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Goldene Augen, meine Tochter

Wieder zu Hause, schlüpfte ich durch den Schutzbann, der auf irgendeine geheimnisvolle Weise, die Molly mir einmal hatte erklären wollen, ohne dass ich etwas verstanden hätte, auf mich programmiert war. Nachdem ich die Waffen weggeschlossen hatte, damit die Kinder sie nicht in die Finger bekamen, zog ich mich aus, duschte und fiel ins Bett. Beast hatte mich gedrängt, mich zu wandeln, damit sie bis zum Sonnenaufgang auf die Pirsch gehen konnte, aber ich brauchte Schlaf. Doch als ich erst einmal lag, gelang es mir nicht, mich zu entspannen. Wieder und wieder sah ich, wie die winzigen Fangzähne ausfuhren, klein, wie die Zähne eines menschlichen Babys. Meistens war es einfach, einen Rogue ins Jenseits zu befördern, aber zuzusehen, wie diese junge Frau im Partykleid auferstand, und dann mitzuerleben, wie im Sterben die Menschlichkeit in ihre Augen zurückfand, hatte einen schlechten Geschmack in meinem Mund hinterlassen. Die Ereignisse der Nacht hatten mich aufgewühlt, ich kam mir irgendwie schmutzig vor. Ich musste mich reinigen. Ich rollte mich herum. Es war an der Zeit, etwas zu tun, das ich schon viel zu lange aufgeschoben hatte.

Um halb sechs Uhr morgens kroch ich aus dem Bett, benommen und mit trüben Augen, und schlüpfte in Jeans, T-Shirt und Western Boots. So aufgeschlossen, wie ich für dieses Erlebnis nur sein konnte, verließ ich das Haus, ohne etwas zu essen oder Molly oder die Kinder zu wecken.

Mischa stotterte, als ich sie startete, doch dann beschleunigte sie ziemlich schnell. Auf der anderen Seite des Flusses (alle Richtungen in New Orleans orientieren sich am Lake Pontchartrain oder am Mississippi, flussaufwärts oder -abwärts) nahm ich die Kurven und Geraden, bis ich schließlich in eine Sackgasse mit weißem Muschelbelag einbog, die zu einem winzigen Haus führte. Der strenge Geruch nach Holzrauch lag in der Luft und nahm zu, als ich in die Einfahrt fuhr.

Als ich die Klingel drückte, war das Licht von einem unbestimmten Grau. Ich fuhr zusammen, als die Tür sich sofort darauf öffnete. Die schlanke, schwarzhaarige Frau, die vor mir stand, war in Jeans und ein langärmeliges Shirt gekleidet. Sie lächelte mich an, als hätte sie gewusst, dass ich kommen würde was unmöglich war, oder nicht? –, und als sie sprach, war ihre Stimme leise und hauchig, der Klang der Sprache des Volkes. »Gi yv ha«, sagte sie und hielt die Tür auf. »Gi yv ha« ist Cherokee und bedeutet »Tritt ein«.

Ich nickte förmlich, fast war es eine Verneigung, und sagte: »Ich danke dir, Egini Agayvlge i Aggie One Feather.« Ich wünschte, ich könnte mich besser an die Sprache meines Volkes erinnern, wünschte, ich wäre eine Sprecherin, wie das Volk die nennt, die die Sprache der Cherokee noch beherrschen. Aber in meinem beschädigten Kopf waren die Worte weit verstreut und zerbrochen, die meisten sogar gänzlich verloren. Ich hatte zu lange in der Gestalt von Beast gelebt und die Sitten und die Sprache dieses Volkes vergessen.

»Bist du bereit, Jane Dalonige’i, Jane Yellowrock oder Jane Gold in der Sprache des weißen Mannes?«, fragte Aggie. Ihre Stimme war leise, melodiös, die sanfte Stimme aus den Träumen, aber auch Alpträumen. Als ich nickte, fragte sie: »Hast du heute gefastet?«

»Ja, habe ich.« Beast war aufs Äußerste gespannt, aber sie hielt sich geduckt, tief in mir drinnen, aufmerksam und still.

»Dann bringe ich dich zum Schwitzen. Und danach, wenn du bereit bist, geleite ich dich durch das Wasser.« Die Worte waren den traditionellen Worten von Schamanen, den Helfern des Stammes, ganz ähnlich. Schamanen und Stammesälteste halfen jedem, der um Hilfe bat, selbst dem weißen Mann, mit Heilzeremonien, Rat oder auf eher praktische Weise.

