Kapitel 26

 

Die Karsetii rülpste - jedenfalls sah es so aus -, und zwei Klone lösten sich aus ihrer Seite. Scheiße. Wie sollten wir denen ausweichen, während wir mit der Mutter kämpften?

»Ignoriert sie«, sagte Vanzir. »Sie können uns zwar verletzen, aber nicht so sehr wie die Mutter. «

»Licht hat ihr weh getan. Ich schlage vor, wir versuchen es mit Licht und Feuer«, sagte Camille und hob das Horn.

»Ja, aber erst sollten wir sie schwächen. Dann kannst du sie zu Kohle verbrennen.« Ich bedeutete ihr, zurückzutreten. »Geh aus dem Weg und lass uns erst zuschlagen.«

Roz hob die Hand. »Alle gehen aus dem Weg. Ich habe uns was Hübsches mitgebracht. «

»Was?«, fragte ich und neigte den Kopf zur Seite. Mit einem übertriebenen Grinsen riss er seinen Staubmantel auf. Er holte mehrere kleine, rötliche Kugeln hervor. Sie kamen mir irgendwie bekannt vor, aber ...

»Feuerbomben!« Camille starrte sie gierig an. Sie freute sich immer so, wenn Roz seine diversen Sprengsätze auspackte, und ich fragte mich allmählich, ob meine Schwester vielleicht ein bisschen pyromanisch veranlagt war. Aber das war nicht der passende Zeitpunkt, sie darauf anzusprechen.

»Ja«, sagte er mit einem ebenso seligen Gesichtsausdruck. »Feuerbomben.« Er hauchte eine davon an und warf sie dann nach dem Dämon. Irgendetwas blitzte auf, und ich erinnerte mich daran, wo ich die Dinger schon mal gesehen hatte. Mit so einer Bombe hatte er einen neugeborenen Vampir zerstört, als wir Jagd auf meinen Meister gemacht hatten. O ja, der Knabe hatte ein paar hübsche Asse im Ärmel. Oder zumindest in den Manteltaschen.

Die Feuerbombe explodierte zu einer Flammenkugel, die auf die Karsetii zuschoss und einen Funkenschweif hinter sich herzog. Ich sprang gerade noch rechtzeitig zurück, um einem der stiebenden Funken auszuweichen. Der Dämon kreischte und wich zur Seite aus, doch die Feuerbombe streifte ihn. Mit einem Rauchwölkchen stieg der Gestank von verbranntem Fleisch auf, als sich die Flamme in die pechschwarze Haut der Karsetii fraß. Die Klone griffen Roz aus dem Nebel heraus an. Er schleuderte eine weitere Feuerbombe, als die Karsetii sich mir zuwandte und zum Angriff ansetzte. Das war ein unheimlicher Anblick, ein pechschwarzer Krake mit einem Kopf wie ein riesiges Gehirn, der waagerecht durch die Luft flog. Ja, so verbrachte ich doch gern meine Nächte.

Ich erinnerte mich daran, dass sie meine Strategie zuvor durchschaut hatte, und diesmal wich ich zur Seite aus. Doch statt sie anzugreifen, sprang ich hoch, als sie an mir vorbeisauste, und landete auf ihrem Rücken. Scheiße! Blöde Idee! Ein Stromschlag nach dem anderen durchzuckte mich, und ich konnte nicht mehr loslassen, obwohl ich es versuchte. Sie grillte mich gerade wie auf einem elektrischen Stuhl.

Ich versuchte etwas zu sagen, aber ich bebte so sehr von dem Strom, der durch mich hindurchfloss, dass ich kein Wort herausbekam. Da flog Vanzir von der anderen Seite über sie hinweg, packte mich und riss mich mit sich zu Boden, während sie weiter vorwärtsflog. Wir schlugen hart auf, und er landete auf mir. Etwas blitzte in seinen Augen.

»Normalerweise würde ich das sehr genießen«, flüsterte er, »aber wir haben ein paar Monster zu töten. Verschieben wir das doch auf später.«

Ich stieß ihn von mir und sprang auf, immer noch leicht benommen von der Ladung, die der Dämon mir verpasst hatte. Vanzir blies mir eine Kusshand zu und raste los, der Karsetii hinterher. Er war etwa vier Schritte weit gekommen, als das Mistvieh herumwirbelte und wieder auf uns zugeschossen kam. Heilige Scheiße, die hatte uns auf dem Kieker!

