Pont-sur-Sambre: Wir sind Hausierer

Die Cigarette kehrte mit guten Nachrichten zurück. In einem Ort namens Pont, einen zehnminütigen Spaziergang entfernt, waren Betten frei. Wir verstauten die Kanus in einem Kornspeicher und baten eines der Kinder, uns den Weg zu zeigen. Der Kreis um uns vergrößerte sich, und die Belohnung, mit der wir lockten, wurde mit entmutigendem Schweigen quittiert. Für die Kinder waren wir offensichtlich zwei Blaubärte. An öffentlichen Orten und dort, wo sie zahlenmäßig überlegen waren, konnten sie mit uns sprechen, aber mit zwei ungehobelten und geheimnisvollen Gestalten fortzuziehen, die an diesem stillen Nachmittag samt Halstuch und Messer und dem Aroma großer Reisen vom Himmel auf ihr Dörfchen gefallen waren, war etwas ganz anderes. Der Besitzer des Kornspeichers kam uns zu Hilfe, wählte einen kleinen Burschen aus und drohte ihm Prügel an – ansonsten hätten wir den Weg wohl allein finden müssen. Wie sich herausstellte, hatte er mehr Angst vor dem Kornspeichermann als vor den Fremden, vermutlich weil er mit dem ersten schon seine Erfahrungen gemacht hatte. Ich stelle mir trotzdem vor, wie sein Herz ziemlich heftig geklopft haben muss, denn er trottete in einem respektvollen Abstand vor uns her und warf uns ängstliche Blicke über die Schulter zu. Vielleicht haben die Kinder, als die Erde noch jung war, Jupiter oder einen seiner olympischen Kumpane auf gleiche Weise ins Abenteuer geführt.

Ein schlammiger Fußweg führte uns fort von Quartes mit seiner Kirche und der klappernden Windmühle. Die Knechte stapften von den Feldern heimwärts. Eine kleine Frau überholte uns flott. Sie saß auf einem Esel zwischen einem Paar schimmernden Milchkannen, stieß im Vorüberziehen munter ihre Fersen in die Flanken des Esels und rief den Heimkehrern bissige Bemerkungen zu. Es war erstaunlich, dass keiner der müden Männer sich die Mühe machte, ihr zu antworten. Mit unserem Führer verließen wir den Weg und gingen querfeldein. Die Sonne war untergegangen, doch der Westen vor uns war ein einziger See aus glattem Gold. Der Pfad führte ein Stück über das freie Feld und verlief dann unter einem Spalier, das einem endlosen Laubengang glich. Auf beiden Seiten lagen schattige Obstgärten, Landhäuschen kauerten zwischen den Bäumen und schickten ihren Rauch himmelwärts. Zwischendurch erschien durch eine Lücke immer wieder das große goldene Gesicht des Westens.

Ich habe den Kapitän der Cigarette noch nie in einer so idyllischen Stimmung erlebt. Er wurde regelrecht poetisch, als er die ländliche Umgebung pries. Ich war kaum weniger entzückt; die milde Abendluft, die Schatten, die kräftigen Lichter und die Stille begleiteten unseren Spaziergang wie eine Symphonie, und wir beschlossen beide, künftig die Städte zu meiden und in Dörfern zu übernachten.

Schließlich führte der Pfad zwischen zwei Häusern hindurch und brachte die Gesellschaft auf eine breite, schlammige Hauptstraße, die, so weit das Auge reichte, mitten durch ein unansehnliches Dorf führte. Die Häuser standen ein gutes Stück weit entfernt und ließen auf beiden Seiten der Straße einen Streifen Ödland frei, wo Feuerholzstapel, Wagen, Schubkarren, Misthaufen und etwas fragwürdiges Grasland zu sehen waren. Weiter links stand in der Straßenmitte ein verlassener Turm. Wozu er in der Vergangenheit gedient hatte, weiß ich nicht – wahrscheinlich als Festung in Kriegszeiten –, aber gegenwärtig trug er in der oberen Hälfte ein unlesbares Zifferblatt und einen eisernen Briefkasten in Bodennähe.

