ANMERKUNGEN

DAS BLAUE KREUZ

The Blue Cross

»Father Brown«: Chestertons Priester-Detektiv ist dem deutschen Publikum von Anfang an falsch als »Pater Brown« vorgestellt worden; das englische »Father« ist ebenso wie das französische »Père« Anrede an Weltgeistliche, also am ehesten mit »Hochwürden« wiederzugeben, während im deutschen Sprachgebrauch »Pater« Titel der Ordensgeistlichen ist. Da aber bei uns die Anrede »Hochwürden« weitgehend außer Dienst geraten ist, wird in dieser Neuübersetzung die englische Formel »Father Brown« unübersetzt beibehalten.

S. 12: »Roland« – gemeint ist jene Gestalt Roland aus dem Sagenkreis um Karl den Großen und in diesen Sagen der wichtigste seiner 12 Paladine; der historische Roland, der Graf Hruotlant aus der Bretonischen Mark, fiel 778 in einem Nachhutgefecht gegen die Basken im Tal von Roncesvalles; er ist sonst historisch nicht weiter bekannt.

»der Kaiser« – gemeint ist der deutsche Kaiser Wilhelm II.

»juge d’instruction« – Untersuchungsrichter.

S. 14: Was das Äußere von Father Brown betrifft, so schreibt Martin Gardner in seiner Einleitung zu The Annoted Innocence of Father Brown:

»Aus gewissen Gründen, vielleicht wegen Chestertons eigener Massigkeit oder dem Vergleich mit einem Norfolkkloß, stellen sich viele den Priester rundlich und untersetzt vor. Tatsächlich aber war er ein kleiner, feingebauter Mann mit einem, wie Chesterton sich ausdrückt, ›blödsinnig großen Kopf‹. In Das Auge Apollos wird er als häßlich bezeichnet. Sein Gesicht ist rund, stumpf und vollmondähnlich mit schweren, ausdruckslosen Zügen und ›Augen so leer wie die Nordsee‹. Sein Haar ist braun, seine Gesichtsfarbe dunkel, seine Nase kurz und dick. Wegen seiner geschwächten Sehkraft kneift er die Augen zusammen, wenn er ohne Brille liest, und gewöhnlich blinzelt er, wenn er sich in Gedanken verliert. Und manchmal beißt er nachdenklich auf seinem Finger herum wie in Das Zeichen des zerbrochenen Säbels. Er raucht gerne Zigarren und Pfeife und trinkt gelegentlich Wein und Bier.«

In seiner Autobiographie schreibt Chesterton: »Father Browns Besonderheit war, daß er keine hatte. Sein Zweck war es, zwecklos zu erscheinen; und man könnte sagen, daß seine auffallendste Eigenschaft die war, nicht aufzufallen. Sein gewöhnliches Aussehen sollte mit seiner unvermuteten Wachsamkeit und Intelligenz kontrastieren; und deshalb machte ich aus ihm eine schäbige und formlose Erscheinung, mit einem runden, ausdruckslosen Gesicht, mit unbeholfenen Manieren usw.«

S. 16: »Denkmaschine« – Chesterton polemisiert hier wie andernorts gerne und scharf gegen jene Folgerungen der französischen Aufklärung, die den Menschen zu einem absolut berechenbaren »homme machine« erklären wollen.

S. 21: »Schaufelhut« – breitrandiger, auf beiden Seiten nach oben gebogener Hut katholischer Geistlicher.

S. 30: Hier wird Father Brown erstmals namentlich erwähnt, bleibt aber ohne Vornamen, außer in Das Auge Apollos.

S. 35: »zölibatärer Einfaltspinsel« – es ist darauf hinzuweisen, daß die katholische Kirchenlehre beim Begriff des Zölibats streng trennt zwischen Verstößen gegen das Gebot der Keuschheit (eine solche Sünde hat der Priester seinem Amtsbruder zu beichten und kann dann von ihm die Absolution erhalten) und dem Gebot der Ehelosigkeit (eine Ehe kann der Priester nur dem Papst beichten, und nur von ihm kann er die Absolution erhalten).

»Privatsekretär« – The Privat Secretary war ein damals sehr erfolgreiches Stück des Boulevardtheaters.

S. 36: »Stachelarmband« – wahrscheinlich von Chesterton erfundener Ausdruck für eine Vorrichtung im Ärmel, die zum Austausch von Gegenständen dient.

