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»Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«

Peter Kauffman wandte seinen Blick von der Menschenmenge ab, die er den halben Abend lang eingehend studiert hatte, und sah sein Date des heutigen Abends, Dr. Maria Gotsi, an.

Nein, »Date« ging schon zu weit. »Freundin mit Sonderleistungen« traf es besser, obwohl selbst das eine Art von Beziehung andeutete, die sie einfach nicht hatten.

Er versuchte zu lächeln, damit Maria nicht dahinterkam, was er gerade dachte, aber an ihrem finsteren Blick erkannte er, wie halbherzig seine Anstrengung gewesen war. »Bin nur in Gedanken.«

»Du scheinst heute neben dir zu stehen, Peter«, sagte sie mit ihrer kultivierten griechischen Stimme.

Zum Teufel, ja, natürlich stand er neben sich. Schon allein wegen dieser Auktion, zu der sie ihn schließlich doch noch überredet hatte. Aber auch, weil er mit ziemlicher Sicherheit gerade seinen bescheuerten Verstand verlor. Unmöglich, dass er tatsächlich gesehen hatte, was er glaubte gesehen zu haben.

»Ich bin einfach nur müde. War ein langer Tag.«

Maria lächelte und kam näher an ihn heran, schob ihren Arm unter seinen und rieb ihre Hüfte an ihm. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte diese geschickt eingesetzte Annäherung seinen Unterleib unter Strom gesetzt, aber heute Abend war nicht die geringste Reaktion zu spüren.

»Du solltest feiern, Schatz«, hauchte sie ihm ins Ohr. »Diese Auktion war ein Riesenerfolg.«

Ein gewaltiger Erfolg sogar. Die Sammlung altägyptischer Kunst der Odyssey Gallery hatte über sechs Millionen Dollar eingebracht, weit mehr, als er sich hatte träumen lassen. Die Party tobte um ihn herum im Festsaal von Worthington, während er nur dastand und Champagner schlürfte, den er eigentlich gar nicht trinken wollte. Und obwohl er vor Freude außer sich hätte sein müssen, war er es aus irgendeinem Grund nicht.

Maria, die schon wieder in ein Gespräch mit jemandem vertieft war, der links von Pete stand, lachte und warf ihr dunkles Haar zurück. Der Klang und diese Bewegung zogen seine Aufmerksamkeit auf sich. Mit vagem Interesse beobachtete er, wie sie gekonnt mit dem Manager des Auktionshauses flirtete und dann weiterging zu jemandem, an dessen Bekanntschaft Pete nichts lag, wie sie minutiös ihren Weg durch den Raum ablief und sich unter die Leute mischte, ganz Profi, der sie war.

Die Frau hatte Schneid, das musste man ihr lassen. Und sie war nicht einfach nur eines von vielen hübschen Gesichtern, zu denen außerdem noch ein sündiger Körper gehörte. Sie war auch klug, die Leiterin eines der bedeutendsten Archäometrielabors der Welt, dem Rückgrat des Kunstinstituts von Athen.

Ihre Augen wanderten in seine Richtung, und sie lächelte ihn mit diesem aufreizenden Blick an, der bedeutete, dass sie nun bereit war, mit ihm in sein Hotel zu gehen und ihm die Seele aus dem Leib zu vögeln. Ein kleiner Teil von ihm erschauderte bei dem Gedanken.

Unbewusst suchte er wieder die Menge nach der Kellnerin ab, die er gesehen hatte. Die mit den großen mandelförmigen Augen, der ausdrucksvollen geraden Nase, den hohen Wangenknochen und dem willensstarken Kinn.

Verdammt! Er fing wieder damit an. Er hatte doch vor Jahren aufgehört, ihr Gesicht in Menschenansammlungen zu sehen. Also, warum zum Henker passierte ihm das jetzt hier?

Er war jetzt endgültig bereit, die Party hinter sich zu lassen, stellte sein leeres Sektglas auf einen Tisch in der Nähe, steckte die Hand in die Hosentasche und ging in Marias Richtung.

