14. KAPITEL

Gideon konnte gar nicht verstehen, warum er sich von ihr zurückzog. Er wusste, dass er ihr Freude bereitet hatte. Er hatte gespürt, wie sie unter seinen Fingern gezuckt und während ihres Höhepunkts gebebt hatte. Es wäre leicht für ihn gewesen, ihr Beine zu heben und in sie einzudringen, sich in ihrer Weichheit zu verlieren, nach der er sich schon gesehnt hatte, als er sie kennen gelernt hatte.

Doch das war ihm nicht möglich. Ihren neuen Ansturm von Tränen . . . hatte er nicht ertragen können. Sie hatte wie eine Frau geweint, die alle Hoffnung verloren hatte und die der Schande ins Gesicht geschaut und sich selbst darin wieder erkannt hatte. Jeder Schluchzer schmerzte ihn so, wie er das noch bei keiner anderen Frau erfahren hatte. Das ergab für ihn überhaupt keinen Sinn.

Wütend über seine Reaktion zog er ihr den Rock herunter und ließ sie los. Dann ging er leise fluchend zu der Stelle zurück, wo die tote Mamba lag. Starr blickte er auf die Schlange herab, die auf dem trockenen Laub lag, doch er konnte sich vor den Lauten hinter ihm nicht verschließen. Noch vor wenigen Minuten hatte er sie so sehr begehrt, dass er sich kaum noch hatte zurückhalten können.

Das war jetzt vorbei. Wie sollte es bei ihrem schrecklichen Weinen auch anders sein? Himmel noch mal, er konnte es nicht ertragen. Sie hatte nicht geweint, als er sie von der Chastity geholt hatte, und sie hatte auch nicht geweint, wenn sie sich gestritten hatten. Sie jetzt weinen zu hören, nachdem sie vor kurzem noch so stark gewesen war, erinnerte ihn daran, dass er sie ihrer Heimat und ihrer Familie entrissen hatte. Sie hasste ihn dafür. Wie sehr, konnte er deutlich hören.

Aber sie hatte ihn auch begehrt. Sie weinte jetzt um ihre verlorene Tugendhaftigkeit, doch kurz zuvor hatte sie ihn begehrt

Ihr Weinen ebbte nun ab. Vermutlich glättete sie ihre Kleidung, um jeden Beweis dessen, was sie getan hatten, zu beseitigen. Doch was konnte man anderes von ihr erwarten? Von dieser spröden Frau, die sich zu gut dazu war, in den Armen eines Piraten ertappt zu werden. Verdammt sollte sie dafür sein.

Mit einem weiteren wilden Fluch riss er seinen Säbel aus dem Boden und wischte ihn an den Blättern ab. „Sie sollten besser zum Strand zurückgehen. Ich möchte erst noch herausfinden, ob es nicht Spuren weiterer Schlangen gibt. Manchmal sind sie paarweise unterwegs.“ Obwohl das stimmte, war das nur ein Vorwand. Er konnte sie jetzt nicht ansehen, wenn sie so durcheinander war und er sich so lächerlich schuldbewusst fühlte.

„Paarweise?“ Sie klang entsetzt.

Er presste die Fingernägel in die Handfläche und zwang sich dazu, nicht zu ihr zu eilen und sie zu beruhigen. „Keine Angst. Wenn Sie sich am Flussufer halten, kann nichts passieren. Gehen Sie. Ich komme in wenigen Minuten nach.“

Es folgte ein kurzes Schweigen. „Gideon, ich wollte . . . ich meine . . .“ Sie hielt inne. „Danke, dass Sie mir das Leben gerettet haben.“

„Sie haben mir für gar nichts zu danken“, erwiderte er unwirsch, weil er ihr herzzerreißendes Weinen nicht vergessen konnte.

„Aber . . .“

„Gehen Sie zurück zum Strand, Sara.“ Er wusste nicht, was schlimmer für ihn war - ihre Tränen oder ihr Dank.

Kurz danach raschelte es im Laub, und gleich darauf war es still. Sie war nicht so lange geblieben, um ihren Dank zu wiederholen. Und das irritierte ihn fast so sehr wie der Dank selber.

Alles an ihr irritierte ihn. Er stöhnte. Nein, nicht alles. Nicht, wie sie auf seine Zärtlichkeiten reagierte, wenn ihr süßer kleiner Mund an seinem war . . . warm, weich und einladend.

