23. KAPITEL

Als die Männer am frühen Abend von der Jagd zurückkamen, waren sie in Hochstimmung. Sie waren mit mehreren toten Schweinen beladen und hatten auch einige Rebhühner ergattert. Prahlend und scherzend stolzierten sie zum Feuer und riefen nach Ale.

Gideon wollte jedoch kein Ale. Er wollte zu Sara. Er konnte es kaum erwarten, ihr von dem Wasserfall zu erzählen, den sie zufällig am Rand eines Orangenhains entdeckt hatten. Er nahm sich schon vor, mit ihr zusammen am nächsten Morgen dorthin zu gehen. Als Auftakt für einen Liebesnachmittag in der Einsamkeit des Waldes konnten sie im Wasserfall baden und sich gegenseitig mit Orangen füttern.

Er schob den kleinen Segeltuchbeutel von einer Hand in die andere. Er enthielt seine Geschenke für sie - einen seltsam glitzernden Stein, mehrere Orangen und eine kleine Schnitzerei. Auf sie war er besonders stolz. Sie war die perfekte Wiedergabe der Küste von Atlantis auf einem geschnitzten Stück Elfenbein, das nicht größer war als sein Daumen. Für diese Schnitzerei hatte er einem seiner Männer sein bestes Jagdmesser gegeben, und es würde ihn überraschen, wenn sie sie nicht für das Entzückendste halten würde, was sie je gesehen hatte.

Doch wo war sie nur? Er hatte angenommen, dass sie hier auf ihn warten würde. Gideon blickte zum Haus hinüber und sah ein Licht im Fenster brennen. Sie musste sich schon in ihr gemeinsames Haus zurückgezogen haben. Wenn es so war, sollte er so bald wie möglich zu ihr gehen.

Er sah Louisa schweigend am Feuer stehen und machte den Männern ein Zeichen, mit ihren auf Stangen getragenen Schweinen näher zu kommen. Breit grinsend legten sie die toten Tiere vor ihr ab.

„Wir werden heute Abend gut essen, Louisa.“ Gideon ließ den größeren Segeltuchbeutel vor ihr fallen. „Brate die Rebhühner zuerst. Wir essen sie, während wir auf das Schweinefleisch warten. Und lass deinen Ehemann nichts kochen. Du kannst Schweinefleisch gut zubereiten. Zeig uns, was du kannst.“

„Ja“, sagte Silas gut gelaunt neben Gideon. Der Mann hatte mehr getrunken, als ihm gut tat, und war jetzt so angetrunken, dass es ihm wohl egal war, dass man seine Kochkünste anzweifelte. „Das Mädchen kann Schweinefleisch wirklich gut zubereiten.“ Er warf ihr einen lüsternen Blick zu. „Und das ist nicht das Einzige, was sie gut kann. Nehmt mich beim Wort, Männer.“

Die Männer stießen sich gegenseitig an und grinsten, dann sahen sie zu Louisa hinüber, um ihre Reaktion zu sehen. Normalerweise wurde sie bei solchen Bemerkungen dunkelrot und gab eine scharfe Antwort. Da sich die Männer über ihre spitze Zunge amüsierten, freuten sie sich immer über ihre Erwiderungen auf ihre derben Späße.

„Das reicht, Silas“, erwiderte sie ruhig.

Vergeblich warteten alle auf mehr. Schließlich fragte Silas: „Ist das alles, was du dazu zu sagen hast, Mädchen?“ Er klammerte sich Halt suchend an Gideons Schulter. „Was meint ihr, Jungs? Habe ich die Frau nun doch noch gezähmt?“

„Silas, bitte hör auf“, bat Louisa.

Etwas an ihrem drängenden Tonfall und ihrer ungewohnt sanften Art erregte Gideons Aufmerksamkeit. Als Silas wieder etwas von sich geben wollte, befahl Gideon ihm zu schweigen. Dann sah er Louisa an. „Was ist los?“

Ihr angstvoller Blick glitt zu den Männern hinter ihm. „Vielleicht sollten wir lieber unter vier Augen . ..“

„Das ist nicht nötig.“ Heftige Ängste erfassten ihn plötzlich, von denen eine ihn so bedrängte, dass er sie kaum aussprechen konnte. „Hat es mit Sara zu tun? Ist ihr etwas geschehen?“

Louisa blickte starr vor sich auf den Sand. „Ihr ist nichts geschehen. Das heißt. . . nun ja . . .“

„Wo ist sie?“ Mit klopfendem Herzen sah er zum Haus hinüber. Wenn ihr etwas geschehen war ... Er wollte schon loslaufen, als eine vertraute Stimme ihn aufhielt.

