27

»Jetzt warte doch ab.«

Bevor ihre Faust auf sein Kinn treffen konnte, packte Pete Kat am Handgelenk und zog sie mit einem Ruck an seine Brust. Sie konnte kaum auf seine Worte achten und spürte auch nicht seinen festen Griff. Alles, worauf sie sich konzentrieren konnte, war eine wachsende Übelkeit angesichts ihrer Naivität. Nach allem, was sie für ihn getan hatte, wie konnte er nur?

Sie drehte sich zur Seite und rammte ihm den Ellenbogen hart in die Brust. Als er sich krümmte und seinen Griff lockerte, riss sie sich los und rannte zur Tür.

Zwei kräftige Arme umfingen sie von hinten und hoben sie empor, ehe sie den Ausgang erreicht hatte. Sie trat nach hinten aus und versuchte sich frei zu kämpfen. »Lass mich los, du Schweinehund!«

»Nicht bevor du mich bis zu Ende angehört hast!« Er bezwang ihre Arme, bis er sie schließlich mit beiden Händen an ihren Körper pressen konnte. Die Anstrengung, mit ihrem wilden Gezappel fertig zu werden, ließ ihn aufstöhnen, er ging rückwärts und plumpste nach hinten auf das Bett, wo er mit ihr auf dem Schoß sitzen blieb.

»Lass mich los!«, knurrte sie wieder und strampelte noch ein-, zweimal ohne jeden Erfolg.

»Noch nicht.« Sein Griff wurde fester, er warf sein Bein über das ihre, damit sie ihm nicht ihre Ferse hineinrammen konnte. »Nicht, solange du dir nicht angehört hast, was ich dir zu sagen habe.«

»Fahr zur Hölle!« Sie schlug wieder wild auf ihn ein, obwohl sie wusste, dass es sinnlos war.

»Dieser Wunsch wird sich wahrscheinlich erfüllen.« Er hielt den Kopf seitlich abgewandt, damit sie nicht mit ihrem Hinterkopf dagegenknallte. »Aber bis dahin wäre das Mindeste, das du für mich tun könntest, mir fünf Minuten deiner wertvollen Zeit zu schenken. Ich habe dir in den letzten zwei Tagen weit mehr als das gegeben.«

Zähneknirschend wand sie sich in seinen Armen und wusste doch, dass sie festsaß. Aber sobald er seinen Griff lockerte

In der Stille, die zwischen ihnen herrschte, hörte sie, wie sein schwerer Atem mit dem ihren in Gleichklang kam, spürte sein Herz an ihrem Rücken schlagen und wollte ihn anbrüllen, dass er es endlich hinter sich bringen solle, damit sie so schnell und weit wie möglich von ihm fortkonnte.

Aber er machte keinerlei Anstalten dazu. Er saß einfach nur da und wartete, bis sie sich abreagiert hatte.

Was sie nur noch wütender machte.

Minuten später, die ihr wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, sagte er endlich: »So ist es besser.«

»Du kannst mich –«

»Kat.« Er ließ seine Stirn an ihren Rücken sinken, und in seiner Stimme lag ein solcher Schmerz, dass sie kein Wort mehr sagte. Als er dieses eine Wort – ihren Namen – aussprach, klang er verzweifelt und traurig. Und obwohl sie es nicht wollte, erweichte es sie so sehr, dass sie bereit war, sich ohne Widerspruch anzuhören, was auch immer er zu sagen hatte.

Er stieß einen Seufzer aus. »Du hast überhaupt keine Ahnung, was du mit mir gemacht hast. Was dieses Wochenende mit mir gemacht hat. Es hat alles verändert. Ich habe meinen Deal mit Busir platzen lassen. Ich bin nach Miami zurückgekehrt und habe damit angefangen, meine Geschäfte in Ordnung zu bringen, weil ich nicht wollte, dass du erfuhrst, was ich getan hatte. Ich versuchte mich von dir fernzuhalten. Gott, ich versuchte es wirklich. Aber ich konnte nicht. Kannst du dir vorstellen, wie schwer es war, zwei verdammte Wochen von dir getrennt zu sein?«

Ja, das konnte sie. Weil zwei Wochen ohne ihn damals für sie die reinste Hölle bedeutet hatten.

