ANMERKUNGEN

DIE ABWESENHEIT VON MR. GLASS

The Absence of Mr. Glass

S. 350: »Scarborough« – Seestadt und Seebad an der nordöstlichen Küste Englands, gegenüber der Doggerbank.

»Tantalus« (im Original steht hier nur das Wort »tantalus«) – so nennt man seit 1898 einen Ständer, in dem sich (üblicherweise drei) Karaffen für Spirituosen befinden, die zwar frei dazustehen scheinen, ihm aber erst entnommen werden können, wenn eine Verriegelung geöffnet wird (von wegen Tantalus-Qualen).

S. 351: »Chaucer« – Geoffrey Ch. (ca. 1340–1400), englischer Dichter. Sein Hauptwerk sind die Canterbury Tales, ein unvollendeter Novellenkranz meist in Reimversen, eine lebendige Sittenschilderung und deftige Satire.

»Shelley« – Percy Bysshe Sh. (1792–1822), englischer Dichter und Dramatiker pantheistischer Religiosität und empörter Streiter wider alle Unterdrückung.

S. 354: »Kew Gardens« – bedeutender botanischer Garten in Richmond, einem westlichen Stadtteil von London.

S. 356: »Tausendundeine Nacht« – die Übersetzung dieser Sammlung ins Englische durch Sir Richard Burton ist zwar nicht unbedingt richtig, aber insofern ein besonderer Genuß, als der Angehörige eines Reitervolkes mit einem immensen equestrischen Wortschatz das Arabische, die Sprache eines Reitervolkes mit einem immensen equestrischen Wortschatz, entsprechend übertragen hat, was insbesondere bei allen die Liebe betreffenden Vorgängen zu im Deutschen nicht nachzuahmenden Hochleistungen präziser Beschreibung führt (aber die arabische Tonalität insgesamt doch verfälscht).

S. 364: »Westend« – damals jener Teil Londons, in dem solcherlei halbseidene Halbwelt zu leben liebte.

S. 370: »Davenport Brothers« – die D. B. waren US-Zirkuskünstler, die als erste 1859 mit dem »indischen Seil- und Sacktrick« auftraten und berühmt wurden.

S. 371: »Mister Glass… Miste-Glas« – das im Deutschen holprige Wortspiel, das hier nachzuahmen aber unumgänglich ist, klingt im Englischen viel eleganter »Mister Glass… missed a glass« (hat das Glas nicht gefangen, verpaßt, o. ä.); ein Mistglas hätte es zur Not im Deutschen auch getan, obwohl dann eine der ausgesprochenen Silben fehlte.

 

DAS PARADIES DER DIEBE

The Paradise of Thieves

S. 373: »schwarzer Umhang… schwarze Maske… venezianisches Melodram« – Chesterton spielt hier in knappster Weise auf das große Genre der »Mantel-und-Degen«-Literatur an, auch durch die Wortwahl: »Mantel-und-Degen«, im Englischen »cloak-and-dagger«. Chesterton verwendet »cloak« für Umhang.

»Don Juan« – um Mißverständnissen vorzubeugen: Don Juan ist keineswegs mit Casanova zu verwechseln; der Venezianer liebte alle Frauen, suchte keine und machte daher keine unglücklich – der Spanier suchte die Frau, liebte keine und machte alle unglücklich. Daß Chesterton im Folgenden freizügig die Begriffe Gitarre und Mandoline wie Synonyme verwendet, läßt auch hier erkennen, wie nachlässig er mit Details umgeht, die für seine Argumentation nichts Wesentliches enthalten, sondern nur zum »Stimmungsbericht« gehören.

S. 374: »‘Arry zu Margate« – (H)Arry (Nebenform zu Henry) ist durch das apostrophierte H ebenso wie durch die Ortsangabe (Stadtteil in London) eindeutig als Typus des Cockney zu erkennen, dem im vorigen Jahrhundert etwa der altberliner Typus Nante Eckensteher entsprach (mit dem Begriff »cockney«, der dem deutschen Hahnenei entspricht, wird seit ca. 1600 in der englischen Literatur der typische Londoner Eingeborene aus kleinen Verhältnissen, mit einer Neigung zum Prahlerischen und scharfem großstädtischem Mutterwitz sowie einem ihm eigentümlichen Slang bezeichnet).

S. 375: »modernster Stahl… modernste Skulpturen… modernste Chemie« – im 16. Jh. waren unter den europäischen Raufbolden und Mord-Duellanten vor allem die ausgezeichneten florentinischen Stahldegen beliebt, zu denen in der venezianischen Fechtvariante mit Degen und Dolch noch der bereits erwähnte »dagger« kam (militärische Helden bevorzugten die Klinge aus Toledo); »modernste Skulpturen« schuf etwa Michelangelo; und wiederum aus vorwiegend florentinischen Labors kamen die berühmten Gifte, die z. B. den Borgias, den Medicis und über deren eheliche Bindungen dem französischen Hof (bis hin zur Marquise de Brinvillier) berüchtigte Dienste leisteten (bekannt etwa als »aqua toffana« = toskanisches Wasser, oder »aqua benedetta« = gesegnetes Wasser, da aus seiner Anwendung Segen für den Anwender durch Eliminierung dessen, gegen den es angewendet wurde, entstand).

S. 376: »Marconi… D’Annunzio… Futurist« – Guglielmo Marconi (1874 bis 1937), italienischer Funktechniker, entwickelte ab 1895 die drahtlose Telegraphie. Gabriele D’Annunzio (1863–1938), italienischer Dichter, der sich zu einem heidnischen Sinnen- und Schönheitskult bekannte, in dem er überfeinertes Ästhetentum im Sinne der europäischen Décadence mit üppigstem rhetorischem Pathos verband; 1919/20 verhinderte er als Führer einer reichlich romantischen Freischärlertruppe die Internationalisierung des Hafens Fiume, in dem er einen Stadtstaat nach eigenen Vorstellungen verwirklichen wollte; 1924 wurde er (nicht grundlos) vom »Duce« Mussolini zum Principe di Montenevoso, also in den höchsten Adelsstand, erhoben. 1909 begründete der italienische Schriftsteller F.T. Marinetti durch das »Manifesto futurista« eine literarische, künstlerische und politische Bewegung, den Futurismus, der für eine völlige Erneuerung Italiens durch Loslösung von allen Überlieferungen eintrat, Kampf und Gefahr, Technik, Geschwindigkeit und Krieg verherrlichte, in ganz Europa Widerhall fand, und für viele Leitgedanken des späteren Faschismus Ideenlieferant wurde.