„Sie ist weggegangen, Cap'n.“

Als er sich langsam umdrehte, sah er Peter Hargraves im tanzenden Schein des Feuers stehen.

„Was, zur Hölle, machst du hier?“ grollte Gideon, als er die Bedeutung von Hargraves Worten erfasste. „Was soll das heißen ,sie ist weggegangen? Wohin gegangen?“

Ann Morris trat neben Petey und schob die Hand in seine Armbeuge, während er seinen Hut in den Händen herumdrehte. „Nun, Cap'n . . . wissen Sie . . . das heißt, ich .. ."

„Sie ist mit ihrem Bruder zurück nach England gefahren“, sagte Queenie, die näher getreten war. „Und Petey ist mit diesem Kerl hierher gekommen, um sie abzuholen.“ Ein blasierter, zufriedener Ausdruck glitt über ihr verlebtes Gesicht. „Ich habe Ihnen ja schon gesagt, Sir, dass Sie Ihre Zeit verschwenden, wenn Sie sich mit dieser eingebildeten, prüden Frau abgeben.“

„Queenie, halt den Mund“, zischte Louisa, als Gideon blass wurde.

Gideon bedachte Petey mit wütendem Blick und knurrte: „Worüber redet sie eigentlich?“

Louisa erklärte mitfühlend: „Offenbar hat Petey für Miss Willis' Bruder gearbeitet, den Earl of Blackmore. Und Petey hat den Earl und seine Männer mit der Defiant heute Morgen hierher gebracht. Nachdem sie Miss Willis an Bord hatten, haben sie die Segel in Richtung England gesetzt.“

Gideon erstarrte. Sara war fort? Der Earl hatte sie geholt? Er musste sie dazu gezwungen haben, denn Sara hätte ihn nie verlassen. Nicht nach all dem, was sie miteinander besprochen, wie sie sich geliebt und Pläne für die Zukunft geschmiedet hatten und . . .

Er stöhnte innerlich, als er sich daran erinnerte, dass sie sich über ihren Bruder unterhalten hatten und auch darüber, wie sehr sie ihn vermisste. Sie hatte gesagt, dass sie Atlantis nicht verlassen würde. Doch sie hatte auch gesagt, dass sie für einen Besuch gern nach London zurückkehren wolle.

Gideon ballte die Hände zu Fäusten, während er an ihre Sorge dachte, was geschehen würde, wenn ihr Bruder käme. Dann hatte sie wohl Hargraves erwartet? Wenn Hargraves wirklich für den Earl gearbeitet hatte, musste Sara die ganze Zeit über gewusst haben, dass ihr Bruder sie holen würde.

Während sie ihn, Gideon, liebte, hatte sie schon die Tage bis zur Ankunft ihrer Retter gezählt.

Nein, das konnte er nicht glauben. Nicht seine Sara. „Wusste sie, dass du für ihren Bruder gearbeitet hast?“ fragte er Hargraves und klammerte sich noch an das winzige Fünkchen Hoffnung, dass sie vielleicht keine Ahnung gehabt hatte, warum sich Hargraves an Bord der Chastity befand. Hargraves war bestürzt über diese Frage. „Ja, Cap’n.“ Dieser Verrat verletzte ihn noch mehr als der seiner Mutter. Er hatte von Anfang an Recht gehabt. Englische Adelsfrauen heirateten ungern seinesgleichen. Doch sie taten alles, um zu überleben, bis sie gerettet wurden, auch wenn das bedeutete, dass sie sich von einem Piraten lieben lassen mussten.