»Es war schlimmer als die Hölle«, sagte er, fast als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Nachdem wir das letzte Mal zusammen gewesen waren, wusste ich, dass du sauer auf mich warst, weil ich nicht mit dir über die Galerie reden wollte und weil ich so viel unterwegs war. Aber in Wahrheit war ich dabei, Geschäfte zu vermitteln und mir den Hintern aufzureißen, um mit Odyssey alles ins Reine zu bringen, ehe deine Ausgrabung beendet war und du in die Staaten zurückgekehrt wärst.

Ich wollte nicht, dass du den Mann kennenlerntest, der ich war. Ich wollte besser sein.«

Bei seinen Worten wich jedes Bedürfnis nach Widerstand von ihr.

»Ich schwöre dir«, sagte er, »ich hatte nichts zu tun mit dem Schmugglerring, dem Tod von Ramirez und damit, was mit deiner Mitbewohnerin geschehen ist. Und an dem Tag, als du früher von der Arbeit nach Hause kamst und mich beim Packen überrascht hast – verdammt, ich hab’s total vermasselt, Kat! Busir rief mich an, kurz nachdem du an diesem Morgen aus dem Haus gegangen warst, und sagte mir, er habe ein paar neue Ausgrabungsgegenstände. Ich hätte es nicht tun sollen, aber ich ging zu ihm, um sie mir anzusehen, und das Nächste, was ich weiß, ist, dass ich sie hatte. Ich wusste nicht, dass sie aus deinem Grab stammten. Ich schwöre es dir. Ich hab’s verbockt. Wenn ich die Zeit zurückdrehen und diesen Tag ungeschehen machen könnte, glaubst du nicht, ich würde es tun?

Ich habe die ganzen letzten sechs Jahre für diesen einen Fehler bezahlt. Mit dem Wissen, dass du an dem Tag, als die Bombe hochging, nicht in diesem Auto gewesen wärst, wenn ich anders gehandelt hätte. Weil du bei mir gewesen wärst. Ich weiß, du hast keinen Grund, mir zu glauben, aber ich schwöre dir, ich habe mich von diesem Tag an zusammengerissen. Obwohl ich wusste, dass es dich mir nicht mehr zurückbringen würde. Ich habe mich gebessert, weil ich es dir schuldig war.«

Kats Herz setzte einen Schlag lang aus, als sie das hörte. Dann noch einmal. Und noch mal. Und als der Inhalt dessen, was sie da gehört hatte, zu ihr durchgedrungen war, begann es wie wild und rasend loszuhämmern.

Er war kein Heiliger. Aber er war auch nicht der Sünder, für den sie ihn gehalten hatte. Und sie hatte auch Fehler gemacht, oder etwa nicht? Konnte sie ihn wirklich verurteilen, wenn die Chance bestand, dass er die Wahrheit sagte? Wenn er wirklich in den Schmugglerring oder Sawils Tod verwickelt gewesen wäre, wäre er dann über ihre Anschuldigungen in Kairo so verärgert gewesen? Darüber, dass sie jetzt wieder aufgetaucht war? Wenn er ehrlich zu ihr war – und sie spürte, dass er es war –, dann war das Einzige, dessen er sich schuldig gemacht hatte, ein schlechtes Urteilsvermögen. Ein schlechtes Urteilsvermögen und der Versuch, sein Leben in geregelte Bahnen zu bringen. Für sie.

»Oh mein Gott«, flüsterte sie, während sie die Augen schloss und Tausende von Erinnerungen an sie beide auf sie einstürzten.

Er ließ sie los und drehte sie sanft auf seinem Schoß herum. Das Blut strömte wieder in ihre Arme, doch sie merkte es kaum, wehrte sich nicht und versuchte nicht, von ihm wegzukommen. War zu gebannt von dem, was er ihr gerade gesagt hatte, um auch nur daran denken zu können, irgendwo hinzugehen.