S. 381: »Wandsworth« – vormals eine Gemeinde südlich von London, heute Stadtteil von Groß-London.

S. 382: »Snowdon… Glencoe« – der »Snowdon« (auf walisisch Eryri) ist mit 1185 in der höchste Gipfel des walisischen Zentralmassivs; »Glencoe« ist ein Tal im Westen Schottlands in der Grafschaft Argyle, die angebliche Heimat des erfundenen Dichters Ossian, in dem in der Wirklichkeit im Februar 1692 der Clan der MacDonald vom Clan der Campbell massakriert wurde.

S. 382: »Beachy Head« – ein liebliches Kap in Sussex am Ärmelkanal.

S. 387: »Cato« – Marcus Porcius C. der Jüngere war ein erbitterter Gegner Caesars, von dem er die Zerstörung des alten Rom erwartete, und gab sich 46 v. Chr. nach Caesars Sieg bei Thapsus in Utica selbst den Tod.

S. 390: »agnostisch« – die Lehre des Agnostizismus vertritt die Auffassung, daß man über das, was jenseits der realen Welt liege (das absolute Sein, Gott o. ä.), nichts wissen könne und daher Fragen nach deren wahrem Sein zu unterlassen habe bzw. unentschieden lassen müsse.

S. 399: »Ich gehe nach Manchester, Liverpool…« – Namen der damals wichtigsten und im Sinne des Manchester-Liberalismus »fortschrittlichsten« Industriestädte.

 

DAS DUELL DES DR. HIRSCH

The Duel of Dr. Hirsch

S. 401: »Position Darwins… Position Tolstois« – Charles D. (1809–1882), englischer Naturforscher, der aufgrund eigener Forschungen und unter dem Einfluß von Malthus’ Bevölkerungslehre die bis dahin geltende Anschauung von der Unveränderlichkeit der Arten aufgab und zur Abstammungslehre fand, deren Hauptthese die Selektionstheorie ist, wonach in der Natur diejenigen Individuen einer Art grundlegende Veränderungen der Lebensbedingungen überleben, die sich als die Geeignetsten erweisen: »survival of the fittest« bedeutet also keineswegs das »Überleben des Stärksten«. Lew Nikolajewitsch T. (1828 bis 1910), russischer Graf und Dichter, typischer Vertreter des psychologischen Realismus, von sinnenfroher Erdgebundenheit bei gleichzeitiger intensivster Suche nach ethisch-religiösen Wahrheiten, kam bei seiner Bemühung um eine Art Rekonstruktion des Urchristentums u. a. zu der Überlegung vom »Nichtwiderstehen dem Bösen« und angesichts der konstitutiven Verlogenheit der abendländischen Gesellschaftsordnungen und -theorien zu einer Art Kulturnihilismus.

»Elysée« – der Palast des Präsidenten der französischen Republik zu Paris an der ehemaligen Prachtstraße Champs Elysées.

S. 403: »Fall Dreyfus« – Alfred D. (1859–1935), französischer Offizier jüdischer Abstammung aus dem Elsaß, wurde 1894 wegen angeblichen Verrats an die Deutschen verurteilt, wobei bereits zum Zeitpunkt der Verurteilung klar war, daß Dreyfus den Verrat nicht begangen hatte; er wurde aus antisemitischen und nationalistischen Gründen zur höheren Ehre der Armee, die sich nie irren konnte, und der ihr verbundenen Politiker geopfert. Seine Rehabilitierung erzwang u. a. Emile Zola; dies währte von 1899 bis 1906. Der Fall Dreyfus führte u. a. zur Vereinigung der französischen Linken, die im Kampf gegen die katholische Kirche, in der sie die Hauptstütze der nationalistischen Rechten sah, die Trennung von Staat und Kirche durchsetzen konnte (1901–1905).

»Absinth« – ein aus der Wermutwurzel hergestelltes Destillat in Likörform, das wegen seiner überaus hohen Toxizität bereits vor dem I. Weltkrieg in Europa verboten wurde.

S. 404: »Camille Desmoulins« – Camille D. (1760–1794), französischer Revolutionär, der den Sturm auf die Bastille anführte, zu Danton hielt, daher zum Gegner Robespierres wurde und von diesem gemeinsam mit Danton unter die Guillotine geschickt wurde.

S. 407: »Clemenceau und Déroulède« – Georges C (1841–1929), französischer Arzt und Politiker, Führer der Radikalen, glühender Deutschlandhasser, der bei den Verhandlungen zu Versailles 1919 seine Gewaltpolitik durchsetzen konnte; als Ministerpräsident hatte er 1906/9 die Trennung von Staat und Kirche verwirklicht. Paul D. (1846–1914), französischer Dichter und Politiker, war führend in der Revanche-Bewegung gegen Deutschland, gründete 1882 die Patriotenliga, spielte im Prozeß Dreyfus eine entsprechende Rolle, versuchte 1899 einen Staatsstreich im Sinne des Revanchismus, wurde aus Frankreich verbannt, aber 1905 begnadigt.

S. 408:»Brätlinge« – engl. »whitebait« = der weiße Breitling oder Brätling (clupeaalba), zu den Weißfischen gehörend.

»Epikureer« – Epikur (341–271 v. Chr.), griechischer Philosoph, betrachtete die sinnliche Wahrnehmung als Maßstab der Wahrheit, sah aber nicht in grober Sinnlichkeit die wahre Glückseligkeit, sondern lehrte, diese sei nur durch weise Abwägung des Genusses, durch Selbstbeherrschung, Tugend und Gerechtigkeit erreichbar; Kern seiner Lehre ist die Ethik, deren Ziel es ist, durch richtiges Denken zu einem glückseligen Leben zu finden; seine Anhänger sind die Epikureer.

S. 409: »Tatsächlich steht der Aktenschrank…« – diese Wiedergabe widerspricht dem Text der Notiz auf S. ##53; entweder hat sich Flambeau in der Aufregung geirrt, oder hier liegt (sehr viel wahrscheinlicher) ein Irrtum Chestertons vor, da es ihn gelangweilt haben dürfte, die Details der Erzählung noch einmal zu kontrollieren; dementsprechend sind auch die anderen Einzelheiten des Berichts von Flambeau nur bedingt mit dem Text der genannten Notiz identisch.