Dass sein ungestümer Körper wieder hart wurde, machte ihn wütend. Das durfte sie ihm nicht antun, verflucht noch mal! Er hatte auf der Insel genug zu tun und konnte es sich nicht leisten, sich nur um eine einzige, ihn rasend machende Frau zu kümmern.

Wild fluchend bahnte er sich mit dem Säbel einen Weg durch das Unterholz und war erleichtert, dass er nicht noch mehr Mambas aufscheuchte.

Als er zu der Schlange zurückkehrte, stieß er mit der Schuhspitze gegen das tote Tier. Wenn sie nicht gewesen wäre, wäre Sara nun nicht so voreingenommen gegen Atlantis. Er seufzte, als er den Säbel wegsteckte. Nein, das stimmte nicht ganz. Sie hatte von Anfang an etwas gegen sie gehabt. Die Schlange hatte ihren Hass nur besiegelt.

Natürlich war es ein Unding - eine reiche englische Dame aus einer adligen Familie dazu zu bringen, die unberührte Schönheit von Atlantis zu erkennen. Das würde nie geschehen. Die Damen des Königreichs tummelten sich nicht ausgelassen an wilden Stränden. Sie blickten voller Verachtung auf Piraten wie ihn herab. Sie unternahmen alles, um in ihr kaltes, blutleeres England zurückzukehren. Er wusste es nur zu gut. Vornehme Engländer waren nie das, was sie zu sein schienen.

Gideon sah auf seinen Gürtel herab und auf die Brosche seiner Mutter. Wie er diesen verdammten Adel hasste, der glaubte, dass er die Privilegien, die er genoss, auch verdiente und dass ihm die ganze Welt gehörte. Dank seiner Mutter war er der Gnade eines grausamen Mannes ausgeliefert gewesen, der keine Ahnung gehabt hatte, wie man ein Kind behandelt.

Doch er hatte es allen gezeigt und sie alle auf ihre Plätze verwiesen.

Bis Sara auftauchte. Gideon fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Was hatte sie ihm angetan? Sie hatte ihn fast vergessen lassen, wer sie war und was sie repräsentierte. Sie war leidenschaftlich, und das war das Letzte, was er von einer englischen Lady erwartet hatte.

Doch er durfte sich von ihrem leidenschaftlichen Wesen nicht täuschen lassen. Wenn ihr Verlangen abkühlte und ihre spröde englische Erziehung wieder durchbrach, würde sie ihn stehen lassen. Das geschah immer wieder.

Dazu durfte er ihr keine Gelegenheit mehr geben. Er machte auf dem Absatz kehrt und ging zum Strand zurück. Na schön, er würde sie lieben. Er würde sie sich in sein Bett holen. Doch damit war dann auch schon Schluss. Er würde nicht zulassen, dass sie sein Leben so ruinierte, wie das seine Mutter mit dem Leben seines Vaters gemacht hatte.

Wer ruiniert eigentlich wessen Leben? fragte eine leise innere Stimme. Sara hatte einen Earl als Stiefbruder und eine Stellung in der Gesellschaft, bis du ihr das alles genommen

hast.

Na gut, dann hatte er ihr das eben weggenommen. Er hatte keine Wahl gehabt. Hätte er sie denn auf dem Schiff lassen sollen, damit sie ihren Bruder hinter ihm herjagte?

Das ist nur eine Ausrede, beharrte die lange verdrängte, leise Stimme in ihm. Du hättest sie nicht mitnehmen müssen, und das weißt du auch.

Er blieb stehen und blickte starr vor sich hin. Sein Gewissen hatte ihn lange Zeit in Ruhe gelassen. An dem Tag, als sein Vater starb und er, Gideon, seine Mutter verfluchte, hatte er beschlossen, dass ein Gewissen ein Luxus war, den er sich nicht leisten konnte. Seine Mutter hatte ja nicht auf ihr Gewissen gehört. Und sein Vater auch nicht, als er ein siebenjähriges Kind gnadenlos mit dem Lederriemen verprügelt hatte. Und er selber hatte damals begriffen, dass er ohne Gewissen besser dran sein würde.

Sara ist mit ihren Tränen daran schuld, dachte er bitter, als er am Fluss entlang weiterging. Frauen benutzten Tränen ja, um das zu bekommen, was sie wollten. Seine Mutter hatte sich wahrscheinlich genauso verhalten, und er tat gut daran, sich ab und zu daran zu erinnern.