Aggie One Feather hoffte, mich heute zur Begegnung mit meinem wahren Selbst zu bringen, meinem Geistselbst, um mich auf den Weg zur spirituellen Heilung zu führen. Und obwohl ich ihr nicht gesagt hatte, was ich war, kannte sie doch Teile meiner Geschichte und hatte vielleicht sehr viel mehr schon erraten. Ich hoffte, sie konnte mir helfen, das Kind zu finden, das ich einmal, vor so langer Zeit, gewesen war. Bevor es Beast gab. Bevor ich meine Erinnerungen verloren hatte. Vor den Hungerzeiten, an die ich mich nur vage erinnerte. Bevor ich gefunden worden war, in den Appalachen umherirrend, verängstigt, mit Narben bedeckt, nackt und kaum der menschlichen Sprache mächtig. Eigentlich hätte es mich nicht überraschen dürfen, gerade hier in New Orleans auf sie getroffen zu sein mein Volk lebte in den gesamten Vereinigten Staaten verstreut , aber ich fand immer noch, dass es einer von diesen seltsamen Zufällen war, die das Schicksal uns manchmal beschert. Da ich dadurch möglicherweise etwas über meine Vergangenheit erfahren würde, hatte ich dieses Mal nichts dagegen.

Aggie ergriff einen Wasserkrug aus Steingut und eine lange, hölzerne Schöpfkelle, die auf einem Tisch bei der Tür bereitlagen. Beide sahen aus wie traditionelle Cherokee-Gegenstände, und obwohl ich Wert darauf legte, nur wenige Besitztümer zu haben, wollte ich auf einmal auch einen solchen Krug und eine solche Kelle haben. Ich bog meine Finger zu lockeren Fäusten, um nicht über den Krug zu streichen, bevor sie mir voran nach draußen und um das Haus herum nach hinten ging.

Die niedrige, hölzerne Schwitzhütte mit ihrem metallenen Dach befand sich im hinteren Teil des Grundstücks, versteckt unter den hängenden Zweigen der Bäume. Hier war der Geruch nach Holzrauch stark, und Rauchwölkchen, fast unsichtbar im blassen Zwielicht, erhoben sich von der runden Öffnung in der Mitte des Daches. Ich stand neben dem Eingang und sah zu, wie Aggie Jeans und T-Shirt auszog und sie über einen Holzhaken draußen an der Wand hing. Dann wickelte sie sich ein grob gewebtes Baumwolltuch um den nackten Leib, das ihr bis zu den Knien reichte, und verknotete die Enden über ihrer Brust. Als sie die Hüttentür öffnete, quoll Hitze heraus. Leise schwang die Tür zu.

Es gab ein Dutzend solcher Haken, an jedem hing ein Tuch ähnlich dem Aggies, manche länger, manche kürzer. Ich fühlte mich seltsam unbehaglich, als ich mich auszog und mich in das behelfsmäßige Gewand wickelte. Meine Kleider hängte ich neben ihre, und meine Stiefel stellte ich an die Wand. Das Tuch war trocken, offenbar hatte man es hier aufgehängt, nachdem Ada abgezogen war. Mein Haar war immer noch straff zu einem Kampf-Zopf zusammengebunden. Ich ließ es so. Auf nackten Füßen stand ich vor der Tür. Von außen kannte ich die Hütte sowohl aus Katzen- als auch aus Menschensicht, doch dies war das erste Mal, dass ich ihr Inneres betrat.

Ich drückte behutsam mit der Hand gegen die rauen Bretter. Die Dunkelheit dahinter griff nach mir, warm und fest. Die Tür aufhaltend, trat ich ein, mit gesenktem Kopf, um ihn mir nicht an dem tiefen Türsturz und den Dachstreben zu stoßen. Meine Füße traten auf festen Lehm, auf gleicher Ebene wie der Boden draußen.

Eine Erinnerung kam, unerwartet, von einer anderen Schwitzhütte, bei der man beim Eintreten einen langen Schritt ungefähr dreißig Zentimeter hinunter ins Dunkle machte. Eine Erinnerung wie ein einzelner Schnappschuss. Dann war sie fort. Aber die Vision hinterließ eine Ruhe, die sich auf meine Haut legte wie das duftende Dunkel der Hütte.

Ohne zu fragen, wusste ich, dass der Boden dieser Schwitzhütte nicht ausgehoben war, weil der Grundwasserspiegel in dieser Gegend so hoch war, dass sich in jeder Vertiefung Wasser gesammelt hätte.

Ich ließ die Tür los, und sie fiel hinter mir zu. Nasse Wärme und Dunkelheit schlossen sich um mich. Dampf stieg von rot glühenden Kohlen und heißen Steinen in der Mitte der kleinen Hütte auf.

Beast gähnte tief in mir und legte sich in meinem Geist ab. Sie mochte Wärme.

Gebückt, den Kopf dicht unter den Dachstreben, stand ich da und wartete, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Das Feuer war auf einem niedrigen Bett aus Steinen errichtet worden, das wiederum von einem Kreis aus Steinen umgeben war. Es brannte schon lange, jedenfalls lange genug, dass sich die Hitze lebendig und kraftvoll anfühlte, so als hätte sie gewusst, dass ich heute kommen würde. Um das Feuer herum waren niedrige Sitze aus Baumstammscheiben aufgestellt, die so zurechtgeschnitten und geschliffen worden waren, dass man darauf sitzen konnte. Aggie saß auf einem Klotz auf der anderen Seite des Feuers, den Blick auf die Kohlen gerichtet, die Hände in einem Korb vergraben. Es gab noch andere aus Gräsern geflochtene Körbe, alle mit einem geflochtenen Deckel, der ihren Inhalt verbarg. Die Kanne stand auf dem Boden neben ihr, mit der Kelle darin.