S. 412: »Cenci oder Borgia« – die Cenci waren eine alte römische Familie, die sich auf den Konsul des 5. Jh. Crescentius oder Centius aus Nomentum zurückführte; sie wurde berühmt durch Reichtum, Macht und stetigen Widerstand gegen die Päpste (1062 unterstützte sie den Gegenpapst Kadalus, 1075 wollte ein Cenci Papst Gregor VII. ermorden, im 12. Jh. ließ Papst Kalixt II. die Wohn- und Machttürme der Cenci in Rom schleifen); im 16. Jh. wurde die Familie erneut berüchtigt durch die Taten und Untaten der Sippe Francescos, die zu wilden Legendenbildungen und sehr realen Konsequenzen führten: Als seine zweite Frau in Konspiration mit einigen Kindern aus seiner ersten Ehe Francesco 1598 durch Mietsmeuchelmörder umbringen ließ, führte das zu Verfahren, die teilweise in Exekutionen endeten; 1605 erlosch die Familie, die als einzige den Borgias Konkurrenz machen konnte.

Die Borgias waren ein spanisches Adelsgeschlecht, das im 15. Jh. nach Italien kam, zwei Päpste stellte (Kalixt III. und seinen Neffen Alexander VI.), die rücksichtslosesten Gewaltmenschen der italienischen Renaissance hervorbrachte, durch Meuchelmord (u. a. mit Hilfe des oben zu S. 375 erläuterten »aqua toffana«) groß und berüchtigt und durch hemmungslose Sinnenlust vielfältig wurde (bekannt wurden hier vor allem Cesare und Lucrezia, die Kinder des Papstes Alexanders VI.); Francesco B. Urenkel Alexanders VI. Herzog von Gandia, verzichtete auf Gandia, wurde 1565 3. General der Societas Iesu, später heiliggesprochen.

S. 416: »sur le terrain« – französisch = auf dem Feld (der Ehre), also dem Duellplatz.

S. 418: »gamins« – französisch = Straßenjungens.

S. 419: »Mein Gott« – auf französisch »Mon Dieu«.

S. 420: »Henry James« – Henry J. (1843–1916), bedeutender US-Schriftsteller in deutlich europäischen Traditionen, der sich immer wieder mit den schicksalhaften Verstrickungen des Menschen in die ihm von Familie, Umwelt und Gesellschaft oktroyierten Denk- und Verhaltensmustern befaßte und besonders einfühlsam vor dem Leben Zurückschreckende oder von ihm Ausgeschlossene behandelte. Father Browns knappe und vage Paraphrase läßt sich am ehesten noch auf die Erzählung The Beast in the Jungle (Das Tier im Dschungel) beziehen, die 1903 erschienen ist (deutsch 1958 und 1959).

S. 420/421: »Heroldsstab… und… Trompete« – die Signale beim mittelalterlichen Ritterturnier zur Eröffnung des Zweikampfes.

 

DER MANN IN DER PASSAGE

The Man in the Passage

S. 424: »Adelphi« – 1768 errichtete der Architekt Robert Adam (1728–1792) zusammen mit seinen Brüdern unmittelbar auf einem Steilufer der Themse im heutigen Zentrum Londons einen riesigen Gebäudekomplex mit Theater, den er zur Erinnerung an das Mitwirken der Brüder nach dem griechischen Wort »adelphoi« = die Brüder eben Adelphi nannte.

S. 425: »Frage der Edelmetallwährung für das Größere Britannien« – im Original »the project of bimetallism for Greater Britain«: mit »bimetallism« bezeichnete man seit 1876 Überlegungen, den uneingeschränkten Umlauf von Gold- und Silbermünzen bei fixiertem Wertverhältnis zueinander zur Währungsgrundlage zu machen, und zwar nicht nur in Großbritannien selbst, sondern auch im Bereich des Größeren Britannien, nämlich in zusätzlichen Teilen des Empire; doch wurde man sich über beide Teile des Projekts nie einig, das dementsprechend auch nie realisiert wurde.

S. 426: »Velazquez« – Diego de Silva V. (1599–1660), spanischer Maler, ab 1623 Hofmaler zu Madrid, schuf in der »Übergabe von Breda« eines der bedeutendsten Geschichtsbilder der europäischen Malerei insgesamt.

»Chaucer« – siehe Anmerkung zu S. 351; der Müller ist eine der Gestalten aus den Canterbury Tales.

»Behrboom« – (Sir) Henry Maximilian B. (1872–1956), englischer Kritiker, Essayist, Karikaturist und Romanautor (Zuleika Dobson, 1911); eng befreundet mit Audrey Beardsley, keiner besonderen Schule zuzurechnen.

S. 427: »Euklid« – griechischer Mathematiker um 300 v. Chr. lehrte in Alexandrien und faßte das mathematische und vor allem geometrische Wissen seiner Zeit sowie seine eigenen Weiterentwicklungen in dem Werk Die Elemente zusammen, von denen noch 13 Bücher überliefert sind; bis heute bekannt ist die von ihm entwickelte »euklidische Geometrie«, deren Allgemeingültigkeit erst Ende des 18. Jh. widerlegt wurde: nichteuklidische Geometrie.

»… und dem großen Marsch durch China« – diese Anspielungen könnten sich noch am ehesten auf Vorgänge während des Taiping-Aufstandes in China bzw. den Boxeraufstand (1900) beziehen.

»Nelson«- Horatio N. (1758–1805), britischer Admiral, der die britische Seeherrschaft durch den Sieg über Napoleons Flotte bei Abukir und den bei Trafalgar (bei dem er fiel) sicherte und so den Sieg Napoleons über England verhinderte; die vielleicht bedeutendste Einzelleistung im Kampf Europas gegen Napoleons Herrschaftsgier.

S. 429: »Theseus und Hippolyte« – Theseus war nach der griechischen Sage ein Sohn von Ägeus, dem König von Athen, tötete mit Hilfe Ariadnes und ihres Fadens den Minotauros im Labyrinth zu Knossos auf Kreta und war zuletzt mit der Amazonenkönigin Antiope verheiratet, die auch Hippolyte hieß, weshalb beider Sohn den Namen Hippolytos erhielt; seit dem 5. Jh. v. Chr. athenischer Nationalheld.

S. 430: »amerikanische Vermutungen« – Chesterton gebraucht das Wort amerikanisch meist wie allgemein üblich falsch, nämlich ausschließlich im Sinne eines Adjektivs zu USA, obwohl die USA nur ein kleiner Teil Amerikas zwischen der Nordspitze Alaskas und der Südspitze Feuerlands sind.

S. 435: »Charing Cross« – wichtiger Platz, Metrostation usw. in London; König Heinrich II. Plantagenet von England (herrschte 1154 bis 1189) ließ nach dem Tode seiner Frau, der Königin Eleonore von Aquitanien, trotz äußerst unerfreulicher Eheverhältnisse an jeder Stelle, an der ihr Trauerzug Halt machte, ein Gedenkkreuz errichten: das bekannteste ist Charing Cross.