„Cap'n! “ schallte ein Ruf vom Strand zu ihm herauf und riss ihn aus seinen bedrückenden Gedanken. Barnaby und Silas warteten auf ihn.

Gideon beschleunigte die Schritte. „Was ist passiert?“

„Die Männer murren“, sagte Barnaby. „Sie sollen ja bis zur Hochzeit auf dem Schiff schlafen. Doch da sie jetzt auf der Insel sind, möchten sie wieder in ihren Häusern wohnen.“ Gideon erwiderte schulterzuckend: „Dann bringen wir eben die Frauen aufs Schiff. Wo ist das Problem?“

Barnaby und Silas tauschten rasch Blicke aus. Dann kratzte Silas sich am Kinn. „Das geht auch nicht. Die Frauen wollen auch nicht an Bord des Schiffes bleiben.“

„Es interessiert mich nicht, was sie wollen“, grollte Gideon. „Entweder bleiben sie auf dem Schiff, oder sie suchen sich Ehemänner aus. Da sie mit ihrer Wahl noch nicht so weit sind, werden sie bis zum Ende der Woche an Bord bleiben müssen.“ Und er würde die Wahl der Ehemänner ganz gewiss nicht beschleunigen, weil er damit Sara in die Arme diese verdammten englischen Matrosen treiben würde.

Er wollte sie natürlich nicht heiraten. Doch er wollte auch nicht, dass ein anderer Mann sie bekam.

Silas schien Gideons Antwort überhaupt nicht zu gefallen. „Die Frauen waren doch aber wochenlang an Bord. Das ist nicht gesund für sie. Jeder kann das sehen.“ Er hielt inne und blickte aufs Meer hinaus. „Nehmen Sie einfach nur die kleine Molly, die ein Kind bekommt. Es wäre doch hartherzig, sie auf dieser Schlafmatte schlafen zu lassen, wenn wir hier bequeme Betten haben. Es ist genauso, wie Louisa sagte. Die Frauen verdienen ein wenig . ..“ Er sprach den Satz nicht zu Ende, als er merkte, dass Gideon und Barnaby ihn anstarrten. „Was seht ihr mich so an?“

„Seit wann kümmert es dich, ob eine Frau in anderen Umständen es bequem hat?“ fragte Barnaby und nahm Gideon damit die Worte aus dem Mund. „Und seit wann hast du aufgehört, Louisa diese Frau' zu nennen? Sag nicht, dass Miss Yarrow dein erstarrtes Herz erweicht hat.“

Dunkle Röte stieg an Silas' Hals hinauf, bis sein bärtiges Gesicht rotbraun gesprenkelt aussah. „Hat sie nicht. Nur weil sie hin und wieder ein bisschen Verstand hat. . .“

Als Gideon und Barnaby in Gelächter ausbrachen, drehte er ihnen den Rücken zu und ging mit entschlossener Haltung am Strand entlang davon. „Ach, zur Hölle mit euch beiden. Es geht euch überhaupt nichts an, was ein Mann über eine Frau denkt.“

„Ich glaub es nicht“, sagte Gideon. „Silas Drummond hat sich von einer Frau einfangen lassen.“

„So würde ich das nicht nennen. Ich denke, er hat sich eher von ihr aus der Fassung bringen lassen. Keine Frau hat sich ihm je widersetzt. Sie haben sich meist vor ihm gefürchtet. . . oder haben sich abgestoßen gefühlt von seinem Holzbein und seiner Unfähigkeit, sie im Bett zu befriedigen. Doch seit Louisa mit ihm zu kämpfen begonnen hat, ist er wie ausgewechselt. Heute Morgen habe ich ihn sogar dabei erwischt, wie er sich Bayrum hinter die Ohren gegeben hat.“

„So gehen die Mächtigen dahin.“ Gideon wusste eines ganz genau: Er würde sich nie so dumm wegen Sara verhalten.

