25

Etwas bewegte sich in der Dunkelheit.

Er saß im Schneidersitz auf der Erde. Ein Rascheln, das er sich nur als schwarzen Wind vorstellen konnte, der über Seide strich. Undeutlich sah er das Gesicht seines Vaters vor sich, empfand aber kein starkes Bedürfnis, die Hand nach ihm auszustrecken. Sein Dad lächelte, nickte anerkennend und verschwand wieder in der wogenden Nacht.

Ein stummer Blitz zerriss die Dunkelheit und ließ eine Art Brücke durch den Nachthimmel erkennen. Getaucht in mattes Mondlicht sah Max sich selbst dort laufen. Er erkannte sich kaum wieder. Verdreckt, die Hose in Fetzen, die Haare verfilzt und struppig, und er rannte in rasender Geschwindigkeit auf ein gewaltiges Loch in der Nacht zu. Eine dunkle Höhle in einer dunklen Nacht. Was sollte das? Er beobachtete, wie er mit etwas zusammenstieß und zurückprallte – wie von einer Glastür, die nicht zerbrach –, hörte sich vor Angst schreien und sah sich in einen Abgrund stürzen.

Die Vision erlosch.

Max spürte eine andere Bewegung.

Der Schakal.

Er kam mit großen, geschmeidigen Sprüngen auf ihn zu, blieb vor ihm stehen, beschnüffelte sein Gesicht und hockte sich ihm gegenüber. Das Tier sah ihm in die Augen, und Max war kein bisschen überrascht, als es zu sprechen begann.

»Du bist der Bruder der Nacht«, sagte der Schakal und leckte sein Gesicht wie eine Hündin ihr Junges.

»Alles in Ordnung? Max? Alles in Ordnung mit dir?«, rief eine Stimme. Das Traumbild zerfiel im Rhythmus der Worte.

Jemand hatte ihm Sekundenkleber auf die Zunge gestrichen. Sie fühlte sich an wie ein Klettverschluss, als er sie vom Gaumen löste. Er machte die Augen auf.

»Max! Du Idiot! Du blöder Idiot! Du lebst!«

Sayid?

Sayid sprang herum wie ein Wahnsinniger. »Mir ist im Flugzeug schlecht geworden. Ich hab ins Klo gekotzt, als wir zur Landung angesetzt haben. Ich musste die Schweinerei selbst aufwischen. Du lebst. Du bist verrückt, Mann!«

Max richtete sich stöhnend von dem Bett auf, auf das ihn jemand gelegt hatte.

»Sayid. Was zum Teufel soll das alles?«

Sayid nahm seinen Arm, half ihm auf die Beine und zog ihn nach draußen. Drei Hubschrauber, bewaffnete Soldaten und die Sturmtruppe, die ihn und !Koga aus dem Flugzeug geholt hatten, standen bei Mr Peterson, der das Kommando zu haben schien. Und dann kam Kallie aus dem anderen Gebäude und lächelte ihm zu.

»Ah, du weilst ja wieder unter den Lebenden«, sagte sie, trat auf ihn zu und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Fast berührten ihre Lippen seine, aber da sein Mund sich anfühlte wie der Boden eines Vogelkäfigs, war seine Wange bestimmt die bessere Wahl.

»Wo ist !Koga?«, fragte Max, als sich der Nebel allmählich aus seinem Gehirn verzog.

»Ich habe eben mit meinem Pa telefoniert. Er wird gerade operiert. Mehr wissen wir noch nicht. Wir müssen warten.«

Max sah die Männer an. »Peterson steckt hier mit drin?«

Sayid lächelte. »Er war die ganze Zeit auf deiner Seite. Und wir haben die Nachricht bekommen, die du geschickt hast.«

»Am besten gehst du erst mal unter die Dusche und isst etwas, dann können Sayid und ich dir das erklären – und du kannst uns alles berichten«, sagte Kallie.

Max schüttelte den Kopf. »Darf ich?«, fragte er und zeigte auf die Wasserflasche in ihrer Hand. Sie reichte sie ihm, und er trank sie in einem Zug leer – seine Kehle war völlig ausgetrocknet. »Was ! Koga und ich erlebt haben, ist jetzt eine viel zu lange Geschichte, aber diese Männer sehen aus, als wüssten sie, was Sache ist. Und ich muss zu meinem Vater zurück.«

Kallie konnte ihre Unsicherheit nicht ganz verbergen. Max warf die leere Flasche weg. »Ich weiß, dass er noch lebt! Er muss gerettet werden!«

»Max, tu das nicht! Das wird ein Blutbad, wenn diese Männer Shaka Chang angreifen«, sagte Sayid.

»Das will ich aber auch hoffen«, erwiderte Max und ging zu Peterson.

 

Er saß in der offenen Tür des Helikopters, und der Flugwind prügelte ihn wie mit Fäusten. Sie waren auf dem Weg nach Skeleton Rock.

