 2.13, 2.14». Die Serie ist bös überschätzt, aber sie einzeln aus dem Programm des Senders VOX herausgezogen und die Werbung entfernt zu haben, bis nur noch die reine Episode übrig bleibt mit einem leichten Ruckel-Übergang in der Mitte, der dir beim Anschauen signalisiert: «DA! Da hast du vor drei Wochen die Werbung rausgeschnitten; du bist ein Teufelskerl!», das ist der Sieg! Und Festplatten sind ja so riesig! Dieses Gefummel früher mit den Video-Kassetten … in den 90ern wollte ich nie länger als drei Wochen in Urlaub fahren, weil ich wusste: Meine Kassette hat nur 240 Minuten.

 

So war’s.

 

Ich hatte irgendwann vier Videorecorder; je zwei Geräte an zwei Kabelanschlüssen, in Reihe geschaltet. Und ich wusste, eben weil sie in Reihe geschaltet sind, nimmt jeder zweite Recorder eine Generation schlechter auf, da das Signal bekanntlich durch den ersten Recorder durchgeschleift wird. Ich schwöre: Vor jeder Reise habe ich mir stundenlang mit vier Fernbedienungen in der Hand und der Fernsehzeitung auf den Knien überlegt: «Okay, du bist vom 1. bis 27. Juli weg, hast aber nur vier mal 240 Minuten Speicherzeit; das ist bös wenig! Was programmierst du überhaupt? Was willst du unbedingt sehen? Und was davon in bester Qualität, was nur in zweitbester Qualität? Wie viele Stunden ergibt eine 180er-Kassette im Long-Play-Aufnahme-Modus?» Das waren Wissenschaften! Ich habe mir bunte Zettel gemacht: «Okay, jeden Samstag kommt eine neue ‹Deep Space Nine›-Folge. Sehr gute Serie, muss ich haben, und SAT.1 hat VPS, also bin ich unabhängig von etwaigen Verspätungen. Aber Obacht: Die Folgen werden stets länger als in der Zeitung angegeben, weil SAT.1 die immer durch Werbung auf eine Stunde und fünf Minuten streckt. Wenn ich jetzt eine 240-Minuten-Kassette reinlege, dann habe ich nach vier Wochen nur drei Folgen und eine halbe drauf. Scheiße. Nehme ich eine Fünf-Stunden-Kassette für vier Folgen? Risiko, die Fünf-Stunden-Kassetten reißen ständig. Da komm ich aus Kreta zurück, und alles ist im Eimer!»

 

(Totenstille am Tisch.)

 

Das ist sehr interessant.

 

(Gelächter.)

 

Wo liegt denn dein Hauptfokus? Eher Dokumentationen über Nacktmulle, Karies und Adolf oder Science Fiction und Krimi?

 

Derzeit sind es amerikanische und englische Serien. Im Pay TV laufen diese Programme meist schon sehr viel früher, als man sie in Deutschland auf DVD bekommt, und im sogenannten Free-TV kommen sie meist gar nicht mehr. Die Generation nach uns lacht mich schon aus: Ich habe es noch nicht geschafft, mich am Computer mit Mitschnitt- oder Download-Programmen zu beschäftigen, obwohl das zu meiner Sammelleidenschaft passen würde. Nein, es ist und bleibt der rechteckige Recorder unterm Fernseher. Du kommst heim, machst das Ding an, und alles ist aufgenommen, weil du dich vorher entschieden hast.

 

Und dann guckst du aber 26 Folgen hintereinander …

 

Hintereinander! An einem Wochenende. Selbstverständlich.

 

Und die werden dann nicht gelöscht? Die willst du im Archiv haben?

 

Ich bin bestimmt ein guter Programmierer, aber ich muss ein begnadeter Löscher sein, um zu überleben. Das meiste kommt sofort weg.

 

Okeee.

 

Mein Digital-Tuner hat eine elektronische Programmzeitschrift mit Suchfunktion. Da gibt man zum Beispiel «Harald Schmidt» ein. Und schon ploppt sekundenschnell eine Liste auf: «Harald Schmidt», «Harald Schmidt», «Harald Schmidt». Alle Folgen von «Harald Schmidt» der nächsten Woche. Nämlich die Premiere in der ARD, aber auch die Frühwiederholung im MDR, die Wiederholung am nächsten Tag in Bayern 3, im WDR und so weiter.