»All das Zeug am Abend der Auktion«, sagte er sanft, »all das ist mit legalen Mitteln erworben und bezahlt worden. Du weißt, dass ich alles, was ich von Busir gekauft hatte, an diesem Tag in deiner Wohnung gelassen habe. Das Einzige, was ich behalten habe, ist der Halsschmuck, den du mir geschickt hast. Ich schwöre es. In den letzten paar Jahren konnte ich an keinem ägyptischen Stück vorbeigehen, ohne es zu kaufen und in meinem Lagerraum unterzubringen, weil es mich immer an dich erinnerte.«

Dieses Geständnis war so freimütig, dass es ihr Herz an einer Stelle berührte, von der sie gar nicht gedacht hatte, dass sie noch existierte. Und als er mit einer geradezu schmerzhaft zärtlichen Bewegung mit dem Daumen über ihre Wange strich, drohten ihr die Tränen zu kommen.

»Sag mir, warum du nach der Auktion nicht einfach weggegangen bist«, sagte er. »Du dachtest, du hättest den Anhänger. Es gab keinen Grund, mir zu folgen. Warum hast du meine Limousine gefahren? Warum warst du vor diesem Gebäude? Warum hast du dir die Mühe gemacht einzuschreiten, als Busir mich in dem Seitenweg überwältigte? Das sind nicht die Handlungen einer Frau, die mich hasst.«

»Ich ich habe dich nie gehasst.«

»Nein?« Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel. »Zuletzt hast du mich aber mit Sicherheit auch nicht besonders gemocht.«

Sechs Jahre der Sorge und des Bedauerns, der Hoffnung und des Herzschmerzes, des Verrats und des Glaubens zogen an ihr vorbei. Und nun dazusitzen, so nah bei ihm, gequält mit Fragen, die sie nicht beantworten konnte, war zu viel für sie. Ihre Augen füllten sich mit heißen Tränen. Sie bedeckte ihr Gesicht mit den Händen, um sie zurückzuhalten.

Sie wehrte sich nicht, als seine Arme sie umschlossen, als er seine Beine öffnete, damit sie tiefer in seinen Schoß sinken konnte, als er sie dichter an sich zog, sodass ihr Gesicht an seinem Hals lag und sie von seinem vertrauten Duft und dem Gefühl seiner Nähe eingehüllt war.

»Sag mir einfach nur«, flüsterte er, »warum jetzt? Ich muss es von dir hören.«

»Weil ich es vergeigt hatte«, brachte sie hervor. »Weil ich, nachdem Busir und Minyawi mich auf der Auktion gesehen hatten, wusste, dass sie es jetzt auf dich abgesehen haben würden. Ich das konnte ich doch nicht zulassen. Ich hatte zu viele Jahre damit verbracht, dafür zu sorgen, dass sie niemals –«

Sie schloss den Mund fest, als sie merkte, was sie beinahe zugegeben hätte.

Er hob ihr Gesicht an. »Du hast zu viele Jahre damit verbracht, dafür zu sorgen, dass sie niemals nach mir suchen würden«, beendete er den Satz für sie. »Du hast dich die ganze Zeit meinetwegen versteckt, nicht wahr?«

Sie konnte es nicht abstreiten. Nicht mehr. Und ein Teil von ihr wollte das auch gar nicht. Sie schloss die Augen, als ihr die erste Träne über die Wange lief.

»Kit-Kat«, flüsterte er. »Sieh mich an!«

Sie öffnete die Augen, um in sein vertrautes Gesicht zu blicken, ein Gesicht, das so lange Zeit in ihren Träumen aufgetaucht war. Ein Gesicht, das immer noch einen blauen Fleck von Busir und eine Schnittwunde von ihrer Auseinandersetzung in Raleigh aufwies.