Mr Peterson hatte sich für ihn eingesetzt, als die Soldaten erklärten, ein Kind wäre ihnen beim Angriff auf das Fort nur im Weg. Er erinnerte sie daran, dass sie ohne Max schließlich alle gar nicht hier wären, und außerdem kenne Max sich bestens in dem Fort aus. Wenn sie etwas über ihr Angriffsziel erfahren wollten, brauchten sie nur Max zu fragen. Und als Max ihnen berichtet hatte, wie er durch den Atem des Teufels in die Festung gelangt war, lächelten die Männer ihn anerkennend an und sagten ihm, dass das selbst für die Sturmtruppen zu hart gewesen wäre.

Zeit und Wetter waren gegen sie.

Die Hubschrauber flogen niedrig und schnell, und der Regen prickelte wie Nadeln auf Max’ Beinen. Die namibischen Soldaten hatten ihnen erklärt, in weniger als einer Stunde werde über den Bergen ein gewaltiges Gewitter losbrechen. Die Hubschrauber könnten dann nicht fliegen, und Sturzfluten würden das ganze Gelände unpassierbar machen. Ein Angriff wäre unmöglich.

Es blieb also gar keine Zeit, durch irgendeine Hintertür dort einzudringen. Sie mussten gleich das Hauptgebäude angreifen: Peterson und Max, zwei Soldaten von der Sturmtruppe und vier namibische Wüstensoldaten würden direkt in den Haupthangar eindringen. Die anderen Hubschrauber, jeweils mit zwei Sturmsoldaten besetzt, würden die übrigen Soldaten führen.

Erste Priorität: Shaka Chang aufhalten.

Zweite Priorität: Tom Gordon retten.

Es ging nicht anders. Tausende Menschenleben waren in Gefahr. Die Regierungen von Namibia und Südafrika hatten bereits Truppen zum Staudamm geschickt, aber niemand wusste, ob sie rechtzeitig dort ankamen oder ob Shaka Chang die Schleusentore des Damms womöglich per Funk aus der Ferne öffnen konnte. Und selbst wenn er erkannte, dass sein Plan aufgeflogen war, konnte er immer noch irgendeinen Racheakt verüben und dann verschwinden.

 

Die Wolken hingen bis auf Skeleton Rock hinunter, und während zwei der Helikopter direkt auf das dunkle Fort zuhielten, schwenkte der, in dem Max saß, ab und flog im Tiefflug außen herum. Diese Szene würde er niemals vergessen. Das ganze dreidimensionale Bild – Hubschrauber, die den aus dem Fort spritzenden Maschinengewehrsalven auswichen, tiefschwarze Wolken, aus denen ungeheure Wassermassen stürzten, der Zickzackflug seines Hubschraubers, während Leuchtspurgeschosse durch den finsteren Himmel auf sie zurasten.

Mr Peterson zog ihn von der offenen Tür weg, aus der Gefahrenzone. Max erinnerte sich – es schien eine Ewigkeit her zu sein–, wie er durch das Moor auf die Dartmoor High zugerannt war, als andere Geschosse rot durch die Nacht gejagt waren und ein Mörder versucht hatte, ihn davon abzuhalten, die Wahrheit herauszufinden. Seitdem hatte er einen weiten Weg zurückgelegt, er hatte sich von nichts und niemandem aufhalten lassen, und bald wäre dieser ganze schreckliche Spuk vorbei.

Dad, halte durch. Ich komme. Halte durch. Bitte!

 

Shaka Chang stieg im Hangar in den schwarzen Helikopter. Das Feuer, das Tom Gordon gelegt hatte, hatte zwar enorme Schäden angerichtet, aber Changs äußerst kostspieliges Brandschutzsystem hatte immerhin die Zerstörung des Hubschraubers verhindert – er brauchte ihn, um zu fliehen und seinen Plan zu vollenden. Shaka Chang glaubte, niemand wisse von seinem Vorhaben, und wenn Skeleton Rock unterging, wäre damit auch jede Spur, die auf ihn hindeutete, beseitigt. Den Verlust seines afrikanischen Hauptquartiers würde man einem außer Kontrolle geratenen Großbrand zuschreiben.

Slye huschte wie eine Ratte hinter Shaka Chang her. Der Motor des Hubschraubers begann zu dröhnen.

»Die Landepiste am Staudamm! Zwanzig Minuten!«, schrie Chang nun Slye zu, und schon hob der Hubschrauber ab und nahm gegen den ständig zunehmenden Wind Kurs auf die Berge. Lucius Slye sah ihm nach und fasste einen gut berechneten Entschluss. Er wusste, dass dieser verfluchte Rotzbengel eine Nachricht abgeschickt hatte – es war also nur noch eine Frage der Zeit, bis irgendein Premierminister oder Präsident seine Soldaten auf Shaka Chang hetzte. Und Slye machte sich keine Illusionen darüber, wo er enden würde. Ekel überkam ihn, als er an den mongolischen Gefängniswärter dachte. Obwohl Chang ihn nicht sehen konnte, winkte Slye dem Hubschrauber hinterher. Er hielt es für angemessen, diesem Mann nach so vielen Jahren in seinen Diensten einen letzten Gruß zu erweisen. Slye hatte seit Langem große Geldbeträge abgezweigt und auf ein Schweizer Bankkonto überwiesen – und jetzt war die Zeit gekommen, das zu genießen.