»Vorsicht!«, brüllte ich und hechtete zur Seite.

Ich hörte ein Donnern, und der Boden bebte. Als ich mich im Nebel abrollte, wieder hochkam und zurückschaute, sah ich, dass Smoky in seiner Drachengestalt ihr einen mächtigen Tritt versetzt hatte, als sie an ihm vorbeigesaust war. Die Karsetii war jetzt gut zwanzig Meter von mir entfernt. Obwohl der Tritt sie beiseite geschleudert hatte, schien er sie nicht verletzt zu haben, denn sie kam wieder schnurstracks auf uns zu, diesmal mit den straff ausgestreckten Tentakeln voran, als wollte sie sie Smoky ins Maul rammen.

Mit einer so anmutigen, blitzschnellen Bewegung, wie ich sie kaum für möglich gehalten hätte, erhob Smoky sich in die Luft und schraubte sich in die Höhe, außerhalb ihrer Reichweite. Der Drache in seinem Element, dachte ich, während er über uns schwebte und die Flügel sacht und lautlos durch die astralen Ströme glitten. Der Nebel folgte ihm und erhob sich wie kräuselnder Rauch, und ich hielt inne, wie gebannt von der puren Schönheit dieses Geschöpfs.

Vanzir sprang hoch. Aus seinen Händen schössen die bandartigen Tentakel, die seine Angriffswaffe darstellten. Er zielte damit auf den Dämon, und sie wanden sich durch die Luft wie blasse, fleischige Würmer, die jemand aus irgendeinem alptraumhaften Garten ausgegraben hatte. Sie klatschten gegen den Gehirnsack und bohrten sich hinein. Einer der Würmer drehte sich mit der astralen Brise, und ich konnte seine Spitze sehen. Sie erinnerte mich an das Saugmaul eines Neunauges mit seinen vielen Zahnkreisen.

Vanzirs Fäden fanden Halt und wanden sich mit einem zuckenden, hungrigen Tanz in den Dämon hinein. Ich horte Delilah würgen. Sie sah völlig entsetzt aus und starrte Vanzir an, dann den Dämon, als wüsste sie nicht, wem sie den Sieg wünschen sollte. Ich fing ihren Blick auf, schüttelte den Kopf und formte mit den Lippen: »Hör auf.« Wir konnten es uns nicht leisten, Vanzir zu verärgern, und sie konnte es sich nicht mehr leisten, so zimperlich zu sein. Die Karsetii hatte genau dasselbe mit ihr gemacht. Delilah konnte froh sein, dass sie den Angriff überlebt hatte.

Als Vanzir begann, dem Geschöpf Energie abzusaugen, stürmte Morio, nun wieder in menschlicher Gestalt, mit erhobenem Silberschwert vor. Er landete einen kräftigen Hieb auf dem Hinterkopf, und das Biest fuhr herum. Das schien Delilah aus ihrer angewiderten Starre aufzurütteln, sie folgte Morio und rammte dem Dämon den Silberdolch in den Kopf. Ich konnte Silber nicht berühren und versetzte dem Mistvieh stattdessen einen kräftigen Tritt direkt unter das Auge.

Die Karsetii schlug wütend mit einem Tentakel um sich und traf Morio. Es gelang ihr nicht, ihn zu packen, aber sie schleuderte ihn von sich weg, und er landete dicht bei Camille auf dem Boden.

Als sie sich hinkniete, um nach ihm zu sehen, brüllte Smoky: »Alle Mann weg da«, und wir sprangen zurück. Vanzir zog seine Fäden so schnell zurück, dass ich an ein Kabel denken musste, das in den Staubsauger zurücksaust.

Smoky rülpste, und ein mächtiger Feuerball rollte aus seinem Mund, fiel vom Himmel und landete auf der Karsetii. Das Mutterwesen kreischte vor Schmerz, und die Klone eilten zu ihr und verschmolzen wieder mit der Mutter, um ihr neue Energie zu geben.

»Sie heilt sich selbst«, rief ich laut.

Roz schleuderte eine weitere Feuerbombe, die sie traf, als sie gerade zu ihm herumwirbelte. Das musste weh getan haben; er hatte sie direkt über dem Auge erwischt. Sie stieß ein ohrenbetäubendes Gebrüll aus und stürmte auf ihn zu wie ein rasender Stier.