Als er sich ihr näherte, vernahm er Stimmen mit einem Akzent nahöstlicher Färbung. Maria kehrte ihm den Rücken zu, als er an das Trio herantrat, doch über ihre Schulter hinweg konnte er die beiden dunkelhäutigen Herren sehen, mit denen sie sprach, und erstarrte. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass das kein Zufall war.

Eindeutig Zeit zu verschwinden.

Er legte den Arm um Marias Hüfte und beugte den Kopf dicht an ihr Ohr, in der Hoffnung, sie dort wegzubekommen, ohne dass sie eine Szene machte.

»Ich bin jetzt bereit zu gehen.«

Sie presste die Hand gegen seine Brust und lächelte. »Peter. Da bist du ja. Ich würde dir gerne Aten Minyawi und Hanif Busir vorstellen. Sie sind an einigen bedeutenden ägyptischen Stücken interessiert.

Ja, das glaubte er ihnen aufs Wort.

Er würdigte die beiden kaum eines Blickes und wusste, ohne hinzusehen, dass sich auf Busirs Gesicht nicht das geringste Anzeichen des Wiedererkennens feststellen lassen würde. »Ich handle nicht mehr mit ägyptischer Kunst, tut mir leid.«

Pete versuchte, Maria wegzuziehen, doch sie bremste seine Bewegung, indem sie ihn am Arm festhielt. »Mr Busir kommt aus Kairo. Er leitet dort ein Museum und ist ständig auf der Suche nach historischen Stücken, die möglicherweise ohne Wissen oder Zustimmung der Regierung aus seinem Land entwendet wurden. Er war von einigen deiner Artefakte heute Abend sehr fasziniert. Er hat sogar ein paar ersteigert und ist an weiteren interessiert.«

Mann, sie kaufte ihnen diesen Schwachsinn doch tatsächlich voll und ganz ab. Aber schließlich war Busir ein Profi, wenn es darum ging, Scheiße zu Gold zu spinnen. Genau wie Pete es einmal gewesen war.

»Schön für ihn«, sagte Pete. »Alles, was ich hatte, ist bereits versteigert worden. Das war der Zweck dieses Abends, schon vergessen? Der Wagen wartet, Maria.«

»Peter.« Sie hielt ihn mit einem Blick auf, der zu sagen schien, Was in aller Welt ist los mit dir? »Mr Minyawi und Mr Busir sind außerdem an der Bescheinigung der Echtheit einiger ihrer Stücke durch das Institut interessiert. Du wirst dich doch sicher noch einen Moment gedulden können, nicht wahr?«

Mitnichten. Nicht für jemanden aus Ägypten. Nie wieder.

Sie entzog ihren Ellenbogen seinem Griff, wandte sich ab, ehe er antworten konnte, und fand eine lahme Entschuldigung für sein unhöfliches Verhalten.

Na gut. Wenn es sein musste.

Er straffte die Schultern, sah zu den beiden Männern hin und wartete. Minyawi war über einen Meter achtzig groß, hatte langes dunkles Haar und einen Vollbart. Über eine Seite seines Gesichts verlief senkrecht eine schmale Narbe. Er vermied jeden Augenkontakt, aber irgendetwas an seinem Verhalten kam Pete vertraut vor. Und diese Vertrautheit flammte umso stärker auf, als Pete beobachtete, wie der Blick des Mannes die Menge durchkämmte, als suchte er jemanden. Oder als erwartete er, dass etwas passierte.

Kein gutes Zeichen.

Petes Blick schweifte zu Busir, der gut fünf Zentimeter kleiner war als Minyawi, aber breiter und muskulöser. Sein dunkles Haar war kürzer geschoren, als Pete es in Erinnerung hatte, doch diese dicken Augenbrauen, an denen seine Stirn auf dem Gesicht befestigt zu sein schien, waren dieselben. Genauso wie seine durchdringenden schwarzen Augen, die sich nicht eine Sekunde von Maria abwandten. Der Mann richtete seine Aufmerksamkeit auf jedes Detail und legte dabei eine eiskalte, tödliche Geduld an den Tag. Genau wie er es immer getan hatte.

