13. Kapitel

Die Antenne war nicht zu verfehlen. Ich sah sie schon, als ich zwischen Alkenrath und Schlebusch in die Herbert-Wehner-Straße einbog und mich dann Richtung Süden hielt. Hier war wieder eine der schönen Ecken - der alte Schlebuscher Ortskern mit seinen kleinen bergischen Häuschen und dem Wuppermannpark.

Das Haus mit der Mordsantenne lag jedoch ein Stück weiter Richtung Dünnwald; genau an der Stelle, wo die Bensberger und die Mülheimer Straße auf den Willy-Brandt-Ring stießen. Es war ein schmutzig weißer, verschachtelter Gebäudekomplex. Im Erdgeschoss warb mit roter und blauer Schrift Europas angeblich größte Matratzenkette.

Ich parkte ein Stück weiter die Bensberger Straße hinauf, an die sich eine kleine Eigenheimsiedlung drängte.

Als ich nach einem kurzen Fußmarsch an dem Antennenhaus stand, musste ich erst mal den Eingang suchen. Ich fand ihn in einem kleinen Tunnel. Die Wände waren mit Schildern von Arztpraxen gepflastert, aber der Kasten schien auch Wohnungen zu enthalten. Auf der Klingelleiste fand ich den Namen Büchel und drückte auf den Knopf.

Eine ganze Weile geschah nichts. Irgendwann bewegte sich etwas im Treppenhaus, und ein grobschlächtiger Mann kam mir entgegen.

Ich nutzte die Gelegenheit, als er die Tür öffnete, und ging hinein.

Büchel wohnte in der zweiten Etage. Ich fand die richtige Tür, die zum Glück auch ein Namensschild trug, sonst hätte ich mich auf den anonymen Gängen nicht zurechtgefunden.

Ich blieb stehen, lauschte und klingelte erneut. Drinnen blieb es still. Es machte weder Ding-Dong, noch schellte es. Als habe jemand den Strom abgestellt.

Aus der Wohnung drang ein Geräusch. Ein Knistern. Als würde jemand trockenes Papier zusammenknüllen. Ein paarmal ertönte dieser seltsame Laut, dann hörte ich Schritte - aber nicht dumpf oder klackernd, sondern eher wie ein Patschen. Hell. Metallisch.

Ich klopfte energisch. »Herr Büchel. Sind Sie zu Hause?«

Wieder dieses »Patsch, patsch, patsch«, hektischer diesmal.

Ich versuchte mir vorzustellen, was da drin vor sich ging, aber es gelang mir nicht. Ich bekam zu dieser Klanguntermalung kein Bild in den Kopf.

»Patsch, patsch, patsch«.

Jetzt schien es sich zu entfernen. Langsam dämmerte mir, was das sein konnte. Aber das war eigentlich unmöglich.

»Herr Büchel?« Ich klopfte wieder. »Hallo?«

Irgendwo auf dem Gang war etwas zu hören. Eine Wohnungstür war geöffnet worden. Ich wandte mich um, konnte aber nichts sehen, weil der Flur eine Biegung machte.

Ich hatte schon die Faust geballt, um erneut zu klopfen, da ging vor mir die Tür auf. Nur einen Spalt. Dahinter betrachteten mich große dunkle Augen. Dunkelbraune, fast schwarze gelockte Haare umrahmten ein rundes Gesicht.

Es war eine kleine, zerbrechliche Frau. Hinter ihr war es hell. Gleißendes Licht drang auf den Flur.

»Ja, bitte?«, sagte sie heiser und räusperte sich, als hätte sie seit Ewigkeiten mit niemandem mehr gesprochen.

»Mein Name ist Rott. Ich suche Matthias Büchel«, erklärte ich. »Bin ich hier richtig?«

»Matthias wohnt nicht mehr hier. Tut mir leid.«

Sie wollte die Tür schließen, aber ich drückte gegen das Türblatt. Die Frau schrie auf, und ich sagte schnell: »Es ist wichtig. Könnten Sie mir seine Telefonnummer geben? Sie sind wahrscheinlich seine Mutter, oder?«

Sie nickte abweisend, ließ die Tür aber offen. »Sind Sie von der Polizei?«, fragte sie.