Delilah setzte zur Verfolgung an. Der Kopf der Karsetii pulsierte. Irgendetwas über Musik, die wilde Bestien besänftigte, schoss mir durch den Kopf, aber ich schob den Gedanken beiseite. Ich bezweifelte, dass Brahms' Wiegenlied den Mutterdämon zu einem Nickerchen bewegen würde.

Ich war Delilah dicht auf den Fersen. Kätzchen war eine verdammt gute Kämpferin, aber diesem Wesen hatte sie nicht viel entgegenzusetzen. Doch sie überraschte mich. Sie sprang aus vollem Lauf in die Höhe, überschlug sich in der Luft und landete nah genug vor der Karsetii, um einen guten Hieb anbringen zu können.

»Lysanthra!«, rief sie, und ihre Klinge summte und begann zu schimmern. Ich kam rutschend zum Stehen. Vielleicht hatte ich mir das neulich doch nicht eingebildet. Vielleicht steckte irgendeine Magie in der Klinge, die ich noch nie zuvor gese hen hatte. Camille hatte bisher vergeblich versucht, ihren eigenen Silberdolch zum Leben zu erwecken, aber Delilah hatte sich da offenbar eine sehr nützliche Freundin geschaffen.

Das Silber glänzte rötlich, und Dampf stieg von der Klinge auf.

Was zum Teufel... ? Das war seltsam. Als Delilah dem Dämon die Klinge in die Seite stieß, nahm der Dampf feste Formen an und sah nun aus wie ein geflügelter Waldgeist. Aber da endete auch schon jede Ähnlichkeit mit den feingliedrigen Waldwesen, denn der Geist riss das Maul auf, enthüllte riesige, neblige Zähne und biss sich wie ein Aal an dem Dämon fest.

»Zur Hölle«, stieß Camille hervor. Sie hatte Morio aufgeholfen, und auch die beiden starrten auf die Szene, die sich da abspielte. »Was zum Geier ist das? «

»Keine Ahnung«, sagte ich und rüttelte mich aus meiner Verblüffung auf. Die Karsetii heulte jetzt so laut, dass mir die Ohren weh taten, aber sie zielte immer noch auf Roz, der rannte, als sei der Teufel hinter ihm her - oder auch ein erzürnter Vater, dachte ich fröhlich, legte einen Zahn zu und landete einen saftigen Tritt an der Stelle, wo Delilah das Vieh schon verwundet hatte. Der Geist - oder was das sein mochte - war nicht mehr zu sehen, aber die Wunde hatte sich nicht wieder geschlossen. Im Gegenteil, sie schien größer zu werden. Was auch immer der Silberdolch der Karsetii angetan hatte, wirkte jedenfalls.

Rozurial fuhr herum und brüllte: »Weg da!«

Ich hechtete zur Seite. Das brauchte er mir nicht zweimal zu sagen, vor allem, wenn er Feuerbomben dabeihatte. Ich rollte mich ab, blieb geduckt am Boden hocken, hob die Arme schützend über den Kopf, und, tatsächlich, eine Explosion zerriss die Luft und schleuderte mich drei Meter vorwärts.

Ich wandte den Kopf und sah, dass die Karsetii die Richtung änderte. Jetzt kam sie auf mich zu, und in ihren Augen stand das Glitzern eines verwundeten Raubtiers. Die meisten ihrer Tentakel waren verbrannt oder in Stücke gerissen. Was auch immer Roz in sein Spielzeug packte, wirkte Wunder.

Ich sprang auf die Füße und rannte los. Mit durchgedrehten Dämonen war nicht zu spaßen, und ich glaubte zwar, dass ich sie noch einmal treffen konnte, aber es war an der Zeit, dass Camille ihr Ding mit dem Horn durchzog. Jedenfalls hoffte ich, dass sie bereit war. Ich wollte ihr gerade zurufen, dass sie endlich etwas tun sollte, als ich über irgendetwas stolperte, das ein wenig vom Boden hochragte.

Auf der Astralebene gab es reichlich Felsen und seltsam verkrüppelte Bäume und so weiter, so viele, dass Neulinge sie oft für Abbilder der physischen Ebene hielten. Doch hier waren diese Doppelgänger oft echte Lebewesen - oder jedenfalls mit einem Bewusstsein ausgestattet, wie es das Original nicht besaß. Das, worüber ich gestolpert war, huschte durch den wallenden Bodennebel davon.