Die Bedeutung der Ereignisse der vergangenen anderthalb Monate überfiel ihn mit entsetzlicher Klarheit. „Deshalb hat sie auch zugestimmt, dich zu heiraten, was?“ Er sah über das Meer hinweg und kämpfte darum, seine Fassung vor seinen Männern zu bewahren, obwohl er sich fühlte, als würde man ihm das Herz zerreißen. „Du hattest vor, sie vor mir so lange zu schützen, bis man sie retten würde. Und sie blieb zurück, um mich zu beschwichtigen und mich in Sicherheit zu wiegen, während sie ihre Flucht plante.“

Fluchend warf er den Beutel mit den Geschenken in die Brandung. „Und ich habe ihr geglaubt, dass sie es hier wirklich schön fand und dass sie aus Atlantis etwas machen wollte. Was für ein Narr war ich! Was für ein unglaublicher Narr!“ „Also Gideon“, sagte Silas besorgt, „du weißt ganz genau, dass das Mädchen nicht gelogen hat. Sie hatte tatsächlich vor, uns dabei zu helfen, Atlantis zu einer Kolonie werden zu lassen. Jeder konnte sehen, dass sie die Insel fast genauso liebte wie du.“

Gideon wirbelte zu Silas herum. „Warum ist sie dann aber mit ihrem Bruder bei der erstbesten Gelegenheit davongesegelt?“

„Das können Sie ihr nicht vorwerfen!“ protestierte Hargraves. „Sie wollte nicht fortgehen. Er hat sie gezwungen.“ Gideon schien Hargraves mit seinem Blick zu durchbohren. „Was meinst du damit? Wenn er sie wirklich gezwungen hat, werde ich ihm folgen und dafür sorgen, dass er mir niemals wieder etwas wegnehmen kann!“    ,

Ann trat mit bleichem Gesicht zwischen die beiden Männer. „Petey meint das gar nicht so, Captain Horn. Miss Willis ist freiwillig fortgegangen.“ Als Gideon sie finster anschaute, fügte sie hastig hinzu: „Aber nicht für immer. Ich soll Ihnen sagen, dass sie so bald wie möglich zurückkehren wird. Oh, und sie bat mich auch, Ihnen das hier zu geben.“

Ann wühlte in ihrer Schürzentasche herum und zog schließlich etwas Silbernes heraus. Sie hielt es ihm hin. „Sie sagte, das sei eine Sicherheit für Sie, dass sie zurückkehren werde.“ Als er den silbernen Gegenstand nahm, erkannte er es als Saras Medaillon. Einen Moment lang keimte Hoffnung in ihm auf. Sie hatte dieses Medaillon immer getragen. Er wusste, wie viel es ihr bedeutete. Sicherlich hätte sie es nicht zurückgelassen, wenn sie nicht vorhatte, zurückzukehren.

Doch seine Mutter hatte ja auch eine wertvolle Brosche zurückgelassen, als sie ihn und seinen Vater verlassen hatte.

Während seine Finger sich um das Medaillon schlossen, sah er Hargraves an. „Wenn dieser verfluchte Earl sie nicht gezwungen hat, warum ist sie denn dann fortgegangen? Es gab keinen Grund für sie, ihm zu folgen. Wir wollten heiraten. Sie sagte, dass sie bei mir bleiben wolle.“

Hargraves und Ann tauschten rasch Blicke miteinander. „Ich weiß es nicht, Cap'n“, erwiderte Hargraves nervös. „Vielleicht musste sie in England ja noch einiges regeln, ehe sie sich hier ganz niederlassen konnte.“

Doch Hargraves skeptische Miene verriet deutlich, dass er das selbst nicht recht glaubte. Plötzlich fiel Gideon noch eine andere Erklärung dafür ein, warum sie möglicherweise das Medaillon zurückgelassen hatte. Und das war so schmerzlich, dass er kaum darüber nachdenken wollte. „Oder vielleicht“, sagte er eisig, „hat sie gar nicht die Absicht zurückzukehren. Vielleicht hat sie nur eine List angewandt, um zu verhindern, dass ich ihr folge und das Schiff ihres Bruders kapere.“ Angst spiegelte sich in Anns Gesicht wider. „Nein, das dürfen Sie nicht denken, Captain. Ihr Bruder hatte viele Männer und Waffen. Wenn er Sie und Ihre Männer hätte vernichten wollen, hätte er das tun können. Doch er hat es nicht getan. Sie hat es nicht zugelassen. Sie bat ihn, nicht mit Ihnen zu kämpfen, und er hat zugestimmt.“

„Ja, er hat zugestimmt, weil er wusste, dass er und seine

Handelsschiffer es nicht mit mir aufnehmen konnten! Dieser Feigling! Sich einfach auf die Insel zu schleichen und mir meine zukünftige Frau wegzunehmen, ohne auch nur den Versuch zu machen, sich mit mir auseinander zu setzen! Ich an seiner Stelle hätte Saras Bitte nicht so leicht erfüllt! Ich hätte jeden Mann bekämpft, der es wagte . ."