S. 439: »Anwälte« – da die Terminologie der britischen Rechtspflege äußerst kompliziert ist und hier zum Verständnis nicht unbedingt nötig, habe ich versucht, mir durch deutschen Verhältnissen angepaßte Begriffe zu helfen; der Richter z. B. wird als »Your Lordship« angesprochen, hier »Euer Ehren« bzw. »Hoher Gerichtshof«.

S. 440: »Flaneur« – französisch = Bummler, Müßiggänger usw.; um die Jahrhundertwende geradezu ein Typus der guten Gesellschaft.

 

DER FEHLER DER MASCHINE

The Mistake of the Machine

S. 450: »Temple Gardens« – Parkanlage beim Middle und Inner Temple in London, zwei Gebäuden, die auf dem Platz stehen, auf dem einst die Baulichkeiten des Ordens der Tempelherren/ritter sich erhoben (sie wurden 1313 enteignet; seither als Ort der wichtigsten Rechtsschulen Zentrum der englischen Jurisprudenz).

»Amerika« – vgl. Anmerkung zu S. 430.

»frühes dunkles Mittelalter« – die »Dark Ages« = dunkle Jahrhunderte (da nach traditioneller Lehrmeinung kaum durch zuverlässige Geschichtsdokumente aufgehellt) bezeichnen im englischen Sprachgebrauch die Jahrhunderte des frühen Mittelalters bis zum Beginn der Kreuzzüge.

S. 451: »Yankee« – ein in seiner Herkunft und Urbedeutung bis heute ungeklärter Ausdruck, der ab 1683 mit zunächst niederländischen Assoziationen belegt ist (also vielleicht die Anglisierung eines niederländischen Janke als spöttisch-herabsetzendes Diminutiv zu Jan: ergo etwa Hänschen); ab 1758 als Spitzname zunächst für Neuengland-Bewohner, dann für solche der Nordstaaten überhaupt (während des US-Bürgerkrieges allgemeine herabsetzende Bezeichnung des Südens für die Nordstaatensoldaten), ab 1784 in England für alle US-Einwohner (als die natürlich nur weiße protestantische Menschen galten); seit 1781 zunehmend auch Charakterkennzeichnung mit den Bedeutungen Schläue, pfiffige Hinterlist, kaltes Profitkalkül usw.

»Harvey« – William H. (1578–1657), englischer Arzt und Leibarzt König Charles I.; entdeckte den großen Blutkreislauf und lehrte, daß alles Lebendige aus dem Ei stamme.

»das andere Ende des Stockes« – Bundespräsident Gustav Heinemann pflegte zu sagen, wer mit dem Finger auf andere weise, weise zugleich mit mindestens drei Fingern auf sich selbst.

S. 453: »Republik« – gemeint ist die Republik der United States.

S. 454: »Sequah in diesem Staat« – der Staat ist Illinois; ein Ort Sequah war bisher nicht zu finden (was zwar alles völlig belanglos ist, aber zugunsten der Idee eines ordentlichen Anmerkungsapparates nicht unterschlagen werden darf).

S. 455: »sagte der Direktor« – wieder ein Beispiel für Chestertons Nachlässigkeit: unten S. 451 heißt es noch, er sei der ranghöchste Beamte nach dem Direktor.

S. 457: »kurz geschnitten« – damals schor man Gefangenen grundsätzlich das Haar kurz: aus hygienischen Gründen (Läuse) wie aus ideologischen (nur der freie Mann hat das Recht auf wallendes Haar – vgl. Allongeperücke gegen Kurzzopf der Diener –, dem striktestem Gehorsam Unterworfenen ist der Verlust der Selbständigkeit durch Haarscherung zu demonstrieren, und zugleich ist er so den anderen kenntlich zu machen: vgl. die Scherung Samsons durch seine Ehefrau, die von Kollaborateusen vor allem in Frankreich, den »crew cut« bei der US-Army und die Schafschur).

»er begann die Nachricht zu bedauern…« – im Original der vorliegenden Ausgabe »he began to repent the coat he had left behind him in the blood of the victim« = er begann zu bereuen, daß er dem Rock/Mantel im Blut seines Opfers zurückgelassen hatte: Das macht so keinen Sinn, da dem Vorbericht zufolge kein Rock/Mantel im Blut des Opfers zurückgelassen wurde. Entweder ist hier der Text verderbt, oder es liegt wieder eine der Nachlässigkeiten Chestertons vor. Die Übertragung folgt der Überlegung, daß man die blutige Nachricht an der Wand als eine Art Visitenkarte, als eine Art »coat of arms« = Wappen verstehen könnte, daß also hier mit dem zurückgelassenen »coat« das Wappen als Nachricht gemeint sein könnte (wenngleich in einer an sich unverständlichen Konstruktion; oder sollte Chesterton ursprünglich an »code« = verschlüsselte Nachricht gedacht haben?).

S. 462: »Erzbischof von Canterbury« – gemeint ist hier nicht der katholische, sondern der anglikanische Primas der Kirche von England, der auch in Canterbury residiert.

S. 464: »kühl wie eine Gurke« – »cool as a cucumber« wird gewöhnlich mit »kalt wie eine Hundeschnauze« übersetzt (wenn es nicht zu »kühl wie ein Kürbis« verstabreimt wird); nun ist die Kühle etwa einer Scheibe Schlangengurke ausreichend bekannt, die kalte Hundeschnauze aber wesentlich vulgärer, weshalb hier die kühle Gurke belassen wird (obwohl Kürbis dem Stabreim zuträglicher gewesen wäre).

S. 473: »Panhard« – französisches Luxusmobil der Zeit; einfache Ausgaben hatten lange ein Chassis in Bootsform.

 

DER KOPF CAESARS

The Head of Caesar

S. 475: »Brompton oder Kensington«, später noch Putney – Vorstädte bzw. Stadtteile Londons.

S. 477: »Sela« – musikalische Angabe in den hebräischen Psalmen, also dem Psalter des AT; wohl Aufforderung zu einem jubelnden Zwischenruf der Gemeinde o. ä.; volkstümlich früher verwendet im Sinne von punktum, ebenfalls früher verwendet im Sinne von basta (italienisch = genug!). »Alles« = Biere.

S. 480: »Kinderlied… krummer Mann« – das Kinderlied heißt:

 

There was a crooked man,

Da war ein krummer Mann,

 

And he walked a crooked Mile,

Der wanderte eine krumme Meile,

 

He found a crooked sixpence

Er fand einen krummen Groschen

 

Against a crooked Stile;

An einem krummen Zauntritt;

 

He bought a crooked cat,

Er kaufte eine krumme Katze,

 

Which caught a crooked mouse,

Die fing eine krumme Maus,

 

And they all lived together

Und sie lebten alle zusammen

 

In a little crooked house.