 

Das ist T-Home, oder?

 

Nein, das ist Zauberei! Im Übrigen boykottiere ich diese Suchfunktion. Ich habe ja schon alles gefunden. In meiner Fernsehzeitung. Ich kaufe mir einmal im Monat einen frischen bunten Textmarker und streiche an, was ich alles sehen will. Dann gucke ich auf einer Episodenführer-Homepage nach den Folgentiteln. «Alles klar, die wiederholen nicht ab der ersten Staffel, sondern fangen mit der vierten Staffel an, warum auch immer.» Dann schreibe ich mir in die Zeitung rein: «Battlestar Galactica 4.1, die Woche darauf 4.2, 4.3, 4.4» usw. und so fort.

 

Das nimmt aber auch Zeit in Anspruch.

 

Und einen ganzen Textmarker im Monat.

 

Und einen ganzen Textmarker im Monat. Bei meinen Eltern gab es immer nur einen Textmarker in Gelb, der schon seit Jahren nicht mehr malen konnte. Man kam nie auf die Idee, einen neuen zu besorgen. «Der Alte ist doch noch gut.» Nichts ist schlimmer, als wenn du keinen funktionsfähigen, gleichmäßig färbenden Textmarker hast. Du musst übrigens auch immer einen kaufen, der sich nicht durchfärbt. Ich hatte mal so einen Billig-Marker, da hast du die Zeitung aufgeschlagen und dachtest: «Warum wollte ich jetzt ‹Kunst und Krempel› in Bayern 3 sehen?» Bis ich merkte, das ist nur eine Sendung von der Rückseite der Seite, deren Markierung sich durchgefärbt hat.

 

Das nehme ich übrigens grundsätzlich auf.

 

«Kunst und Krempel»?

 

Das ist meine absolute Lieblingssendung.

 

«Kunst und Krempel» kommt in 3sat und Bayern 3.

 

Ich weiß. Ich hab’s eben noch umprogrammiert auf 3sat, freitags, 17 : 15 Uhr, weil ich samstags um 20 : 15 Uhr auch gern was programmiere, und dann erfahre ich nie, wie teuer der Eisbär von Meissen war. Weil’s bei Bayern 3 immer noch zwei Minuten länger geht.

 

Aber du würdest den Schluss der Folge nicht in der Mediathek vom Bayerischen Rundfunk nachholen, wenn du den Eisbärpreis unbedingt wissen willst, oder?

 

Ich weiß gar nicht, was die Mediathek ist.

 

Du gehst ins Internet. Das ist so ein neues Verfahren. Dann gibste ein: br-online – slash – mediathek – slash – kunst_ und_krempel – slash – eisbärvonmeissen – slash – letzte_zwei-Minuten – punkt – de. Da steht dann: «Sendung in der Mediathek angucken?», und los geht’s.

 

Wie lange sitzt du denn da mit deinem Marker?

 

Zwei Stunden, jeden Freitag, wenn das neue Heft da ist. Das Vorausplanen ist wichtig, kann aber auch die Hölle sein. Wenn ich mal zwei Monate im Ausland drehe, wird’s eng. Ich verachte mich, wenn ich mir ausnahmsweise Fernsehzeitungen mit vierwöchiger Vorschau kaufen muss; diese kleinen rot-grünen, meist mit Sonja Zietlow auf dem Cover, schlimm. Da sind wirklich nur Listen und fünf Sudoku-Rätsel drin, und die Übersichten der letzten zwei Wochen kannst du im Grunde sofort wegschmeißen; es sind einfach unglaublich viele Fehler im Heft, weil die Sender immer so spät festlegen, was sie zeigen. Ich habe schon Drehstarts auf Samstag schieben lassen, um noch am Freitag im Land zu sein, um die neue Fernsehzeitung zu bekommen. Lässt sich natürlich keine Produktionsfirma drauf ein. Es gibt überdies eine TV-Zeitung, die dir bereits am Donnerstag hilft, wenn du dringend die Listen brauchst. Das ist aber leider die «TV Sünde»! Die gibt es wirklich. «TV Sünde» bedeutet «Knick-knack». Sie ist groß wie ein Schulheft, vorne ist ’ne ziemlich nackte Else drauf, innen drin sind auch nur Tanten – und alle Erotik-Sendungen sind rot umrandet. Aber du gehst halt nicht als Bastian Pastewka zur Tanke und sagst: «Ich brauche bitte die ‹TV Sünde›, weil die so früh erscheint!»