Pete wusste, Busir würde hier kein Aufsehen erregen dazu war er zu clever aber das änderte nichts an Petes Wunsch, sich so schnell wie möglich aus diesem Auktionshaus und von diesen beiden Halsabschneidern zurückzuziehen. Was immer sie hier zu suchen hatten, es konnte nichts Gutes bedeuten. Und die Zeiten, in denen er mit ihresgleichen Geschäfte gemacht hatte, waren ein für alle Mal vorbei.

Mit wachsender Ungeduld wartete er, bis Maria eine Visitenkarte aus ihrer kleinen weißen Handtasche geholt und sie Busir gereicht hatte. Ehe sie sich in einer eingehenden Beschreibung der neuesten technischen Fortschritte des Instituts verlieren konnte, packte er sie am Arm und ließ sie diesmal nicht mehr los. »Der Wagen wartet.«

Draußen atmete er tief die kalte Novemberluft ein und wartete, während der Page seinem Fahrer ein Zeichen gab. Die Bäume, die sich ihrer Blätter entledigt hatten und zur Weihnachtszeit mit weißen Lichtern behängt waren, funkelten in der Nacht und verliehen der Straße eine Stimmung wie auf einem Bild von Norman Rockwell. Aber es interessierte ihn nicht weiter. Autos rauschten auf dem nassen Asphalt vorbei. Eine dünne Schicht Schneematsch bedeckte den Bürgersteig.

Marias Blicke waren finster, als sie sich den Mantel zuknöpfte. »Ich verstehe nicht, warum du es so eilig hattest.«

Nein, natürlich nicht. »Ich bin müde, Maria. Es war ein langer Tag, und ich wollte einfach gehen. Willst du wieder rein? Du bist mein Gast.«

Sie hörte auf, an ihren Knöpfen herumzufingern und starrte ihn an. »Peter!«

Der schnittige schwarze Mercedes fuhr vor. Als der Fahrer aussteigen wollte, gab Pete ihm durch eine Geste zu verstehen, dass er im Wagen bleiben solle. Er öffnete selbst die Tür und wartete, bis Maria auf den Rücksitz geschlüpft war.

Nachdem er sich neben sie gesetzt und die Tür geschlossen hatte, gab er dem Fahrer Anweisung, zu Marias Wohnung in der Upper West Side zu fahren, lehnte sich in dem eleganten Ledersitz zurück und schloss die Augen.

Im Wagen herrschte Schweigen. Er wusste, dass sie sich fragte, warum sie nicht zu seinem Hotel fuhren, aber er hatte keine Lust, es ihr zu erklären. Er war ihr nicht böse, aber aus irgendeinem Grund bedeutete die Aussicht, die ganze Nacht mit ihr eingesperrt zu sein, im Moment etwas zu viel Nähe für seinen Geschmack.

Stoff raschelte neben ihm, als sie ihren Mantel abstreifte. Der Sitz zu seiner Linken senkte sich, und er spürte Wärme auf seiner Haut, als sie sich zu ihm neigte. Ein blumiger Designerduft stieg ihm in die Nase. »Du siehst müde aus, Peter. Wie wär’s, wenn ich dir ein bisschen helfe, dich zu entspannen?«

Sein Magen krampfte sich bei diesem Angebot zusammen. Er war verdammt müde und brauchte wirklich dringend Entspannung. Aber er wusste, worauf sie abzielte, und aus Gründen, die er nicht näher erforschen wollte, war er nicht interessiert.

Er setzte sich auf und öffnete die Bar. Na, großartig, das Einzige, was an Alkohol da war, war eine geöffnete Flasche Champagner, nicht das Bier, nach dem er jetzt wirklich lechzte. Mangels Alternative schenkte er zwei Gläser ein und reichte ihr eins davon, in der Hoffnung, es würde ihre vagabundierenden Hände beschäftigen und von ihm fernhalten, bis sie bei ihr waren.

»Trink doch auch etwas, Maria.« Er nahm einen langen, tiefen Schluck aus dem Glas und musste blinzeln, als das Prickeln ihm direkt zu Kopf stieg.

Vielleicht musste er sich einfach nur mit Alkohol betäuben. Es war lange her, dass er sich das letzte Mal so richtig die Kante gegeben hatte. Lass dich volllaufen bis zur Besinnungslosigkeit, und wenn du morgen aufwachst, wird diese ganze Nacht nur noch eine böse Erinnerung sein.