S. 39: »Eselspfeife… Kreuzsprung« – offensichtlich üble Tricks aus der Verbrecherwelt; ich konnte bisher nicht feststellen, ob Chesterton die Namen frei erfunden hat oder ob es sich um Bezeichnungen für damals reale Verbrechertricks handelt, und also auch nicht, was sie im einzelnen bedeuten.

 

DER VERBORGENE GARTEN

The Secret Garden

S. 42: »rote Rosette« – das Abzeichen der Ehrenlegion, deren Mitglied (sicherlich hohen Ranges) Valentin also war.

S. 43: »französische Fremdenlegion« – hier sei der Hinweis gestattet, daß die spanische Fremdenlegion, obwohl kaum bekannt, im Grunde den gleichen Ruf verdiente wie die französische.

»britische Etikette« – bei gesellschaftlichen Gelegenheiten trägt der britische Offizier weder Säbel noch Sporen.

S. 44: »Walt Whitman« – bedeutendster US-Lyriker (1819–1892), dessen Leaves of Grass (Grashalme) auch in Europa der modernen Lyrik die Bahn brachen. Ob es einen Luke P. Tanner wirklich gegeben hat oder ob Chesterton ihn zum Kontrast selbst erfand, konnte ich nicht feststellen. Fest steht hingegen, daß es in Pennsylvanien niemals ein Paris gab.

Daß sein Haar »so säuberlich zurückgekämmt wie das eines Deutschen« war, ist eine Formulierung, die wiederum auf die Zeit der Entstehung dieser Geschichte zurückweist: die Zeit vor dem I. Weltkrieg.

S. 47: »Watteau« – Jean-Antoine Watteau (1684–1721), französischer Maler, schuf zahlreiche Werke, die in heiter dichterischer Verklärung galante Feste der höfischen Gesellschaft in Parklandschaften darstellen; die elegante Leichtigkeit seiner Gestalten und die bei aller Leuchtkraft zart bleibende Farbigkeit seines Stils machten ihn berühmt.

S. 53: »Bidhänder« – langes zweischneidiges Schwert aus dem Mittelalter, das wegen seiner Schwere mit beiden Händen geführt wurde (ähnlich dem Henkersschwert).

»das Klopfen in Macbeth« – der König von Schottland Macbeth (1040–1047) besiegte und tötete seinen Vorgänger König Duncan I. und fiel selbst im Kampf gegen seinen Nachfolger Duncan III.; Shakespeare schuf aus diesem Stoff sein Trauerspiel Macbeth (1605), in dem verschiedentlich ein Klopfen unheilschwangere Bedeutung hat, so z. B. in Akt 2, Szene 1, wo Macbeth, nachdem ihn Lady M. verlassen hat, vor einem Klopfen erschrickt und sich zu fragen beginnt, was mit ihm los sei, da jedes Geräusch ihn zu erschrecken vermöge.

S. 54: »in reinem Irisch« – gemeint ist: in Englisch mit einem reinen irischen Akzent, denn daß der Major auf die Fragen Valentins in gälischem Irisch geantwortet hätte, ist mehr als unwahrscheinlich (auch wenn damals noch mehr Iren Irisch gesprochen haben dürften als heute: Von 3,5 Mill. sprechen es ausschließlich ca. 10000, weitere ca. 45000 verstehen und sprechen es, rund 700000 verstehen und sprechen es gebrochen).

S. 70: »sah auf seine Stiefel« – es ist daran zu erinnern, daß der Halbschuh erst nach dem I. Weltkrieg allgemein Verbreitung fand; zur Zeit der Erzählung trug man meist bis über die Knöchel reichende Schnürschuhe, die als »boots« = Stiefel bezeichnet wurden, aber keine Stiefel im eigentlichen Sinn sind.

S. 71: »Catos Stolz« – Marcus Porcius Cato der Jüngere (Urenkel von Marcus Porcius Cato dem Älteren, der 149 v. Chr. starb und als Anhänger altrömischer Sittenstrenge und als unversöhnlicher Gegner Karthagos bekannt wurde: »Ceterum censeo Carthaginem esse delendam« = Im übrigen meine ich, daß Karthago zerstört werden muß, war sein berühmter Abschlußsatz in jeder seiner Reden im Senat) war ein erbitterter Gegner Cäsars, von dem er die Zerstörung des alten Rom erwartete, und gab sich 46 v. Chr. nach Cäsars Sieg bei Thapsus in Utica selbst den Tod.