 

Würdest du denn jetzt diesen ganzen TV-Rinderwahn unter Hobby abbuchen, oder würdest du sagen, da ist en Hauch Zwanghaftigkeit dabei?

 

Das ist eine zwanghafte Geschichte, ganz klar. Vielleicht habe ich was von meinem Großvater übernommen, der ewig Briefmarken gesammelt hat. Und er hat es so lange gemacht, bis aus der Familie niemand mehr etwas damit anfangen konnte. Das war so traurig: Als er 85 war, sagte er zu uns: «Ich habe eine gute Nachricht, Kinder! Seid mal ruhig! Wer will meine Briefmarkensammlung?» Alle so: «Ja, hust, weiß nicht!» Es hat ihn sehr enttäuscht, dass wir dem Medium Briefmarke keinen Respekt entgegenbrachten.

 

Ja, waren die denn wertvoll? Hast du denn mal versucht, die bei einem Philatelisten …

 

Nein, wir haben sie behalten. Mein Großvater starb irgendwann, und wir haben entschieden, sie nicht zu verhökern. Der Opa hat zu jeder einzelnen Briefmarke unten drunter seitenlang Geschichten geschrieben. Wann er sie wo erworben hat und so weiter.

 

Hach Gottchen, wie schön!

 

Ja. Das war ähnlich wie ein Tagebuch.

 

Das ist doch super. Wie viele Alben sind das von deinem Opa?

 

Ich schätze 25 – die sind irgendwo in einem Keller. Das war sein Ein und Alles. Ich halte mich auch eher für einen Sammler als für einen Genießer. Im Fernsehen schaue ich nichts mehr live. Aber ich horte, was mich interessiert oder mal interessiert hat. Und so nehme ich bis zum Erbrechen auf. Ich kenne unglaublich viele Dokumentationen über Mauerbau, Mauerfall und jüngste deutsche Geschichte. Bis ich irgendwann merke: «Das hast du doch schon mal gesehen. Der Ausschnitt lief doch schon früher mal; warum tun die so, als sei das eine Neuentdeckung?!» Der Sprecher sagt eben noch «Mit unveröffentlichten Aufnahmen!», und ich kenne sie aus «Spiegel TV Geschichte» von vor fünf Jahren.

 

Geht mir genauso. Ich gucke auch so viele Dokus.

 

Ich kann mir übrigens keine Tierdokumentationen anschauen – meine Freundin guckt die gerne. Ich habe entsetzliche Angst vor diesem Moment (alle Tierfilmer der letzten 50 Jahre fahren in ihn: Sielmann, Stern, Grzimek …): «Noch ahnt das kleine Rebhuhn nicht, dass der böse Waldlöwe es gleich reißen wird! Das flinke Tier macht sich bereits parat und wird sich ein ordentliches Frühstück fangen!»
Und die arme Bachstelze steht am Wasser und – voll klar, die haben sie natürlich dahin gestellt, damit der Löwe gleich schön drüberbrettern kann:
(Professor Grzimek, Heinz Sielmann und Horst Stern geben sich wieder die Klinke in die Hand … diesmal mischt sich auch ein wenig Andreas Kieling’sche Betroffenheit in die Stimme:) «Das Federvieh hat keine Chance! Es ist nun mal der Lauf der Dinge.» (Gelächter der Zielgruppe.) Das gucke ich nicht gerne. Stattdessen lieber entweder irgendetwas Trauriges oder was richtig Lustiges.

 

Du willst manchmal extratraurige Filme sehen?

 

Ja, irgendetwas, wo du richtig tief reinsinken kannst. So ein emotionaler englischer Film. Emma Thompson und Anthony Hopkins in «Was vom Tage übrig blieb» oder Ähnliches …

 

Kannst du dann auch weinen?

 

Ja.

 

Uns würde noch interessieren, ob du beim Essen spezielle Auffälligkeiten zu bieten hast?

