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Einleitung von Lara Adrian

Solange ich denken kann, empfand ich eine tiefe Liebe zu Büchern. Obwohl meine Eltern keine eifrigen Leser sind, haben sie dafür gesorgt, dass meine Geschwister und ich bereits während der Grundschule Bibliotheksausweise besaßen und ein paar Dollar in der Tasche hatten, wann immer der Bücherbus durch unsere kleine Heimatstadt in Michigan kam. Ich erinnere mich bis heute an das ehrfürchtige Staunen, das mich erfasste – und an die quälende Unentschlossenheit –, wenn ich durch die Gänge der öffentlichen Bibliothek schlenderte oder die Tische mit den brandneuen, zur Begutachtung ausliegenden Romanen in dem Bücherbus inspizierte. Es war immer so schwer, nur einen oder zwei auszuwählen!

Andere Kinder sparten ihre Pennys für Süßigkeiten oder die neuesten Renner unter den Spielzeugen. Ich konnte nie genug von Büchern bekommen. Von den Mysterien, die darin verborgen lagen, der Magie, die sie erschufen, oder den vielen unglaublichen Welten, die sich dank ihnen vor meinem geistigen Auge auftaten.

Bücher waren meine Fluchtmöglichkeit vor allem, das mich bekümmerte. Sie waren mein Portal zu fantastischen, manchmal auch Furcht einflößenden Orten, von denen ich mir nie hätte träumen lassen, dass sie existierten. Bücher waren mein Heimathafen, ihre Seiten in jedem Alter und jeder Lebenslage meine größte Freude und meine liebsten Begleiter.

Sie sind es bis heute.

Die Tatsache, dass ich inzwischen meinen Lebensunterhalt mit dem Schreiben von Büchern bestreite – in denen ich Geschichten erzähle, von denen ich hoffe, dass sie meinen Lesern ähnliche Fluchtmöglichkeiten und Momente des Staunens eröffnen, wie ich sie mein ganzes Leben von anderen Autoren geschenkt bekam –, ist ein Privileg, das ich nie als selbstverständlich betrachtet habe.

Ich habe hart gearbeitet, aber es war auch meinem Glück zu verdanken, dass ich früh einen Verlagsvertrag mit Random House an Land ziehen konnte und somit 1999 mein allererstes Buch – ein mittelalterlicher Liebesroman – unter meinem damaligen Pseudonym Tina St. John veröffentlicht wurde. Während der folgenden sechs Jahre verfasste ich sechs weitere historische Liebesromane, die alle positive Kritiken erhielten und Preise gewannen, jedoch nie die breite Leserschaft fanden, die nötig ist, um einen Verleger dauerhaft glücklich zu machen.

Und so kam es, dass ich mich 2005 an einem Scheideweg wiederfand. Mein Verlag wollte keine weiteren Historienromane von mir. Die Geschichte, an der ich gerade arbeitete, war abgelehnt worden, und so stand ich ohne einen Vertrag da – die Nachricht erreichte mich direkt, nachdem mein Mann und ich ein Hypothekendarlehen für unser erstes eigenes Zuhause (eine Eigentumswohnung) aufgenommen hatten.

Zum Glück glaubte meine Lektorin an mich und schlug mir vor, etwas vollkommen anderes zur Begutachtung einzureichen. Obwohl ich mich noch immer von dem Schock erholen musste, dass meine Karriere als Tina St. John gerade ohne Vorwarnung zu Ende gegangen war, stürzte ich mich geistig bereits auf meinen Ordner voller Handlungsideen, die ich seit Jahren sammelte und durchspielte. Sie reichten von düsteren Thrillern und Psychokrimis bis hin zu kleinstädtischen Liebesgeschichten mit Wohlfühleffekt. Und dann hatte ich noch ein paar grob skizzierte Konzepte für atmosphärisch dunkle, erotische Vampir-Romane.

Meine Agentin war nicht begeistert, als ich ihr sagte, dass ich einen Vampir-Liebesroman vorschlagen wollte. Sie warnte mich, dass man unter den Lektoren schon seit einer Weile den Tod der Vampire (ihren wahren Tod?) prognostizierte. Ihre Befürchtung war, dass ich – wie schon bei meinen Historienromanen – auf einen Trend aufsprang, der längst rückläufig war. Wer hätte zu diesem Zeitpunkt geahnt, dass nur wenige Monate später ein Phänomen namens Twilight den Blutsaugern neues Leben einhauchen würde?

Wenige Wochen nach der telefonischen Hiobsbotschaft meiner Agentin schickte ich ihr einen groben Handlungsumriss und die ersten drei Kapitel eines Romans mit dem Arbeitstitel Kiss of Darkness. In dem Gefühl, nichts zu verlieren zu haben, hatte ich in meine Geschichte alles hineingepackt, wovon ich als Leserin nie genug bekam: Action, Spannung, moderne Fantasy und natürlich flirrende Erotik sowie eine Liebesgeschichte mit einem düsteren, tödlich gefährlichen, absolut hinreißenden Alphahelden.

