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|106|Karriere-Navigator 9

Ihre Persönlichkeit

Es gibt wahrscheinlich so viele Möglichkeiten, um Persönlichkeit zu beschreiben, wie es Menschen auf der Welt gibt. Trotzdem fasziniert uns kaum etwas mehr, als uns selbst und die Welt in Kategorien einzuteilen. Das glauben Sie nicht? Haben Sie sich noch nie dabei ertappt, wie Sie sich – bewusst oder unbewusst – bei der Frage nach Ihrem Sternzeichen mit den Ihnen bekannten Eigenschaften identifizieren oder vehement davon abgrenzen wollten? Es ist erstaunlich, aber ganz gleich, welche tiefgründigen Übungen ich mit meinen Kunden auch mache, am spannendsten finden die meisten immer wieder die psychologischen Tests. Es liegt sicher in der Natur des Menschen in Kategorien zu denken. Je bewusster man sich dessen allerdings ist, desto weniger tappt man in die »Ach, du bist ein Löwe, kein Wunder, dass du so gerne im Mittelpunkt stehst«-Falle. Auch auf dem Weg zu Ihrer Berufung kann eine zumindest grobe Zuordnung Ihrer Persönlichkeit durchaus von Vorteil sein und einen weiteren Informationsgewinn darstellen. Die Möglichkeiten hierfür sind vielfältig: Vielleicht haben Sie schon einmal vom Enneagramm, den vier Temperamenten der alten Griechen, dem Medizinrad der Indianer oder der Typenlehre nach Kretschmer gehört. Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, wenn ich Ihnen die heute führenden Persönlichkeitstypologien aufzählen, geschweige denn herleiten würde. Alle haben aber gemeinsam, dass sie versuchen, menschliches Verhalten zu beschreiben, zu verstehen und in gewisser Weise vorauszusagen. Das möchte auch die nachfolgende Methode, die in ihren Ansätzen auf die Typologie C. G. Jungs zurückgeht. Für die nachfolgende Übung gilt, wie für alle anderen |107|auch: Nehmen Sie sie spielerisch und suchen Sie sich das heraus, womit Sie am meisten anfangen können. Dieser Schritt des Karriere-Navigators ist wieder nur ein Baustein von vielen.

Bitte wählen Sie aus der folgenden Aufzählung die Aussagen aus, die häufig oder grundsätzlich auf Sie zutreffen. Wenn Sie wollen, stellen Sie sich bei jeder Aussage kurz eine passende Situation vor, dann geht es leichter.

  • Ich arbeite gerne eng mit anderen zusammen. D

  • Ich bin gerne für andere da. D

  • Ich fange lieber neue Projekte an, als sie dauerhaft durchzuführen. C

  • Ich fühle mich oft, wie der Fels in der Brandung. B

  • Wenn ein Mensch ohne Struktur arbeitet, macht mich das nervös. B

  • Ich arbeite gerne systematisch. B

  • Ich kann mich gut in andere einfühlen. D

  • Ich habe oft Schuldgefühle. D

  • Ich halte mich für einen flexiblen Menschen. C

  • Ich kann es schwer aushalten, wenn mir langweilig ist. C

  • Ich bin in der Schule gut zurechtgekommen. A

  • Ich kümmere mich oft um andere. D

  • Manchmal werfen mir andere vor, dass ich zu viel kritisiere. B

  • Ich habe wenig Interesse an Theorien, das Praktische ist mir wichtiger. C

  • Wenn es jemandem nicht gut geht, beziehe ich das häufig auf mich. D

  • Ich habe viele Ideen und bin eher spontan. C

  • |108|Ich kann gut planen. A

  • Ich kann Situationen und oft auch Menschen gut analysieren. A

  • Ich lerne am besten, wenn ich etwas selbst tun kann. C

  • Ich möchte, dass es allen in meiner Nähe gut geht. D

  • Ich probiere sehr gerne Neues aus. C

  • Ich trage gerne Verantwortung. B

  • Ich übernehme die Führung, wenn es nötig ist. B

  • Ich versuche, möglichst immer kompetent zu sein. A

  • Konflikte versuche ich meistens zu vermeiden. D

  • Ich muss immer etwas zu tun haben. B

  • Ich kann es nicht ausstehen, wenn Menschen inkompetent sind. A

  • Ich neige dazu, Situationen nach dem »Warum« zu hinterfragen. A

  • Ich kann komplex und theoretisch denken. A

  • Manchmal werfen mir andere vor, ich würde zu kompliziert antworten. A

  • Oft fällt es mir schwer, Dinge zu beenden. C

  • Wenn jemand einen Fehler gemacht hat, verlange ich eine Erklärung. B

Jeder Aussage ist ein Buchstabe von A bis D zugeordnet, der einem Persönlichkeitstyp entspricht. Bitte zählen Sie die Häufigkeit Ihrer Zustimmung für die einzelnen Typen zusammen. Welchen Aussagen haben Sie am meisten zugestimmt? Wenn Sie sich bei mehreren Typen angesprochen fühlten, können Sie die nachfolgenden Beschreibungen nutzen, um sich möglicherweise noch besser einordnen zu können. Doch bitte denken Sie daran, es geht hierbei nicht um die richtige oder falsche Persönlichkeit, entscheidend ist der weitere Informationsgewinn auf dem Weg zu Ihrer Berufung.