 

Ich kann nicht kochen, und ich behaupte: Ich kann auch kein Essen richtig genießen. Ich verbringe viel Zeit mit Freunden in Restaurants und liebe es, dort zu essen. Aber warum hat es mir geschmeckt? Weil ich mich mit allen gut unterhalten habe. Am nächsten Morgen hab ich bereits vergessen, ob ich eine Vorspeise hatte.

 

Aber es gibt doch Dinge, die du besonders gerne isst. Oder ist für dich alles gleich?

 

Ich mag bestimmte Dinge mehr als andere, aber ich könnte keine Top Ten aufstellen, es ist mir alles doch recht egal.

 

Egal, ob süß, ob salzig?

 

Nun gut. Ich bin schokoladensüchtig. Zu Hause bin ich ein hektischer Nebenbei-Esser und muss schwer aufpassen, nicht am Tag drei Tafeln Schokolade wegzuputzen, weil ich mich an die vorige nicht erinnern kann.

 

Und findest du bei all dem TV- und DVD-Wahn die Zeit, ein Buch zu lesen? Oder nimmst du dir die Zeit?

 

Ja, die nehme ich mir. Abends nochmal so ein Stündchen vorm Schlafengehen. Der Fernseher ist dann natürlich aus.

 

Ist bei uns eine Lichtquelle.

 

Sehr gut, den muss ich mir merken, den Satz. «Ich brauche den Fernseher als Lichtquelle!» Warum bin ich da nicht drauf gekommen?!

 

Gibt es Rituale in deinem Leben? Bist du abergläubisch?

 

Ich bin nicht abergläubisch, aber ich trage immer noch einen Show-Ablauf-Plan der «Comedy Crocodiles» mit mir herum. Erinnert ihr euch? Meine erste Comedy-Gruppe: Bernhard Hoëcker, Keirut Wenzel und ich. Wir spielten Anfang der 90er Jahre jedes Wochenende bundesweit vor bis zu 20 Zuschauern – und wir hatten natürlich einen Ablaufplan mit allen Sketchen in großen Lettern, den man vor der Vorstellung auf den Bühnenboden geklebt hat, damit man weiß, was als Nächstes kommt. Unser ganzes Leben bestand damals aus Ablaufplänen. Nach jeder Show: «Kinder, wir müssen den Ablaufplan ändern! Der erste Teil ist zu kurz! – Alles klar! Machen wir morgen kurz vor der Show, das wird sicher reichen!» Ich habe einen der allerersten Ablaufpläne als Erinnerung aufgehoben.

 

Von welchem Jahr ist der?

 

Von 1993. Habe ich immer dabei, auch und insbesondere, wenn ich irgendwo auftrete.

 

Eben hast du noch gesagt, du musst nur das Publikum abdunkeln … hihi.

 

Es fällt mir tatsächlich jetzt erst ein! Ich habe den Plan permanent in der Tasche, ohne je bewusst draufzugucken. Aber er führt mich da irgendwie durch. Die wahren Ticks sind offenbar doch die, die man nicht als Erste nennt.

 

Das rührt mich jetzt. Gibt es irgendetwas, wovor du dich ekelst? Oder wovor du Angst hast?

 

Zusammengeschrumpelte Luftballons. Ich bin Seplophobiker, habe also Angst vor verrottendem Material.

 

Also das bezieht sich nicht nur auf Luftballons? Sondern auf alles, was verrottet?

 

Sämtliches verrottendes Material. So kann es vorkommen, dass ich Joghurt zwei Tage vor dem Verfallsdatum wegwerfe.

 

Das ist doch nur das Mindesthaltbarkeitsdatum …

 