Dr. Schernastyn kam in den Hangar gerannt. »Mr Slye! Was wird aus mir?«

Die Piloten des Learjets warteten, dass Slye an Bord kam. »Wie meinen Sie das, Dr. Schernastyn?«

»Wie komme ich hier weg?«

»Soll das eine Scherzfrage sein? Keine Ahnung. Wie kommen Sie denn hier weg?«

»Helfen Sie mir!«

»Nein. Sie hatten schon Glück, dass ich Mr Chang verschwiegen habe, dass Sie so dumm waren, sich von Max Gordon täuschen zu lassen! Für Sie läuft bereits die Nachspielzeit. Finden Sie allein einen Weg nach draußen. Aber an Ihrer Stelle würde ich mich beeilen, denn in zwanzig Minuten ist hier alles vorbei.«

Die Tür des Learjets fiel hinter ihm zu, und das Flugzeug rollte aus dem Hangar zur Startbahn.

Slye liebte den Geruch von Ledersesseln – an den Komfort eines solchen Flugzeugs konnte er sich schnell gewöhnen. Er gab den Piloten ein Blatt mit schriftlichen Anweisungen.

»Der Plan hat sich geändert«, erklärte er ihnen.

Er wusste, sie würden es nicht wagen, Shaka Changs rechter Hand zu widersprechen.

 

Max’ Helikopter schwebte über dem Eingang des Hangars. Der Pilot hatte mit dem stürmischen Wind zu kämpfen und signalisierte den Männern, dass er ihn nicht mehr lange halten konnte. Sie hatten über Funk das Gewehrfeuer der Soldaten gehört, als sie die Verteidiger ausgeschaltet hatten. Changs Gorillas waren einem diszipliniert durchgeführten Angriff nicht gewachsen, aber dann kam statt der Meldung, das Feld sei geräumt, eine Warnung aus dem Lautsprecher: »Achtung, Explosionsgefahr! Sofort das Feld räumen!«

Der Pilot schickte sich an, loszufliegen.

»Nein!«, schrie Max und sprang, und Peterson und die Soldaten folgten ihm ohne zu zögern in den Hangar. »Dad! Wo bist du? Kannst du mich hören?«, rief er.

Etwas Weißes an der hinteren Wand weckte Max’ Aufmerksamkeit. Schernastyn. Der wusste bestimmt, wo sein Vater war, aber als er seinen Namen rief, stand plötzlich Peterson neben ihm und packte ihn am Arm.

»Das reicht, Max! Wir müssen hier weg! Soldaten, helft mir, Max in den Hubschrauber zu bringen!«, schrie Peterson.

»Mr Peterson! Dad ist hier! Hier drin! Lassen Sie ihn nicht zurück! Bitte!«

Er schlug und trat wild um sich, aber gegen die Soldaten hatte er keine Chance.

»Hier fliegt gleich alles in die Luft, Junge! Du hast getan, was du konntest!«, rief einer der Männer, die mit Maschinenpistolen im Anschlag ihren Rückzug sicherten. Max war verzweifelt. Sein Kampfesmut verließ ihn. Er hatte verloren. Mit allerletzter Kraft hatte er sich hierhergeschleppt. Jetzt war alles aufgebraucht. Sein starker Wille konnte ihm auch nicht mehr helfen, weil sein Körper ihn im Stich ließ.

Ein letzter Hoffnungsschimmer.

Der Schlüssel.

Der Hummer.

Wo sonst konnte sein Vater sein? Er musste sich vor dem Feuer und der Schießerei in Sicherheit gebracht haben, als Max geflohen war. Der gepanzerte Hummer war der einzig sichere Ort, aber wenn sie ihn jetzt da nicht rausholten, würde er verbrennen.

»Der Hummer!«, schrie Max.

Er sah Peterson in die Augen, und der schien zu zögern. Und tatsächlich. Während die anderen Max nach draußen schoben und immer weiter von seinem Vater entfernten, blieb Peterson stehen und rannte dann in den Hangar zurück.

Irgendwo da drinnen blitzten Lichter auf. Max konnte jetzt kaum etwas erkennen. Der Regen brannte ihm in den Augen, und der Lärm des Hubschraubers schlug ihm auf die Trommelfelle, aber trotzdem sah er eindeutig orangefarbene Lichter blinken und hörte eine Sirene – von einer Autoalarmanlage.

Die Wolken hingen jetzt dicht über ihren Köpfen, und das unheimliche Heulen des Sturms riss eine schreckliche Wunde in den Himmel.