Der Gasthof, der uns in Quartes empfohlen worden war, war besetzt, oder der Wirtin gefiel unser Aussehen nicht. Ich sollte erwähnen, dass wir mit unseren langen Kautschuktaschen ein eher zweifelhaftes Muster an Zivilisiertheit abgaben: wie Lumpensammler, meinte der Kapitän der Cigarette. »Die Herren sind Hausierer? – Ces messieurs sont des marchands?«, fragte die Wirtin. Und dann, ohne auf eine Antwort zu warten, die sie in einem so offensichtlichen Fall vermutlich für überflüssig hielt, empfahl sie uns einen Metzger, der in der Nähe des Turms wohnte und Betten an Reisende vermietete.

Wir gingen dorthin. Doch der Metzger sprang von einem Fuß auf den anderen, und all seine Betten waren reserviert. Oder ihm gefiel nicht, wie wir aussahen. Die letzte boshafte Bemerkung war: »Die Herren sind Hausierer?«

Nun wurde es wirklich dunkel. Wir konnten die Gesichter der Leute, die mit einem unverständlichen Abendgruß an uns vorbeigingen, nicht mehr erkennen. Die Hausbesitzer von Pont schienen sehr sparsam mit ihrem Lampenöl umzugehen, denn wir sahen auf dem ganzen langen Weg durch das Dorf kein einziges erleuchtetes Fenster. Ich hielt es für das größte Dorf der Welt, doch in unserer misslichen Lage zählte jeder Schritt wohl mehr als drei. Wir waren ziemlich niedergeschlagen, als wir die letzte Herberge erreichten, zur dunklen Tür hineinschauten und schüchtern fragten, ob wir hier übernachten könnten. Eine weibliche Stimme rief uns in einem nicht allzu freundlichen Ton herein. Wir ließen unsere Taschen fallen und suchten uns einen Platz.

In dem Raum war es stockdunkel bis auf ein rotes Glühen hinter dem Gitter und den Lüftungsschlitzen des Herdes. Doch nun zündete die Wirtin eine Lampe an, um ihre neuen Gäste zu betrachten. Vermutlich hatte uns nur die Dunkelheit vor einer weiteren Abschiebung bewahrt, denn ich kann nicht behaupten, dass sie über unser Erscheinen glücklich war. Wir befanden uns in einem großen einfachen Raum, geschmückt mit zwei allegorischen Drucken, die Musik und die Malkunst darstellend, und einer Kopie des Gesetzes gegen öffentliche Trunkenheit. Auf einer Seite gab es so etwas wie eine Bar mit einem halben Dutzend Flaschen. Zwei Arbeiter warteten auf ihre Mahlzeit, ihre Haltung zeugte von großer Müdigkeit; ein schlicht aussehender Bursche lief mit einem schläfrigen zweijährigen Kind geschäftig hin und her, und die Wirtin begann die Töpfe am Herd umzustellen und ein paar Beefsteaks zu braten.

»Die Herren sind Hausierer?«, fragte sie schroff. Und das war auch schon das Ende des Gesprächs. Wir fingen fast an zu glauben, dass wir wirklich Hausierer waren. Ich bin noch nie einem Völkchen mit einer dermaßen geringen Spannbreite von Vermutungen begegnet wie den Wirten von Pont-sur-Sambre. Doch Manieren und Verhaltensweisen haben keinen größeren Geltungsbereich als Banknoten. Man muss sich nur weit genug vom eigenen Acker entfernen, und schon ist die ganze Kultiviertheit nichts mehr wert. Diese Hennegauer konnten einfach keinen Unterschied zwischen uns und gewöhnlichen Hausierern erkennen. Und so gab es einiges, worüber wir nachdenken konnten, während die Steaks zubereitet wurden, bis wir verstanden, dass sie uns im Rahmen ihres Weltbildes perfekt akzeptierten. Unsere höflichsten Bemerkungen und besten Bemühungen, zur Unterhaltung beizutragen, entsprachen offenbar voll dem Charakter des Hausierers. Zumindest schien es für die Bedeutung dieses Berufs in Frankreich zu sprechen, dass es uns nicht einmal vor diesen Richtern gelang, sie mit unseren Waffen zu schlagen.