O Scheiße. Ich blickte über die Schulter. Die Karsetii holte rasch auf. Die Mutter schien stärker zu sein, wenn sie verwundet war jedenfalls war sie aggressiver. Ich rappelte mich auf und sprintete los. Aber ihre Tentakel - die zwei, die noch heil waren - bekamen mich zu packen. Sie hob mich hoch. Ich betrachtete ein drittes, kleines Tentakel, das an mir zu schnuppern schien, und das nur allzu dicht an meinem Kopf.

Als hätte es nichts gefunden, was ihm schmecken könnte, zog sich das Tentakel zurück, und ich spürte, wie ich peitschend durch die Luft geschlagen wurde. Ehe ich wusste, wie mir geschah, schleuderte die Karsetii mich von sich. Die Welt wirbelte um mich herum, während ich hilflos auf den vernebelten Boden zuflog. Ich würde hart aufprallen. Den Göttern sei Dank dafür, dass ich eine Vampirin war. Ein gebrochener Knochen würde heilen, selbst eine gerissene Arterie würde nicht allzu viel Schaden anrichten. Solange ich nur nicht mit dem Herzen voran auf einem herausragenden Stück Holz oder auf einem brennenden Scheiterhaufen landete, würde mir wohl nichts Schlimmes passieren.

Der Boden raste auf mich zu, ich flog mit dem Gesicht voran in den Nebel und prallte mit einem dumpfen Knall auf. Den Göttern sei erneut gedankt, denn unter mir war nichts als astrale Landschaft ohne Baumwurzeln, Felsen oder spitze Äste. Aber die unsanfte Landung hatte mich so durchgerüttelt, dass ich mich kaum bewegen konnte. Mit verzerrtem Gesicht richtete ich mich auf. Nichts gebrochen. Kein ernsthafter Schaden. Nicht einmal den Atem hatte es mir verschlagen, denn atmen musste ich ja nicht mehr. Vom Schock des Aufpralls war ich leicht benommen, aber ich stand auf, schüttelte den Schwindel ab und war bereit, mich wieder ins Getümmel zu stürzen.

Ich wirbelte herum auf der Suche nach dem Dämon. Da war er er hielt auf Camille und Morio zu. Roz war hinter ihm her und zog etwas aus einer Manteltasche, das nach einer weiteren Feuerbombe aussah. Delilah rannte ihm nach, und Vanzir stürmte von der Seite heran. Uber uns rauschten große Schwingen, und als ich aufblickte, sah ich Smoky auf die Karsetii herabstoßen.

Smoky spie einen Feuerstrahl auf sie hinab, der ihr den Rücken versengte, bremste dann in der Luft scharf ab und flog einen Bogen. Die Karsetii wurde langsamer. Nicht sehr, aber man sah ihr an, dass er ihr weh getan hatte. Roz erreichte sie und schleuderte eine Feuerbombe direkt in die von Delilah geschlagene Wunde, die inzwischen noch weiter aufklaffte. Und da wurde mir klar, was ihre Klinge vermochte: Die Wunde vergrößerte sich, sie stabilisierte sich nicht. Das bedeutete, dass die Karsetii sich nicht sofort selbst heilen konnte, selbst wenn sie es schaffen sollte, einem von uns die Lebensenergie abzuzapfen. Wenn wir also genug Schaden anrichten konnten, würde es uns tatsächlich gelingen, sie zu töten.

Camille hatte das Horn gezückt und winkte mir verzweifelt zu, aus dem Weg zu gehen. Ich kam rutschend zum Stehen, warf mich herum und suchte nach Deckung. Roz und Delilah blieben an ihrer Seite stehen, und Vanzir trat zu Morio an Camilles anderer Flanke. Ich konnte hören, wie sie laut einen Zauber sprach, aber ich wartete nicht ab, was es denn sein sollte. Ich musste mich in Deckung bringen. Licht oder Feuer, das spielte gar keine Rolle. Das Horn hatte bereits bewiesen, wie gewaltig es die Macht ihrer Zauber verstärken konnte, und ich wollte wirklich nicht in der Nähe sein, wenn die beiden noch einen Gang hochschalteten.