In einem kleinen krummen Haus.

 

 

(Text nach »The Oxford Nursery Rhyme Book«, London 1984). Der Text erlebte Anfang der 60er eine neue internationale Karriere, als ihn u. a. die Serendipity Singers als »Volkslied« weltweit berühmt machten.

»noblesse oblige« – französisch = Adel verpflichtet.

S. 488: »der Mann im Märchen« – das spielt vermutlich auf eines der zahlreichen irischen Lügenmärchen an, in denen es darum geht, wer irgend etwas schneller, größer, besser usw. kann.

S. 490: »Wagga Wagga, Mafeking…« – Das Haus hat seinen Namen Wagga Wagga vom australischen Ortsnamen Wagga Wagga am Ufer des Murrumbidgee River westlich von Canberra; Mafeking: der Straßenname kommt von der Stadt Mafeking, damals Distriktsstadt in der südafrikanischen Kapprovinz und Verwaltungssitz des Protektorats Bechuanaland, vormals Hauptstadt des Zulureiches; aus Bechuanaland wurde Botswana, aus Mafeking Gaborone.

 

DIE PURPURNE PERÜCKE

The Purple Wig

S. 500: »Druckfehler« – sind wie englische »misprints«, aber anders als französische »fautes de coquille« in Wirklichkeit keine »Druck« –, sondern Setzfehler; wirkliche Druckfehler sind äußerst selten; zutreffend wäre der Begriff dann, wenn man ihn als »gedruckte Fehler« begriffe; die Schuld des (der) Verursacher liegt hier also nicht bei den Druckern, sondern bei den Setzern, Korrektoren und Lektoren (allerlei Geschlechts).

S. 501: »Fahne« – bis in die 70er Jahre war es üblich, daß der von den Setzern produzierte Satz zunächst auf langen Papierstreifen (von etwa der dreifachen Höhe einer normalen Buchseite) zu Korrekturzwecken abgezogen wurde: den (Korrektur-)Fahnen. Und in alten Zeitungsverlagen war es normalerweise so, daß die Redaktion sich in einer Etage unterhalb der Setzerei befand, weshalb die korrigierten Fahnen zur Korrektur dann eben »hoch«geschickt werden mußten.

»James I.« – Sohn Maria Stuarts und Lord Darnleys; König Großbritanniens (1603–1625), stützte sich besonders auf die anglikanische Hochkirche gegen die Presbyterianer, versuchte die Aussöhnung zwischen Katholiken und Anglikanern, vereitelte 1605 die Pulververschwörung von Guy Fawkes, der für die englischen Katholiken König und Parlament in die Luft sprengen wollte; und wurde – wie alle umstrittenen Herrscher – Zentrum reicher Legenden sowohl im Bereich seiner Anhänger (positiv) wie seiner Gegner (negativ).

S. 502: »Agnostiker« – sind immer wieder Thema Chestertons, was seine intensive Beschäftigung mit dem Thema belegt; vgl. Anmerkung zu S. 390.

»Kavaliere« – Wortsinn »Ritter«; im Englischen besonders die Anhänger von Charles I. (1625–1649), dem vielleicht gebildetsten und kunstsinnigsten Monarch auf Großbritanniens Königsthron; auch er suchte die Versöhnung zwischen Anglikanern und Rom; wurde aber aus den beiden Gründen zumindest von den schottischen Presbyterianern an das englische Parlament unter dem Diktator Cromwell ausgeliefert und 1649 enthauptet.

S. 504: »Apfelwein« – im Original »cidre«; der Begriff »cidre« ist ebenso vielfältig wie Wein und keinesfalls mit dem berühmt/berüchtigten Frankfurter Apfelwein (Äppelwoi) in eins zu denken; guter Devonshirer Cidre steht keinem moussierenden Traubenwein nach.

S. 511: »Elisha« – im 2.Buch der Könige im AT heißt es II, 23, daß als Elisha (Elisa) den Weg nach Bethel hinaufzog, Knaben aus der Stadt ihn ob seiner Kahlköpfigkeit verspotteten.

S. 515: »König Midas« – nicht nur der sprichwörtlich noch bekannte phrygische König, den das Glück so begünstigte, daß alles, was er anfaßte, zu Gold wurde, sondern auch der darob so hochmütig gewordene, daß ihn Gott Apoll strafte, indem er ihm aus gegebenem Anlaß (wer Gold macht, kann – dachte er – auch die Qualität göttlicher Musik kritisch beurteilen) Eselsohren wachsen ließ.

S. 516: »Todesfee« – im Original »banshee«: Fee aus der irischen Mythologie, die Todesfälle vorverkündet.

 

DER UNTERGANG DER PENDRAGONS

The Perishing of the Pendragons

S. 522: »Pendragon… Flambeau… Merlin« – eine genaue Untersuchung der Chestertonschen Namengebung könnte sicherlich höchst reizvolle Aufschlüsse über seine Assoziationen und Vorstellungen liefern. Der Name des französischen Freundes unseres Fathers, Flambeau, bedeutet z. B. auch »Fackel, Wachsfackel, Armleuchter, Hängeleuchter« usw. und angesichts des Berufs von Brown wird es zulässig sein, an die Kerzenhalter am Altar zu denken und an das Licht, das ihre Kerzen den Vollzügen des Priesters spenden. Pendragon setzt sich zusammen aus dem Walisischen bzw. Kornischen »pen« = Haupt, Oberhaupt und »dragon« = draco, Drache (Wales ist neben China das einzige Land, das den Drachen in der Flagge führt); seit spätestens 1470 belegt als Bezeichnung für einen Anführer im Kriege; der Titel findet sich erstmals in der Dichtung von Sir Thomas Malory (1408–1471), der in »Le Morte d’Arthur« (Der Tod Arthurs) schrieb: »Es geschah zu den Zeiten von Uther Pendragon, als er König von ganz England war.« Seither verwendet man das Wort einerseits als Bezeichnung für altenglische oder altwalisische Prinzen und Fürsten, die Anspruch auf die oberste Herrschaft erheben; bezeichnet aber zugleich in der Legendendichtung damit auch jenen König, eben Uther Pendragon, dessen Nachfolger Arthur wird, den der Weise und Zauberer Merlin berät, bis Arthur in der Gestalt und Idee des Königs Artus verschwindet.