»Du hast den kauernden Pharao mir geschickt, anstatt ihn Slade zur Aufbewahrung zu geben. So dass du, im Falle, dass jemals jemand versuchen würde, über mich an dich heranzukommen, einen Trumpf im Ärmel hättest. Und das, obwohl du wusstest, dass er dich möglicherweise reinwaschen könnte.« Als sie nicht antworten konnte, flüsterte er. »Gott! Warum zum Teufel hast du mir das nicht schon vor Tagen erzählt?«

»Weil ich wusste, dass du mir nicht glauben würdest. Und ich « Sie nahm ihren Mut zusammen und blickte auf den offenen Kragen seines Hemdes. »Egal, was zwischen uns zuvor passiert ist, ich hatte Angst, dass du mich verlassen würdest, wenn du es wüsstest, und dann wärst du in noch größerer Gefahr gewesen als in der, in die ich dich ursprünglich gebracht hatte.«

»Du hast all das getan, obwohl du angenommen hast, ich hätte mit diesem Schmugglerring zu tun?«

Sie zögerte, aber schließlich gab sie auf und nickte.

Als er keine Antwort gab, riskierte sie schließlich einen Blick. Und sah in Augen, die ganz sanft und verträumt wurden, genau so, wie sie es vor so vielen Jahren in Kairo gewesen waren. In diesem Moment löste sich der Knoten in ihrem Inneren auf, verflüchtigte sich.

»Ich bin nie über dich hinweggekommen«, flüsterte er. »Du bist die einzige Frau, nach der mich wirklich verlangt hat, die einzige, die ich jemals gewollt habe –«

Sie ließ ihn nicht ausreden. Durch eine Flut von Tränen hindurch küsste sie ihn heftig, und zersprang dann beinahe, als seine Hände ihren Rücken hinabglitten, um sich um sie zu schließen. Der Kuss war so elektrisierend, dass ihr ganzer Leib dahingeschmolzen wäre, wenn er nicht seine Arme eng um sie geschlungen hätte.

»Du wirst diese Wohnung heute Nacht nicht verlassen«, murmelte er an ihrem Mund. »Du wirst mir nicht von der Seite weichen, bis ich weiß, dass du in Sicherheit bist. Das, was ich vor sechs Jahren durchgemacht habe, ertrage ich kein zweites Mal.«

Bei seinen Worten und der Verletzlichkeit, die sie aus seiner Stimme heraushörte, machte ihr Herz einen Salto. Sie legte ihre Hand an sein Gesicht und küsste ihn lang und innig, ließ ihre Zunge in seinen Mund gleiten, bis sie seine Süße überall in sich spürte.

»Ich will heute Nacht bei dir bleiben, Kat. Kein Weglaufen mehr. Sag mir, dass du das auch willst! Sag’s mir –«

Sie nickte rasch. »Ja. Ja. Das will ich. Oh Pete! Das ist alles, was ich je gewollt habe.«

Jede Zurückhaltung, die er zuvor noch geübt hatte, wich mit ihren Worten, und ein tiefes Brummen des Triumphes stieg aus seiner Kehle empor, als er sie mit seinen Armen fest an sich presste und sich sein Mund mit erstaunlicher Kraft über ihrem schloss. Sie spürte seinen starken, gleichmäßigen Herzschlag dicht an ihrem, ein leichtes Zittern seines Körpers, als er sie küsste. Und als er sich bewegte, war seine Erregung, die sich in ihre Hüfte bohrte und ein Beweis dafür war, wie sehr er sie begehrte, nicht misszuverstehen.

Er rollte sie auf den Rücken, ohne auch nur für eine Sekunde ihren Kuss zu unterbrechen oder seinen Griff zu lockern. Ihre Hände flogen zu den Knöpfen seines Hemdes und fingerten daran herum. Als sie nicht schnell genug an ihn herankam, gab sie es auf und zog ihm stattdessen das Hemd aus der Hose. Als sie sich mit flinken Fingern an seinem Gürtel zu schaffen machte, wurde ihr auf einmal bewusst, dass sie heute eine ganze Skala an Gefühlen erlebt hatte: von tiefster Verzweiflung über ein gebrochenes Herz und später das Gefühl, betrogen worden zu sein, bis hin zu so wahnsinnigem Glück, dass sie kaum atmen konnte. Aber wie und warum und wann sie an diesen Punkt gelangt waren, war nicht wichtig. Nicht mehr.