 

 

DIE SONDERBAREN SCHRITTE

The Queer Feet

S. 72: »Die zwölf wahren Fischer« – Chesterton parodiert hier die 12 Apostel und das Abendmahl der Jünger, um vor diesem Hintergrund der Vulgarisierung des Christentums durch die Gesellschaft die unklerikale Souveränität Father Browns um so heller zeichnen zu können.

S. 73: »oligarchische Gesellschaft« – die Oligarchie bzw. Oligokratie (griechisch – Herrschaft der Wenigen) bedeutete bei Aristoteles die Herrschaft der Reichsten, heute jede Regierungsform, in der die Herrschaft bei kleinen Führungsgruppen mit besonderen Privilegien liegt.

»Plutokratie« – griechisches Kunstwort zu Plutos, dem altgriechischen Gott des Reichtums, bedeutet soviel wie Geldherrschaft, also eine Regierungsform, bei der für die Auswahl der Herrschenden ihr Reichtum ausschlaggebend ist; der Plutokrat ist der Geldsack, der Prototyp des rücksichtslosen Kapitalisten.

S. 81: »Pfründe« – von lateinisch »praebenda« = Unterhalt: im speziellen Sinne ein Kirchenamt, das mit einer Vermögensausstattung verbunden ist, deren Nutznießung dem Amtsinhaber zusteht; im allgemeineren Sinne eine mit besonders guten Einkünften ausgestattete Stellung ohne große Arbeitslast.

S. 82: »Sovereign« – alte englische Goldmünze im Gegenwert von 20 silbernen Schilling.

S. 85: »Gladstone-Kragen« – William Ewart Gladstone, britischer Staatsmann (1809–1898) trug immer hohe steife Kragen, sogenannte »Vatermörder«, deren vordere Ecken nicht, wie beim späteren Stehkragen, umgebogen waren.

S. 88: »Kataleptiker« – griechisch Katalepsie = Starrsucht: Verkrampfungszustand der Muskeln, eines der Anzeichen eines schizophrenen Anfalls.

S. 95: »Tanz des Todes« – der Tanz des Todes wird oftmals irreführend als Totentanz bezeichnet; es handelt sich um die Darstellung des tanzenden Todes, der die Toten aus ihren Gräbern herausführt.

 

DIE FLÜCHTIGEN STERNE

The Flying Stars

S. 101: »Die Flüchtigen Sterne« – im Original »The Flying Stars«; sie werden meist falsch als Sternschnuppen übersetzt, obwohl Sternschnuppen »falling stars« oder »shooting stars« sind. »Flying Stars« kann fliegende oder fliehende oder flüchtige Sterne (im Sinne nicht dauerhaften Verweilens) bedeuten, und Chesterton spielt mit allen diesen Bedeutungen im Rahmen seiner Geschichte. Deshalb erschien mir der weitestgreifende Begriff, der der »Flüchtigen Sterne«, hier am angemessensten.

»Millet« – Jean-Francois M. (1814–1875), französischer Maler, der zuletzt in schweren braunen und grauen Tönen erdgebundene Bauerngestalten in Landschaften von überwiegend schwermütiger Stimmung malte.

S. 102: »Affenbaum« – im Original »monkey tree« (auch monkey puzzle), die Araucaria imbricata; ihr Zweigwerk ist so ungewöhnlich angeordnet und ihre Blätter so scharf wie Nadelspitzen, daß die Legende behauptet, selbst Affen könnten diesen Baum nicht besteigen; im Deutschen Schuppentanne, seltener auch Affentanne genannt.

S. 104: ›The Clarion‹ bzw. ›The New Age‹ – ›The Clarion‹ erschien als sozialistisches Wochenblatt 1891–1932; ›The New Age‹ war ein der sozialistisch orientierten Fabian Society nahestehendes Wochenblatt, in dem u. a. George Bernard Shaw viel publizierte.

S. 105: »Sirdar« – von Urdu sardar (aus Persisch sar = Oberhaupt und dar = Besitz), in Indien und anderen asiatischen Ländern Bezeichnung für einen hohen militärischen Führer; speziell seit dem 19. Jh. der britische Oberbefehlshaber der ägyptischen Streitkräfte.

S. 108: »Zauberer« – England kannte/kennt den Weihnachtsmann im deutschen Sinn nicht; statt dessen wurden zu privaten Weihnachtsveranstaltungen zur Freude der Kinder nicht selten Berufs- oder Amateurzauberer gebeten.