Max’ Rücken schrammte schmerzhaft über den Metallboden des Helikopters.

Männer brüllten. Wir müssen los! Keine Zeit mehr! Wir müssen los! Sofort!

Das schwarze Ding mit den Blinklichtern und der jaulenden Alarmsirene war der Hummer. Sein Dad hatte es nicht nach draußen geschafft. Max schrie die Soldaten an, sein Vater sei noch da drin, aber bei dem Sturmgeheul und Motorenlärm konnte ihn niemand hören. Sein Vater musste den Hubschrauber gehört haben, musste auch Max gehört haben, der nach ihm rief. Bestimmt hatte er die Alarmanlage des Hummers ausgelöst. Um sie auf sich aufmerksam zu machen. Damit sie ihn retteten.

Immer noch hielten kräftige Hände ihn fest. Der Hubschrauber vibrierte, die Kufen hoben ab.

Dann warf einer der Soldaten die Arme in die Luft, kniff vor dem Regen die Augen die Augen zusammen und deutete zum Eingang des Hangars.

Mr Peterson trug seinen Freund, Max’ Vater, wie ein verletztes Kind auf den Armen durch den prasselnden Regen auf den ungeduldig wartenden Hubschrauber zu.

Völlig durchnässt, aber lebend, wurde Tom Gordon in den Helikopter gehoben. Die Soldaten zogen Peterson an Bord, und der Pilot schaffte es gerade noch, sie in die Luft zu bringen.

Max wollten die Augen zufallen. Aber dann rissen die vom Sturm gepeitschten Wolken auf, und er sah einen Mann im weißen Kittel, der in einem Boot die Rampe zum Fluss hinunterglitt. Es schwankte kurz und begann dann zu sinken.

Bei seiner panischen Flucht hatte Dr. Schernastyn vergessen, dass das Boot beschädigt war.

Die Wolken schlossen sich um den Mann in den vom Regen zerwühlten Fluten, als die ersten keilförmigen Wellen auf ihn zuglitten.

Krokodile machen sich nichts aus schlechtem Wetter.

 

Wind und Regen dämpften die Explosion, und die Wolken verhüllten den Zusammenbruch des Forts. Es spielte keine Rolle mehr.

Vater und Sohn lagen patschnass nebeneinander auf dem kalten Metallboden. Max schob sich dicht an seinen bewusstlosen Dad heran und legte den Kopf auf seine Brust.

Er wollte sein Herz schlagen hören.

Alles andere war unwichtig.

 

Durch den Lärm drangen Wortfetzen an sein Ohr. Zu spät, Chang noch einzuholen … die Soldaten können nicht … Tausende werden sterben … Wasser vergiftet … Wetter unmöglich … Regen am Staudamm nachgelassen … aber … zu dunkel … zu spät … zu spät.

Der Sturm brüllte sein Wiegenlied, der schwankende Helikopter schaukelte hin und her. Doch was Max empfand, war nicht das beängstigende Gefühl, hilflos einem ungeheuren Gewitter ausgeliefert zu sein. Sein Schatten löste sich und ließ ihn auf dem rüttelnden Boden des Hubschraubers liegen. Er glitt nun durch die Dunkelheit, die sich über das Land gelegt hatte. Dann spürte er Fels unter den Füßen und begann entschlossen zu laufen. Neben sich fühlte er die dampfende Wärme eines Tieres.

Geleitet von seinem Instinkt, lief er in die Nacht. Seine Lunge brannte, seine Augen suchten nach dem unsichtbaren Steinbruch. Aber vom Erdboden aus würde er nie etwas finden. Und was kaum ein Gedanke gewesen war, wurde Wirklichkeit. Die rasenden Wolken hatten den Regen mit sich genommen. Jetzt wehte nur noch der Wind, aber der war seine zweite Natur. Max stieß sich von dem harten Fels ab und schwang sich in den Himmel.

Er sah den Stahlvogel im Schutz hoher Felswände sitzen; still, die Schwingen unbewegt. Kobra und Speer auf seinem Leib blinkten trotzig durch die Dunkelheit.

Etwas bewegte sich dort. Eine schwarze Gestalt sprang über die Felsen, wo kurz zuvor noch er selbst gelaufen war, und er hörte das vertraute Winseln. Das Hundewesen blieb stehen. Vor ihm gähnte der Abgrund. Max kreiste über ihm. Der Schakal sah zu ihm hoch, und Max hörte sich wehklagend nach ihm rufen.

Der Blitz, der aus seinem Versteck über den Wolken herniederkrachte, beleuchtete die Berge – geisterhafte Nebelschleier rissen sich von den Felszacken. Die Betonbrücke zwischen den zwei Bergen. Bilder aus seiner Erinnerung wiederholten sich – die dunkle Höhle in einer schwarzen Nacht. Er flog näher heran. Wollte verstehen.