S. 524: »Drake« – Sir Francis D. (ca. 1540–1596, gefallen), englischer Seeheld, der sich auf Seeräuberzügen und Kriegsfahrten gegen Spanien, nicht immer im Rahmen der Gesetze, große Verdienste um das elisabethanische England erwarb; er führte 1585 in England die Kartoffel ein und bekämpfte im Kanal 1588 die Armada.

»Westward Ho!« = Auf nach Westen!

S. 528: »Raleigh und Hawkins« – Sir Walter R. (ca. 1552–1618, hingerichtet), englischer Seeheld wie Drake, dessen sich Jakob I. entledigte, als R. vor Guyana gescheitert war, um seinen Frieden mit den Spaniern zu machen; R. war hochgebildet, schrieb Gedichte, politische und volkswirtschaftliche Schriften und eine Weltgeschichte.

Sir John Hawkins (1520–1595) gehörte ebenfalls zu den von England als Seehelden verehrten erfolgreichen Bekämpfern der spanischen Seemacht.

S. 529: »spanische Karibik« – im Original »Spanish Main«, womit das Gebiet gemeint ist, das damals rund um die Karibik in spanischer Hand war: Mittelamerika, der nördliche Teil Südamerikas, der südliche Teil der nachmaligen USA und selbstverständlich auch die Inseln in der Karibik.

S. 531: »Nelson« – ein weiterer britischer Seeheld, siehe Anmerkung zu S. 427.

»die goldenen Äpfel der Hesperiden« – in der griechischen Mythologie hatte Herkules als eine seiner 12 Arbeiten die goldenen Äpfel der H. zu beschaffen, die diese im äußersten Westen der antiken Welt behüteten (manche wollen sie auf den Azoren lokalisieren); wer sie aber aß, dem brachten sie Unsterblichkeit.

S. 540: »Tritonen« – Meeresgötter in der griechischen Mythologie; zum Gefolge Poseidons gehörend.

»Kanarienvögel« – im Englischen »Canary«, was sowohl Kanarienvögel als auch Kanarische Inseln bedeuten kann.

S. 545: »George Herbert« – George H. (1593–1633), englischer Dichter, dessen Hymnen vorwiegend zu Kirchenliedern wurden.

 

DER GOTT DER GONGS

The God of the Gongs

S. 555: »den anderen alten Plätzen« – gemeint sind die alten, von der Gesellschaft längst anerkannten Seebäder, im Gegensatz zu den neuen Bädern, die aus Spekulationen zu erwachsen begannen.

S. 557: »klerikaler Hut… ohne ein klerikales Haupt darinnen« – hier läßt sich sehr schön erkennen, wie Chestertons Lust am Spiel mit Worten ihn immer wieder fortreißt: die völlig überflüssige und nicht einmal sonderlich witzige Bemerkung, daß der klerikale Hut ohne ein klerikales Haupt darinnen liegen blieb, entstand wohl ausschließlich aus dem fast identischen Klang der englischen Begriffe »clerical hat« und »clerical head«.

S. 563: »Cakewalk« – ursprünglich ein grotesker Wett-Tanz der Negersklaven in Nordamerika, bei denen der Sieger als Preis einen Kuchen, den »cake«, überreicht bekam; er kam dann um 1900 in stilisierter Form als Gesellschaftstanz nach Europa.

S. 565: »wie einst Samson das Stadttor von Gaza« – die Geschichte Samsons oder Simsons wird im Alten Testament, Buch der Richter, XIII – XVI, berichtet, die Geschichte seines Besuchs zu Gaza und seines Endes speziell im Kapitel XVI.

»Anchises« war der lateinischen Sage zufolge der Vater von Aeneas, den dieser auf seinen Schultern aus dem brennenden Troja trug.

S. 575: »Oktoron« – Mischling von Quadronen und Weißen, also ein Achtelblut, da Quadronen Mischlinge von Halbblut und Weißen sind, also Viertelblut.

S. 576: »Basilisk« – das griechische Wort bedeutet »kleiner König« und bedeutet nach der antiken Legende ein Fabelwesen, dessen Blick tötet.

»der Schwarze Mann« – seit ca. 1590 ist »the black man« in Schottland als Umschreibung für den Teufel geläufig.

 

DER SALAT VON OBERST CRAY

The Salad of Colonel Cray

S. 578: »angloindischer Major« – im Original »Anglo-Indian«; bezeichnet im deutschen Sprachgebrauch einen Mischling aus englischen und indischen Eltern, während hier ein Engländer gemeint ist, der im Dienste des angloindischen Imperiums in Indien gedient hat.

S. 581: »Paradoxon« – üblicherweise als »Widerspruch in sich« verstanden, in Wirklichkeit einen Schein-Widerspruch meinend, also einen, der durchaus auflösbar ist.

S. 583: »Dickens« – Charles D. (1812–1870), englischer Erzähler, der als erster eine neue Welt literarisch erschloß: die der kleinen Leute, der von der Gesellschaft stiefmütterlich Behandelten, die er liebevoll und mit groteskem Humor vorstellte, wobei er zugleich scharfe Kritik an den gesellschaftlichen Gegebenheiten übte; der Begründer des Sozialromans.

S. 584: »Kummerbund« – aus dem Urdu »kamar-band« = Band um die Nieren: schärpenähnlich um die Hüften gelegtes Seidentuch; dient heute als Bezeichnung für ähnliches, das zum Smoking o. dgl. anstelle einer Weste getragen wird.

»Euphemismus« – beschönigende Umschreibung für einen sehr viel häßlicheren Tatbestand.

S. 586: »von tizianischer Fülle« – Tiziano Vecellio (ca. 1476–1576), italienischer Maler, der in seiner monumentalen Mittelphase lebensvolle pralle Menschendarstellung und Farbenpracht mit stark bewegter Komposition verband, ehe er in seiner Altersphase ab 1550 aus tief durchgeistigter Gelöstheit bei ungeminderter Kraft zu geheimnisvoll aus dem Dunkel aufleuchtenden Farben fand.

»Gourmet« – französisch = Feinschmecker; oft wird der Gourmand fälschlich als »Vielfraß« und maßloses Gegenstück zum maßvollen Gourmet dargestellt, obwohl Gourmand viel eher das Leckermäulchen ist; man könnte den Gourmet richtiger als den asketischen, den Gourmand als den wollüstigen Feinschmecker definieren (Anhänger der inzwischen wieder veralteten Nouvelle Cuisine wäre auch ein Gourmet nur bedingt und unter großen Vorbehalten gewesen).