Ja, und bei mir läuft dann der Film ab «In mindestens zwei Tagen ist das Zeug schlecht. Wer weiß, vielleicht auch doch schon heute, also lieber nicht mehr verzehren …» Bei Gerüchen aus dem Kühlschrank werde ich grantig. Die, die in der Kriegszeit aufgewachsen sind, haben das anders gehalten. Da hieß es: «Die Milch ist doch noch frisch!», dabei roch sie bestimmt schon, als wäre sie noch in der Kuh. Ich vergesse des Öfteren Milch im Kühlschrank, und es ist für mich eine schlimme Überwindung, sie zu entsorgen: Die Packung gibt schon nicht mehr nach, wenn ich sie anfasse, innen ist alles fest; ich nehme zwei Topflappen, gehe mit der Milch zum Ausguss und drehe sie um. Erst kommen nur drei Tropfen und mit einem Mal sackt der Rest nach – paff! Das ist so schrecklich.
Bei den Luftballons weiß ich ganz genau, wie es war: Mein Vater hatte mir auf dem Rummel einen lustigen dunkelblauen Ballonhasen geschenkt. Mit Helium gefüllt. Der hing bei mir im Kinderzimmer unter der Decke. Ich war sieben oder so. Nach etwa sechs Tagen kam der Hase irgendwann runter. Ganz langsam. Und irgendwann blieb er mitten im Zimmer einfach in der Luft stehen. Ich bekam schreckliche Angst vor dem Hasen, der inzwischen schielte und sich nicht mehr rührte.
Als Kind war ich wirklich albtraumgeplagt! Vor dem Bett stand ein Holzpfosten mit Haken dran. Da hatte meine Mutter mal einen Bademantel hingehängt, die Kapuze hochgesteckt und ihn nochmal oben mit einer Schlaufe fixiert. Kaum war das Licht aus, kamen die Mondstrahlen, und ich dachte: Da steht jemand. Und der hat sich womöglich erhängt. Glaubt nicht, ich wäre aufgestanden, um den Mantel abzuhängen. Auch dem blöden Schrumpelhasen habe ich Nacht für Nacht regungslos beim «Sterben» zugesehen. Bis heute fasse ich nur ungern schlaffe Luftballons an. Du drückst eine Seite ein, und auf der anderen Seite kommt so eine Wulst hoch, so Bläschen wie beim Ochsenfrosch. Horror! Diese Straßenkünstler, die aus Röhrenballons in Windeseile Pudel und Klapperschlangen formen, sind Helden. Ich kann ja nicht mal richtige Tiere anfassen, nicht mal Schildkröten. Vor Tieren habe ich einen Mordsbammel. Ich kann überhaupt keine Beziehung zu Tieren aufbauen. Ich hab vor 20 Jahren mal in Irland mit Freunden geangelt, so mit Köderkörben und Ähnlichem. Da haben wir natürlich auch Fische rausgezogen, und die mussten dann schnell mit einem Holzkeil erschlagen werden. Die anderen konnten das, ohne nachzudenken. Ich war fertig mit den Nerven.

Oh! Das kann ich auch nicht. Mein Vater war ja Angler … Traumata!

 

Und als Kind hattest du keine Tiere?

 

Nein, nie.

 

Könntest du jetzt kein Meerschweinchen anfassen?

 

Nein. Ich musste deswegen sogar mal einen Dreh abbrechen. Ich habe mal eine Reise-Dokumentation für RTL gemacht: «Pastewka in Japan». Mein Team und ich besuchten einen Zoo nahe Tokio. Wir hatten schon ein paar Tiere und nette Situationen gefilmt, aber es war noch Zeit. Da kamen wir auf die Idee, mich noch ein paar kurze Ankündigungstexte sprechen zu lassen; so etwas wie: «Die neuen Folgen von ‹Pastewkas Reisen›: immer freitags um 22 : 45 Uhr bei RTL!» Und mein lieber Freund Alexander, der den Film machte, kam auf die hübsche Idee, mich diese Ansagen in einem übergroßen, begehbaren Tierkäfig sprechen zu lassen. Ein Gehege mit jungen Ziegen, Papageien, aber vorwiegend ganz kleinen Affen, Lemuren ähnlich, die, während ich sprach, herumwuseln und sich an meiner Schulter festkrallen sollten. Hübsche Idee, aber ich habe nach zwei Minuten unverrichteter Dinge abgebrochen. Nicht etwa, weil ich dachte, dass die Mini-Affen mir einen heftigen Klaps geben oder mich versehentlich kratzen. Meine panische Angst war, dass ich im Gehen mit Blick in die Kamera auf ein Tier drauftrete. Mein Team dachte, ich hätte Angst vor den Affen. Dabei war es eigentlich andersherum: Ich hatte Sorge, dass das Tier Angst vor mir bekommt.

 

Hast du Erinnerungen, woher das kommen könnte? Die Erfahrung mit dem Luftballon war ja sehr konkret.