Blount spricht seinen Schwager mit »Sie« an – man kannte sich noch nicht lange und gut genug, daß ein deutsches »du« gerechtfertigt gewesen wäre, und kumpelhaftes Duzen, wie heute so weit verbreitet, wäre für jene Zeit unverzeihlich gewesen; daher siezen sich auch Ruby und John.

S. 109: »altenglische Pantomime« – zu den festlichen Hausveranstaltungen des alten Europa (Hausmusik, Haustheater) in der Vorkino- und Vorfernsehzeit gehörte spätestens seit 1739 in England die P. aus römischer Tradition entstanden, durch die italienische Commedia dell’arte weiterentwickelt, in England zu einer ursprünglich ebenfalls stummen dramatischen Vorführung ausgebaut, dann in Sprechtheater umgeformt, wobei der Auflösung des »Dramas« als Abschluß eine derb-komische Szene mit Clown und Hanswurst und dem Tanz des Harlekin mit der Columbine folgte; hierbei wurden ferner Züge des Kasperl-Theaters übernommen, so etwa das Auftreten des Polizisten, der den Kasper/Harlekin unter irgendwelchen Vorwänden verhaften will, von diesem aber glorreich geschlagen wird (Verspottung der Obrigkeit); nach und nach wurde die P. in die Weihnachtsveranstaltungen integriert, spätestens seit 1892 als wesentlicher Teil, wobei Familienangehörige und Freunde die Rollen spielen.

S. 112: »Diamantenkönigin« – die englische »Queen of Diamonds« ist die Karodame des Kartenspiels, doch hätte dieser Begriff im Deutschen den Zusammenhang mit den Theaterjuwelen verdeckt.

S. 113: The Pirates of Penzance – berühmte komische Oper von Gilbert & Sullivan, Erstaufführung 1879.

 

DER UNSICHTBARE MANN

The Invisible Man

S. 126: »Art christlicher Demut« – nämlich die Gaben des Herrn unbefragt demütig entgegenzunehmen.

S. 134: »Lucknow Mansions«… »Himalaya Mansions« – Lucknow ist eine Stadt in Indien zu Füßen des Himalajas.

 

 

DIE EHRE DES ISRAEL GOW

The Honour of Israel Gow

S. 156: »Wilkie Collins« – William Wilkie C. (1824–1889), englischer Schriftsteller, der als Verfasser von spannungsreichen Romanen um geheimnisvolle Verbrechen berühmt wurde und als Vater des englischen Kriminalromans mit meisterhaft ausgetüftelten »plots« gilt (sein erster erfolgreicher Roman war 1852 Basil, seine berühmtesten wurden 1860 Woman in White, deutsch berühmt geworden in der Übersetzung von Arno Schmidt: Die Frau in Weiß; und 1868 The Moonstone).

S. 157: »Ludwig XVI.« – herrschte 1774–1792 als König von Frankreich und war bekannt wegen seines Steckenpferdes: der Feinmechanik und der Uhrmacherei, die er beide mit großem Geschick und Talent betrieb, bis hin zu Sicherheitsschlössern für seine Privatgemächer und Schatztruhen.

S. 171: »Farthing« – zu »four« (4)= der vierte Teil, nämlich von 1 Penny, die kleinste englische Scheidemünze jener Zeit, damals etwa 2 1/2 Pfennige wert.

 

DIE FALSCHE FORM

The Wrong Shape

S. 173: »Clapham« – einst reiche, ruhige Luxus-Vorstadt, heute immer noch im Südwesten Londons.

S. 174: »Angloindien-Mann« – im Original »Anglo-Indian«; wörtlich also »Angloinder«, aber das bezeichnet im deutschen Sprachgebrauch einen Mischling aus englischen und indischen Eltern, während hier ein Engländer gemeint ist, der im Dienste des angloindischen Imperiums in Indien (bzw. im Orient) gedient hat.

S. 176: »Vergil« – Dante ließ sich in seiner »Göttlichen Komödie« vom Geist des römischen Dichters V. durch Hölle und Fegefeuer führen, während er sich auf seiner Wanderung durch den Himmel der Seele seiner geliebten Beatrice anvertraute.

S. 189: »Coleridge« – Samuel Taylor C. (1772–1834), englischer Dichter, brachte das Übersinnliche (und damit auch die Naturereignisse als Naturkräfte) in klangreicher Wortkunst zu farbiger Sinnlichkeit und damit Anschauung.