Die Höhle bewegte sich. Ein Mann. Groß und breitschultrig. Ein matt leuchtendes Licht in der Hand. Ein Kontrollgerät. Oder eine Fernsteuerung. Als der Mann seinen Arm auf die Steintürme an dieser Seite der Brücke richtete, wusste Max, dass er den Staudamm gefunden hatte.

In der Staumauer schoben sich Tore auf. Tief unten lief bereits weiß schäumendes Flusswasser das Tal hinab. Als die Flutschleusen weiter aufgingen, schossen mit ungeheurer Wucht breite Wasserströme daraus hervor. Ihre Urgewalt schien noch größer als die des Gewitters, das jetzt weit hinten am Horizont tobte.

War es der Instinkt, der Shaka Chang innehalten und den Blick nach oben richten ließ? War es seine unfehlbare Fähigkeit, eine nahe Gefahr zu erkennen? Was auch immer. Er machte auf dem Absatz kehrt, als Max mit rasender Geschwindigkeit auf ihn zustürzte.

Ein Moment der Angst. Der Erkenntnis. Scheitern und Tod. Jetzt musste Shaka Chang sehen, dass er erledigt war. Ganz gleich, was da kreischend und schimmernd aus dem Nachthimmel auf ihn zuschoss. Seine Reflexe ließen ihn nicht im Stich, als er eine Hand in die Luft stieß und Krallen spürte. Der Angriff hinderte ihn daran, den Code in die Fernsteuerung der Schleusentore vollständig einzutippen. Er schlug wild um sich. Scharfe Klauen ritzten ihm Hände und Arme auf. Den Schmerz konnte er ertragen, aber bei dem Gerangel fiel ihm das Kästchen aus den blutigen Fingern. Wie oft war er im Training wie ein Balletttänzer herumgewirbelt und hatte zugeschlagen? Wie oft hatte er seine Schläge absichtlich nicht zurückgehalten, wie jeder Kampfsportler es tun sollte, und seine Partner schwer verletzt oder getötet? Derartig schnelle Bewegungen waren ihm in Fleisch und Blut übergegangen.

Mit einer Hand packte er das Geländer, um sich nach der Fernsteuerung zu bücken. Das Blut an dem Stahlgestänge war glitschig wie Öl auf Glas, und im Schwung seiner Bewegung rutschte er einfach weiter. Fassungslos spürte er den Dunstschleier eiskalten Wassers in seiner Nase, als er über die Kante taumelte. Mitgerissen von dem Strom, den er selbst ausgelöst hatte, verschwand er in den tosenden Fluten. Sein Schrei erstickte mit seinem letzten Atemzug.

 

Max hatte zwei Tage lang geschlafen und verspürte einen Bärenhunger, als er aufwachte. Das Privatzimmer im Militärkrankenhaus war einfach, aber gemütlich eingerichtet, und das Essen, das man ihm brachte, hätte für zwei erwachsene Männer gereicht.

Die Ärzte bestanden darauf, dass er erst essen sollte, bevor ihn jemand besuchen durfte, aber sie versicherten ihm, dass sein Vater versorgt sei und ! Koga die Operation gut überstanden habe.

Als er den letzten Bissen verschlungen hatte, wälzte er sich unter Schmerzen aus dem Bett und ging über den kühlen Linoleumboden ins Bad. Der Spiegel sagte ihm, dass jemand ihn gewaschen haben musste. Am Haaransatz stach die Kopfhaut weiß von seinem stark gebräunten Gesicht ab. Nachdem der ganze tief sitzende Schmutz weggeschrubbt war, konnte er die vielen Schnittwunden und blauen Flecken sehen, mit denen sein Körper übersät war. Einige würden Narben hinterlassen. Egal. Vor allem wollte er sich jetzt endlich mal die Zähne putzen. Die fühlten sich an, als seien sie mit Zement verkrustet.

Kaum hatte er den Mund voller schäumender Zahnpasta, als Sayid ins Zimmer stürzte und ihm einen Klaps auf den Hinterkopf gab. »Du hast vielleicht ein Schwein gehabt! He! Du bist ein Held, Mann! Da werde ich noch lange dran zu beißen haben!«

Kurz vor dem Ersticken schaffte Max es gerade noch, die Zahnpasta auszuspucken.

»Mir geht’s gut. Danke der Nachfrage«, sagte er.

»Ah ja. Wie geht’s dir? Du warst total weggetreten. Konnte dich nicht wecken.«

»Ich fühle mich, als wäre ich von einer Dampfwalze überfahren worden.«

»Ja, du siehst tatsächlich ein bisschen länger und dünner aus. Also, was meinst du? Für alle Zeiten ausgesorgt?«

»Kann sein, dass die Regierungen die ganze Sache unter Verschluss halten werden und nichts davon nach außen dringen lassen. Stell dir vor, was das für Horrornachrichten wären. Kein einziger Mensch würde hier jemals wieder Wasser trinken wollen.«

Bevor Sayid etwas sagen konnte, klopfte Kallie an die Tür, eher aus Höflichkeit, als dass sie tatsächlich mit einer Antwort gerechnet hätte. »Doch schon auf? Das nächste Mal nimmst du eine Bustour mit Reiseleitung, ja? Das war einfach zu viel.« Sie küsste ihn auf die Wange, was Sayid veranlasste, die Wände einer genauen Inspektion zu unterziehen.