Niemals. Er sah Barnaby an. „Du wirst doch nicht auch den Kopf verlieren, oder?“

„Du solltest mich besser kennen. Natürlich mag ich Frauen, aber sie haben ihren Platz.“ Er grinste. „Vorzugsweise in meinem Bett.“

Gideon war einmal Barnabys Meinung gewesen. Nun fand er sie leicht unangenehm, und das störte ihn. „Also wirst du mich in nächster Zeit nicht wegen einer Ehefrau belästigen. Nicht, solange Queenie dir gibt, was du umsonst haben möchtest. “ „Wohl wahr. Doch ich versichere dir, dass die anderen Männer dir die Hölle heiß machen werden, bis sie ihre Frauen bekommen, vor allem, wenn du darauf bestehst, dass sie an Bord des Schiffes schlafen.“

„Ich habe kaum eine Wahl. Ich muss mir etwas einfallen lassen, um die Frauen davon zu überzeugen, dass sie noch eine Weile auf der Satyr bleiben müssen.“ Sara würde sicherlich mehr als glücklich darüber sein, dass sie in ihrer Kabine schlafen konnte, besonders nach ihrer Begegnung mit dieser Schlange.

Die Schlange!

Plötzlich grinste Gideon. „Hör zu, Barnaby, bring die Männer und Frauen vor meine Hütte. Ich glaube, ich weiß, wie ich unsere zukünftigen Ehefrauen davon überzeugen kann, dass sie nicht allein in unseren Inselhäusern schlafen können.“ Er kehrte zum Fluss zurück und stieg den Weg zum Wald wieder hinauf.

„Was hast du vor?“

„Lass dich überraschen. Ruf sie einfach alle zusammen. Ich komme gleich wieder.“

Eine halbe Stunde später stand Gideon in der heißen Mittagssonne vor seinen Leuten am Strand und hielt einen Segeltuchbeutel in der Hand. Alle sahen wütend aus, auf ihn und auch aufeinander. Die Frauen und Männer standen getrennt voneinander da, die Männer nahe der Unterholzgrenze und die Frauen am Meer. Die Mienen seiner Männer waren rebellisch.

Die Frauen schauten ihn jedoch herausfordernd an, und das ging zweifellos von der kleinen Aufrührerin aus, die wie Jeanne d'Arc mit hoch erhobenem Kopf in ihrer Mitte stand. Es war ihm unbegreiflich, wie sie es fertig brachte, sich nach ihren Weinkrämpfen blitzartig in einen unerschrockenen Kreuzfahrer zu verwandeln. Aber das war jetzt unwichtig. Sie würde bald erfahren, mit wem sie es zu tun hatte.

Er hob die Hand, um sich Gehör zu verschaffen. Er sprach laut, um die Brandung zu übertönen. „Barnaby hat mir gesagt, dass ihr alle mit den derzeitigen Schlafregelungen unzufrieden seid.“ Beide Gruppen redeten durcheinander, doch er brachte sie mit dem Ruf „Ruhe!“ wieder zum Schweigen. „Ich verstehe, dass keiner von euch auf dem Schiff bleiben möchte. Und da die Frauen noch immer vier Tage Zeit haben, um sich ihre Ehemänner zu wählen . . . “

„Fünf Tage, Captain Horn“, unterbrach ihn eine weibliche Stimme. Als er Sara anblitzte, wiederholte sie gelassen: „Wir haben noch fünf Tage Zeit.“

Sie blickten sich zum ersten Mal seit ihrer intimen Begegnung im Wald an, und er sah erfreut, dass sich ihre Wangen röteten, als er sie länger betrachtete. „Wenn Sie es sagen. Ich möchte nicht mit Ihnen streiten.“ Er musterte nun auch die anderen Frauen. „Und niemand von Ihnen braucht Angst zu haben, dass ich mein Wort zurücknehme, was die Wahl der Ehemänner angeht.“

Als die Seeleute meuterten und die Frauen sich entspannten, warf er seinen Männern einen bezwingenden Blick zu. „Wir werden den Frauen doch wohl die Zeit zugestehen, um die sie gebeten haben, oder?“ Es war eher ein Befehl als eine Frage.

„Aber Cap'n“, rief ein mutiger Pirat, „müssen wir denn aus unseren bequemen Häusern hinausgejagt werden, nur weil diese Frauen zu hochnäsig sind, um unsere Betten zu teilen?“ Ein zustimmendes Murmeln der anderen Besatzungsmitglieder zeigte Gideon deutlich, dass sie die Meinung des Seemanns teilten.