S. 588: »Trichinopoli« – Name einer Stadt und eines Distriktes im damaligen Regierungsbezirk Madras (südöstlicher Dekkan in Indien und Hauptstadt des gleichnamigen Gebietes), durch bei Kolonialbeamten und -Offizieren besonders beliebte Zigarren feinster Qualität berühmt.

S. 589: »zusätzliches Glied« – heute übliche Assoziationen sind im chestertonschen Kontext absolut abwegig, wie abwegig auch immer das heute erscheinen mag.

S. 593: »Kannibalen-Inseln« – das englische »Cannibal Islands« ist so wörtlich übersetzt; gemeint sind die Karibischen Inseln. Das Wort »Kannibale/Cannibals« o. ä. ist vom spanischen »cannibales« abgeleitet, das wiederum aus »caribales« entstand und ursprünglich die Kariben bezeichnete, die von Spanien ausgemordeten Ureinwohner der Karibischen Inseln; die Selbstbezeichnung »caribe« bedeutete »die Tapferen, die Mutigen« und bezog sich ursprünglich nur auf die Kriegerkaste. Da die Kariben rituellen Verzehr von Menschenfleisch kannten und betrieben, wurde ihr Name zum Synonym für Menschenfresser. Hier mußte die Bezeichnung Kannibalen-Inseln statt der richtigeren Karibischen Inseln beibehalten werden, da sonst das Wortspiel Father Browns im nächsten Satz unverständlich bliebe.

S. 594: »Curry-Reisspeisen« – im Original »kedgerees of curries«; Gerichte dieser Art haben nichts mit der sogenannten Reistafel Indonesiens zu tun. »Kedgeree« ist die Verenglischung des Hindi-Wortes »khichri« aus dem Sanskrit »krsara« = Speise aus Reis und Sesam; in angloindischen Zeiten ein indisches Gericht aus gekochtem Reis mit geschälten Hülsenfrüchten (Erbsen, Bohnen, Linsen o. ä.), Zwiebeln, Eiern, Butter und Gewürzen (vereuropäisiert auch aus kaltem Fisch, gekochtem Reis, Eiern und Gewürzen angerichtet und ebenfalls heiß serviert); »curry« ist eine scharfe Mischung aus Gewürzpflanzen. Da beide Herren »Angloinder« sind, darf man wohl annehmen, daß sie die indische Speise genossen, wobei die unterschiedlichen Gänge vor allem durch unterschiedliche Gewürzmischungen auf Curry-Basis entstanden, zu denen dann die entsprechenden Weine auszuwählen bzw. zu servieren waren.

S. 595: »Senfpflaster« – aus Senfmehl angerichtetes Hausmittel mit hautreizendem Effekt zur Verbesserung der Durchblutung.

»Essig und braunes Papier« – braunes Papier war ein mit Teerextrakten durchtränktes Packpapier; zusammen mit Essig ergab es ein weiteres Hausmittel gegen Quetschungen.

»ein Gewürzständer enthält auch Predigten« – da nach den zahlreichen erfolgreichen Schul- und Bildungsreformen nicht mehr vorausgesetzt werden kann, daß dem Leser die Grundbestandteile abendländischer Bildung ebenso geläufig sind, wie Chesterton das für seine Leser als selbstverständlich voraussetzen konnte, seien die folgenden Beispiele kurz erläutert: Senfkorn – im Neuen Testament ist bei Markus IV, 31 nachzulesen, daß das Senfkorn unter allen Samenkörnern das kleinste ist, aber (wie der Glaube) auf gutem Boden zu zweigreicher Größe heranwächst; Öl – im NT ist bei Lukas X, 30–34. nachzulesen, daß ein Mann aus Samaria einen aus Jerusalem am Wegesrand fand, den die Räuber übel zugerichtet hatten, und er pflegte ihn (obwohl zwischen beiden Religionsfeindschaft bestand) und goß ihm schmerzlindernd Öl (teuer und kostbar) in seine Wunden; Essig – im NT ist bei Markus V, 34–36 nachzulesen, daß als Jesus am Kreuze hing und der Himmel sich verfinsterte, ein Soldat einen Essigschwamm an seine Lanze tat und Jesu an den Mund führte (um ihm Erleichterung zu verschaffen).

 

DAS EIGENTÜMLICHE VERBRECHEN
VON JOHN BOULNOIS

The Strange Crime of John Boulnois

S. 599: »amerikanisch« – hierzu siehe die Anmerkung zu S. 430.

»William James« – William J. (1842–1910), der ältere Bruder von Henry J. (siehe Anmerkung zu S. 420), New Yorker Psychologe und Philosophie-Professor.

»Weary Willie« = »müder Willy«, vermutlich erfundener (oder wirklicher) Spitzname eines damals populären (oder als solcher erfundenen) Boxers, was jedenfalls der Kontext nahelegt.

S. 600: »Pugilisten« – wörtlich Faustkämpfer, also Boxer; hier wurde das altmodische Wort stehen gelassen, um den vierfachen Stabreim Chestertons auf P beibehalten zu können.

»Katastrophismus« – englisch »catastrophism«: 1869 entstand unter diesem Namen tatsächlich eine Theorie, daß bestimmte geologische und biologische Phänomene durch Katastrophen oder plötzliche und gewaltsame Veränderungen der Natur hervorgerufen worden seien; die Theorie entstand im Umfeld der Auseinandersetzungen mit den Lehren Darwins; »a catastrophist« war/ist einer, der dieser Theorie anhängt.

»Cumnor« – Dorf und Hügel ca. 10 Meilen westlich von Oxford.

S. 601: »Grey Cottage« – »cottage« ist die Hütte, das Häuschen (etwa des Landarbeiters); inzwischen etwa das Äquivalent zur Datsche; Grey Cottage = das Graue Haus.

»Pendragon« – hierzu siehe die Anmerkung zu S. 523.

S. 603: »Tory-Demokratie« – »tory« ist die Verenglischung des irischen »toraidhe« = der Verfolger; wurde im 17. Jh. Spitzname der von den englischen Besatzern enteigneten irischen Landbesitzer, die sich als Straßenräuber gegen englische Siedler und Soldaten ihren Lebensunterhalt zu beschaffen trachteten; daher später generell im Sinne »Straßenräuber«. 1679 Spitzname für diejenigen, die sich dem Ausschluß des (katholischen) Herzogs James of York widersetzten. Ab 1689 Name der einen der beiden großen Parteien: Sie entstand aus den Royalisten und Kavalieren (siehe Anmerkungen zu S. 501/502); den Namen löste um 1830 die Bezeichnung »Konservative« ab. Die Begriffe »Tory« und »Demokratie« schlossen sich lange Zeit eigentlich gegenseitig wegen des Staatsverständnisses der Tories aus.

