Epilog

Als ich New Orleans zu einem Kurztrip in die Berge verließ, um meinen Kopf freizubekommen und Beast laufen und jagen zu lassen, hatte sich die Welt der Vamps bereits geändert.

In nur wenigen Tagen hatte sich die Hierarchie neu geordnet, und es gab einige führende Clans weniger, deren Mitglieder im Rahmen einer rekordverdächtigen Säuberung von anderen geschluckt worden waren. Über den Vampkrieg-der-beinahe-stattgefunden-hatte wurde zwar nie in den Medien berichtet, doch Bruiser und der Troll hielten mich regelmäßig über den neusten Klatsch auf dem Laufenden. Leo allerdings ging ich aus dem Weg. Er war mir zu diesem Zeitpunkt ein wenig zu blutdürstig, da wartete ich lieber mit einem Besuch.

Als schließlich alles über die geplante Rebellion ans Tageslicht gekommen war, hatten auch einige seiner eigenen Vasallen dran glauben müssen, die sich auf die falsche Seite geschlagen hatten. Dann übernahm Leo den Vamprat und ernannte treue Vasallen zu den neuen Clanmeistern der Clans seiner Gegner. Ich hatte gehört, dass er den Blutaustausch, mit dem ihre und damit seine Stellung gefestigt wurde, erzwungen hatte. Anscheinend hatte also das Blutbad, mit dem ich gerechnet hatte, am Ende doch stattgefunden, aber immerhin hatte es keinen Krieg gegeben, und die Gewalt hatte nun ein Ende.

Die Tage zwischen dem letzten Kampf und meinem Trip in den Norden verbrachte ich damit, meinen neuen Freund kennenzulernen, in seinem Whirlpool zu sitzen und seine Pferde zu reiten. Viele Steaks zu essen. Und, kaum zu glauben, ich lernte tatsächlich seine Familie kennen. Und hatte viel na ja Beast war glücklich. Wenn ich nicht bei Rick war, bereitete ich mich darauf vor, Molly und Angelina Auf Wiedersehen zu sagen. Es war ein bittersüßer Abschied, denn ich wusste, es würde eine Weile dauern, bis ich wieder zu meinem Leben in den Bergen zurückkehren würde. Auch, weil sich zwischen mir und Big Evan eine ziemliche Kluft aufgetan hatte. Er war kein versöhnlicher Mann, und die Tatsache, dass ich mit meinem Lebensstil seine Kinder in Lebensgefahr gebracht hatte, war schwer zu verzeihen. Und ich verübelte es ihm nicht, ich konnte es mir selbst nicht verzeihen.

Dass ich nicht persönlich vor dem Vampirrat erscheinen musste, war eine Erleichterung für mich. Doch einen schriftlichen Bericht wollten auch die haben, die nach dem Rachefeldzug des Blutmeisters der Stadt gegen die Rebellen noch übrig waren. Ein etwas abgeänderter Bericht ging an die Polizei, der so ausführlich war, wie es mein Vertrag mit dem Vampirrat gestattete was bedeutete, dass er ausgesprochen lückenhaft war. Aber da ich mit einem Cop schlief, erhielt das NOPD viele Infos von einer »nicht genannten Quelle«, und niemand beschwerte sich.

Gegen das Heilmittel für den Vampwahnsinn einen Krieg zu führen, hatte sich gelohnt. Hätten die Rousseaus tatsächlich Erfolg gehabt und es sah so aus, als wären sie nah dran gewesen –, wäre meine Welt nie mehr dieselbe gewesen. Der Glatzkopf, Tristan, Renée, Rafael und Adrianna waren die fünf Finger einer riesigen Faust gewesen. Gegen sie gemeinsam hätte Leo keine Chance gehabt. Einer von ihnen wäre der Meister der Stadt geworden. Alle Vamps der Welt hätten Leos Nachfolger gehuldigt. Und die anderen vier hätten sich jeder irgendwo auf der Welt eine Stadt ausgesucht. Deshalb hatte Rafael Adrianna von ihrem Meister weggelockt und sie dazu gebracht, eine geistige Verbindung mit ihm einzugehen, und Bettina entführt, um sie so zu bearbeiten, dass sie Leo herausfordern würde.