»Nein. Es geht um einen seiner Freunde. Keine Sorge, es hat nichts mit Matthias selbst zu tun.« Den zweiten Satz sagte ich einfach so dahin. Eigentlich war er ja gelogen. Im Grunde war ich auf der Suche nach einer Verbindung zwischen dem Mordfall und Matze.

»Darf ich vielleicht reinkommen?«, fragte ich.

»Muss das sein?«

»Es wäre dann leichter, sich zu unterhalten.«

Sie sah mich unsicher an. Überlegte.

»Sie sind ungeschützt«, sagte sie.

»Wie meinen Sie das?«

»Sie sind ungeschützt«, wiederholte sie. »Und Sie stehen schon viel zu lange hier. Sie müssen sich unbedingt schützen. Warten Sie, ich gebe Ihnen was.«

Sie drückte die Tür zu. Was war hier los? Wovor musste ich mich schützen? Hielt die Frau exotische Tiere?

Von so etwas hatte ich schon gehört. Schlangen, Krokodile, Vogelspinnen, Wildkatzen - all so was hatten manche Leute in ihrer kleinen Wohnung. Zum Schrecken der Nachbarn, der Vermieter und natürlich der Tiere selbst, denn das war alles andere als eine artgerechte Unterbringung.

Die Tür ging wieder auf, Frau Büchel kam zurück. Wieder fiel mir das eigenartig helle Licht auf, das aus der Wohnung drang. Als glitzere es darin.

Sie hob die Arme und wollte mir etwas über den Kopf ziehen, aber sie war zu klein. »Ich komme nicht dran«, sagte sie und lächelte. »Das müssen Sie tragen, sonst sind Sie in großer Gefahr.«

Ich betrachtete, was sie mir gegeben hatte. Es war eine zusammengeknüpfte Kordel. An dem einen Ende hing an einem kleinen Extrafaden ein aus Alufolie ausgeschnittener Stern. Er erinnerte mich an die Dinge, die wir als Kinder zu Weihnachten gebastelt hatten. Damals hatten wir allerdings buntes Glanzpapier verarbeitet; das Silber wirkte dagegen ein wenig profan.

»Sind Sie sicher, dass das nötig ist?«

»Kommen Sie. Es reicht auch, wenn Sie den Katalysator in der Hand halten.«

Sie zog mich in die Wohnung und schloss die Tür - und mit einem Mal hatte ich das Gefühl, mich in einer anderen Welt zu befinden.

Von überallher spiegelte es. Die Wände waren Spiegel, die Innenseite der Wohnungstür bestand aus Spiegeln. Sogar der Fußboden war verspiegelt, doch die Fläche war an einigen Stellen verschmutzt und aufgerissen. Und jetzt erkannte ich auch, dass es keine Glasspiegel waren, mit denen die Wohnung ausgekleidet war, sondern viele Quadratmeter von Alufolie.

»Hier geht’s lang.«

Wir folgten einem Pfad durch den spiegelnden Gang, und weil die Folie auf dem Boden nur lose verlegt war, machte es bei jedem Schritt »patsch«. Wir passierten den Eingang zum Wohnzimmer, wo noch Bahnen von Silberpapier fehlten. Frau Büchel war hier sozusagen gerade beim Tapezieren. In der einen Ecke stapelten sich Alu-Rollen aus dem Supermarkt. Einige Fetzen hingen von der Wand herunter. Es war offenbar nicht so leicht, das Zeug zu befestigen. Auf einem kleinen Sofa, das auf der Aluunterlage wie auf einem glänzenden Quecksilbersee stand, lag ein Haufen Klebebandrollen.

»Warum machen Sie das?«, fragte ich, immer noch fassungslos. Irgendetwas sagte mir, dass die Frau nicht einfach nur an Geschmacksverirrung litt.