Ich ließ mich mit angezogenen Knien auf dem Sitz nieder, der der Tür am nächsten war, und rutschte hin und her, bis ich eine bequeme Position gefunden hatte. Da Aggie sich auf ihrem Sitz ganz wohlzufühlen schien, ahmte ich die Haltung ihrer Beine nach, ein schwieriges Unterfangen, denn sie war viel kleiner als ich mit meinen ein Meter achtzig. Schließlich streckte ich die Beine zum Feuer hin aus und wartete, die Handflächen auf den Oberschenkeln, nicht wissend, was nun passieren würde. Es kamen keine Erinnerungen mehr, die mich aus meiner Unwissenheit erlöst hätten. Ich hatte so viel von mir, von meiner Vergangenheit verloren.

Keiner von uns beiden sagte etwas. Langsam, als sei alles, was sie tat, choreografiert, legte Aggie mithilfe der Kohlenschaufel ein längliches geschwärztes Stück Holz auf das Feuer. Leuchtend rotes Licht sickerte daraus hervor. Aus ihrem Korb zog sie etwas, das mit Schnur umwickelt war. Es war zu dunkel in der Hütte, um zu erkennen, was es war, aber es war vielleicht dreißig Zentimeter lang, maß etwa vier Zentimeter im Durchmesser, und sie hielt es an die Kohlen. Sofort fing es Feuer und warf ein helles Licht, als die Flammen sich mit einem gierigen Flüstern hineinfraßen. Ich sog den Duft ein. Mariengras. Salbei. Etwas Scharfes, wie Zitronenkampfer. Kräuter, aus denen Kräuterbündel gemacht werden. Ich erinnerte mich

Ich schloss die Augen und atmete leicht. Die Zeit verging. Aggie fügte noch mehr Kräuter hinzu, während die ersten zu Asche verglühten. Meine Beine schienen sich zu beruhigen und zu entspannen. Schweiß trat auf meine Haut, tröpfchenweise. Er sammelte sich und lief in trägen Rinnsalen über meine Hände, meine Arme und Beine. Dicke Tropfen rollten hinab und fielen mit einem leisen Plopp auf den glatten Lehmboden. Ich seufzte mit einem langen Atemzug.

Von irgendwoher kam das leise Geräusch einer Trommel, ein gleichmäßiger, rhythmischer Viervierteltakt. Ich lachte leise, ein Laut kaum mehr als ein Hauch. »Eine CD? In einer Schwitzhütte, lisi

Irgendwo in einer tieferen Ebene meines Verstandes war das Wort lisi gespeichert gewesen. Großmutter. Aggie war zwar nicht meine Großmutter, aber es war eine respektvolle Anrede für eine Älteste. »Ja, lisi«, sagte ich wieder. »lisi

Aggie lächelte in der Dunkelheit. Ich wusste es, obwohl ich die Augen geschlossen hatte, den Kopf zurückgelegt, den Hals gestreckt. Ich atmete den duftenden Rauch ein. Ihre Stimme war wie das Flüstern einer Brise im Morgengrauen, als Aggie sagte: »Das ist ein Musiker der Cherokee. Nur wir beide können schlecht die Trommeln schlagen.«

»Trommeln«, sagte ich. »Die Trommeln hatte ich ganz vergessen.« Sie ergriff meine Hand und führte sie an einen Griff, dann drückte sie sie in Richtung meiner Lippen. Eine Kelle mit Wasser. Ich trank. Sie nahm die Kelle wieder fort.

Ich hörte ein Zischen und wusste, dass Aggie Wasser über die heißen Steine gegossen hatte, wie bei einem Opfer. Eine Opfergabe. Dampf wallte in die duftende Luft. Als die Musik und die Hitze und der reinigende Dampf mich einhüllten, entspannte ich mich und ließ meinen Körper die Form des Holzes unter mir finden. So schlief Beast. Vielleicht ich auch.

Lange Zeit danach hörte ich im Traum eine Stimme, sanfter als die leisen Trommeln. »Aquetsi, ageyutsa.« Enkelin. »Sag mir, an was du dich erinnerst.«

Ich spürte den Sog der Trommeln, sie riefen mich. Die Kräuter und die Hitze drückten mich nieder. »Aquetsi, ageyutsa. Sag mir, an was du dich erinnerst.«

»E lisi.« Meine Großmutter. Eine alte, sehr alte Frau, die Haut in hängenden Falten, das Haar schwarz und silbern durchzogen, in der Mittel geteilt und zu beiden Seiten des Kopfes zu Zöpfen geflochten, die an den Enden mit Lederbändern und den Knochen und Federn ihrer Tiere gebunden waren. Flammen tanzten über ihre Haut, über ihr Baumwollkleid, zum Takt der Trommel in ihrer dünnen Hand. Die Trommel, die sie schlug, sehr langsam. Vier Schläge, ein kurzer, fester und drei gleitende, leisere Schläge.