Max trug Boxershorts, aber als sie ihn von oben bis unten musterte, kam er sich völlig nackt vor. »Man hat mir gesagt, ich darf dich besuchen. Geht’s dir gut?«

»Ziemlich.«

»Das glaub ich gern. Du warst großartig.« Sie strahlte. Was für ein Kompliment!

»Hör zu, Kallie, wenn einer hier großartig war, dann du. Wie du mir bei der Landung geholfen hast und alles.«

»Ach, das war doch nichts. Das hättest du auch allein geschafft.« Sie grinste breit. »Selbst ein Affe könnte diese Dinger fliegen.«

Er lächelte. Es war ein schönes Gefühl, sie wiederzusehen.

Sie nahm sich einen Apfel von seinem Nachttisch. »Pa hat sich fürchterlich aufgeregt. Sagt, ich darf nicht mehr allein fliegen, und hat es mir für die nächsten Tage ganz verboten. Jedenfalls für so lange, bis ihr Briten euch verzogen habt. Willst du !Koga sehen? Dem geht’s schon wieder prima.«

»Natürlich will ich! Aber zuerst möchte ich zu Dad.«

»Die Ärzte machen gerade Visite«, sagte Sayid. »Peterson holt uns ab, wenn sie fertig sind.«

Max nahm ein T-Shirt und eine kurze Hose. Alles blitzsauber. Er zuckte zusammen, als er die Hose hochzog.

»Die Wunde an deinem Oberschenkel wird nicht so bald heilen«, sagte Kallie. »!Koga hat uns alles erzählt. Das ist dir wahrscheinlich passiert, als du in den Atem des Teufels gestürzt bist.«

Max nickte. »Das wird noch eine Weile dauern, bis ich von allen Stellen, die mir wehtun, weiß, wo ich sie herhabe.«

Moment! Was hatte sie da eben gesagt? Die Wunde an seinem Oberschenkel war ganz weit oben. Hinten. Dicht unterhalb der Pobacke.

Sie sah ihm an, was er dachte, und grinste. »Hey, ich hab zu Hause einen Bruder, und hier gibt es nur ein Bad. Und viel zu wenig Krankenschwestern! Alle haben sich nur um deinen Dad gekümmert. Okay?«

»Du hast mich gewaschen? Überall?«

Sie zuckte die Schultern.

Er lief rot an.

»Krass«, sagte Sayid.

 

Das Militärkrankenhaus lag in einer recht kleinen Stadt, in der hauptsächlich Armeeangehörige lebten. Hierher wurden im Kampf verwundete Soldaten gebracht. Es war ein ruhiger, wenig bekannter Ort mit einer Landepiste, die am einen Ende aus der Wüste wuchs und am anderen zwischen Bäumen und Sträuchern verschwand. Der perfekte Ort für Geheimnisse.

!Koga hatte noch nie im Leben einen Pyjama getragen, aber die Krankenschwestern hatten darauf bestanden. Jetzt saß er mit aufgeknöpfter Jacke am weit offenen Fenster und ließ sich von der Sonne bescheinen. Ein Mensch, der noch nie unter einem Dach geschlafen hatte, musste sich hier wie im Gefängnis fühlen. Von der Operation war nicht viel mehr zu sehen als sein rasierter Schädel und der Verband um die Operationswunde; ansonsten war er so dünn wie immer.

Er ließ seine weißen Zähne aufblitzen und strahlte, als Max ins Zimmer trat. Die beiden Jungen umarmten sich. »Du hast mir das Leben gerettet! Sie haben mir alles erzählt!«

»Und du bist zurückgekommen, um mir zu helfen! Wir sind doch Freunde!« Die Anspannungen und Gefahren ihrer Reise lagen hinter ihnen. Weil sie jetzt keine Angst mehr zu haben brauchten, fühlten sie sich so unbeschwert wie schon seit Langem nicht mehr.

»Kallie van Reenen hat mir alles erzählt, und dein Freund Sayid, und der Mann, der aus England gekommen ist. Und Kallie van Reenens Vater ist mit seinem Flugzeug losgeflogen, um meine Familie zu suchen. Dann gehen wir nach Hause.« Sein Lächeln wurde etwas zaghafter. »Und du wirst auch nach Hause gehen.«

»Ja«, sagte Max, »das werde ich.«

Mike Kapuo und Mr Peterson erschienen in der Tür. »Ich bin Chefinspektor Kapuo. Ich muss mit euch beiden reden. Geht das? Wir müssen die ganze Geschichte von Anfang an rekonstruieren.«

»Okay«, sagte Max. »Wo soll’s losgehen?«

»Nun, ich weiß, dass ! Kogas Muttersprache nicht Englisch ist, und ich selbst beherrsche die Buschmannsprache nicht gut genug. Ich habe einen Dolmetscher der Armee, einen Buschmann, kommen lassen. Ich will zuerst mit !Koga reden. Vielleicht kann Kallie mir dabei helfen.«

Max umarmte seinen Freund. »Erzähl ihnen lieber nichts von den Höhlenzeichnungen und der Prophezeiung. Die glauben dir doch nicht.«

Max ging hinaus und ließ Mike Kapuo und Kallie mit ihrer Verblüffung allein.