 

Die Frage ist, ob es sich wirklich immer so unmittelbar ableiten lässt. Als Kind hatte ich zu viel Phantasie, gleichzeitig aber auch eine starke Abneigung gegen neue Dinge, gegen Zufälliges oder das Ausgeliefert-Sein. Als Kleinkind hat mich auf dem Spielplatz mal ein Hund angesprungen. Da saß ich gerade in einer Wipp-Schaukel, das sind diese Sitze auf blauen Stahlspiralen, die so comichaft wie «Pac Man» aussehen. Der Hund hat mich fröhlich zum Punching-Ball umfunktioniert. Ich kam aus diesem Ding nicht mehr raus, und der Hund lag noch halb auf mir drauf und sabberte.
Bei der Serie «Pastewka» haben wir vor kurzem auch wieder mit einem Hund gedreht. Er sollte in der Szene an mir hochspringen und mir den Weg versperren. Mein Regisseur und das Team bereiteten alles vor, während ich mit dem Hundetrainer übte. Das ist zumeist ein Herr mit Daunenjacke und Shampoo-Allergie, der es ja auch nur gut meint und sich wünscht, dass ich diesen Hund erst mal so richtig kennenlerne, damit es fluppt, wenn die Kamera läuft. «Der tut nichts, wenn er dir vertraut!» Natürlich tut der nichts, aber allein dieses Wirre und Unkontrollierte, was diese Tiere machen, was für den Tiertrainer ganz normal ist und auch für alle anderen normal ist, verunsichert mich, und solche Szenen brauchen ewig mit mir.

 

Wenn du als Kind so ein Schisser warst, warst du denn auch Opfer? Bist du oft gehänselt und verprügelt worden?

 

Ich war einfach der Verpeilteste in der Grundschule und wurde üblicherweise täglich verkloppt. Das allein hätte ausgereicht, doch es kam noch etwas anderes, viel Tragischeres dazu. Wir hatten eine jüdische Lehrerin, die, wie ich viel später erfuhr, die Internierung in einem Konzentrationslager überlebt hatte. Ich war acht Jahre alt, es war Ende der 70er Jahre, und diese Lehrerin zeigte uns Drittklässlern Fotos aus Auschwitz und, offenbar um uns mit der deutschen Geschichte vertraut zu machen und uns zugleich vor Aggression zu warnen, den berühmten französischen Dokumentar-Kurzfilm «Nacht und Nebel», der den Deutschen 1955 das Grauen ihres Krieges aufs Schlimmste vor Augen führte.

 

Die skelettierten Menschen? Den haben wir auch gesehen.

 

Genau. Die Dame hat uns die Bedeutung des Films, der Verschleppungen durch das NS-Regime und indirekt ihre eigene Geschichte erklärt. Ich war Kind, ich kam nicht im Entferntesten darauf, dass der Unterricht bedenklich sei und habe nichts gesagt. Meine Mutter war selber Grundschullehrerin, und daher glaubte ich, alles sei gut, das müsse so sein. In dieser Zeit habe ich mir den Schrumpelhasen zurückgewünscht. Oder den Sportunterricht. Ich hatte eine ganz fürchterlich sadistische Schwimmlehrerin: «Guckt euch mal den Taugenichts an!» Das sollte ich sein. «Der kann nicht schwimmen. Und ihr wollt doch nicht, dass euch das auch mal so geht!» Irgendwann drehte sich das, und ich dachte: Okay, meine Rolle ist, der langsamste Schwimmer der Klasse zu sein! Kann ich mit leben. Ich meinte wohl, das wäre ein pädagogisch wichtiger Teil des Unterrichts und habe mich immer glaubhaft zurückfallen lassen, obwohl mir mein Vater schon viel früher Schwimmen beigebracht hatte und mir das auch Spaß machte. Und trotzdem: Ich war halt immer ein bisschen zu langsam und verträumt für den Sportunterricht.

 

Wann hat sich das verändert?