»E lisi«, sagte ich erneut. »E lisi, e tsi, e doda.« Meine Großmutter, meine Mutter, mein Vater. Worte, die ihre Bedeutung verloren und wiedergefunden hatten. »E lisi hatte Augen wie ich. Wie mein Vater. Dalonigi i Digadoli. Gelbe Augen.«

Irgendwo begann eine Flöte zu spielen, Töne voller Traurigkeit. Ich öffnete die Augen. Höhlenwände umgaben mich, die Decke schmolz in Tropfen und Spiralen herunter, wie die Kerzen des weißen Mannes, magischer Stein, der zerfloss und sich sammelte wie der Schweiß, der von meiner Haut tropfte. Die Höhlendecke weinte die Tränen der Welt mit leisem, hellem Platschen, und das Geräusch der herabfallenden Tränen mischte sich mit der Musik der Trommel und der Flöte.

E lisi sagte etwas, gemessen und langsam. Obwohl ich im flackernden Licht des Feuers sehen konnte, wie ihre Lippen sich bewegten, kamen ihre Worte nicht nur als leises Echo bei mir an. Dann sprach mein Vater, und seine Worte konnte ich deutlich verstehen. In leisem, gehauchtem Ton nannte er die Namen von Tieren. »We sa. Gvhe. Unodena. Usdia soquili. Gvli. Ugugu. Uwohali. Wenn du älter bist und größer, tlvdatsi, wie ich. Dalonige i Digadoli, aquetsi ageyutsa.« Rotluchs. Wildkatze. Schaf. Ponyfohlen. Waschbär. Eule. Adler. Wenn du älter bist und größer, Berglöwe. Panther, wie ich. Goldene Augen, meine Tochter.«

Die Stimme meines Vaters redete weiter, zählte die Namen der Tiere auf, die ich wählen konnte. Aber ich wusste schon, auch wenn mein Körper noch zu klein war, dass ich we sa und tlvdatsi werden wollte. Wie mein Vater. Weil er es mir gesagt hatte.

Dalonigi i Digadoli. Goldene Augen. Mein Name.

»Wach auf, Jane. Wach auf«, murmelte eine Stimme. »Es ist Zeit zu gehen.«

Ich öffnete die Augen. Ich lag auf dem Rücken, den Blick nach oben gerichtet. Ich fühlte mich friedlich und ruhig, als wäre ich eine Feder, die von einem Windhauch getragen wurde. Über mir drang ein Strahl Sonnenlicht durch das Dach und schien durch den strudelnden Rauch herunter. Partikel trieben und wirbelten in dem hellen Licht. Ich drehte den Kopf. Ich befand mich in einem dunklen Raum. In den Ecken kauerten Schatten. Die Luft war warm und trocken, meine Haut von Salz verkrustet. Mein Haar, das eben noch fest geflochten gewesen war, lag nun offen auf dem Lehmboden und über meinen Schultern. Ich lächelte. »Ich weiß meinen Namen wieder.«

Ein leises Lachen drang durch das Dunkel zu mir. »Dalonigi i Digadoli. Goldene Augen. Das ist ein sehr hübscher Name.«

Ich setzte mich auf. Am anderen Ende der Schwitzhütte saß Aggie One Feather mit ausgestreckten Beinen auf einem Stück Baumstamm. Sie lächelte, aber in ihren Augen lag ein heimlicher, wissender Schatten, den ich nicht sehen sollte. Unruhe regte sich in meiner ruhigen Mitte, wie ein Strudel in einem Teich. »Was ist denn?«, fragte ich.

Sie starrte mich an, als versuchte sie, durch meine Augen hindurch in meiner Seele zu lesen. »Dalonigi i Digadoli ist kein traditioneller Name für eine aus dem Volk.« Ich zuckte die Achseln, weil ich nicht wusste, was ich darauf sagen sollte. »Und die Tiere, die du aufgezählt hast. So viele. So fremd. Deine Eltern waren Sprecher der Sprache des Volkes. Beide.«

Ich verstand, was sie damit sagen wollte. Es gab nicht mehr viele Sprecher der Sprache des Volkes, weniger als hundert, selbst wenn man die östlichen und die westlichen Cherokee zusammenzählte. Wenn meine Eltern Sprecher waren, dann mussten ihre Namen bekannt sein. Dann hätte Aggie von ihnen gehört und gewusst, dass sie eine Tochter verloren hatten. Doch das hatte sie nicht, und deswegen konnte ich keine Sprecher als Eltern haben. Und dennoch erinnerte ich mich daran, dass sie die Sprache gesprochen hatten. Das passte nicht zusammen.

