22

Er wusste, dass er ein Riesenesel war. Aber von dem Moment an, als er sie aus dem Stadtbus steigen gesehen hatte, waren all seine rationalen Vorsätze, den Überlegenen zu spielen, vergessen gewesen.

»Ich « Kat blickte mit großen Augen zu ihm auf. »Wo ist er?«

»Ich habe ihn weggegeben.«

»Was?« Die Ungläubigkeit schraubte ihre Stimme in die Höhe.

»Einer Freundin«, sagte er beiläufig. »Als Dankeschön, wenn du es so willst. Dafür, dass sie mich letztendlich dazu überredet hat, den ganzen ägyptischen Mist zu versteigern, den ich über die Jahre gesammelt hatte und der nur Platz in unseren Lagerräumen weggenommen hat.«

»Du du hast ihn jemandem gegeben? Einfach so?«

Regte sie sich auf, weil er ihren wertvollen Beweis weggegeben hatte oder weil sie der Meinung gewesen war, dass der Halsschmuck einen sentimentalen Wert für ihn hatte, da er ihn von ihr hatte?

Er konnte es nicht mit Bestimmtheit sagen. Und er würde nicht zugeben, dass er dieses spezielle Stück weggegeben hatte, gerade weil es mit Sentimentalität behaftet war. Es war das Letzte, das er von ihr bekommen hatte. Das Letzte, das sie berührt hatte, bevor sie – wie er fälschlicherweise geglaubt hatte – gestorben war.

»Wo?«, fragte sie. »Wo ist er?«

»An einem Ort, der sicherer ist als dein Rucksack.«

Er konnte sehen, wie es in ihrem Kopf arbeitete, als sie sich auf der leeren Straße umblickte. Die Dämmerung ging rasch in Dunkelheit über, doch ihr besorgtes Gesicht wurde von einer Straßenlaterne angeleuchtet. »Wir müssen ihn zurückbekommen. Du begreifst das nicht. Wenn er in die falschen Hände gerät –«

»Das wird er nicht. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass er sicher verwahrt und eingeschlossen ist. Jetzt erzähl mir von Charles Latham.«

Sie fügte sich offensichtlich in die Tatsache, dass sie ihn nicht so schnell loswürde, und ließ sich auf die Bank sinken. »Er war der Leiter unserer Ausgrabungsstätte im Tal der Könige.«

»So viel wusste ich auch schon.«

»Er …« Sie rieb sich mit einer Hand über die Stirn. »Ich vermute, er ist irgendwie in die ganze Sache mit der Schmuggelei verwickelt gewesen. Sawil sagte, er habe mit Latham über seinen Verdacht gesprochen, aber es habe nie irgendwelche Konsequenzen gegeben. Latham ist mit Sawils Bedenken nie zum SCA gegangen, wie er behauptet hat. Ich weiß das, weil ich nach Sawils Tod beim SCA nachgefragt habe.«

»Vielleicht hatte er Angst, dass man ihn verfolgen würde.«

»Vielleicht. Aus heutiger Sicht betrachtet, hatte Latham sich in den letzten paar Tagen seltsam benommen. Beobachtete Sawil, schlich überall herum. Damals dachte ich mir nicht viel dabei, verstehst du? Ich meine, ich war abgelenkt durch die Sache mit uns. Aber im Nachhinein wurde mir klar, dass mit Latham irgendwas nicht gestimmt haben konnte.«

»Und da kommst du her und willst mit ihm reden? Wenn er mit dieser Bande unter einer Decke steckt, könnte er Busir und diesen durchgeknallten Minyawi anrufen und ihnen sagen, wo du bist.«

»Ja.« Sie nickte. »Schon möglich, aber ich hatte nicht vor, ihm Gelegenheit dazu zu geben.«

Er dachte an die Pistole, die er in ihrem Rucksack gesehen hatte. Was zum Teufel war die Frau alles bereit zu tun, um ihre eigene Haut zu retten?