S. 191: »Apachen« – bedeutet hier nicht das Volk Winnetous oder Geronimos, sondern war seinerzeit die romantisierende Bezeichnung für Mitglieder der Pariser Unterwelt.

S. 198: »Vicisti, Galilaee!« – Flavius Claudius Julianus, letzter heidnischer römischer Kaiser (361–363), ein Brudersohn Konstantins des Großen (hatte 357 die Alemannen bei Straßburg geschlagen, wurde 360 zum Augustus ausgerufen und 361 zum Alleinherrscher), versuchte dem Christentum ein im neuplatonischen Geist erneuertes Heidentum entgegenzusetzen, weshalb ihn die Christen »Apostata« (griechisch = der Abtrünnige) nannten; auf dem Sterbelager soll er nach der Kirchengeschichte Theodorets, 3,20 gesagt haben: »Vicisti, Galilaee!« = Du hast gesiegt, Galiläer (= Jesus, genannt Christus).

S. 201: »Byron« – George Gordon Noel, Lord B. (1788–1824), englischer Dichter, gilt als zwiespältige Natur, eine Mischung aus hingebender Liebe und ausschweifender Sinnlichkeit, aus weltschmerzlicher Pose und echtem Leid (Byronismus); Goethe huldigte ihm in Faust 2.Teil als »Euphorion«. Chestertons Weise, Dichter und Denker zu zitieren, läßt seine Haltung ihnen gegenüber erkennen.

 

 

DIE SÜNDEN DES PRINZEN SARADINE

The Sins of Prince Saradine

S. 202: »die Broads« – damit sind generell breite seenartige Flußmündungen bzw. Mündungsmarschen gemeint, vor allem aber diejenigen in Norfolk.

S. 215: »falsche Seite der Tapete« – ein typisches Beispiel für Chestertons Lust an Doppeldeutigkeiten: Einerseits formuliert Father Brown hier Piatons alten Gedanken, daß der Mensch auf Erden nur der Schatten seiner wahreren Wirklichkeit sei, brownisch pointiert; zum anderen aber läßt sich das Bild vollkommen auf die real existierende Situation auf der Insel anwenden, der Brown ja von Anfang an mißtraute: Besuche im Märchenland sind immer gefährlich.

S. 223: »Einige sieben Minuten« – ein typisches Beispiel für Chestertons Lust am Stabreim bzw. an der Alliteration: die Zahl der Minuten ist eigentlich unwesentlich, aber um des Stabreims und des Rhythmus’ des Satzes willen schreibt er »Some seven minutes later« (wobei es bei Chesterton allerdings auch nicht auszuschließen ist, daß er an die 7 Tage der Schöpfung dachte, denn auch auf der Insel ist jetzt alles getan, und der Herr kann von seinem Tun ausruhen).

S. 225: »à vos ordres« – französisch = zu Ihren Diensten; altmodische Floskel formeller Höflichkeit.

S. 226: »um mich von meinem unglücklichen Bruder Mr. Stephen zu unterscheiden« – Chesterton hat möglicherweise den Namen Saradine gewählt, weil sich die beiden Brüder wie eine Sardine der andern glichen.

S. 230: »alter Totenschädel und gekreuzte Knochen« – das berüchtigte Zeichen des »Jolly Joker«, der Piratenflagge, unter der einst auch der Verbrecher Flambeau gesegelt war.

»agnostische Gedanken« – die Lehre des Agnostizismus vertritt die Auffassung, daß man über das, was jenseits der realen Welt liege (das absolute Sein, Gott o. ä.), nichts wissen könne und daher Fragen nach deren wahrem Sein zu unterlassen habe bzw. unentschieden lassen müsse.

 

DER HAMMER GOTTES

The Hammer of God

S. 231: »Der Hochwürdigste Ehrenwerte« – der »Reverend« ist der Titel des Weltgeistlichen, in der deutschen Anredeform »Hochwürden«; der »Honorable« ist der Titel des Adligen, als »der Ehrenwerte« zu übersetzen (auch für Parlamentarier üblich).

S. 232: »der Kurat« – »the curate« ist die Bezeichnung für einen Kirchenverweser und für einen Pfarrer, vor allem der anglikanischen Kirche.