 

Niemals. Aber ich war spitze in den Grundschulfächern, wo man stillsitzen musste. Also in Deutsch, Mathematik, Sachkunde und so. Ich war immer der Beste im Diktat und Grammatik und meist auch der Zweitbeste in Mathe, und schon bist du Hassobjekt der Klasse, und das kriegst du beim Fußball zu spüren. Eines Tages habe ich angefangen zu lügen. Ich hab den Lehrern erzählt, dass ich leider nicht beim Sport mitmachen kann, weil ich mir böse die Hand gestaucht habe. Mal war es ein Hund, mal bin ich ausgerutscht im Schnee. Ich war ziemlich gut. Ich habe meinen Arm schief gehalten wie der angeschossene John Wayne, habe ernst geguckt und gesagt: «Ich brauche sofort Eis zum Kühlen, wenn es keine Umstände macht!» Das Wort «Umstände» kann man gut verstottern, wirkt immer. Irgendwann war ich ein Mal die Woche im Erste-Hilfe-Raum, einem Zimmer hinterm Fahrradkeller. Eigentlich ’ne Abstellkammer mit Pflasterkasten. Da stand so eine dunkelgrüne Liege. Auf der habe ich gelegen, stundenlang, in totaler Stille. Irgendwann kam der Gong, und ich bin nach Hause gegangen.
Das habe ich bis weit in die sechste Klasse durchgezogen, also noch, als ich auf dem Gymnasium war. Mittlerweile haben mich die Lehrer sogar nach Hause gefahren, wenn ich «zusammenklappte».
Warum habe ich das gemacht? Damit ich um 11 Uhr morgens allein zu Hause irgendwas im Fernsehen sehen konnte, was ich am Abend davor nicht gucken durfte, weil ich ja am nächsten Morgen früh in die Schule musste. Und natürlich um von Sport, Leichtathletik, Schwimmen und anderen Körperlichkeiten so oft wie möglich fernzubleiben.

 

Wie war das mit Mädchen? Warst du denn ein Frauentyp? Also ich finde dich ja sehr attraktiv. Du bist groß, hast ’nen schönen Kopp, diesen köstlichen Humor …

 

Ich war natürlich kein Frauentyp. Ich war Einzelkind und immer durch den Wind – und sicher nicht besonders attraktiv in meinen «Ratz-und-Rübe»-Pullovern. Ich habe mich wöchentlich in irgendein Mädchen aus der Klasse verliebt, aber es niemals deshalb oder überhaupt angesprochen. Mit der Pubertät änderte sich das, ich wurde selbstbewusster und vor allem: fröhlicher. Kurz vor dem Abitur sind ein paar Schulfreunde und ich mal zum Spaß übers Wochenende in eine Eifel-Hütte gefahren. Es waren ungewöhnlich viele Mädchen dabei, und während ich lieber zum 100-sten Mal «Das Leben des Brian» auf Video gucken wollte, holte jemand das berüchtigte Brettspiel «Therapie» raus. Als eine der ersten Fragen kam: «Wer von den Anwesenden hier hat am meisten Persönlichkeit?», haben alle auf mich getippt. Das hat mich total verunsichert! Ich habe überhaupt nicht verstanden, was das bedeutet. Ich bin den ganzen Abend rumgelaufen und habe genervt: «Susanne, bitte erklär mir, was ist denn bitte eine Persönlichkeit? Was habe ich denn falsch gemacht?» Ich habe mich mit widerlichem Blue Curaçao volllaufen lassen, weil ich so niedergeschmettert war. Ich dachte, ich bin ein Aussätziger. Mein erster Vollrausch.

 

Hmmmh … Wir finden, «Persönlichkeit» ist das größte Kompliment, was du bekommen konntest.

 

Vielleicht, aber darauf wäre ich damals nicht im Traum gekommen.

 

Wie meine Golo-Mann-Geschichte.

 

Erzähl!

 

Der war mal bei uns zum Essen eingeladen, und ich habe auch am Tisch sitzen dürfen, als Kind. Und dann hat Golo Mann irgendwann zu meiner Mutter, warum auch immer, auf Englisch gesagt: «She is an egghead!» Und zeigt auf mich.

 

Oh nein. Dabei hat er es nur nett gemeint.

 

Ja. Mein armer Schatz bekommt ein Kompliment und denkt, sie hat einen Eierkopf …

 

Ich war so, so traurig.

 

Und dann noch von Golo Mann.

 

Und dann noch von Golo Mann.