Meine Agentin las den Stoff, und sie liebte ihn. Sie liebte ihn so sehr, dass sie mich fragte, ob es mir möglich wäre, den Handlungsumriss auf insgesamt drei Bücher zu erweitern, damit sie die Idee einer Handvoll Verleger als Trilogie anbieten konnte. Ich verfasste kurze Entwürfe für zwei weitere Teile (eine Geschichte geriet dann ziemlich exakt nach dieser ersten Skizze, die andere hingegen nicht – was ich später in diesem Buch noch genauer erklären werde). Meine Agentin schickte die Exposés raus und sagte, sie hoffe, dass irgendwer bald Interesse anmelden werde.

Nicht einmal eine Woche später hatten wir Angebote von beinahe allen großen Verlagshäusern in New York. Es fand eine Auktion zwischen mehreren Bietern statt, und binnen weniger Tage änderte sich mein Status von arbeitsloser Historicals-Autorin zu literarische Schöpferin eines brandneuen, düsteren, zeitgenössischen, erotischen Vampir-Genres, samt neuem Namen und mehreren Angeboten.

Am Ende blieb ich bei Random House und der wunderbaren Shauna Summers, jener Lektorin, die meinen ersten Mittelalterroman aus dem Haufen unverlangt eingesendeter Manuskripte herausgefischt hatte. Random House veröffentlichte die ersten drei Bände der Midnight-Breed-Serie in rascher Folge – die ersten beiden direkt nacheinander im Sommer 2007, den dritten ein Jahr später. Zu meiner großen Überraschung war die Reihe ein sofortiger Erfolg und landete von Anfang an auf den wichtigsten Bestsellerlisten.

Random House USA hat mittlerweile elf Midnight-Breed-Titel in Druckform (der zwölfte erscheint bald!) und einen als E-Book veröffentlicht. Das Kompendium behandelt die ersten zehn Bände – von Geliebte der Nacht bis Erwählte der Ewigkeit –, die den ursprünglichen Handlungsbogen der Serie bilden. Sie finden darin Hintergrundinformationen zu dieser Welt und jedem der ersten zehn Bücher, eine Übersicht über die Charaktere, von mir beantwortete Fragen von Lesern, ein Quiz und vieles mehr.

Dieses Handbuch beinhaltet außerdem die Geschichte von Gideon und Savannah, die ich den Fans von Midnight Breed seit einer gefühlten Ewigkeit versprochen hatte. Versprechen der Nacht ist eine ganz neue, nie zuvor veröffentlichte Novelle von etwa vierzigtausend Wörtern – eine lange »Kurzgeschichte«, mit fast dem halben Umfang meiner anderen Bücher. Darin werden endlich alle Ihre Fragen zu Gideon beantwortet, wie er und Savannah sich kennenlernten oder warum er keine Kampfeinsätze mehr macht. Außerdem erwarten Sie noch ein paar besondere Überraschungen, die Aufschluss geben über andere Dinge, nach denen ich im Lauf der Jahre gefragt wurde.

Meine Intention für die Veröffentlichung dieses Kompendiums war, eine Brücke zu schlagen zwischen Erwählte der Ewigkeit und Vertraute der Sehnsucht, dem Buch, das den Beginn des gegenwärtigen, zweiten Handlungsbogens der Serie darstellt, der von den Nachkommen des Ordens handelt und mit einem mächtigen neuen Feind aufwartet.

Aber manchmal kommt es anders als geplant, und so wäre dieses Kompendium aus einer ganzen Reihe von Gründen beinahe nie erschienen.

Doch da sich einem Autor heute auch die Option des Eigenverlags bietet, habe ich beschlossen, nicht länger zu warten, sondern es selbst zu publizieren, als E-Book sowie als Taschenbuch.

Sollte seitens der Leser Interesse bestehen, werde ich sehr gern irgendwann ein zweites Kompendium herausgeben, das all die aufregenden Entwicklungen und spannenden neuen Charaktere behandelt, die im Zentrum von Vertraute der Sehnsucht und den zukünftigen Teilen der fortlaufenden Reihe stehen.

In der Zwischenzeit hoffe ich, Sie genießen die Wiederbegegnung mit Lucan, dem Orden, den Stammesgefährtinnen und ihrer Welt und haben Freude an dem amüsanten Blick hinter die Kulissen und all dem anderen in diesem Kompendium.

Aber Vorsicht: Dieses Buch steckt voller Spoiler!

Sie werden keine Warnhinweise bekommen (außer denen, die Sie jetzt gerade lesen). Wenn Sie die Midnight-Breed-Reihe also noch nicht kennen, ist dieses Kompendium vielleicht nicht der geeignete Startpunkt für einen neuen Leser. Es sei denn, Sie sind wie ich und würden gelegentlich als Erstes die letzte Seite eines Buchs überfliegen, ohne dass das Wissen, wie die Geschichte ausgeht, den Spaß an der Lektüre verdirbt.

Jedenfalls wünsche ich Ihnen viel Vergnügen! Und danke, dass Sie diese Reise mit mir zusammen unternehmen.

Seien Sie herzlich umarmt,

Lara Adrian