Aber Aggie wusste nicht, wie alt ich meiner Meinung nach wirklich war. Das war, zusammen mit meiner Skinwalker-Magie, eines der Geheimnisse, die ich bewahren musste. Ich konnte ihr nicht die Wahrheit sagen, denn nur Anonymität garantierte mir Sicherheit. Doch ich ahnte, dass Aggie bereits vermutete, dass ich nicht ganz offen zu ihr war.

»Erinnerst du dich an ihre Namen?«, fragte Aggie One Feather betont neutral.

Ich schüttelte den Kopf. »Edoda, mein Vater, gehörte zu den ani gilogi, dem Panther-Clan. Etsi, meine Mutter, war eine ani sahoni, sie gehörte zum Blue-Holly-Clan. E lisi, meine Großmutter, kam aus dem Panther-Clan, wie mein Vater. An mehr erinnere ich mich nicht.« Lügen haben kurze Beine. Merkt sie nicht, dass ich lüge? »Mein Name ich weiß nicht. Es war einfach mein Name.« Ich zögerte. Ich wollte diese Frau nicht anlügen. Das Volk log niemanden an, nicht einmal den weißen Mann, der niemals die Wahrheit sagte. Und Älteste log man schon gar nicht an, unter keinen Umständen, selbst heute nicht, obwohl die jungen Leute kaum noch Respekt vor den Älteren hatten. Also stellte ich stattdessen eine Frage: »Die Tiere was glaubst du, was die Namen bedeuten?«

Aggie stand auf, mit geschmeidigen, fließenden Bewegungen. Ich schätzte sie auf über fünfzig, doch ihr Körper verriet nichts über ihr Alter. »Das weiß ich nicht«, sagte sie. »Ich werde meine Mutter fragen. Komm. Es ist Zeit zu gehen. Es ist zu spät, um dich heute noch durch das Wasser zu geleiten.«

Da war etwas in ihrer Stimme, das mich vermuten ließ, dass sie, wenn auch mit wohlgesetzten Worten, die Wahrheit umging, entweder, weil sie Angst vor der Wahrheit hatte und nicht wollte, dass ich sie erfuhr, oder weil sie Angst vor mir hatte. Vielleicht wusste sie auch einfach nur nicht, was sie mir sagen sollte. Doch sie sah mich nicht an. Nicht ein Mal.

Ich folgte ihr ins gleißende Sonnenlicht. Nach dem Hurrikan war die Luft klar, der Himmel fast so blau wie zu Hause in den Bergen der Appalachen, den Bergen des Volkes. Aggie legte ihr Tuch ab und drehte einen Hahn oben an der Wand auf, den ich vorher nicht bemerkt hatte. Wasser schoss heraus. Als sie sich abduschte, bekam sie vor Kälte eine Gänsehaut. Ich wandte das Gesicht ab, genauso wie Aggie, als sie fertig war und zur Seite trat. Jede wollte die Intimsphäre der anderen wahren. Handtücher gab es nicht, deswegen tupften wir uns mit unseren schweißgetränkten Tüchern ab, bevor wir mit noch feuchter Haut unsere Kleider wieder anzogen. Aggie klemmte sich die gebrauchten Tücher unter den Arm und zeigte auf den Rasen, der von der Schwitzhütte zurückführte. Im Gehen flocht ich meine Haare zu einem langen Zopf, den ich dann nass und tropfend über den Rücken hängen ließ.

Schweigend durchquerten wir den Garten. Bei meinem Motorrad angekommen, blieb ich stehen. Aggie kam auf die andere Seite und hielt inne, die Augen auf die Maschine gerichtet. »Lisi«, sagte ich, nach den förmlichen Worten suchend, den richtigen Worten, damit sie mir die Wahrheit sagte. »Dein Herz ist schwer. Darf ich deine Last teilen?« Ja, genau das hatte ich sagen wollen.

Sie schüttelte den Kopf, den Blick auf das Motorrad gerichtet. »Ich trage keine Last, Tochter. Ich rufe dich an, wenn ich alles besser verstehe.«

Und damit würde ich mich zufriedengeben müssen. »Danke, Egini Agayvlge i. Ich werde auf deinen Ratschlag warten.«

Aggie nickte, und ein leichtes Lächeln huschte über ihre Züge. »Ich wünschte, meine eigenen Kinder wären nur halb so respektvoll.« Sie wandte sich um und ging zu dem kleinen Haus, öffnete die Tür, trat hinein und schloss sie hinter sich.

Ich setzte den Helm auf und fuhr den langen Weg zurück zu dem Haus, in dem ich wohnte, bis ich meinen Auftrag erledigt hatte.