»Außerdem«, sagte sie, ehe er fragen konnte, »ist es mir mittlerweile eigentlich egal, was mit mir geschieht. Ich will einfach nur, dass es vorbei ist.«

Etwas Beunruhigendes durchfuhr ihn. Wenn ihr egal war, was mit ihr geschah, warum tat sie dann das alles überhaupt?«

»Dann komm«, sagte er und versuchte, den Gedanken zu verdrängen. »Lass es uns herausfinden!«

Das Haus von Latham war ein ausgedehntes zweistöckiges Anwesen an der Ecke einer ruhigen Straße. Das Licht der Veranda schien durch die Dunkelheit. Auf der Treppe zum Eingang waren noch von den Herbstfeiertagen übrig gebliebene Kürbisse aufgestellt.

Pete packte Kat am Ellenbogen, ehe sie klingeln konnte. »Nur dass wir uns einig sind. Falls irgendwas Unvorhergesehenes geschieht, bleibst du bei mir und rennst nicht wieder alleine auf und davon.«

Sie nickte, und er wusste, sie würde auf ihn hören, denn er hatte das Einzige, was sie wollte: den Halsschmuck.

Sie warteten dreißig Sekunden, und als niemand aufmachte, klingelte Kat noch einmal. Als Pete bereits dachte, dass es keinen Sinn mehr hatte, hörte er Schritte im Haus.

Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit, und eine Frau mittleren Alters spähte hindurch. »Kann ich Ihnen helfen?«

Kat trat vor, damit die Frau sie besser sehen konnte. »Mein Name ist Katherine Meyer. Es tut mir leid, dass ich Sie so spät noch störe, aber ich habe einmal mit Charles Latham zusammengearbeitet. Das hier ist mein Kollege Peter Kauffman. Wir würden gerne einen Moment mit Charles über ein Projekt reden, an dem er vor einigen Jahren gearbeitet hat.«

»Sie haben mit Charles zusammengearbeitet?«

Kat nickte. »Ja. Vor langer Zeit.«

Der Blick der Frau verfinsterte sich, und sie zog die Tür weiter auf. Sie trug Jeans und einen schwarzen Pullover, und obwohl sie müde aussah, hatte Pete den Eindruck einer eindrucksvollen Frau Mitte fünfzig. »Dann haben Sie es vermutlich noch nicht gehört. Charles ist vor einer Woche von uns gegangen.«

Kat warf Pete einen Blick zu, und ihm entging nicht, dass er zu sagen schien: Wie praktisch! »Das tut mir sehr leid«, sagte sie zu der Frau. »Das wusste ich nicht.«

»Katherine Meyer«, sagte die Frau, als probierte sie den Namen aus. »Charles hat von Ihnen gesprochen.« Ihre Stirn kräuselte sich, und eine grau melierte Haarsträhne fiel nach vorn und streifte ihre Wange. »Das muss dann vor Jahren gewesen sein, als er in Ägypten gearbeitet hat.«

»Ja«, sagte Kat. »Im Tal der Könige.«

Schmerz, oder vielleicht auch Sorge, huschte über ihr Gesicht, als die Frau die Tür noch weiter öffnete. »Warum kommen Sie nicht herein? Es ist kalt draußen.«

Ehe sie das Haus betraten, tauschten Pete und Kat Blicke aus. Der Eingangsbereich führte in ein tiefer gelegenes, mit dunklem Holz und burgunderfarbenen Möbeln eingerichtetes Wohnzimmer.

»Ich heiße übrigens Ann. Charles und ich waren zweiundzwanzig Jahre verheiratet.« Mit einer Geste bedeutete sie ihnen, auf dem Sofa Platz zu nehmen. »Ich glaube nicht, dass wir uns je begegnet sind, aber ich kann mich erinnern, dass Charles von Ihnen gesprochen hat, nachdem er zurück war.«

»Ich habe gehört, dass er krank war. Es tut mir leid.«

»Ja.« Ann faltete die Hände im Schoß. »Es war eine lange Krankheit. Krebs. Am Ende « Schmerz verzerrte ihr Gesicht, als sie auf ein Foto im Regal gegenüber blickte. »Am Ende ist er friedlich eingeschlafen, und mehr kann wohl niemand verlangen.«

Für einen Moment fühlte Pete sich zurückversetzt in die Zeit, als er auf Laurens Terrasse gesessen hatte. Als er nach Washington geflogen war, um Kats Mutter zu besuchen. Als er einen Gedenkgottesdienst durchlitten hatte, an dem er gar nicht hatte teilnehmen wollen. Er wusste genau, was diese Witwe durchmachte, weil er es selbst erlebt hatte.