  1. |109|Der Denker-Typ: Wenn Sie hier den meisten Aussagen zustimmen konnten, sind Sie wahrscheinlich ein Mensch, der kniffelige Aufgaben liebt und sich in eine Sache ganz hineindenken kann, wenngleich Sie lieber das Gesamtbild im Auge haben, als sich in die einzelnen Details zu versenken. Ihre Entscheidungen sind fest, fair und verlässlich und Sie setzen sie konsequent um. Denker-Typen sind oft Menschen mit herausragenden Kenntnissen auf ihrem Sachgebiet und daher häufig Wissenschaftler, Professoren, Erfinder, Ärzte oder Manager. Dem Denker-Typ fällt es manchmal schwer, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und mit Menschen umzugehen, die er für inkompetent hält. Deshalb erweckt er manchmal den Eindruck eines arroganten Besserwissers.

  2. Der Arbeiter-Typ: Wenn Sie hier den meisten Aussagen zugestimmt haben, gehören Sie zu den Menschen, die gerne systematisch, gründlich und ausdauernd arbeiten. Wenn Sie in Ihrer Jugend Sportler waren, dann wahrscheinlich Leistungssportler, wobei es Ihnen leicht gefallen ist, Ihren Trainingsplan einzuhalten. Sie übernehmen die Führung nur, wenn Sie das Gefühl haben, dass es sonst kein anderer tun wird. Sie arbeiten gerne allein oder aber in einem Team mit Menschen, die ähnlich arbeiten wie Sie. Es fällt Ihnen schwer zu verstehen, wenn Kollegen den ganzen Tag in der Kaffeeküche stehen, statt ihre Aufgaben zu erledigen. Dass Sie Ihre Hände in den Schoß legen, kommt sehr selten vor, deshalb gehören Sie von den vier Typen zu den am meisten gefährdeten, wenn es um das Thema Burn-out geht. Mögliche Berufe für einen Arbeiter-Typ sind Polizist, Banker, Lehrer, Controller und alle Berufe, die mit Verwaltung zu tun haben. Sie können auch als Manager tätig sein, aber nicht, weil Sie unbedingt die Führung wollen, sondern weil Sie dann noch besser arbeiten können.

  3. Der Spieler-Typ: Wenn Sie hier den meisten Aussagen zugestimmt haben, sind Sie wahrscheinlich am liebsten in Aktion. Im Gegensatz |110|zum Arbeiter-Typ muss bei Ihnen nicht alles einen Sinn haben und dem Ganzen dienen. Es macht Ihnen einfach Spaß, spontan einer Stimmung nachzugeben und Ihren Impulsen zu folgen. Sie bringen frischen Wind in alte Strukturen und gehen gerne neue Projekte an. Manchmal fällt es Ihnen allerdings schwer, Dinge, die Sie angefangen haben, auch zu Ende zu bringen, wofür Ihre Kollegen oder Mitmenschen nicht immer Verständnis aufbringen können. Spieler-Typen sind häufig in Berufen wie Künstler, Musiker oder Vermittler zu finden. Als Troubleshooter laufen Sie zu Höchstform auf, Hauptsache, Sie können bald zur nächsten Herausforderung übergehen.

  4. Der Fühler-Typ: Wenn Sie hier den meisten Aussagen zugestimmt haben, haben Sie sich wahrscheinlich schon oft in Ihrem Leben die Frage gestellt, wer Sie wirklich sind. Sie sind beliebt bei Ihren Kollegen und Mitmenschen, weil Sie sich gerne – zum Teil aufopferungsvoll – um andere kümmern. Im Team sorgen Sie für ein gutes Arbeitsklima und versuchen dabei, Konflikten wenn möglich aus dem Weg zu gehen. Wenn es anderen Menschen nicht gut geht, beziehen Sie das häufig auf sich selbst, vor allem innerhalb Ihrer Familie führt das sehr oft zu Schuldgefühlen, die Sie dann dazu bringen, sich noch mehr für andere einzusetzen. Auch Sie sind gefährdet auszubrennen und sich zu erschöpfen, anders als der Arbeiter-Typ aber nicht bei Ihrem Einsatz für eine Sache, sondern eher bei Ihrer Sorge um andere Menschen. Häufige Berufe des Fühler-Typs sind daher auch Sozialarbeiter, Therapeut, Krankenschwester und Lehrer.