Als ich zu Hause ankam, parkte vor der Tür ein Wagen mit laufendem Motor. Auf der Veranda stand ein Mann in engen Jeans, die aufgerollten Ärmel seines Button-down-Hemdes zeigten seine gebräunten, muskulösen Arme. Es war Bruiser, auch bekannt als George Dumas, Leos menschlicher Blutdiener Nummer eins und seine rechte Hand, sein Mann fürs Grobe und sein Bodyguard. Meine Herzfrequenz erhöhte sich nur minimal. Einsdreiundneunzig, muskulös, aber nicht so, dass er aus allen Nähten platzte, braune Augen, braune Haare. Gepflegt aussehend, mit einer gut geschnittenen Nase, lang und leicht knochig. Ich habe eine Schwäche für Nasen, und seine gefiel mir wirklich sehr. Eigentlich gefiel mir fast alles an Bruiser, und Beast ebenfalls. Als Leo mich gestern Abend besucht hatte, war er nicht mit dabei gewesen. Hatte er von dem geplanten Überfall gewusst?

Als er Mischa hörte, drehte Bruiser sich mit der Anmut eines Tänzers herum. Seine Miene war ernst, und er lächelte nicht, als er mich sah. Das war kein gutes Zeichen. Ich nickte steif, froh, dass mein Gesicht hinter dem Visier nicht zu sehen war. Ich schob Mischa zum Haus hoch und durch das Tor, das ich hinter mir zuschloss. Als ich das Haus betrat, spürte ich ein Kribbeln auf der Haut, rau, wie Sandpapier, wenn Sandpapier elektrisch aufgeladen sein könnte. Der Schutzbann war aktiv.

Molly erwartete mich am Fuß der Treppe in einer Caprihose mit weitem Bein, T-Shirt und Sandalen. Die Energie, die ihr Körper ausstrahlte, war förmlich spürbar. »Lassen wir ihn rein?«, fragte sie und wartete darauf, dass ich die Entscheidung traf.

»Hallo, Tante Jane«, sagte Angelina, halb versteckt hinter ihrer Mutter.

Ich hob Angie hoch und drücke sie an mich. »Hallo, Angie, Kleines.« Ich reichte sie an ihre Mutter weiter. »Ihr zwei geht nach oben, okay? Nur für ein paar Minuten. Ich habe Besuch.«

»Ein böser Mann?«, fragte Angie, eher neugierig als ängstlich.

»Kein böser Mann«, sagte ich. »Aber auch kein guter.« Ein weißer Mann, dachte ich. Jemand, dem ich nicht vertrauen kann. Diese Art des Denkens stammte aus einer Kindheit, an die ich mich nur bruchstückhaft erinnerte, und dennoch war es sehr präsent.

Molly huschte die Treppe hinauf und versuchte, die protestierende Angie zum Schweigen zu bringen. Kurz, nachdem der Schutzbann sich gelöst hatte, klopfte es an der Tür, als hätte der Besucher nur darauf gewartet. Vermutlich hatte er sich beim ersten Versuch die Knöchel verbrannt. Ich öffnete die Tür und lehnte mich lässig an den Rahmen, ohne ihn hereinzubitten. Meine Körpersprache war aggressiv und herausfordernd. Er sollte nicht wissen, wie attraktiv ich ihn fand.

»Was verschafft mir die Ehre, Bruiser?« Als er meinen Ton hörte, der deutlich machte, dass es keine Ehre war, hob George die Brauen, eine elegante, kultivierte Geste und unangenehm herablassend. Sie ähnelte auf seltsame Weise Leos und erinnerte mich daran, dass er schon lange in den Diensten des Blutmeisters der Stadt stand. Sehr lange. Der Gedanke half mir, meine Hormone zu beruhigen.

»Mein Meister sendet Ihnen Grüße und eine Botschaft«, sagte er. Die altmodische Ausdrucksweise war ein sicheres Zeichen dafür, dass es sich um eine offizielle Mitteilung eines mächtigen Vampirs handelte.

Dieser förmliche Besuch versprach nur marginal erfreulicher zu werden als Leos Vorstellung mit Benzin und Feuer vom gestrigen Abend, was meine Streitlust weckte, die ich gewöhnlich besser beherrschen konnte. Mit schmalen Augen sah ich ihn an. »Wirklich?«

George lachte nicht, sondern sah mich nur ruhig an. Er streckte mir eine Papierrolle entgegen, die ein wenig kleiner als ein DIN-A4-Blatt war. Nein, es war doch kein Papier. Dem Geruch nach zu urteilen, handelte es sich um schweres Pergament, das zusammengerollt und mit einem scharlachroten Band umwickelt war. Außerdem war es mit blutrotem Wachs versiegelt.

»Mein Hinrichtungsbefehl? Eine Warnung, dass ich verbrannt werde? Wenn ja, dann kommt sie einen Tag zu spät.«

Bruiser runzelte die Stirn, und in seinen braunen Augen lag ein ernsthafter Ausdruck. Aber auch einem ernsthaften Blutdiener durfte man nicht trauen. »Ich habe davon gehört, Jane. Hätte ich davon gewusst, hätte ich versucht ihn aufzuhalten. Oder zumindest hätte ich Sie angerufen, um Sie zu warnen.«

»Große Worte. Netter Plan. Zu spät und zu wenig. Also, was ist das?« Ich zeigte auf die Rolle.