Gideon sprach nicht weiter, weil er sich plötzlich an das erinnerte, was er Sara zwei Nächte zuvor gesagt hatte. Ich würde dich mir von ihm nicht wegnehmen lassen. Ich kämpfe mit jedem Mann, der das versucht. Offensichtlich hatte sie sich daran erinnert. Sie hatte sich das zu Herzen genommen und sichergestellt, dass Gideon keine Chance bekam, ihren Bruder zu verletzen.

Wut stieg in Gideon hoch, eine Wut, die es mit jedem Sturm auf See aufnehmen konnte. Nur das hatte sie interessiert -ihren Bruder zu schützen, der vermutlich zu diesen Gecken gehörte, die zu schwach waren, um ein Schwert zu halten und sich vor Pistolen fürchteten!

Wie heftig Ann oder Hargraves sie auch verteidigen mochten, die Wahrheit war, dass Sara sich für ihre Familie entschieden hatte, als sie zwischen ihm und ihr wählen musste. Sie hatte zwar von Reformen gesprochen und davon, Atlantis zu einer Kolonie zu machen, auf die sie stolz sein konnten, doch das waren nur leere Worte gewesen. Sonst hätte sie ihn nicht zu Gunsten ihres Bruders verlassen.

Fest umklammerte Gideon das Medaillon und betrachtete forschend die Gesichter der Menschen, die um das Feuer herumstanden. Was war mit ihnen? Was war mit den anderen Bewohnern von Atlantis, für die sie sich angeblich einsetzen wollte? Sie hatte für die Frauen gekämpft und wollte die Männer unterrichten. Sie alle hatten ihr vertraut. Doch als sich ihr die Chance auf Freiheit bot, hatte sie sie rücksichtslos ergriffen und nicht einmal so lange gewartet, um sich zu verabschieden.

Sie hatte davon gesprochen, dass den Frauen eine Wahl gegeben werden solle, doch sie hatte keine von ihnen mitgenommen. Stattdessen hatte sie sich mit ihrem feigen Bruder von der Insel geschlichen und alle zurückgelassen. Verflucht sei diese Frau! Er hatte sich in ihr von Anfang an getäuscht!

Diese adligen Frauen waren alle gleich - hinterlistig, schwach und entschlossen, alles zu tun, um in die Arme ihrer reichen, mächtigen Familien zurückzukehren. Wie hatte er jemals etwas anderes annehmen können?

„Bitte, Captain Horn“, unterbrach Anns sanfte Stimme seine Gedanken, „Sie müssen einfach glauben, dass sie zurückkehrt. Sie wissen doch, dass Miss Willis nichts versprechen würde, was sie nicht halten wollte.“

Finster sah er Ann an. „Sie können das glauben, wenn es Sie tröstet, aber ich weiß es besser. Sie ist ohne jede Rücksicht auf Sie alle fortgegangen und sicherlich auch ohne einen Gedanken an mich. Sie will nicht wiederkommen. Und für Atlantis wird das auch besser sein.“

„Aber es war doch gar nicht so . . .“, hob Hargraves noch einmal an.

Gideon brachte ihn mit einem wütenden Blick zum Schweigen. „Und von Ihnen, Mr. Hargraves, möchte ich kein Wort mehr hören. Ich habe Ihnen mehr Gold gegeben, als Sie je in Ihrem Leben gesehen haben, um Sie von hier zu entfernen, und das haben Sie mir damit vergolten, dass Sie meine Feinde hierher gebracht haben.“

Ein weiterer entsetzlicher Gedanke kam ihm. Er ging zu Hargraves hinüber und packte ihn am Kragen. „Und jetzt wissen alle, wo diese Insel sich befindet, nicht wahr? Ich vermute, dass der Earl nur so lange abgewartet hat, bis er seine Schwester sicher von der Insel geholt hatte. Und nun wird er die Marine Seiner Majestät herschicken, um uns alle zu vernichten. Ihnen ist es zu verdanken, dass wir alle jetzt schon so gut wie tot sind!“

Heftig schüttelte Hargraves den Kopf. „Seine Lordschaft hat die Marine herausgehalten, um Miss Willis' Ruf zu schützen. Ich schwöre es. Er hat seinen Männern nicht gesagt, wer auf dieser Insel lebt, weil er fürchtete, dass sie beim Klang Ihres Namens das Schiff in Santiago verlassen würden. Und Miss Willis ist ihm erst gefolgt, nachdem er versprochen hat, über Atlantis Stillschweigen zu bewahren.“

Gideon blickte den Mann scharf an, der sich ihm gegenüber immer behauptet hatte. „Und warum sollte ich das glauben?“ „Wenn ich hätte annehmen müssen, dass die Insel unter Beschuss genommen würde, wäre ich doch nicht hier geblieben, Cap’n. Ich hätte doch zusammen mit meiner Frau auf der Defiant zurückfahren können.“

Das stimmte. Gideon konnte noch so weit vernünftig denken, dass ihm das klar war.