Natürlich reichen diese vier Kategorien nicht aus, um alle Menschen zu beschreiben, dennoch fällt es vielen erstaunlich leicht, sich in dem einen oder anderen Typ wiederzuerkennen. Eine weitere Möglichkeit, Ihre Persönlichkeit zu beleuchten, ist die Einteilung in die Kategorien Extraversion (Außenorientierung) und Introversion (Innenorientierung). Bitte entscheiden Sie sich bei den nachfolgenden Aussagenpaaren spontan jeweils für die, die am ehesten auf Sie zutrifft.

|111|aktiv

reflektierend

nach außen

nach innen

viele Menschen

Privatsphäre

reden

zuhören

Weite

Tiefe

Party

Kultur

viele Freunde

wenige Freunde

lebhaft

ruhig

öffentlich

privat

sprechen

schreiben

offen

verschlossen

Wo haben Sie die meisten Begriffe gefunden, die auf Sie passen? Extra- oder Introversion beschreibt laut C. G. Jung, woher Sie Ihre Lebensenergie beziehen. Der Unterschied wird am leichtesten am Beispiel einer Party deutlich. Ein extravertierter Mensch geht drei Stunden auf eine Party, amüsiert sich, spricht mit vielen Menschen und fühlt sich danach aufgetankt, als könnte er Bäume ausreißen und am liebsten möchte er nicht nach Hause, sondern zur nächsten Party gehen. Ein introvertierter Mensch geht auf die gleiche Party, spricht mit den gleichen Menschen, hat ebenfalls Spaß, fühlt sich aber nach drei Stunden vollkommen erschöpft, weil ihn der Abend angestrengt hat. Er wünscht sich nichts mehr, als nach Hause in sein Bett zu kommen und niemanden mehr sehen zu müssen. Erkennen Sie sich wieder?

Was hat das nun mit Ihrer Berufung zu tun? Ein Mensch, der seine Lebensenergie daraus bezieht, mit anderen zusammenzusein |112|und viel »außen« zu erleben, ist seiner Berufung im Vertrieb höchstwahrscheinlich näher, als er das als Schriftsteller wäre, es sei denn, er sucht seine Inspiration nicht nur in den Tiefen seiner eigenen Fantasie, sondern vor allem draußen im Leben. Jemand, der lieber viel allein ist und in die Tiefe geht, wird sich wahrscheinlich als Psychologe energiegeladener fühlen, als wenn er als Lehrer in einem Fitness-Club arbeiten würde.

 

Beispiel: Jörg hat sich vor einiger Zeit als Unternehmensberater selbstständig gemacht und seitdem bisher allein in seinem Home-Office gearbeitet. Er ist ins Coaching gekommen, weil der gewünschte Erfolg ausblieb und er sich nicht mehr sicher war, ob die Entscheidung zur Selbstständigkeit und der Inhalt seiner Tätigkeit wirklich seiner Persönlichkeit entsprechen. Nachdem beim Persönlichkeitsprofil deutlich wurde, dass er zwar als »Denker« (Typ A) inhaltlich auf dem richtigen Weg, aber dabei gleichzeitig ein ausgeprägt extravertierter Mensch ist, wurde klar, warum er beim Arbeiten zu Hause jeden Tag unglücklicher und unzufriedener wurde. Ihm fehlte die Kommunikation aus der ein extravertierter Mensch seine Energie bezieht. Seit Jörg seinen Arbeitsmittelpunkt in eine Bürogemeinschaft verlegt hat, ist er wieder motiviert, ausgeglichener und auf dem besten Weg erfolgreich zu sein.

 

Je nachdem, wo Sie sich selbst eher einordnen würden, das Wichtigste an der Information, ob Sie ein eher extra- oder introvertierter Mensch sind, ist, dass Sie sich Ihre Lebens- und Arbeitsumstände so gestalten, dass Sie daraus Energie beziehen. Der Weg, auf dem Sie ein Mehr an Energie fühlen, wenn Sie ihn gehen, ist der richtige.

Wenn Sie sich noch weiter mit diesen Themen beschäftigen möchten, empfehle ich Ihnen eine Auseinandersetzung mit dem Myers-Briggs-Typenindikator, der insgesamt 16 verschiedene Verhaltensprofile beschreibt und Ihnen ein besseres Verständnis von |113|sich selbst und Ihrer Umwelt geben kann. Literaturangaben dazu finden Sie im hinteren Teil dieses Buches.

 

Bitte betrachten Sie sich nun noch einmal die Persönlichkeitstypen und die Beschreibungen zur Extra- beziehungsweise Introversion und markieren Sie mit einem farbigen Stift insgesamt drei Begriffe, die Sie bei den für Sie zutreffenden Typen am meisten ansprechen, die Sie am liebsten tun oder mögen. Bei Jörg waren das die drei Begriffe »kompetent«, »reden« und »Menschen«. Markieren Sie Ihre eigenen drei Begriffe wie auch bisher möglichst spontan und notieren Sie sie auf einem separaten Blatt.

 

Wieder sind Sie einen Schritt weiter. Gönnen Sie sich doch zur Belohnung einen netten Abend in einer anregenden extravaganten Umgebung oder entspannen Sie sich bei einem guten Buch oder einem tollen Video auf der Couch. Im nächsten Schritt beschäftigen Sie sich mit den Dingen, die Sie am liebsten tun.