»Hat in den letzten paar Wochen sonst noch jemand Charles besucht, der mit ihm in Ägypten zusammengearbeitet hat?«, fragte er.

»Nein, ich glaube nicht. Unsere Tochter ist zurzeit zu Besuch aus Atlanta. Sie weiß vielleicht mehr, aber ich bin sicher, sie hätte es mir gesagt.«

»Sie sagten, er habe von mir gesprochen«, sagte Kat. »Können Sie mir sagen, worum es dabei ging?«

»Nicht genau. Es ist lange her. Aber ich kann mich an Ihren Namen erinnern. Ein Problem bei der Ausgrabung, obwohl er es nie näher ausgeführt hat.« Sie fuhr sich mit einer Hand über das schulterlange Haar. »Das waren harte Zeiten. Als er von dem Projekt in Ägypten heimkehrte, zog er sich von allem sehr zurück. Unsere Ehe machte eine schwierige Phase durch. Ich wusste immer, dass dort irgendwas passiert war, aber er redete nicht davon, und nach einiger Zeit hörte ich auf, mir den Kopf darüber zu zerbrechen. Danach ging er wieder an die Universität und betätigte sich als Dozent. Im praktischen Bereich hat er nie wieder gearbeitet.«

Kat blickte Pete an, und er wusste, dass sie dasselbe dachte wie er.

Er sah wieder Ann Latham an. »Er hat nicht zufälligerweise etwas von seiner Forschungsarbeit über die Grabung aufbewahrt, oder?«

Ann schürzte die Lippen. »Könnte sein. Ich bin ziemlich sicher, dass in der Garage eine Kiste mit Teilen seiner Arbeit aus der Zeit steht. Möchten Sie einen Blick darauf werfen?«

Pete musste sich beherrschen, um nicht aufzuspringen und Ja, zum Teufel! zu rufen.

Kat war Gott sei Dank taktvoller. Ihr Lächeln war warm und teilnahmsvoll. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht.«

»Ehrlich gesagt«, sagte Ann und stand auf, »würden Sie mir sogar einen Gefallen tun. Ich war nicht sicher, was ich mit dem ganzen Zeug machen soll. Ich kann es einfach nicht durchsehen. Dabei kommen viel zu viele Erinnerungen hoch.«

Sie machte ihnen ein Zeichen, ihr zu folgen. Sie durchquerten eine blitzsaubere Küche mit Schränken aus Kirschholz und Arbeitsflächen aus Granit und gingen dann durch eine Tür, die in die Garage führte. Ann griff um die Ecke herum und schaltete das Licht an. Die Doppelgarage war voller Kisten, einige offen, viele geschlossen und mit rotem Filzstift beschriftet. Ein Stuhl stand umgedreht auf einer Tischkante, ein altes, schäbiges Sofa an einer der Wände.

»Meine Tochter und ihr Mann haben einen ganzen Tag damit zugebracht, Charles’ Büro in der Universität auszuräumen.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ich weiß einfach nicht, was ich mit dem ganzen Kram machen soll. Ich schwöre Ihnen, ich kann ihn riechen hier drin.«

Bevor einer von ihnen antworten konnte, wandte sie sich nach links. »Sie ist gleich hier drüben. Einige von denen stehen schon seit Jahren hier draußen. Diese Kiste hier« – sie schob einen Karton beiseite und schlängelte sich zwischen aufgestapelten Pappkartons hindurch, bis sie fand, was sie suchte – »hat er niemals mit zur Uni genommen. Ach, da ist sie ja!«

»Kommen Sie, lassen Sie mich.« Pete ging hin, um ihr zu helfen. Auf der Kiste, auf die sie zeigte, stand Luxor.