Bruiser sah das Pergament an, und sein Stirnrunzeln vertiefte sich. »Ich weiß es nicht.«

»Dann kann es nichts Gutes sein.« Ich nahm die Pergamentrolle, streifte das Band ab und gab es George. Ich erbrach das Siegel mit dem Fingernagel. Der Text war kurz und in einer ausladenden schrägen Handschrift geschrieben, die nur Leos Schrift sein konnte. Ich las laut vor.

»An Jane Yellowrock, Rogue-Jägerin. Sobald Sie ihren laufenden Vertrag mit dem Rat der Mithraner erfüllt haben, werden Sie New Orleans verlassen. Sollten Sie sich weigern, dieser Aufforderung Folge zu leisten, werden Sie mir vorgeführt werden. Dann werden Sie keine weitere Gelegenheit mehr zu einer Abreise bekommen.« Unterschrieben war er mit ›Leonard Pellissier. Blutmeister der Stadt von New Orleans.‹

»Nun, das ist kurz und bitter«, sagte ich. »Ich nehme an, der Satz ›Sie werden keine weitere Gelegenheit mehr zu einer Abreise bekommen‹ bedeutet, dass er mich wandelt, mich in seinem Keller ankettet und verhungern lässt. Keine schöne Vorstellung. Ihr Boss ist unzurechnungsfähig, Dumas.«

»Mir gefällt Bruiser besser.«

»Pech gehabt.« Ich schlug ihm die Tür vor der Nase zu.

Von oben erklang Mollys leises Lachen. Ich spürte, wie der Schutzbann sich wieder aktivierte, und für einen Moment schien das ganze Haus leicht zu vibrieren. »Glaubst du, das war klug?«, fragte sie mich.

»Nein.« In meinem Kopf hustete Beast. Selbst halb im Schlaf hatte sie sich köstlich amüsiert.

»Er gefällt dir, nicht wahr?« Als ich nicht antwortete, sang sie, einen Songtext von Rod Stewart frei zitierend: »I know you think he’s sexy and you want his body. Come on, Big Cat, say it’s so-o-o-o.«

»Nein, werde ich nicht. Weil es nämlich nicht stimmt.« Vor der Treppe blieb ich stehen und stellte fest, dass die Lampen, die ich am Abend zuvor hier abgestellt hatte, fort waren. Ich hatte vergessen, sie wegzustellen, außer Reichweite der Kinder, aber Molly, die Mutter, vergaß so etwas nicht. Lächelnd blickte sie zu mir hinunter, eine Hand auf dem Treppenpfosten, die andere auf dem Geländer, neben sich ihre Kinder, Little Evan, der auf dem Boden saß, den Daumen im Mund, und Angie, die sich wie ein Äffchen um den Pfosten wand.

Im Haus war es warm, die Luft war klebrig, still und tot. Die Fenster standen offen, doch es ging kein Lüftchen. Mein T-Shirt klebte mir am Körper, und meine Jeans fühlten sich an wie eine feuchte zweite Haut. Ich wischte mir die nassen Handflächen an der Hose ab. Ich brauchte Mollys Hilfe. »Molly, ich muss dich um einen Gefallen bitten dich als Hexe.« Mollys Lächeln erlosch, aber ich redete unbeirrt weiter. »Als ich Zeugin der Auferstehung eines Vampirs wurde, habe ich Hexenmagie gerochen. Könntest du dich diesbezüglich bei den hiesigen Coven mal umhören, ob man dort von jemandem gehört hat, der mit Vampiren arbeitet?«

Stille legte sich zwischen uns. Mollys Gesicht, das sonst so ausdrucksvoll war, verriet mir nichts. Endlich seufzte sie, und ich spürte, wie eine große Last von mir genommen wurde. »In Ordnung. Ich versuche es. Aber die Coven hier in der Gegend sind nicht gerade sehr kooperativ, seitdem ihnen vorgeworfen wurde, sie hätten nicht genug getan, um Katrina abzuwehren. Die Presse hat danach geradezu eine Hetzjagd auf sie veranstaltet. Und tut es noch immer. Ich strecke mal meine Fühler aus und sehe, was ich erfahren kann. Aber erwarte nicht zu viel.«

»Danke.« Beast starrte meine Freundin und die Kinder aus den zu Schlitzen verzogenen Augen an. Sie hatte fürsorgliche und zärtliche Gefühle Gefühle, die ich teilte. Junge, Welpen. Sicher, dachte sie.

»Ich habe Hunger«, sagte ich.

»Tiger hat immer Hunger«, sagte Angelina.

Molly drehte schnell den Kopf zu ihrer Tochter. »Warum hast du sie so genannt?«, fragte sie in scharfem Ton.