Gideon wartete, bis wieder Ruhe eingekehrt war. „Genau das werden wir hier jetzt diskutieren. Ich bin sicher, dass die Frauen gleich einsehen, warum es besser für sie ist, an Bord des Schiffs zu schlafen.“

„Hören Sie mal“, rief Queenie streitlustig, „Ihre Männer haben nicht mal eine Woche auf dem Schiff verbringen müssen, doch wir sind schon fast einen Monat auf See gewesen. Sie haben Miss Willis versichert, dass wir an Land schlafen werden, und genau das wollen wir auch tun!“

Die Frauen murmelten zustimmend. Erbost sah Gideon

Sara an. Eigensinnig hob sie den Kopf. Er hatte doch richtig vermutet, dass sie hinter diesem kleinen Aufruhr steckte.

„Ich kann nachfühlen, was Sie empfinden, meine Damen.“ Er sprach mit sanfter Stimme, obwohl er sich alles andere als sanft fühlte. „Das Problem ist, dass es nicht gut ist, wenn Frauen auf dieser Insel nachts allein sind. Es gibt wilde Tiere und andere Gefahren.“ Als die Frauen fragende Blicke austauschten, fuhr er fort: „Miss Willis kann Ihnen das bestätigen. Sie wäre vor einer knappen Stunde fast getötet worden. “ Er griff in den Segeltuchbeutel, zog die Mamba heraus und hielt sie in voller Länge hoch, während ihr Schwanz noch am Boden schleifte. „Von ihr.“

„Schlangen?“ schrie eine Frau, als sie das schreckliche kopflose Reptil sah. „O Gott, gibt es hier wirklich Schlangen?“ Die anderen schauten ängstlich zu Sara hinüber, die ihn zornig anblickte.

Er lächelte ihr zu und sprach weiter. „Zum Glück war ich in der Nähe und habe sie getötet, doch wenn ich nicht. . .“ Er sprach den Satz nicht zu Ende und überließ es ihnen, eigene Schlüsse zu ziehen. „Wenn Sie alle verheiratet sind, können eure Ehemänner natürlich nach solchen Gefahren Ausschau halten. Doch bis dahin ist es für Sie alle viel sicherer, auf dem Schiff zu bleiben. “

„Schönes Paradies ist das.“ Gereizt trat Queenie in den Sand. „Sie sind verrückt, Sir, wenn Sie glauben, dass wir dort schlafen werden, wo es Schlangen gibt.“

„Ja“, fügte Louisa hinzu. „Sie haben uns ein neues Land versprochen, doch Sie haben uns hierher gebracht, wo wir bei lebendigem Leib aufgefressen werden. Ich setze keinen Fuß mehr auf diese Insel, bevor sie nicht von Schlangen befreit wird. Und wenn Sie schon mal dabei sind, könnten Sie auch dafür sorgen, dass diese Hütten ordentlich ausgestattet werden. “

Aufgestachelt von Louisa, schimpften die Frau nun über all das, was ihnen auf der Insel missfiel. Sara verschränkte nur die Arme über der Brust und bedachte ihn mit einem boshaften Lächeln.

„Sie haben nichts zu befürchten, wenn Sie erst verheiratet sind, meine Damen“, wiederholte er und hatte das Gefühl, als hätte ihm jemand plötzlich den Boden unter den Füßen weggezogen. „Meine Männer können mit Schlangen umgehen. Und was die Ausstattung der Hütten anbelangt. . .“

„Ja, Captain Horn“, unterbrach Sara ihn mit honigsüßer Stimme, „sagen Sie uns doch bitte, welche Verbesserungen Sie vornehmen wollen. Sie werden sicherlich zustimmen, dass die Hütten sehr dürftig eingerichtet sind. Soweit ich das überblicken kann, gibt es keinen Schlafraum für Kinder. Sie erwarten doch nicht, dass die Frauen vor den kleinen Kindern die Betten ihre Ehemänner teilen werden.“

„Sara . . sagte er mit warnendem Unterton.

Doch sie fuhr fröhlich fort, während sich die Frauen hinter ihr versammelten, als sei sie deren Fahnenträgerin. „Und dann fehlen auch noch sicher schließende Türen und Fenster, um all die wilden Tiere fern zu halten. Selbst Ihre furchtlosen Piraten werden doch irgendwann einmal schlafen müssen. Wer schützt uns denn dann vor den Schlangen? Und diese erbärmlich unzureichenden Kochstellen und . . .“

„Ruhe!“ brüllte er so laut, dass sogar sie einen Schritt zurückwich. Der Teufel sollte Sara holen. Er würde es schon schaffen, ihr den Mund zu stopfen, und wenn es das Letzte war, was er machte! Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und sprach mühsam beherrscht weiter. „Ich vermute, dass die Kochmöglichkeiten in den Unterkünften der Damen in London weit unzureichender waren.“

Zum Glück brachte sein Hinweis auf die Londoner Gefängnisse fast alle zum Schweigen. Selbst Sara schien keine passende Antwort einzufallen.