Die fünfzehn Gemälde mit den schwarzmagischen Ritualen der Vamps/Hexen schickte ich nach Asheville zu Evangelina, damit sie sie verbrannte, was ich für das Vernünftigste hielt. Vielleicht würde sie sie auch einfach an einem sicheren Ort unterbringen, schließlich kannte ich Evangelinas Leidenschaft für Geschichte und alles Historische.

Mit Derek einigte ich mich ganz problemlos ich schickte ihm einfach seine Schecks. Gefühlsduseligkeit war unsere Sache nicht.

Das Honorar und die saftige Prämie, die ich von dem neuen Vamprat einstrich, halfen mir sehr, meinen Seelenfrieden zu finden. Hicklins Familie steckte ich ein dickes Bündel Scheine in den Spendenkasten, der neben dem geschlossenen Sarg aufgestellt war. Auf der Beerdigung erfuhr ich auch endlich seinen vollen Namen. Corporal Leon Alphonse Hicklin war laut Polizeibericht während eines Heimaturlaubs zwischen zwei Einsätzen in Afghanistan bei dem Versuch, einen Raubüberfall zu verhindern, getötet worden. Er wurde mit allen Ehren bestattet.

Die Fälle der vermissten Hexenkinder aus den Akten im Eso-Raum des NOPD konnten nun endlich abgeschlossen werden. Jodi und Evangelina übernahmen es, die Coven darüber zu informieren, was in all den Jahren mit ihren Kindern geschehen war. Ich nahm an dem Treffen nicht teil, ich wollte es nicht. Laut Vertrag war ich dazu nicht verpflichtet, und darüber war ich sehr froh. Die beiden versuchten, die angeknacksten Beziehungen zwischen dem NOPD und den Coven zu kitten. Es war auch an der Zeit.

Eines Nachmittags, nach einem anstrengenden Tag, an dem ich Rechnungen beglichen und einer Beerdigung beigewohnt hatte, erhielt ich einen Brief von Leo, von Bruiser persönlich überbracht. Auch dieser war wieder mit Wachs und Leos Blut versiegelt.

Bruiser stand auf der Veranda, mit einem Blick, der keinen Zweifel an seinen Gefühlen ließ, und wartete, während ich das Siegel erbrach. Ohne ihn anzusehen, las ich Molly den Brief laut vor, die hinter mir in der Tür stand und den Eingang versperrte. »Leo ›widerruft die Todesdrohung gegen die Rogue-Jägerin, Jane Yellowrock. Hiermit wird ihr eine dauerhafte Beschäftigung durch den Rat der Mithraner von New Orleans angeboten.‹« Blinzelnd sah ich Bruiser an, dessen Umrisse sich gegen das Sonnenlicht abzeichneten.

»Soll das so etwas wie ein Vorschuss sein?«

»Ja.« Er lächelte. »Ein Vorschuss. Für zukünftige Dienste.«

»Hm. Was soll man dazu sagen?« Ich drehte mich um, drängte mich an Molly vorbei und schlug Bruiser die Tür vor der Nase zu. Ich konnte ihn beinahe auf der anderen Seite schmunzeln hören.

Noch habe ich mich nicht entschieden, ob ich das Job-Angebot annehmen werde, aber die Bezahlung wäre gut. Sehr gut sogar.

Etwas mehr als eine Woche nach dem großen Kampf, es war an einem Freitag, schnallten Rick und ich unsere Ausrüstung auf die Bikes und verließen New Orleans für ein langes Wochenende, ohne bestimmtes Ziel. Wir wussten nur, wir wollten in die Berge. Und zum Tail of the Dragon, der gewundenen, kurvenreichen Straße, die Biker anzieht wie Nacktmagazine Männer. Es ist eine fantastische Strecke, und Rick ist sie noch nie gefahren.

Ich würde ihm gern meine Heimat zeigen, in der Hoffnung, dass Na ja, manche Wünsche sollte ich wohl lieber vorerst für mich behalten, aber ich hoffe wirklich, dass er eines Tages Beast kennenlernt. Und dass er mit uns beiden zusammen sein will.