Sie fand den Knopf an seinem Hosenbund und zog ihm seine Hose aus. Er stöhnte in ihren Mund, während ihre Hände über seinen Rücken fuhren, immer tiefer, und ihn dann zu sich zogen.

»Gott, Kit-Kat! Du hast keine Ahnung, was du mit mir anstellst.«

»Doch«, flüsterte sie. »Weil es tief in meinem Inneren brennt.«

Er löste sich so schnell aus ihrer Umklammerung, dass sie kaum Zeit hatte zu reagieren, lehnte sich kniend zurück und hob ihren Oberkörper vom Bett an, damit er ihr das T-Shirt ausziehen konnte. Sie rang nach Atem, als sie den kühlen Luftzug spürte, als er ihr mit einer heftigen Bewegung den BH öffnete. Sekunden später gesellte sich ihre Jeans zu dem T-Shirt auf dem Boden, und sein Mund fand wieder den ihren und küsste sie fest, während er sich seiner Kleidung entledigte und in seiner ganzen nackten Pracht wieder auf sie stieg.

Das war so viel besser als beim letzten Mal. Weil sie diesmal wusste, was er fühlte. Und es wärmte die kältesten Winkel ihres Herzens. Sie schlang ihre Arme um ihn, während er sich ihren Körper hinaufbewegte. Erschauderte, als seine Finger sich zwischen sie und ihn senkten und ihre Nässe fanden. Sie stöhnte bei der kleinsten Berührung auf und ließ ihren Kopf auf die Matratze zurückfallen, während er sie rieb und streichelte und sie sich an ihm festklammerte, als ginge es um Leben und Tod.

Er glitt mit einem Finger tief hinein und kreiste und wirbelte mit dem Daumen herum. Elektrizität schoss in jede Nervenzelle ihres Körpers, bis sie das Gefühl hatte, explodieren zu müssen.

»Du bist so eng«, sagte er dicht an ihrem Hals. Seine Zähne fanden ihr Ohr, fuhren über ihr Ohrläppchen, während er einen zweiten Finger hinzunahm und sie zu neuen Höhen aufschwingen ließ. »Ja, genau. Drück mich zusammen! Ich liebe es, wie du dich anfühlst.«

»Pete.« Er brachte sie schnell bis an den Rand des Höhepunkts. Sie begann wieder zu stöhnen, hob ihre Hüften seinen unglaublich talentierten Fingern entgegen.

»Gut so. Hör nicht auf, meinen Namen zu sagen, Kit-Kat!« Er veränderte die Position, küsste sich ihren Körper hinunter auf ihre Scham zu, langsam, Zentimeter für Zentimeter, bis sie spürte, wie seine Zunge über ihr empfindlichstes Fleisch glitt.

Ooooh. Sie stöhnte auf. Wölbte sich ihm entgegen, während seine Finger immer tiefer eintauchten und Flammen sich in ihrem Innersten zu entzünden begannen.

Aber es war noch nicht genug. Ihr gefiel das, was er da tat, aber sie wollte mehr. Sie wollte ihn. »Pete, bitte. Ich will einfach nur dich.«

Ehe sie die Augen öffnen konnte, bewegte er sich ihren Körper hinauf. Sein Mund nahm den ihren mit einer Dringlichkeit ein, die sie bisher bei ihm noch nicht erlebt hatte. Sie schmeckte ihn, sich selbst, all die Jahre, die sie verloren hatten. Als sie das Knistern von Zellophan hörte, griff sie hinunter, um ihm beim Überstreifen zu helfen, nur um festzustellen, dass sie zu spät kam. Seine Hände fassten ihre Hüften, während er sich zwischen ihre Schenkel manövrierte. Sie schnappte unter seinem Mund nach Luft, als seine pulsierende Erektion über ihr Lustzentrum streifte, und stöhnte dann vor Erregung auf, als er mit einem einzigen kraftvollen Stoß in sie drang.