»Peter, was quält dich?«

»Nichts.« Er leerte den Rest seines Champagners, beugte sich vor und füllte sein Glas wieder auf.

»Ich merke doch, wenn du etwas hast. Lass mich etwas für dich tun!« Ihre Hand glitt sein Bein hinauf, verweilte an der Innenseite seines Oberschenkels und beschrieb große, langsame Kreise auf seiner Hose. Er schaffte es, noch einen letzten Schluck zu nehmen, bevor sie ihm das Glas aus der Hand nahm und links neben sich in den Getränkehalter stellte. Sie rollte sich auf die Seite und legte ihr Bein über seins, schlüpfte mit ihrer Hand in sein Jackett und massierte mit den Lippen sein Ohrläppchen.

Er saß in der Falle. So fühlte er sich zumindest. In der Falle, ohne Ausweg und ohne guten Grund zu entkommen.

Er spürte feuchte Wärme an seinem Ohr. Ein tiefes, lustvolles Schnurren drang aus ihrer Kehle. Gerade als sie sich anschickte auf seinen Schoß zu rutschen, bremste der Wagen scharf und schleuderte die beiden nach vorne. Sie flogen gegen die Trennscheibe und landeten auf dem Boden. Benommen warf er einen wütenden Blick in den Rückspiegel des Fahrers. »’tschuldigung«, kam eine leise Stimme vom Fahrersitz her. »Die Ampel war rot.«

Er wollte den Kerl gerade dafür zusammenstauchen, dass er nicht aufgepasst hatte, als er bemerkte, dass ihn aus dem Spiegel vertraute braune Augen ansahen, von draußen erhellt durch die Straßenbeleuchtung. Dunkelbraune Augen. Wie geschmolzene Schokolade.

Er blinzelte, um klarer zu sehen, überzeugt, dass ihm sein Verstand einen Streich spielte, aber nein, sie waren immer noch da. Funkelnde Sternenkränze, in die er schon hunderttausende Male geblickt hatte.

Vor langer Zeit.

Vor einer Ewigkeit.

Heute Abend.

Er machte den Mund auf, um etwas zu sagen, aber die Trennscheibe ging wieder hoch, ehe er ein Wort herausgebracht hatte. Der Wagen fuhr mit einem Ruck wieder an und warf ihn wieder zurück.

Unmöglich, dass das eben wirklich passiert ist.

»Ich kriege keine Luft Peter.«

Es dauerte einen Moment, bis Marias Worte ihn erreichten, aber dann merkte er, dass er sie auf den Boden presste. Schnell half er ihr hoch und zog sie auf den Sitz. »Entschuldigung. Hast du dir wehgetan?«

»Nein. Es geht schon.« Wütend starrte sie auf das dunkle Fenster, das sie von dem Fahrer trennte. Ihre Wangen waren gerötet. Aber wie immer ganz Profi, strich sie sich das Haar glatt und hob das Kinn, als habe sie nicht soeben mit gespreizten und in die Luft gestreckten Beinen auf dem Rücken gelegen.

Pete ordnete schweigend sein Hemd, innerlich aufgewühlter, als ihm recht war. Als er fertig war, hielt der Wagen vor Marias Haus.

»Also«, sagte sie und griff nach ihrem Handtäschchen. »Das war ja eine interessante Fahrt.«

Interessant war stark untertrieben. Er wartete, bis sein Chauffeur die Tür geöffnet hatte, stieg aus und ergriff Marias Hand, um ihr herauszuhelfen. »Warten Sie hier«, sagte er. »Es dauert nicht lange.«

Er holte Maria ein, als sie das Gebäude betrat. Der Portier hielt die Tür auf, tippte sich an die Mütze und lächelte freundlich zum Gruß, als sie auf die Fahrstühle zugingen. Die Doppeltür öffnete sich mit einem kurzen Klingeln, aber Maria machte keine Anstalten hineinzugehen und er ebenso wenig.

»Du kommst nicht mehr mit hoch, nicht wahr?«, fragte sie schließlich.