»Ich werde es ihnen erzählen, weil es erzählt werden muss, denn es ist die Wahrheit«, rief ! Koga lachend.

 

Draußen auf dem Korridor gab Mr Peterson Max die Hand. »Du siehst gut aus. Die Ärzte haben dich für vollständig gesund erklärt.«

»Danke, Mr Peterson. Und danke, dass Sie meinen Dad gerettet haben!«

»Das war nicht ich – das warst du. Du hast gewusst, dass er noch in diesem Hangar war, und ich habe noch einen letzten Versuch unternommen. Willst du ihn sehen?«

Max nickte und spürte plötzlich einen Kloß im Hals.

Vor dem Zimmer seines Vaters blieben sie kurz stehen und betrachteten durch das Sichtfenster die hagere Gestalt des Mannes, der auf dem Bett lag, einen Tropf im Arm und offenbar schlafend. Mitfühlend legte Peterson Max eine Hand auf die Schulter.

Sayid verzog das Gesicht. »Tut mir leid, Max, ich hab versucht, dir das zu verheimlichen. Ich wusste nicht, wie ich dir das sagen sollte.«

Max nickte. »Schon gut«, sagte er leise.

Peterson trat zur Seite, um Max ins Zimmer zu lassen. »Es wird sehr lange dauern, bis er wieder der Alte ist, Max. Sein Körper wird sicher ganz gesund, aber sein Geist – den hat man schwer beschädigt, und wir wissen nicht, wie lange das dauern wird.« Er zögerte. Max sah ihn an und schien die Worte zu hören, die unausgesprochen geblieben waren: Vielleicht wird er nie mehr geheilt. »Du verstehst, Max?«

»Ja, Sir. Ich verstehe.«

»Gut. Wir fliegen heute Abend nach England zurück. Die Regierung stellt ein Flugzeug und einen Arzt. Du, ich, Sayid und dein Vater. Sinnlos, noch länger hierzubleiben. Er muss jetzt unbedingt in fachärztliche Behandlung.«

Sayid lächelte Max aufmunternd zu. Er wollte gehen. »Sayid, danke für alles!«

»Ich hab doch gar nichts getan.«

»Von wegen.«

Sayid nickte. Später wäre bestimmt noch genug Zeit, über alles zu reden.

»Na ja. Danke jedenfalls, dass du gekommen bist. Dass du mein Freund bist«, sagte Max.

 

Max stand minutenlang vor seinem Vater und betrachtete ihn. Es gab so viele Dinge, die er ihm sagen wollte, aber das war im Augenblick vielleicht gar nicht so wichtig. Sie hatten in den letzten Tagen einige sehr intensive und wertvolle Momente miteinander erlebt, über ihre Gefühle gesprochen und waren sich äußerst nahegekommen. Sie hatten beide überlebt, und nur das zählte.

Max setzte sich zu seinem Vater auf das Krankenbett. Der schlug die Augen auf, lächelte und streckte eine Hand nach Max aus. »Hey«, flüsterte er.

»Die haben gesagt, du wirst ganz sicher wieder gesund, Dad«, sagte Max.

»Oh ja.« Er runzelte leicht die Stirn. »Nur schade, dass mein Gehirn so matschig wie Rührei ist. Ich weiß, da fehlt eine ganze Menge. Viele Sachen, an die ich mich nicht erinnern kann.«

Dann lächelte er. »Aber an dich erinnere ich mich.«

 

Die Nacht kommt schnell in diesem Teil Afrikas. Jetzt war es nicht anders, doch für Max kam sie viel zu früh. Alles ging zu Ende. Die Sonne verschwand bereits, und Max war ratlos, wie er Abschied nehmen sollte. Sein Vater wurde ins Flugzeug getragen, Sayid war an Bord gegangen, und Max stand draußen mit Peterson, als Kallie ! Koga im Rollstuhl zu ihnen hinausschob.

Was war das an Afrika, das einem ins Blut drang wie die untergehende Sonne, die ihr Licht über den Sand ausgießt? Er wusste es nicht, aber er beneidete die anderen, die hierbleiben durften. So etwas gab es auf der ganzen Welt nicht noch einmal.

»Was ist am Staudamm passiert?«, fragte er.