Offensichtlich hatte sie das Richtige gesagt, denn er konnte gar nicht schnell genug in ihr sein. Und sie fand es gut, so gut. Sie schlang ihre Beine um ihn und hielt ihn fest, während er in sie stieß und sie sich ihm Stoß für Stoß entgegenpresste. Die ganze Zeit küsste er sie und trieb sie mit seinem Mund in den Wahnsinn, er liebte sie mit seinem ganzen Körper, als wäre es das erste Mal. Das letzte Mal. Jedes Mal, das sie in all den Jahren versäumt hatten.

Die Bedeutung dieses Augenblickes war ihr nur allzu klar. Selbst als sich ihr Orgasmus aufzubauen begann, und obwohl sie wusste, dass es kitschig und albern war und dass es einen besseren Zeitpunkt geben würde, wollte sie ihn wissen lassen, was sie für ihn empfand.

Sie legte ihr Bein über seine Hüfte, drückte mit der Hand gegen seine Schulter, um ihn auf den Rücken zu rollen. Er verstand den Hinweis sofort, drehte sich mit ihr und zog sie fest an sich gedrückt mit sich, während sie sich auf ihm niederließ, um ihn anzutreiben und zu besitzen.

Seine halb geschlossenen, rauchigen Augen leuchteten mit einem erotischen Schimmer, der sie magisch anzog. Sie küsste ihn, spannte ihre Muskeln an und erwiderte seine Aufwärtsstöße. »Kit-Kat. Was machst du bloß mit mir?«

Die Wärme strömte zwischen ihren Schenkeln zusammen. Sie war kurz davor, zu kommen, aber sie wollte noch nicht. Nicht, bevor er kam. Mit rechts und links von seinem Kopf aufgestützten Händen beugte sie sich hinab und lehnte ihre Stirn an seine. Das Medaillon um ihren Hals fiel auf sein Herz hinunter, genau da, wo es hingehörte. »Ich liebe dich, Pete. Ich habe dich immer geliebt.«

Mit einem lang gezogenen Stöhnen explodierte er in ihr, und sie klammerte sich fest, als ihr eigener Höhepunkt sie Sekunden später mit sich riss. In diesem Moment war die Vergangenheit beendet und begraben. Und durfte sich nie wieder zwischen sie stellen.

Sein Mund fand den ihren, heiß und nass und besitzergreifend. Und sie wurde verrückt danach. Liebte seine starken Arme, die sich um sie legten, um sie fest an sich zu drücken. Mochte es, dass er nicht genug von ihr zu bekommen schien. Liebte seinen Herzschlag, der im Takt mit dem ihren schlug.

Immer noch mit ihm vereint, brach sie auf seiner Brust zusammen und presste ihr Gesicht an seinen Hals, machte lange und tiefe Atemzüge. Die ganze Zeit flüsterte er ihr zärtliche Dinge ins Ohr und wanderte mit seiner Hand ihren Rücken hinauf und hinunter.

Sie schmiegte sich an ihn und schloss die Augen. Zum ersten Mal seit Jahren war sie von einer Hoffnung erfüllt, die ihr Angst bereitete.

Jeder Quadratzentimeter ihres Körpers schmerzte sie.

Hailey lag bewegungslos auf der Seite und hielt die Luft an, um nicht loszuschreien. Keine leichte Sache, wenn man bedachte, dass selbst der kleinste Atemzug wehtat wie verrückt.

Das Fahrzeug, in dem sie sich befand, holperte und riss sie auf die andere Seite hinüber, was ihr einen rasenden Schmerz durch den Oberkörper jagte, an der Stelle, wo sie getreten worden war. So viel zu diesem ganzen Selbstverteidigungstraining. Sie hatte sich von diesen miesen Typen überwältigen lassen, und jetzt ging es ihr dreckig. Und sie war zweifellos von Kopf bis Fuß grün und blau.

Okay, denk nach.

Sie hatte keine Ahnung, wohin sie fuhren, doch das rhythmische flapp, flapp, flapp, das in ihr Bewusstsein drang, sagte ihr, dass sie sehr wahrscheinlich auf einer Brücke waren.

Brücke Brücke Brücke. Verdammt, das konnte überall sein!