 

Bastian, wenn du so oft auf Reisen bist, bist du da schmerzfrei? Bist du einer, der gerne reist und problemlos mit den hygienischen Umständen des jeweiligen Landes umgeht?

 

Ist mir alles voll wurscht.

 

Komisch. Da hätte ich dir unterstellt, dass du da so fimschig bist wie ich.

 

Wenn du mit Lebensmitteln doch auch so fimschig bist, kannst du denn da alles essen?

 

Nein, du kannst nicht immer alles essen. In Indien gilt es aufzupassen mit Salaten oder Gemüse, da sie wahrscheinlich vorher mit Leitungswasser gesäubert worden sind, das dir den Magen auf links drehen könnte. Also Wasser nur aus Plastikflaschen, nie vom Brunnen oder aus Kränen. Essen ist kein Thema, und ich meckere auch nicht.

 

Hast du Angst vor Clowns?

 

Aber selbstverständlich. Im Zirkus waren Clowns immer so fürchterlich überwild. Das ist auch eine sehr seltsame Kunstform, der man heute nicht mehr ganz folgen kann.

 

Wenn du sagst: «Die waren so überwild!», und wuselige Tiere dich auch irritieren … hat es etwas mit Angst vor Kontrollverlust zu tun?

 

Mit Sicherheit. Ich werde unleidlich, wenn ich nicht mehr Herr der Situation bin. Ich besuche nur selten Veranstaltungen, wo viele Menschen sind, ein Konzert etwa oder Fußballspiel. Und wenn, suche ich unwillkürlich nach dem Notausgang und habe keinen Spaß.

 

Kino?

 

Kino geht. Mir reicht aber auch die kaum besuchte 23-Uhr-Vorstellung. Nochmal zum Fußball: Ich las kürzlich einen Artikel in einer Zeitung – und erkannte, dass ich offenbar, von mir jetzt vereinfacht gesagt, zur «Trauma-Generation Heysel-Stadion» gehöre. Ich habe wie viele andere mit 13 erlebt, wie 1985 in einem belgischen Fußballstadion durch den Druck der Hooligans eine baufällige Mauer zusammengefallen und Panik ausgebrochen ist. Im Jahr 2010 gab es das Love-Parade-Unglück in Duisburg. Ich habe mir in diesen Tagen überhaupt keine Nachrichten angeschaut.

 

Ja. Ein Albtraum.

 

Vielleicht kann ich euch am Schluss mit meiner Nagelscheren-Macke erfreuen?

 

Erzähl!

 

Ich lebe permanent mit der Sorge, mir einen Fingernagel einzureißen und nichts machen zu können.

 

Wie jetzt? Da kann man doch pfiffig den Riss wegfeilen?

 

Feilen geht nicht! Ich kann das Geräusch nicht ertragen. Wenn sich jemand irgendwo die Nägel feilt, muss ich rausgehen. Deshalb benutze ich Nagelscheren. Besser noch: Hautscheren. Ich benutze Hautscheren als Nagelscheren.

 

Hautscheren sind die ganz dünnen.

 

Genau. Nagelscheren sind immer so breit, damit kann ich nicht umgehen.
Wenn ich mir einen Nagel einreiße, ist das schon schlimm genug – aber wenn ich dann noch das hier mache: (streicht mit den Fingerkuppen über seinen Pullover) … und der Nagel bleibt irgendwo hängen, und dann zieht sich so ein Faden zwischen deinem Nagel und dem Pullover … ich werde sofort ohnmächtig!

 

(Wir quietschen vor Begeisterung, wiewohl sich bei mir [Hella] Untertöne des solidarischen Horrorekels dazumischen.)

 

Deshalb muss immer eine Nagelschere in Reichweite sein! Ich habe in jedem Bad bis zu drei Scheren. Und auf dem Couchtisch liegt eine weitere, schließlich liest man ja oft von Verletzungen beim Fernsehen. Selbst im Gästezimmer ist eine parat, falls ich an die anderen nicht rechtzeitig rankomme. Ich habe mindestens zehn solcher Scheren.

 

Ist in deiner Jacke jetzt eine Nagelschere?

 

Nein. Aber in meinem Auto. Kinder! Ich muss weg!
Des Wahnsinns fette Beute: Macken und Marotten auf der Spur
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