»Um mich zu schützen, das habe ich Ihnen doch gesagt. Wir sind in großer Gefahr.«

»Aber wovor? Was ist es, was Sie bedroht?«

Sie senkte die Stimme zu einem Flüstern und deutete nach oben. »Die Antenne«, raunte sie mir zu, als sei die technische Anlage ein Ungeheuer, das uns belauschte. »Sie strahlt mit Milliarden Energieeinheiten. Sie brennt und brennt und macht uns verrückt. Wer hier wohnt, wird krank, wenn er sich nicht schützt. Man schläft schlecht, und man bekommt Kopfschmerzen. Oder sogar Krebs.«

»Und die Alufolie schützt Sie?«

»Sie sehen ja, wie gut es mir geht.«

»Warum ziehen Sie nicht einfach weg?«

Sie schüttelte den Kopf. »Das nützt nichts. Sie sind überall. Sie bilden ein Netz. Ein Spinnennetz. Und wir sind darin gefangen.«

»Ein Spinnennetz? Was für Spinnen?«

Sie runzelte nachdenklich die Stirn. »Eigentlich ähneln sie eher Bienen. Die Felder des Netzes sind wabenförmig. Man kann nie außerhalb der Waben sein. Wenn man die eine Wabe verlässt, kommt man sofort in die daneben und wird von der nächsten Antenne angestrahlt.«

»Ich bin froh, dass Sie ein Mittel gefunden haben, um sich zu schützen«, sagte ich, obwohl ich ihr lieber einen Vogel gezeigt hätte.

»Mein Sohn hat mir das genau erklärt.«

»Das mit der Alufolie?«

»Nein, das mit den Waben. Er ist sehr klug, wissen Sie … Aber ich mache mir Sorgen um ihn. Nachdem er mir gesagt hat, dass man sich mit der Folie schützen kann, ist er ausgezogen und kommt gar nicht mehr.«

»Wo ist er denn hingezogen?«

»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich habe aber seine Telefonnummer.«

»Könnten Sie sie mir bitte geben?«

Eine kleine Wolke aus elektronischer Musik drang aus meiner Hosentasche und füllte den Raum.

Frau Büchel wirkte plötzlich, als füge ihr irgendjemand oder irgendetwas körperliche Schmerzen zu. Sie hielt die Hände an die Schläfen und schloss die Augen.

»Ihr Handy«, rief sie und wand sich. »Stellen Sie es ab! Bitte.« Erschöpft wie nach einem Ringkampf ließ sie sich auf das kleine Sofa fallen.

Ich blickte auf das Display. »Entschuldigen Sie, es ist nur meine Tante.«

Sie hob die Hände. »Ich flehe Sie an. Es ist egal, wer es ist. Es frisst uns auf. Bitte …«

Mit einem Knopfdruck war Jutta weg, und das Handy verstummte. Verdammt, dachte ich. Jutta hat ein Problem. Und dauernd würge ich ihren Anruf ab.

Auf Frau Büchels Stirn waren Schweißtropfen zu sehen. Sie empfand tatsächlich Unbehagen. Ich hatte den dringenden Wunsch, diesen Ort zu verlassen.

»Haben Sie die Adresse oder die Nummer von Ihrem Sohn? Dann sind Sie mich auch gleich wieder los.«

Sie nickte, stand auf, und wir kehrten zum Ausgang zurück.

»Ich weiß nicht, wo er jetzt wohnt. Er hat nur dieses Teufelsding, dieses Handy. Und da rufe ich ihn nicht so gerne an.«

Sie zeigte mir einen Zettel, auf dem eine Telefonnummer notiert war.

»Das ist aber ein Festnetzanschluss. Mit Bergisch Gladbacher Nummer«, sagte ich.

»Alles wird heute über diese Antennen geleitet. Es wird unkontrollierbar.«

»Aber Sie haben ja Ihre Folie. Sie sind geschützt.«

Sie nickte erleichtert. »Genau.«

»Danke für Ihre Hilfe.«

»Grüßen Sie Matze von mir. Sagen Sie ihm, dass ich mir Sorgen mache. Dass er mal wieder vorbeikommen soll.«

Wieder unten stellte ich mich vor das Schaufenster des Matratzengeschäfts und rief Jutta zurück. Während es tutete, blickte ich versonnen auf ein Beet Stiefmütterchen mitten im Bürgersteig. Jemand hatte versucht, diese hässliche Vorstadtecke zu verschönern. Von gegenüber kämpfte sich ein leckerer Duft nach Gebratenem durch die Abgase der Straße zu mir. Gleich zwei Lokale lagen nebeneinander: der Schlebuscher Grill an der Ecke und daneben der Jägerhof.

Normalerweise hätte ich nicht gezögert, mir dort etwas ordentlich Fleischiges reinzuziehen - ergänzt von meinem Lieblingsgemüse: Fritten.