»Du nennst sie Tiger.« Angelina blickte hoch zu ihrer Mutter, und ihr Gesicht nahm einen Ausdruck unerwarteten Eifers an. »Ist das ein Schimpfwort?«

Ich kicherte. Kopfschüttelnd hob Molly Evan hoch und nahm Angie bei der Hand. »Nein, Angie, Kleines, das ist kein Schimpfwort. Aber so nennen nur Erwachsene Tante Jane. So wie Tante Jane mich Molly nennt, du aber Mama. Tiger ist kein Spitzname, den kleine Mädchen in den Mund nehmen sollten.«

Angies kleines Gesicht legte sich in Falten, und Tränen glitzerten in ihren Augen. Mein Herz schmolz dahin. Plötzlich war mir, als sähe ich eine Höhlendecke, von der Stalaktiten tropften und am Boden zu Stalagmiten wurden. Dann war es vorbei, und das Trio war unten an der Treppe angekommen. Ich schloss Angelina in die Arme. »Ich verrate dir ein Geheimnis«, flüsterte ich, »und es ist nur für dich bestimmt. Nicht für deine Mama.«

»Das ist nicht fair«, sagte Molly.

Angie öffnete die Augen, und wie durch ein Wunder versiegten die Tränen. »Nur für mich?«, fragte sie mit einem Bühnenflüstern.

»So ist es.« Ich ging mit Angie ins Wohnzimmer, außer Hörweite der Küche, wohin Molly sich begab, Evan wie einen Sack Kartoffeln unter den Arm geklemmt. »Es ist ein Name, ein Geheimname für mich. Der Name, den meine Mommy und mein Daddy mir gegeben haben, als ich ein Baby war.«

»Nicht Tante Jane?«

»Nicht Tante Jane.«

»Kennt Mommy ihn?«

»Nein.« Ich setzte sie auf die Couch und kniete mich vor sie hin. »Willst du ihn hören?« Als Angie nickte, sagte ich: »Es ist ein sehr außergewöhnlicher Name. Wenn du willst, kannst du ihn deiner Mama sagen, aber nur ihr. Sonst dürfen wir ihn vorerst niemandem verraten, ja?« Mit großen Augen nickte Angie erneut. »Und er ist in einer anderen Sprache, deswegen ist er schwer auszusprechen. Wir müssen üben, um ihn richtig zu sagen.«

Angie spähte an mir vorbei zur Küchentür, um sich zu vergewissern, dass ihre Mutter nicht mithören konnte. »Okay, Tante Jane«, flüsterte sie. »Wir können Mama das Geheimnis nach dem Essen sagen. Aber jetzt bin ich die Einzige, ja?«

»Ja. Mein Cherokee-Name ist Dalonigi i Digadoli. Er bedeutet goldene Augen.«

»Weil deine Augen gelb sind?«, sagte sie.

»Genau. Dalonigi i Digadoli. Kannst du es sagen?«

Angie stolperte mehrmals über den Namen, bevor sie die Silben richtig aneinanderreihte. »Gut«, sagte ich. »Aber sag es sehr leise. Die Cherokee sprechen sehr leise.«

»Als wenn alles ein Geheimnis wäre?«, flüsterte sie.

»Ja. Als wenn alles ein Geheimnis und alles etwas Besonderes wäre.«

»Dalonigi i Digadoli. Goldene Augen«, flüsterte sie.

»Sehr schön. Und jetzt lass uns etwas essen. Ich verhungere gleich.«

»Ich auch. Mama sagt, es gibt Oreos und Tee, die Milch ist nämlich schlecht geworden, weil im Sturm der Strom ausgefallen ist.« Sie legte den Kopf schräg, sodass ihr langes Haar auf eine Seite fiel. »Mama sagte, dass dein ganzes Fleisch eklig wird. Sie sagt, du musst es trocknen. Warum musst du das Fleisch trocknen, Dalonigi i Digadoli?«

Ich nahm Angelina bei der Hand und ging mit ihr in die Küche, wo meine beste Freundin dabei war, Kekse zu verteilen und Tee einzugießen. Sie blickte auf.

»Trockenfleisch? Das ist eine sehr gute Idee, Molly. Das gefällt mir.«

Ich grillte mir ein Steak und aß es so englisch, dass das Blut herausfloss, als ich hineinschnitt, während die Kinder und Molly sich Tee, Kekse und klein geschnittene Früchte schmecken ließen. Dann verbrachten Molly, Angelina und ich den Rest des Morgens damit, die zehn Pfund Steakfleisch für Beast, die ich in der Gefriertruhe gelagert hatte, bevor die Elektrizität ausgefallen war, klein zu schneiden und zu würzen. Ich hatte darauf gehofft, dass der Strom wieder einsetzte, bevor der Truheninhalt sich erwärmte, aber leider war das nicht passiert. Als ich kurz nach zwölf Uhr mittags das Haus verließ, hatte ich den Bauch voll mit blutigem Steak, Pasta und Salat, und der beißende Geruch nach erhitztem, gewürztem Fleisch durchzog das Haus.