Plötzlich bekam er Gewissensbisse, denn er glaubte einen gekränkten Unterton herauszuhören. »Nein.«

Sie sah mit dunklen, kaum überraschten Augen zu ihm auf. Augen, die sehr ruhig und zum Glück nicht im Geringsten wütend zu sein schienen. »Wer war sie?«

Nun war es an ihm, schockiert zu sein. »Wer?«

»Die Frau bei der Auktion. Die, der du nachgerannt bist. Wer war sie?«

Niemand, über den er jemals gesprochen hätte. Nicht mit ihr. Mit niemandem. »Ich hab sie nur mit jemandem verwechselt.«

»Hm.« Sie schürzte die Lippen, als glaubte sie ihm nicht. Dann verhärtete sich ihr Gesichtsausdruck. »Peter, mir ist klar, dass unsere Beziehung keinen Anspruch auf Ausschließlichkeit erhebt. Aber wenn du mich in Zukunft anrufst, um den Abend mit dir zu verbringen, würde ich es begrüßen, wenn du nicht anderen Frauen hinterherläufst.«

Okay, er hatte sich geirrt. Sie war sauer.

»Maria –«

»Und noch etwas«, sagte sie, stieg in den Fahrstuhl und legte die Hand an die Tür, damit sie nicht zuging. »Misch dich nie wieder ein, wenn ich mit einem Kunden rede. Nie wieder! Ist das klar? Verabredung hin oder her, das ist nicht deine Sache.«

Das war die knallharte Geschäftsfrau, die er kannte. Einen Schlag einstecken und mit Schwung wieder aufstehen. Darin war sie gut. Es war ein Grund für ihren Erfolg und einer der Hauptgründe, warum er sich hin und wieder gerne mit ihr traf. Sie war das genaue Gegenteil von den Frauen, zu denen er sich früher hingezogen gefühlt hatte. Es war aber auch der Grund, warum sie niemals mehr für ihn sein würde als eine gelegentliche erotische Verabredung.

Er erstarrte, dankbar, dass er auf dem Weg nach draußen und nicht nach oben war, und ohne die geringste Lust, mit ihr über diesen Punkt zu diskutieren. »Ich werde es beherzigen. Gute Nacht, Maria.«

Es sprach für sie, dass sie nicht versuchte, ihn auf typisch weibliche Art durch herzzerreißende Entschuldigungen zurückzuhalten. Nein, nicht Maria. Was das anging, waren sie sich viel zu ähnlich.

Dieser Gedanke beschäftigte ihn, während er auf den Ausgang zusteuerte. Anregend umwehte ihn der Wind, als er auf die Straße hinaustrat. Es hatte wieder zu schneien begonnen, dicke, weiße, nasse Flocken, die sich rasch auf den Gehsteig und die in der Straße parkenden Autos legten. Zu dieser nächtlichen Stunde und bei diesem Hundewetter waren nur wenige Fußgänger unterwegs. Ein einziges Auto fuhr vorbei, die Reifen patschten durch den Schneematsch.

Er sah auf und stellte fest, dass die Limousine nicht mehr da war. Doch nach einem Augenblick der Verwirrung merkte er, dass der Fahrer bloß drei Autolängen vorgefahren war, wahrscheinlich, damit ein anderer Wagen jemanden absetzen konnte. Vor Kälte zitternd und mit wachsendem Frust verschränkte er die Arme vor der Brust und senkte das Kinn, um die Kälte abzuhalten, während er auf das Auto zuging.

Und dabei dachte er an diese Augen, die er heute Abend gesehen hatte. So dunkel. So hypnotisierend. So sehr wie die von Kat.

Obwohl er dagegen ankämpfte, blitzte ihr perfektes Gesicht vor seinem geistigen Auge auf und presste ihm die Brust zusammen wie ein Schraubstock. Erinnerungen an den Tag, an dem er ihr das erste Mal begegnet war, stiegen vor ihm auf, und all die Fehler, die er davor und danach gemacht hatte. Und abgelenkt durch sie, wie eh und je, bemerkte er die schattenhafte Gestalt, die aus dem Seitenweg trat, erst, als es zu spät war.