Pete holte die Kiste herunter, damit Kat sie durchsehen konnte. Größtenteils war der Inhalt wenig interessant, aber ein kleines Notizbuch zog Kats Aufmerksamkeit auf sich. Sie nahm es zur Hand, und als Pete ihr in die Augen sah, bemerkte er darin ein Funkeln der Erregung.

»Sie können das wirklich gerne mitnehmen«, sagte Ann. »Ich weiß nicht, ob es Ihnen bei Ihren weiteren Forschungen helfen wird, aber Charles war äußerst genau bei Details. Wenn Sie nach bestimmten Aufzeichnungen suchen, werden Sie sie in diesem Tagebuch sicher finden.«

»Vielen Dank«, sagte Kat. »Das hoffen wir.«

Ann Latham begleitete sie zur Haustür. Pete reichte der Frau seine Visitenkarte, während Kat das Tagebuch in ihren Rucksack steckte.

»Meine Privatnummer steht auf der Rückseite. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, würden wir uns freuen, wenn Sie uns anrufen. Jederzeit.«

Ann Latham blickte auf die Karte hinunter. »Das werde ich tun.«

Ehe sie gingen, umarmte Kat die Frau kurz. »Es tut mir sehr leid für Sie.«

»Danke. Charles war ein durch und durch guter Mensch. Oh, er war nicht perfekt, und er hatte seine Dämonen wie wir alle, aber er versuchte ein anständiges Leben zu führen. Und was immer er Unrechtes getan hat, ich habe es ihm lange verziehen. Es bringt nichts, irgendeinen Groll zu hegen. Das Leben ist viel zu wertvoll.«

Kat lächelte traurig. »Ich wünschte, alle wären so weise wie Sie, Mrs Latham.«

»Es hat nichts mit weise zu tun. Sondern damit, dass der Verlust von jemandem, von dem man noch nicht einmal wusste, dass man ohne ihn nicht leben kann, einen sehr nachdenklich macht und dazu führt, dass man seine Prioritäten noch einmal gründlich überdenkt.«

Anns Worte klangen in Petes Kopf nach, als sich die Tür hinter ihnen schloss und sie den dunklen Gehweg entlangliefen. Kat war auffallend still, und Pete war sich nicht sicher, was ihr durch den Kopf ging.

Er deutete auf seinen Mietwagen zwei Blocks weiter. Dort angekommen, öffnete er die Beifahrertür und ließ Kat einsteigen. Er nahm neben ihr Platz und starrte in die Dunkelheit hinaus, während Kat das Licht über sich anschaltete und das Notizbuch aufklappte.

Tatsache war, dass er im Moment nicht einmal wusste, was in seinem eigenen Kopf vorging. Irgendwann zwischen dem Zeitpunkt, als sie an Ann Lathams Tür geklingelt hatten, und jetzt war der ganze Ärger, den er geschürt hatte, seit sie ihm heute Morgen davongelaufen war, allmählich versiegt, bis er sich einfach nur noch leer gefühlt hatte.

»Oh mein Gott«, sagte Kat neben ihm. »Sieh dir das an!«

Aus seinen Überlegungen gerissen, folgte Pete ihrem Finger, der auf eine Liste von Daten und Nummern deutete. Nein, keine Nummern, wie ihm klar wurde, sondern Beträge. In ägyptischen Gineh oder Pfund. Hunderttausende von Pfund. Und diesen augenscheinlichen Zahlungen war jeweils ein Datum zugeordnet. »Er hat Tagebuch über seine Einnahmen geführt?«

»Nein.« Kat schüttelte den Kopf, und ihre Stimme senkte sich zu einem Flüstern. »Du hattest recht.«

»Womit?«

Seine Augen folgten ihrem Finger, der sich zum oberen Rand des Blattes und auf die Buchstaben P-A-N-E-K bewegte.

»Was ist ›Panek‹?«, fragte Pete.