Aber ich dachte an Wonne und ihre kulinarischen Verheißungen. Sie stand gerade in der Küche, hatte sie gesagt. Und sie kochte für uns. Ich hing diesem Gedanken ein Weilchen nach, da meldete sich Jutta.

»Wird Zeit«, maulte sie.

»Entschuldige. Ich konnte nicht sprechen.«

»Du bist in einem Fall, stimmt’s? Und du sagst mir nichts davon.«

Ich ging ein paar Schritte in Richtung des Fußgängerwegs, den ich überqueren musste, um zum Auto zu kommen. Dabei fiel mir auf, dass ich immer noch den silbernen Weihnachtsstern an der Kordel in der Hand hielt.

»Ich denke, du übernimmst im Moment keine Fälle? Ist Wonne bei dir?« Die Stimme stach vor Eifersucht.

»Nein, ist sie nicht. Es geht um die tote Frau, die wir auf deiner Rallye gefunden haben. Die Polizei hat einen Verdächtigen festgenommen, und seine Anwältin hat mich beauftragt, Entlastungsmaterial aufzutreiben.«

»So schnell bist du an die Anwältin geraten? Na, wenn du da nicht mal Hilfe von zärtlicher weiblicher Hand gehabt hast. Und wer hat dich überredet, die Sache anzunehmen?« Sie machte mich übertrieben nach: »Ich habe einen Job, Jutta. Ich brauche keinen. Ich kann dir nicht auf der Party helfen …«

»Mensch, Jutta, was ist los mit dir? Ich weiß ja, dass du gerne an meinen Fällen mitarbeitest, aber ich kann mich nicht immer nur nach dir richten. Und dass du mir missgönnst, dass ich mal eine Freundin habe - das kann ja nicht dein Ernst sein.«

Ich hatte mittlerweile die Straße überquert und blieb stehen, wobei ich mir das linke Ohr zuhielt, um besser zu hören.

»Jutta, bist du noch da?«

Sie wollte etwas sagen, doch es ging in einem Schluchzen unter.

»Heulst du etwa?«

Sie schniefte und schnaubte. Offenbar putzte sie sich die Nase.

»Es ist nicht wegen Wonne, oder? Oder weil ich einen neuen Fall löse, ohne es dir gesagt zu haben …«

»Nein.«

»Dann sag mir doch, was los ist.«

»Nicht wenn du auf der Straße stehst. Können wir uns treffen?«

»Das geht jetzt leider gar nicht. Also überleg’s dir. Sag mir jetzt, was dich bedrückt, oder heute Abend irgendwann.«

Heute Abend, dachte ich. Was hatte ich da gesagt? Das ging ja erst recht nicht.

Ohne groß darüber nachzudenken, griff ich mit der Linken in einen verbogenen Maschendrahtzaun. Dahinter wuchsen Büsche, deren Zweige durch den Draht auf die Straße drängten. Direkt daneben war eine Öffnung. Ein schmaler überwucherter Pfad verlor sich in einem verlassenen Garten. Weiter hinten war sogar der Überrest einer Hütte oder eines kleinen Hauses zu sehen - komplett eingewachsen in den verwunschenen Garten. Und das mitten in Leverkusen. Es kam mir vor wie ein Traumbild.

»Wir müssen uns in Ruhe unterhalten«, sagte sie.

Ich hätte mich im Wagen mit ihr unterhalten können, aber mir gefiel der Gedanke, auf das verlassene Grundstück zu gehen und dort mit Jutta zu sprechen.

»Einen Moment«, sagte ich und betrat das verwilderte Areal. In mir krochen alle möglichen Befürchtungen hoch. Was war mit Jutta los? Hoffentlich war sie nicht krank.

Der Pfad verlief im Zickzack zwischen Büschen und Bäumen auf das Haus zu. Große zerbrochene Scheiben in einer mit Kunstschiefer verkleideten Wand. Vier Betonstufen führten zur offen stehenden Tür. Ich konnte in das Innere der Baracke blicken. Zerbrochene Glasscheiben und Dreck auf dem Fußboden. Weiter hinten führte eine dunkle Holztreppe nach oben.

»So, jetzt hab ich Ruhe. Also, was ist los?«, fragte ich.