Doch seine früheren Zusammenstöße mit Sara hatten ihn gelehrt, sie nicht zu sehr zu verärgern. „Trotzdem, Miss Willis, Sie und die anderen Frauen sollen nicht glauben, dass wir keine Zugeständnisse machen wollen. Sie werden Ihre Küche, die Türen und Fenster bekommen. Ich wollte sowieso einige Männer nach Sao Nicolau zum Einkaufen schicken, sobald feststeht, was die Frauen noch benötigen. Wenn Sie eine Liste aufstellen, werde ich dafür sorgen, dass die Männer nach der Hochzeit mit der Schaluppe . . .“

„Nach der Hochzeit?“ unterbrach Sara ihn. „Und was machen wir bis dahin?“

„An Bord des Schiffes schlafen. Ich weiß, dass dies nicht die beste Unterkunft ist, doch bei all den Gefahren für die Frauen und Ihren offenkundigen Bedenken ist es das Beste, was ich anzubieten habe.“

Wenn er geglaubt hatte, dass er diesen Kampf gewonnen hatte, dann gab Saras viel zu reizendes Lächeln ihm jetzt zu denken. „Unter den gegebenen Umständen lassen Sie uns keine Wahl.“ Sie hielt inne, und ihre Miene wurde hochmütig. „Allerdings hat Ihr Vorschlag so viel Gutes, dass ich denke, wir sollten für immer an Bord der Satyr bleiben . . . zumindest jedoch so lange, bis Ihre Männer die Unterkünfte bewohnbar gemacht haben. Wir werden mit Freuden so lange wie nötig ausharren, nicht wahr, meine Damen?“

Als die Frauen zustimmten, kam neuer Protest von den Männern. Gideon presste die Lippen zusammen. Das lief nicht wie geplant. Obwohl seine Männer ihre Hütten zurückerobert hatten, hatte Sara dafür gesorgt, dass es ein wertloser Sieg war. Er konnte die Frauen dazu zwingen, nach der Hochzeit mit ihren Männern in den Hütten zu leben, doch er begann einzusehen, dass die Frauen eine Zusammenarbeit verweigern würden, solange Sara ihnen Gründe dazu lieferte.

Er konnte die Männer nur so schnell wie möglich zu der anderen Insel schicken und die Hochzeit bis zu ihrer Rückkehr verschieben. Wenn die Frauen merkten, dass er und seine Männer sich wirklich bemühten, ihnen den Aufenthalt auf der Insel so angenehm wie möglich zu machen, würden sie vielleicht einlenken.

Auf jeden Fall würde die Verschiebung der Hochzeit ihm mehr Zeit geben, Sara von diesem verdammten Hargraves zu trennen. Wenn er ihn doch bloß mit den anderen Männern fortschicken könnte . . .

Gideons Augen leuchteten auf. Warum eigentlich nicht? Hargraves war gar nicht so wild darauf gewesen, auf der Insel zu bleiben. Er schien sich viel mehr für die Reichtümer zu interessieren, die mit der Piraterie zu erlangen waren. Wenn man dem Mann einen Anreiz bot, kehrte er vielleicht nicht mehr auf die Insel zurück.

Er verbarg seine freudige Erregung hinter einem finsteren Blick, mit denen er die Frauen fixierte. „Also, meine Damen. Sie sagen, was gebraucht wird, und ich schicke morgen einige Männer mit der Schaluppe nach Sao Nicolau zum Einkaufen. Wenn sie in ein paar Tagen zurückkehren, beginnen sie sofort damit, den Zustand Ihrer Häuser zu verbessern. Das wird nur kurze Zeit dauern. Das müsste Ihnen doch recht sein, oder?“ Und ich werde Peter Hargraves auch los sein, dachte er, als Sara sich den Frauen zuwandte, um mit ihnen seinen Vorschlag zu besprechen. Und du hast diesen Kampf auch noch nicht gewonnen, Liebste. Zwar hast du dich bei den Schlafmöglichkeiten durchgesetzt, aber du hast soeben deinen englische Verlobten verloren.