»Wir wissen es nicht genau. Shaka Chang ist dort gestorben, das steht fest. Er hatte nicht mehr die Zeit, die Schleusentore ganz zu öffnen«, sagte Peterson.

»Als ich mit Dad im Hubschrauber war, kurz bevor ich das Bewusstsein verloren habe – hat da nicht jemand gesagt, die Soldaten könnten wegen des Gewitters nicht mehr rechtzeitig dort eintreffen?«

»Allerdings. Es hat unglaublich geregnet. Über dem Staudamm hat es einmal kurz aufgeklart, aber an einen Angriff war gar nicht zu denken, weder aus der Luft noch vom Boden. Chang hätte Tausende vergiftet. Aber er wusste nicht, dass du noch lebst und diese Mail abgeschickt hattest.«

Es wurde allmählich dunkel, Kallie und ! Koga näherten sich den beiden.

»Seltsames Land, dieses Afrika. Was man hier so erlebt. Dinge, die man nicht erklären kann. Shaka Changs Pilot war mit dem Hubschrauber am Damm gelandet und wartete dort auf ihn, um ihn zu einem eine Stunde entfernten Flugplatz zu bringen, wo er in seinen Privatjet umsteigen wollte. Der Jet ist übrigens verschwunden. Jedenfalls sagt der Pilot aus, plötzlich sei ein Falke aufgetaucht, ein Wanderfalke, behauptet er, und er scheint zu wissen, wovon er redet. Der Vogel sei aus dem Himmel herabgestürzt und habe Chang angegriffen. Bei dem Versuch, ihn abzuwehren, muss Chang den Halt verloren haben. Seine Leiche wird man niemals finden.«

Kallie und ! Koga waren jetzt bei ihnen angekommen. »Okay, Max. Fünf Minuten. Dann geht’s los. Wiedersehen, Kallie, danke für alles. Und auch dir, !Koga. Ihr zwei seid die tapfersten jungen Leute, die ich jemals kennengelernt habe.«

»Und Max?«, fragte Kallie.

»Der ist der Allertapferste, aber sag ihm das nicht, sonst bekomme ich ihn wohl nie mehr dazu, seine Hausaufgaben zu machen.«

Mr Peterson stieg in das wartende Flugzeug.

»Ich melde mich bald, Kallie, wenn’s dir recht ist«, sagte Max und lächelte.

»Ja, natürlich. Tu das. Hey, vielleicht komme ich mal nach Europa. Dad sagt, ich soll aufs College – Touristik studieren oder so was. Er meint, ich muss was Anständiges lernen. Wäre gut fürs Geschäft. Ich besuch dich dann mal.«

»Das wäre schön.« Und sie spürte, dass er das ernst meinte.

Er sah den jungen Buschmann an, der ihm nicht nur das Leben gerettet, sondern ihm auch gezeigt hatte, dass man ganz anders leben konnte. »Pass auf dich auf, ! Koga. Ich werde dich nicht vergessen, und immer wenn ich den Morgenstern sehe, an dich denken.«

!Koga nickte. »Denk bitte daran, Max, das ist alles nur ein Traum.«

Max umarmte die beiden noch einmal und wandte sich ab. Kallie rief ihm nach: »Max! Fast hätte ich’s vergessen!«

Sie zog einen gefalteten Umschlag hervor und nahm etwas heraus. »Deine Uhr. Die hast du !Koga gegeben, weißt du noch? Die Polizei hat sie mir gebracht. Ich habe gesagt, ich sorge dafür, dass du sie wiederbekommst.«

Die Uhr seines Vaters. Am liebsten hätte er sie !Koga geschenkt, aber ihm war ganz deutlich bewusst, dass dieser unbezähmbare, freie Mensch nichts nötig hatte, was ihm die Zeit anzeigte.

»Und das hier«, sagte sie und hielt ihm ein Armband aus Moldavit und Gold und Jade hin. »Das hattest du in der Hand, als man dich aus dem Hubschrauber getragen hat. Du wolltest es einfach nicht loslassen.«

Max drehte das Armband zwischen seinen Fingern. »Das gehört Shaka Chang«, sagte er.

Sie sah ihn verblüfft an. »Und wo hast du es her?«

»Ich weiß es nicht. Vielleicht habe ich es im Hangar aufgelesen, als wir mit den Soldaten da reingegangen sind. Ich kann es dir nicht sagen.«

Die letzten Sonnenstrahlen ließen das Gold und die Moldavitperlen aufleuchten, in denen endlose Jahre von Licht eingeschlossen waren.

Und einen Augenblick glaubte Max, Shaka Chang zu sehen, wie er die Hand in den Himmel reckte, in die ein Raubvogel seine Krallen schlug.

 

Das Flugzeug hob ab, als der ganze Horizont mit Rot übergossen war. Max blickte auf die dunkle Erde hinab und sah im letzten Dämmerlicht einen Schatten auftauchen.

Das Wesen wandte den Kopf und sah dem Flugzeug nach. Und dann verschwand der Schakal in die Nacht.