Es war doch keine gute Idee gewesen, hierherzugehen. Die Atmosphäre war psychologisch gesehen keine passende Umgebung, um mit Jutta Probleme zu besprechen. Viel zu trostlos. Ich hätte nach Wuppertal fahren sollen, aber - verdammt noch mal - ich hatte keine Zeit. Ich musste heute mindestens diesen Matze finden.

»Remi, ich bin pleite.«

Am liebsten hätte ich mich direkt auf den Boden gesetzt. Stattdessen blieb ich stocksteif stehen und ließ die Informationen sacken.

»Wie bitte? Wie kann das denn passieren?«, fragte ich schließlich.

»Ich habe versucht, gegenzusteuern und Geld in Hedgefonds anzulegen, aber mein Berater hat…«

»Stopp«, rief ich. »Davon verstehe ich nichts. Wie schlimm ist es?«

»Keine Ahnung. Wenn die Kurse nicht mehr steigen, und davon muss ich ausgehen, kann ich nur noch mein Gold verkaufen. Der Goldpreis ist im Moment ziemlich hoch, deswegen werde ich das morgen tun, aber das bedeutet…«

»Bitte klare Zahlen, Jutta.«

Ich starrte auf die Wände des alten, heruntergekommenen Hauses, das wahrscheinlich bald abgerissen werden würde. Ich stellte mir Jutta vor, verarmt in so einer Umgebung. Jutta, deren Diele allein größer als meine ganze Wohnung war.

»Ich denke, mir bleiben hundertfünfzigtausend. Und natürlich die Wohnung. Und ein paar landwirtschaftlich genutzte Grundstücke. Und das Haus in Solingen.«

»Und das nennst du pleite?« Das Bild einer verhärmten Jutta zerplatzte.

»Na ja, was glaubst du denn, wie lange ich damit hinkomme? Ich brauche im Jahr etwa hunderttausend Euro, und wenn …«

»Hunderttausend Euro?«, schrie ich. »Wofür denn?«

Sie redete einfach weiter. »Das war auch der Grund, warum ich dieses Fest so sparsam gefeiert habe. Ich dachte, das ist die letzte Gelegenheit, so was noch mal zu machen.«

»Mir kommen gleich die Tränen.«

»Und wenn ich die Wohnung verkaufen muss …«

»Die wahrscheinlich eine Million wert ist, vielleicht mehr …«

»Bei den heutigen Immobilienpreisen? Hast du eine Ahnung. Da kann man froh sein, wenn man überhaupt einen Käufer findet. Es gibt Leute, die ihr Haus verlosen müssen.«

In mir zitterte der Ärger. Aber ich wollte jetzt nicht mit Jutta diskutieren.

»Verkauf morgen dein Gold, und dann reden wir weiter, in Ordnung? Ich muss jetzt noch was Wichtiges erledigen.«

»Ist ja gut.« Sie klang wie eine geknechtete Sklavin. »Von dir hätte ich eigentlich erwartet, dass du das verstehst.«

»Tschüss.«

Ich drückte den roten Knopf. Dann arbeitete ich mich aus dem Dickicht zurück auf die Straße, wo ich einen misstrauischen Blick einer jungen Mutter mit Kinderwagen erntete. Wahrscheinlich hielt sie mich für einen Triebtäter, der gerade sein Versteck verließ, um auf Beutezug zu gehen.

Zurück im Auto rief ich Wonne unter Mannis Nummer an. Sie meldete sich diesmal mit einem einfachen »Hallo«.

Ich bat sie, hinaufzugehen und Mannis Computer anzuschmeißen.

»Und warum?«, fragte sie.

»Mach bitte eine Rückwärtssuche im Internet-Telefonbuch. Ich habe endlich die Nummer von diesem Matze Büchel.«

»Alles klar.«

Es ging schnell, denn der Rechner startete in Weltspitzezeit. Ich wusste, dass manche Teilnehmer nicht im Internet verzeichnet waren. Aber ich hatte Glück.

Sekunden später hatte ich Matzes Adresse. Bergisch Gladbach, Handstraße.

Ich hatte den Schlüssel schon ins Zündschloss gesteckt. »Danke«, rief ich in den aufheulenden Motor hinein, legte auf und fuhr los.