S. 239: »die Nelson-Säule« – das englische Nationalheiligtum sozusagen, das Ehrenmal für den britischen Admiral Sir Horatio Nelson auf dem Londoner Trafalgar Square zur Erinnerung an seinen Seesieg über die vereinigten Flotten Frankreichs und Spaniens im Kampf gegen Napoleon bei Trafalgar, in dessen Verlauf er tödlich verwundet wurde. Dieser Seesieg verschaffte Großbritannien die uneingeschränkte Herrschaft zur See und bedeutete den Anfang vom Ende des napoleonischen Abenteuers.

S. 241: »im Namen des Königs« – also spielt die Geschichte nach dem Tod der Königin Victoria im Jahre 1901.

S. 248: »der Herr den Sanherib schweigend zerschmiß« – vgl. AT, Buch der Könige II, 18,13 ff.

S. 249: »Wir haben ein… gewisses Interesse an alten englischen Kirchen« – sagt der katholische Priester zum anglikanischen: bis zur Kirchenspaltung durch Heinrich VIII. und seine Gründung der anglikanischen Sonderkirche gab es in England praktisch nur katholische Kirchen, und alle alten englischen Kirchen waren ausnahmslos zuvor katholische.

 

DAS AUGE APOLLOS

The Eye of Apollo

S. 258: »Christian Science« – Mary Baker Eddy gründete sie 1866 als Weltanschauung in religiös-kirchlicher Form: Gott sei das allein Wirkliche und Krankheit etwas Unwirkliches, das als Frucht der Unwissenheit und Sünde entstehe und durch Gebet zu beseitigen sei; die Mutterkirche der Bewegung befindet sich in Boston (wo auch sonst?).

S. 263: »die blonde Bestie Nietzsches« – Friedrich Wilhelm N. (1844–1900), deutscher Philosoph, der in geistiger Umnachtung in Weimar starb ; von Schopenhauer und Wagner beeinflußt, entwickelte er ein neues Griechenbild, in dem Dionysisches und Apollinisches miteinander konkurrieren; dann rechnete er mit dem bürgerlichen Bildungsbegriff und dem Historismus seiner Zeit ab und entwickelte als Leitbild den freien Geist in einer »Umwertung aller Werte«; anschließend stellte er der »Sklavenmoral« des Christentums die »Herrenmoral«, dem Jenseitsglauben die Bejahung der Erde und des Lebens entgegen (Also sprach Zarathustra); seine Ablehnung des Christentums steigerte sich schließlich zu ausgesprochenem Haß. Sein Denken wurde oft und gründlich mißverstanden; seine Aphorismen und Schlagworte (»Übermensch«, »Herrenmensch«, »Wille zur Macht«) dienten später wie der Vulgärdarwinismus faschistischen Zielen und Zwecken und pervertierten sein mißverstandenes Denken so völlig.

»große Sachsenkönige« – gemeint sind die großen sächsischen Könige Altenglands vor der Eroberung durch die Normannen 1066. »vor ganz Westminster« – in deutschen Städten dürfte solches Treiben leider an ordnungspolitischen Vorschriften und Maßnahmen scheitern.

S. 268: »Pastor« – lateinisch »pastor« = der Hirte, der Hüter.

»Dorés Christus, der das Praetorium verläßt« – Gustave D. (1832–1883), französischer Zeichner und Maler; seine frühen Zeichnungen für Buchholzschnitte sind geistreich und frisch; seine späten ganzseitigen für Prachtausgaben in Tonstich sprengen alle Rahmen der Illustration; seine Bibelillustration erschien 1865 und zeigt u. a. Christus, wie er vom Verhör durch Pontius Pilatus aus dem römischen Praetorium zu Jerusalem kommt.

S. 269: »Ebene von Salisbury« – in ihr befindet sich das Megalithheiligtum Stonehenge.

»Kaiaphas« – der jüdische Hohe Priester, der die Vernehmung Jesu durchführte.

S. 272: »Illuminati« – die Erleuchteten, der höchste Rang in den Geheimwissenschaften wie etwa bei den Rosenkreuzern usw.

S. 276: »Hierophant« – ursprünglich der im alten Griechenland in die Eleusinischen Mysterien einweihende Oberpriester; diese Mysterien gehörten zum Geheimkult um Demeter und Persephone; Persephone war die Tochter von Zeus und Demeter, Gattin des Hades und damit Göttin der Unterwelt.