S. 604: »Königin… Minneturnier« – im Hoch- und Spätmittelalter gehörte es zum immer höher stilisierten Minnekult, an Minnehöfen eben diese Minneturniere zu veranstalten, deren Herrin die jeweilige Königin des Minnehofes war.

»Romeo und Julia« – Drama von William Shakespeare, in dessen Verlauf das Liebespaar, dem der politische Streit der beiden Familien das Eheglück verweigert, in den Tod geht, teils auch durch Mißverständnisse verursacht: Romeo ersticht sich.

S. 607: »Rabenwald« – Edgar Herr auf Rabenwald (Ravenswood) ist der Held in Sir Walter Scotts Roman The Bride of Lammermoor (Die Braut von Lammermoor), 1819, dem düstersten Werk des Romanciers.

»Pierrot« – französisch = Peterchen; seit 1741 Bezeichnung für den Possenreißer in der Pantomime; in englischem Sprachgebrauch vor allem Bezeichnung für Grotesksänger oder -instrumentalisten in der Pantomime, die dabei meistens ein geweißtes Gesicht haben und sehr weite, lose hängende weiße Kleidung tragen.

S. 616: »Deut« – im Original »rap«; beides bedeutet die kleinste Scheidemünze im Münzsystem (heute z. B. der Pfennig oder der Schweizer Rappen).

S. 617: »Harun al-Raschid« – Märchenfürst aus Tausendundeiner Nacht, der mit dem historischen Harun ar-Raschid, einer bedeutenden, aber höchst unerfreulichen Gestalt, nur wenig gemeinsam hat.

»nicht um ein Jota geändert« – Jota ist der Name des »i« im griechischen Alphabet, das als ein Strich geschrieben wird, weshalb man oft die Meinung finden kann, die Redensart bedeute, es sei nicht einmal ein Strich, also nichts geändert worden. Tatsächlich geht die Formel auf einen der schwierigsten Streitpunkte bei der Formierung der alten christlichen Kirche zurück, als es nämlich um die Frage ging, ob Jesus »homousis« = Mensch gewesen sei, oder »homoiusis« = menschenähnlich, menschengleich; man einigte sich darauf, daß er zugleich Gott und Mensch, also »homousis« war – und wer das Wort auch nur um ein Jota änderte (nämlich zum »homoiusis«) galt fürder als Häretiker.

»Und Haman begann…« – Übersetzung der Father Brownschen Fassung des Berichtes im Buch Esther des AT, V, 9–14.

S. 619: »galvanisiert« – Luigi Galvani (1737–1798), italienischer Naturforscher und Professor der Anatomie in Bologna, entdeckte 1789, daß ein Froschschenkel (vom Tier abgetrennt) bei bestimmten Versuchen plötzlich zuckte, was er auf elektrische Entladungen zurückführte.

»Republik« – gemeint sind die USA.

 

DAS MÄRCHEN VON FATHER BROWN

The Fairy Tale of Father Brown

S. 623: »Spielzeugkönigreiche« – auch Duodezfürstentümer genannt, haben etwa in der englischen oder französischen Literatur eine merkwürdige Rolle inne; Eugène Sue läßt in seinen Mystères de Paris den Herzog und das Herzogtum von Gerolstein einen bedeutenden Part spielen, und Jacques Offenbach schuf 1876 seine Oper Die Großherzogin von Gerolstein, wobei beide Gerolsteine nur den Namen mit dem Eifelort gemeinsam haben (und die Landschaft); auch Arsène Lupin bestand einige seiner Abenteuer gegen Bismarck und Wilhelm II. in solcherlei Residenzen; hier also auch Chestertons Beitrag zur Geschichte der Duodezfürsten.

S. 625: »Swinburne« – Algernon Charles S. (1837–1909), englischer Dichter, der zunächst in der Nachfolge von Baudelaire durch seine Gedichte die bürgerliche Sittsamkeit seiner Zeit herausforderte und dann unter dem Einfluß Manzinis glühende Freiheitsgedichte schrieb. Da Flambeau das Gedicht selbst mit den Worten »Oder irgendwas dieser Art« abtut und die Gebrüder Arnhold zunebst Stadt, Land und Geschichte Heiligwaldenstein spätestens durch Napoleon untergegangen zu sein scheinen, dürfte sich eine Suche nach dem Gedicht in Swinburnes Werken nicht recht fruchtbar gestalten, wenngleich dort vielerlei schöne Töne über Freischärler, die man heute Guerilleros und Terroristen nennt, finden lassen.

S. 626: »Quietismus« – eine religiöse Lehre, die eine mystische Vereinigung mit Gott durch affekt- und willenloses Sichergeben in den Willen Gottes erstrebt(e).

»quäkerisch« – der Grundgedanke der Lehre der Quäker ist, daß über jeden Menschen die Erleuchtung als Quelle der Gotteserkenntnis und des wahren christlichen Lebens komme; die Gemeinschaft der »Quakers« (Spottname = die Zitterer) wurde im 17. Jh. in England von George Fox gegründet und später in Nordamerika von William Penn ausgebaut.

S. 629: »Royal Society« – 1662 von Charles II. gegründete Akademie der Wissenschaften zur Förderung von Mathematik und Naturwissenschaften; Sitz: Burlington House, London.

S. 633: »Cherubime« – übermenschliche Wesen in der nächsten Nähe Gottes, bildlich dargestellt als von 4 Schwingen getragene Köpfe (die ihnen artverwandten Seraphim haben 6 Schwingen); später sollten sie zu den berühmten Putten verniedlicht werden.

»Königgrätz« – tschechisch »Hradec Králové« (beides = Königsstadt), Gebietshauptstadt im östlichen Böhmen, wo 1866 die Preußen entscheidend über die Österreicher und Sachsen siegten (in England und Frankreich nach dem eigentlichen Schlachtort auch Sadowa genannt).

»Gravelotte« – Gemeinde in Lothringen, einer der Hauptschlachtorte im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71, den vor allem Habgier und Eitelkeit Napoleons III. auslösten.

S. 638: »Sie vertraueten auf ihre Pferde…« – AT Psalm 20, Vers 8.

»Kroaten oder Ungarn« – demnach müßte entweder Heiligwaldenstein im Bereich etwa des heutigen Burgenlandes gelegen haben, oder aber die Arnholds müssen sich aus den österreichischen Heeren Kroaten oder Ungarn angeheuert haben.

S. 640: »So ist auch die Zunge…« – Brief des Apostels Jakobus im NT, V, 5.