VI.

 

„... natürlich wie immer mit dem erforderlichen Fingerspitzengefühl. Ich verstehe, voll und ganz, Herr Kabinettssekretär ... Verlassen Sie sich ganz auf mich. Ich nehme sofort den notwendigen Kontakt auf ... Ja, sowie der Auftrag ausgeführt und das bewusste Manuskript sichergestellt ist, erhalten Sie die Information. Au revoir!“

Kaum ist das vertrauliche Gespräch mit dem Mitarbeiter aus dem Stab der Kanzlerin beendet, führt Christian Tulip ein weiteres Telefonat. Es verläuft zu seiner Zufriedenheit. Schon kurze Zeit später meldet ihm die Rezeption einen Besucher. Er lässt den Erwarteten auf sein Zimmer bitten.

„Zum Teufel! Wird das nicht eine Nummer zu groß für uns?“, flucht der Gast, kaum dass Christian mit der Sprache herausgerückt ist, worum es sich bei dem heiklen Auftrag handelt.

„Da gehen hochbezahlte Mitarbeiter mit einem vertraulichen Papier um, als sei es Propaganda-Material, das unter die Leute gebracht werden muss, und wir dürfen die Kastanien aus dem Feuer holen. Diplomatisch natürlich. – Wenn das publik wird, kann sich Madame Kanzlerin auf ein unangenehmes Rendezvous in Paris einrichten.“

Christian nickt. Er versteht den Ärger des anderen. Was die deutsche Staatschefin und der Ex-Präsident vor längerer Zeit ausgeknobelt haben, um die schwächelnden Euro-Mitgliedsländer zu unterstützen, ist nach der Abwahl des Franzosen aus der Regierungsverantwortung Sprengstoff. Zumal der neue Staatspräsident ganz andere Vorstellungen vom Euro-Rettungsschirm und die damit anfallenden finanziellen Belastungen für sein Land hat.

Christian grinst. Obwohl nur Verwaltungsangestellter, hat der Finanzexperte allerlei mitbekommen, was hinter den Kulissen so läuft. Auch dass Deutschlands Banken bisher einen guten Schnitt gemacht haben. Niemand weiß genau, wie hoch sich die Summe der Gewinne im Einzelnen beläuft. Es müssen Milliarden sein. Kein Wunder, dass man in Berlin Fracksausen bekommt, zu viel davon könne in die Öffentlichkeit dringen und die anderen Geldgeber sich zu Recht übervorteilt fühlen.

„Dazu sind wir jetzt da. Oder siehst du darin ein Problem?“, antwortet er, als sein französischer Kollege ausgetobt hat.

Der greift mit sorgenvoller Stirn nach dem angebotenen Bier und trinkt es in einem Zug aus.

„Ich weiß nicht. Mir gefällt die Sache nicht. Zu viele Unabwägbarkeiten.“

Christian Tulip jedoch reizt die Herausforderung. Augen und Ohren offenhalten, das eine oder andere Papier kopieren, wie sie es hin und wieder tun, kann jeder. Bei der neuen Aufgabe sind Köpfchen und Cleverness gefragt. Außerdem hat er seine Zusage gegeben, da ist ein Rückzug schlecht möglich.

 Mit ein paar Argumenten, nicht zuletzt dem der zu erwartenden finanziellen Zuwendung, kann er Jean-Paul Dumont schließlich zum Mitmachen bewegen.

Christian seufzt erleichtert auf und spendiert ein weiteres Bier. Jetzt können sie Nägel mit Köpfen machen.

„Zuerst einmal müssen wir herausbekommen, wo die Dame abgestiegen ist.“

Jean-Paul winkt ab.

„Eines meiner leichtesten Übungen. Dafür kommen nur ein paar Hotels infrage. Gib mir den Namen der betreffenden Person, und dann lass mich nur machen.“

Als das geklärt ist, wägen sie verschiedene Möglichkeiten ab, auf schnellstem Weg an die brisanten Unterlagen heranzukommen. Überraschend wartet Jean-Paul mit einem Vorschlag auf, der ganz und gar nicht dem vom Auftraggeber aus Berlin geforderten diskreten Vorgehen entspricht.

Diplomatie hin, Diplomatie her, äußert er. Brüssel sei ein gefährliches Pflaster für Touristen. Den ersten Versuch würden sie deshalb mit der üblichen Masche starten. In wenigen Sätzen erklärt Jean-Paul, wie die Sache ablaufen soll.

Christian zieht unschlüssig die Schultern hoch. Warum nicht? Wenn der andere meint, so sei es am unverdächtigsten, soll er alles Nötige in die Wege leiten.

Für alle Fälle besprechen sie trotzdem einen Plan B.

Liebe in Zartbitter
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