Ihre Erinnerungen waren vage, seit Minyawi sie in Laurens Haus in Key Biscayne k.o. geschlagen hatte. Sie war sich ziemlich sicher, dass man sie in ein Flugzeug gebracht und dann in ein Auto gepackt hatte. Sie wusste, dass sie sie mehrmals mit Laurens Namen angesprochen hatten, also hatten sie noch nicht gemerkt, dass sie sich geirrt hatten. Sie erinnerte sich, dass sie mit Minyawi in einer Art schmuddeligem Motel gewesen war – ja, er war ein echt kranker Wichser – und er sie angeglotzt hatte, als sei sie die letzte Nutte in irgendeinem Bordell. Aber jetzt verschwamm selbst das, genauso wie die Prügel, die sie offenbar bezogen hatte, in einer flüchtigen Nebelhaftigkeit. Und sie dankte Gott für diesen kleinen Ausflug in das Land der Amnesie. Bei allem, was sie in ihrem Leben ohnehin schon am Hals hatte, konnte sie die Erschütterungen dieses beschissenen Albtraums wirklich nicht auch noch brauchen.

Die Hände auf den Rücken gefesselt und die Augen verbunden, wusste sie nicht, in was für einem Fahrzeug sie sich befand, auch nicht, wie lange sie bereits unterwegs waren. Doch auf eine Sache hatte sie geachtet: die Stimmen der beiden Männer, die sie entführt hatten.

Starker Akzent. Nahöstlich. Kalt. Hart. An Menschenverachtung grenzend. Die eine gehörte eindeutig Minyawi. Und die ­andere? Sie war sich fast sicher, dass er auf den Namen Busir hörte.

Oh Mann! Pete schuldete ihr hierfür etwas. Eine ganze Menge sogar. Wenn sie hier rauskam – falls sie hier rauskam –, würde sie dafür sorgen, dass er ihr das zehnfach zurückzahlte.

Die einzige Möglichkeit, nicht durchzudrehen, war, ihren Verstand zu gebrauchen und zu ihrer Polizeiausbildung zurückzuspulen. Sie zählte das flapp, flapp, flapp und wie oft sie um die Kurve bogen, nachdem sie die mutmaßliche Brücke verlassen hatten. Als das Fahrzeug ruckartig zum Stehen kam, biss sie die Zähne zusammen, um nicht laut aufzuschreien, als der Schmerz ihren ganzen Körper durchzuckte.

Eine Autotür öffnete sich. Schritte kamen um den Wagen herum. Wo sie ihre Füße hatte, wurde eine Tür aufgerissen, und ein kalter Windstoß fegte über ihren Körper.

Sie waren definitiv nicht mehr in Florida. Die Luft hier war frisch und eisig, und Schnee lag in der Luft. Sie rührte sich nicht.

»Ich komme wieder. Mit einem Freund«, sagte derjenige, der mit Sicherheit Minyawi war.

Die Tür wurde zugeschlagen, und das Einrasten eines Schlosses hallte durch das Innere des Autos, das gerade zu ihrer Gefängniszelle geworden war.

Die Schritte einer Person entfernten sich vom Fahrzeug und verhallten schließlich ganz. Sie wartete darauf, dass sich die andere Tür öffnete. Auf Atemzüge, die ihr sagten, dass sie nicht allein war. Aber da war nichts.

Aus irgendeinem Grund war Busir nicht mehr bei ihnen. Was bedeutete, dass sie tatsächlich allein war. Und das war ganz sicher ihre einzige Chance zu entkommen.

Sie schoss in die Höhe. Es gab zwei Dinge, die Minyawi nicht wusste: Erstens stand sie nicht so stark unter Drogen, wie er dachte. Zwar war sie benommen, aber sie hatte ihm in den letzten Stunden etwas vorgespielt, damit er ihr nicht noch eine Dosis verpasste. Und zweitens war sie nicht das hilflose weibliche Model, für das er sie hielt.

Ihr Puls pochte in ihren Ohren, während sie versuchte, sich von den Fesseln an ihrem Rücken zu befreien. Als sich das als unmöglich herausstellte, rollte sie sich auf den Bauch, kam auf die Knie und versuchte, mit dem Gesicht über die Schulter zu streifen, um sich der Augenbinde zu entledigen.