Kat schloss die Augen und lehnte den Kopf an die Kopfstütze. »Es ist ägyptisch. Es bedeutet Schlange in der alten Sprache. Es war ein Witz, das sagte er zumindest.« Ihr Gesicht wurde blass. »Weil er groß und schlank war und in Gänge kriechen konnte, in die Latham und die anderen nicht hineinpassten.

»Wer?«

Sie öffnete die Augen und sah ihn an. »Sawil. Alle nannten ihn Panek bei der Ausgrabung.« Sie presste sich die Hand auf die Schläfe. »Er steckte wirklich mit Latham unter einer Decke, wie du vermutet hast.«

Pete überflog die Unmengen von Zahlen in ihrem Schoß. Nein, sie steckten nicht nur unter einer Decke. Von den Daten her sah es so aus, als habe Ramirez bereits Relikte aus der Ausgrabungsstätte geschleust, lange bevor Kat überhaupt ins Tal der Könige gekommen war. »Deswegen sind deine Anschuldigungen im Sande verlaufen.«

Kat nickte.

Pete dachte zurück an Busir und den äußerst geschickt gewählten Zeitpunkt jenes Anrufs, der Petes Schicksal besiegelt und seine Beziehung zu Kat zerstört hatte. »Ramirez wusste, dass wir ein Paar waren. Wenn er mit Latham zusammenarbeitete, dann kannte er Busir.« Und Ramirez hatte wahrscheinlich Öl ins Feuer von Kats Paranoia bezüglich Pete und seiner möglichen Verstrickung gegossen. »Sie haben uns in die Falle gelockt.« Als ihre Augen zu ihm hinüberflogen, fügte er hinzu, »Du hast sie verpfiffen und hast nicht lockergelassen. Sie mussten dich einfach loswerden.«

Und Pete fielen zwei Möglichkeiten ein, das zu tun. Erstens, ihr die Schuld in die Schuhe zu schieben, falls das SCA sich einschalten und herumschnüffeln würde, zweitens, sie zu töten. Busir hatte gewusst, dass Pete an diesem Tag den Köder schlucken würde, und das erklärte, wie sie die Ausgrabungsgegenstände in ihre Wohnung bekommen hatten. Dann, an dem Abend, als Pete weggegangen war, um den Job zu beenden, hatte Ramirez sie dazu überredet, ihm in das Grab zu folgen. Er hatte den Verdacht, dass sie von Anfang an geplant hatten, Shannon zu töten, wegen ihrer engen Beziehung zu Kat, behielt diesen Gedanken aber für sich.

»Ich « Kat schüttelte den Kopf. »Ich kann’s einfach nicht glauben. Wenn Sawil damit zu tun hatte, wenn das, was du andeutest, auch nur ansatzweise stimmt, dann muss er es sich anders überlegt haben. Sie haben ihn umgebracht.«

»Woher weißt du das?«

»Was soll das heißen, woher ich das weiß? Ich war da!«

»Hast du seine Leiche gesehen?« Als sie den Mund aufmachte, um zu widersprechen, fügte er hinzu: »Denn glaub mir, tot ist nicht immer gleich tot.«

Sie starrte ihn an. Machte den Mund wieder zu. Dann schloss sie langsam das Notizbuch in ihrem Schoß und blickte auf ihre Hände hinab. »Er war für tot erklärt worden. Es war am nächsten Tag überall in den Nachrichten. Und er er war mein Freund«, flüsterte sie.

»Er war nicht dein Freund, Kat. Er hat dich benutzt.«

Petes Worte hingen zwischen ihnen in der Luft, und an ihrem Schweigen erkannte er, dass sie dasselbe von ihm dachte. Dass er sie benutzt, sie angelogen hatte. Dass er alles in allem nicht besser war als Sawil Ramirez.

Und er wusste nicht, warum das auf einmal ein Loch in seiner Brust hinterließ, so groß wie ein Baseball. Er griff nach dem Schlüssel im Zündschloss, um sich auf etwas anderes zu konzentrieren.

Ehe er dazu kam, den Motor zu starten, zerbarst die Windschutzscheibe mit einem ohrenbetäubenden Knall, der Glassplitter auf sie beide herabregnen ließ.