 

DAS ZEICHEN DES ZERBROCHENEN SÄBELS

The Sign of the Broken Sword

S. 282: »Hölle unermeßlicher Kälte« – man erinnere sich, daß in den skandinavischen und altgermanischen Mythen die Urkuh Audumla alles Leben aus dem Ureis leckt.

»Bildhauer des modernen Europas« – gemeint ist nicht Sir Henry Moore.

S. 283: »Oberst Newcome« – Figur aus der Novelle Die Newcomes von William Makepeace Thackeray (1811–1863). Th. ist neben Charles Dickens der bedeutendste englische Romancier. Sein Werk zeichnet ein ironisch-sarkastisches Sittenbild der gehobenen Mittelklasse und des Adels.

S. 285: »Ale« – nicht schäumendes englisches Bitterbier.

»Embankment« – Steinmauern, gepflasterte Straßen und Promenaden beidseits der Themse in London. Das E. auf dem nördlichen Themse-Ufer heißt Victoria E. dasjenige auf dem südlichen ist das Albert E.

S. 287: »Hektor und Achill« – bei Homer besiegt der Held Achill den tapferen Hektor und schleift ihn an den Fersen um die Festung Troja.

»Meuterei« – gemeint ist die große Mutiny, die Meuterei der Hindu- und Muslim-Einheiten in der angloindischen Armee 1857, der sogenannte Sepoy-Aufstand: Die Armee hatte neue Karabinermunition eingeführt, wobei die Kartuschen mit den Zähnen aufzureißen waren; da die Kartuschen mit einer Mischung aus Rinder- und Schweinefett eingeschmiert waren, gelang es auf diese geniale Weise der Armeeleitung, gleichzeitig die Hindusoldaten (durch Rinderfett) und die Muslimsoldaten (durch Schweinefett) in ihren religiösen Tabus zu verletzen, eine Meisterleistung sacheffizienter Verwaltungsarbeit, die folgerichtig zum Aufstand führte.

S. 288: »fahrender Ritter« – der letzte ihrer Art wurde auch der berühmteste: Don Quijote aus der Mancha, gedichtet von Miguel Cervantes Saavedra.

S. 289: »Schwarzer Fluß« – auch eine Übersetzung des »Black River« in ein »Rio Negro« hülfe beim Versuch der Lokalisierung dieses imaginierten Brasilienfeldzugs nicht weiter.

»Burma« – oder Birma heißt heute amtlich Myanma, was früher nur ein Teil des amtlichen Namens »Pyi-Daung-Su Socialist Thammada Myanma Naingng-an-Daw« war.

S. 284: »Lincolnshire Fens« – große Marschlandschaft in Ostengland, die sich durch verschiedene Grafschaften bis an die Nordseeküste erstreckt. Die Gegend war ursprünglich Sumpfland, doch begannen bereits die Römer mit der Trockenlegung, so daß sie längst als Kulturland genutzt wird (vgl. auch die Aufanischen Matronen, das Hohe Venn und La Haute Fagne).

S. 303: »Philanthrop« – im älteren Sprachgebrauch ein praktizierender Menschenfreund, der z. B. als Zivilist freiwillig an die Front reiste, um dort den Verwundeten zu helfen o. a.

S. 305: »Bauern« – gemeint sind hier die des Schachspiels.

S. 309: »Brandy« – Frankreich ist es im sogenannten Versailler Frieden u. a. gelungen, durchzusetzen, daß nur noch Weinbrände aus der Gegend von Cognac den Namen Cognac tragen dürfen.

 

DIE DREI WERKZEUGE DES TODES

The Three Tools of Death

S. 310: »Sunny Jim« – 1902 in den USA ins Leben gerufenes und 1903 in England eingeführtes Reklamemännchen für Force Frühstücksflocken. Äußerst beliebte Persönlichkeit mit weißgepudertem Zopf, rotem Frack, hohen Eckenkragen, Querbinder und Monokel.

»Mr. Pickwick« – Samuel Pickwick, der naive quijotische Held der Nachgelassenen Aufzeichnungen des Pickwick-Clubs von Charles Dickens (1836/37 erschienen).

»lautes Gelächter« – in Klammern stehende Bemerkung in Parlamentsprotokollen, wenn einer der politischen Redner dem Haus Anlaß zur Heiterkeit geboten hat.

S. 312: »Baronet« – in England von James I. 1611 eingeführter niedrigster Adelsrang.

S. 315: »et ne nos inducas in tentationem«, – lat. = und führe uns nicht in Versuchung (aus dem Vaterunser).