Sein Blick glitt von Hargraves zu Ann, deren Gesicht die Angst zeigte, die Hargraves sich zu verbergen bemühte „Bitte, Sir“, sagte sie mit angespannter Stimme. „Tun Sie Petey nichts. Er ist um meinetwillen hier geblieben. Er glaub genauso wie ich an Atlantis. Ich könnte es nicht ertragen wenn . . . wenn ihm etwas passiert.“

„Keine Angst, Miss Ann“, mischte sich Silas ein. „Der Cap´n wird Mr. Hargraves schon nichts tun. Nicht, solange sich Ihr Mann auf der Insel anständig beträgt.“

„Halt dich da raus, Silas“, warnte Gideon. Er blickte Hargraves noch einen Moment lang an, während er flüchtig darüber nachdachte, was für ein Vergnügen es ihm machen würde, den Mann dafür auspeitschen zu lassen, dass er an Saras Weggang mitschuldig war.

Aber er hatte von diesen Strafen nie etwas gehalten, und er konnte das auch nicht tun, solange die süße kleine Ann vor ihm stand und um Gnade bettelte. Außerdem hatte Hargraves nur das getan, was er für seine Pflicht gehalten hatte. Sara hatte sie alle getäuscht, Sara hatte ihn im Stich gelassen.

Fluchend stieß er Hargraves von sich. „Gut. Sie und Ann können machen, was Sie wollen. Aber ich kann Ihnen, Hargraves, nur raten, mir nicht mehr unter die Augen zu treten.“

Daraufhin drehte Gideon sich um und wollte zu seinem trostlos leeren Haus hinübergehen, als ihn eine andere Stimme aufhielt.

„Was ist denn nun mit den Hochzeiten?“ fragte Queenie. „Müssen wir noch immer in zwei Tagen unsere Ehemänner auswählen?“

Er wandte sich Queenie zu und musterte sie kalt. Er hätte ihr zu gern befohlen, sich einen Ehemann in zwei Tagen auszusuchen. Das wäre dieser unverschämten Hure recht geschehen, wenn man sie unter das Ehejoch gezwungen hätte.

Doch noch ehe Sara fortging, hatte er den Unsinn eingesehen vorzuschreiben, wer wen zu heiraten habe, vor allem, da er wollte, dass die Männer und Frauen echte Zuneigung zueinander empfanden. Das war eines der Dinge, die Sara ihn gelehrt hatte. Die Lust konnte den Respekt und die Zuneigung in einer Ehe nicht ersetzen, und beides konnte nicht entstehen, wenn man Menschen in eine Verbindung zwang. Er hatte Sara dazu gezwungen, bei ihm zu sein, und nun bezahlte er teuer dafür.

„Es wird nur für die Hochzeiten geben, die heiraten wollen.“ Als die Frauen darüber staunten, trat Louisa vor. „Danke, Captain. Das ist sehr nett von Ihnen. Und im Namen der Frauen möchte ich Ihnen sagen, dass wir Ihre Freundlichkeit sehr schätzen.“

„Freundlichkeit? Ich tue das nicht aus Freundlichkeit! Ich tue nur das, was Atlantis nützt. Um mehr ist es mir nie gegangen. Und das wird sich auch nicht ändern, weil Sara fort ist. Sie hat uns zwar alle verlassen, doch diese Insel wird weiterhin bestehen . . . und wir werden weiterarbeiten. “

Sie würden Atlantis zu einem beneidenswerten Ort machen, so wahr ihm Gott helfe. Mit oder ohne Sara. Und dann würde er sie eines Tages finden, ihr seine Meinung über sie ins Gesicht schleudern und ihr zeigen, was sie aufgegeben hatte. Denn diesmal war er kein kleiner Junge mehr, der nichts zu sagen hatte, nachdem eine Frau ihn verlassen hatte. Diesmal hatte er alle Macht der Welt.