Es war, als arbeitete sie unter Wasser. Arme und Beine verweigerten ihr den Dienst. Schließlich wurde ihr klar, dass sie überhaupt nichts erreichen würde, wenn sie nicht dem Problem mit ihren Armen zu Leibe rückte. Sie rollte sich auf den Rücken, hob die Hüften vom Boden an und stöhnte, während sie mit dem Unterleib durch die Schlinge schlüpfte, die ihre zusammengebundenen Arme bildeten, und die Hände so vor ihren Körper brachte.

Sie war schweißgebadet. Ein metallisches Scheppern von irgendwo draußen ließ sie abrupt innehalten. Sie wartete. Und betete die ganze Zeit, dass Minyawi nicht zurückgekommen war.

Als das Geräusch aufhörte und klar war, dass es nichts mit ihr zu tun gehabt hatte, ging sie wieder an die Arbeit und schob mit den Händen die Augenbinde fort, sodass sie sich um die Fesseln an ihren Füßen kümmern konnte.

Es dauerte eine Weile, bis ihre Augen sich an die Umgebung gewöhnt hatten, doch sie erkannte schnell, dass, wo immer sie sich befand, noch Nacht war. Lichter einer Stadt fielen durch die Windschutzscheibe herein und warfen Schatten in das Innere des Fahrzeugs, das vermutlich ein Lieferwagen war. Die Wände waren aus Metall, der Boden hart und kalt, und am hinteren Ende sah sie zwei Ladetüren. Vor ihr versperrte ihr ein Drahtnetz den Zugang zu den beiden vorderen Sitzen.

Das Seil schnitt ihr ins Fleisch. Ihre Finger begannen zu bluten, während sie sich zu befreien versuchte. Doch sie hörte nicht auf. Als sie kurz davor war, verzweifelt loszubrüllen, lockerten sich ihre Fußfesseln.

Ja!

Sie strampelte und wand sich aus den Seilen heraus und kam rasch auf die Beine. Keine Zeit, sich um ihre Hände zu kümmern. Sie musste schleunigst von hier verschwinden.

Die Ladetüren waren verschlossen – was keine Überraschung war – also blieb nur der vordere Teil. Sie streifte mit ihren gefesselten Händen über die Absperrung und versuchte irgendeinen Durchlass zu finden. Als das erfolglos blieb, packte sie das Metall mit den Fingern und rüttelte heftig daran.

Immer noch nichts.

»Verfluchte Scheiße! Komm schon!«

Ihre Atemzüge wurden mühsam und schwer. Schweißnass sah sie sich den Rand des Netzes an, und ihr Blick fiel auf zwei winzige Klammern. Als sei das Ding nur eingehängt und nicht fest verankert.

Hoffnung überkam sie.

Auf allen vieren bearbeitete sie den unteren rechten Verschluss, bis ihre Finger vor Schmerz schrien, dann den am oberen Ende. Und brach fast in Freudentränen aus, als die Trennwand aufklappte wie eine Tür.

Sie kroch hindurch, ließ sich auf den Fahrersitz fallen und sah sich das Zündschloss an. Keine Schlüssel.

Verdammt! Aber was hatte sie auch erwartet? Eine eingravierte Einladung, der Freiheit entgegenzurasen wie der Rennfahrer Greg Biffle?

Sie biss sich auf die Lippe. Sie musste die Behörden verständigen und Pete über Minyawi informieren. Sie konnte aussteigen und wegrennen oder sie konnte das Ding kurzschließen, wie Rafe es ihr beigebracht hatte, als sie zusammen gewesen waren. Mist, sie war sich nicht sicher, ob sie noch wusste, welcher Draht wohin gehörte.

Während sie um eine Entscheidung mit sich rang, warf sie noch einmal einen Blick hinaus. Da wurde ihr schlagartig klar, wo sie sich befand.

Absolut unmöglich.

Vergiss das mit dem Autorennen. Sie hatte eine Idee, wie es schneller ging.