Schließlich wurden wir zu Tisch gerufen. Die beiden Knechte (einer von ihnen sah schrecklich erschöpft und blass aus, als wäre er vor Überarbeitung und Unterernährung krank) aßen von ein und demselben Teller eine Art Brotsuppe, einige ungeschälte Kartoffeln, tranken eine kleine Tasse mit Rohrzucker gesüßten Kaffee und eine Kanne Dünnbier. Die Wirtin, ihr Sohn und der bereits erwähnte Bursche aßen dasselbe. Unser Essen war im Vergleich dazu ein Festmahl. Wir bekamen ein paar Beefsteaks, nicht so zart, wie sie hätten sein können, einige Kartoffeln, etwas Käse, ein eigenes Glas Dünnbier und weißen Zucker in unseren Kaffee.

Da sehen Sie, was es heißt, ein Gentleman zu sein – Pardon, was es heißt, ein Hausierer zu sein. Mir wäre es früher nie in den Sinn gekommen, dass ein Hausierer in einer Arbeiterbierstube ein bedeutender Mann ist; doch nun, als ich diese Rolle einen Abend lang spielen musste, merkte ich, dass es wirklich so war. In seinem kümmerlichen Quartier hat er fast denselben Vorrang wie jemand, der in einem Hotel einen Privatsalon bucht. Je näher man sie betrachtet, desto vielfältiger sind die Klassenunterschiede zwischen den Menschen, und vielleicht gibt es durch eine glückliche Fügung niemanden, der die unterste Stufe besetzt. Jeder findet immer irgendwen, dem er sich überlegen fühlen kann, um seinen Stolz zu bewahren.

Wir waren mit unserer Kost recht unzufrieden. Insbesondere der Kapitän der Cigarette, denn ich versuchte, das Abenteuer mitsamt dem zähen Beefsteak und allem Drum und Dran mit Humor zu nehmen. Gemäß der Maxime des Lucretius sollte unser Steak durch den Anblick der Brotsuppe der anderen Leute an Würze gewinnen. Aber wir sahen das durch die Praxis nicht bestätigt. Man hat vielleicht eine vage Vorstellung davon, dass andere Leute ärmlicher als man selbst leben, doch ist es unangenehm – ich wollte sagen, es widerspricht der Etikette des Universums –, mit ihnen am selben Tisch zu sitzen und die eigenen Köstlichkeiten angesichts ihrer Brotkrumen zu verspeisen. Ich habe dergleichen seit der Schulzeit und dem Jungen, der sich weigerte, seinen Geburtstagskuchen zu teilen, nicht mehr erlebt. Soweit ich mich erinnern kann, war schon der Anblick entsetzlich genug, und ich hätte mir nie vorstellen können, selbst einmal diese Rolle zu spielen. Doch da zeigt sich wieder einmal, was es heißt, ein Hausierer zu sein.

Zweifellos sind die ärmeren Klassen in unserem Land viel freigebiger als die reicheren. Ich vermute, dies resultiert zum Großteil aus den vergleichsweise vagen Grenzen zwischen den Glücklicheren und den Unglücklicheren in diesen Reihen. Ein Arbeiter oder Hausierer kann sich nicht von seinen weniger wohlhabenden Nachbarn abschotten. Wenn er sich einen Luxus gönnt, muss er das vor einem Dutzend Leuten tun, die diesen sich nicht leisten können. Was könnte schneller zu großzügigen Gedanken verleiten? … So sieht der Arme, der mitten im Leben kampiert, die Wirklichkeit, wie sie ist, und weiß, dass jeder Mundvoll, den er sich einverleibt, den Hungernden aus den Händen gerissen wurde.

Ab einer bestimmten Stufe des Reichtums schwebt die selige Person, wie bei einer Ballonfahrt, durch eine Wolkenschicht, so dass die Angelegenheiten unter dem Mond von nun an ihren Blicken verborgen sind. Sie sieht nur noch Himmelskörper, allesamt in bewundernswerter Ordnung und augenscheinlich so gut wie neu. Sie findet sich auf höchst rührende Weise von göttlichen Aufmerksamkeiten umgeben und vergleicht sich unwillkürlich mit Lilien und Lerchen. Natürlich zwitschert sie nicht wirklich, doch dann wirkt sie so bescheiden in ihrem offenen Landauer! Wenn alle Welt an einem Tisch äße, dann würde diese Philosophie ein paar herbe Schläge einstecken müssen.