In diesem Moment spürte ich Krallen, die sich um meine Taille schlossen. Smoky war auf mich herabgestoßen und hatte mich vorsichtig gepackt. Er flog hoch und in weitem Bogen davon. Ich baumelte zwischen seinen Vorderbeinen und starrte zum nebligen Boden hinab, während wir vor Camille und ihrem Horror-Horn flohen.

Smoky ließ sich zu Boden sinken und setzte mich sacht im Nebel ab, ehe er selbst landete. Binnen eines Augenblicks hatte er wieder seine menschliche Gestalt angenommen und hielt seinen Mantel auf. Ich schlüpfte ohne Zögern in den angebo tenen Schutzraum. Es wurde ja fast schon zur Gewohnheit, dass mein Schwager mich vor den unzuverlässigen Kräften meiner Schwester schützte.

Lächelnd presste ich mich an ihn. Kein Schmutz, kein Blut war an seiner makellos weißen Kleidung zu sehen, wie üblich, aber er stank zum Himmel nach Testosteron und Drachenschweiß. Als er die Vorderhälften seines langen Trenchcoats über mir zusammenschlug, erhellte ein grelles Licht den Himmel. Ich konnte es sogar unter seinem Mantel heraus sehen. Ein lautes Kreischen war zu hören, und dann flüsterte Smoky: »Sie hat ihn. Mein Mädchen hat den Dämon getroffen.«

Dann spannte er sich an. O Scheiße, hatte es einen magischen Rückschlag gegeben? Camille konnte sich selbst töten, falls einer ihrer Zauber, verstärkt von dem Horn, auf sie zurückschlug.

Sobald es für mich sicher war, öffnete er seinen Trenchcoat, und ich taumelte aus seinen Armen. Wir rannten beide los, doch einen Augenblick später war er wieder in seiner Drachengestalt und pflückte mich vom Boden auf. Er sauste mit kraftvollen Flügelschlägen auf die Rauchschwaden zu, die an der Stelle aufstiegen, wo Camille und der Dämon gewesen waren. Besorgt sah ich zu, wie der Boden unter mir verschwand. Ging es ihr gut? War der Dämon tot?

Als wir uns der Stelle näherten, stieg uns dicker Qualm entgegen, und, Mann, wie der stank. Nach verbranntem Fleisch. Scheiße. Hoffentlich ist das Dämonenqualm, dachte ich. Smoky sank in einer Spirale abwärts, setzte mich ab, nahm wieder seine menschliche Gestalt an, und wir rasten durch die grauen Schwaden, um nach den Folgen des gewaltigen Blitzes zu schauen. Von der Seite liefen Delilah und Roz herbei. Gemeinsam drangen wir in den dicksten Qualm vor.

Ich hörte ein Husten. Da hustete eine Frau.

»Camille? Alles in Ordnung?« Delilah wedelte gegen die rußgeschwängerte Luft an. »Camille! «

»Hier! Wir sind hier drüben«, hörte ich eine vertraute Stimme und entspannte mich.

»Ach, zum Teufel«, sagte Smoky und trat zurück. Sobald er wieder zum Drachen geworden war, schlug er langsam, aber kräftig mit den Flügeln und vertrieb den dichten Rauch. Als sich die Luft klärte, entdeckten wir, was Camilles Zauber angerichtet hatte.

Sie saß auf dem Boden und sah völlig erschöpft aus, mit Ruß und Asche und pechschwarzem, klebrigem Zeug bedeckt, das verdächtig nach Dämonen-Innereien aussah. Morio und Vanzir knieten neben ihr, und auch sie waren mit dem Schleim bespritzt. Von dem Dämon selbst war nichts zu sehen - jedenfalls nichts, das groß genug gewesen wäre, um sich deswegen Sorgen zu machen. Faustgroße Klumpen Karsetii lagen überall verstreut, reglos und allem Anschein nach tot. Camille blickte zu mir auf. »Wir haben es geschafft. Wir haben sie getötet. «

»Das Geistsiegel hast du doch noch, oder?«, fragte ich.

Sie schob die Hand in den BH und nickte. »Ja, heil und ganz. «

»Dann sind wir hier wohl fertig. Jetzt müssen wir nur noch zurück und mit Dantes Teufelskerlen den Boden aufwischen. Ach, und dieses Dämonentor zerstören, ehe sie sonst noch etwas beschwören können.« Ich blickte mich um. »Spürt einer von euch noch einen Funken Leben von dem Mutterwesen?«

Vanzir kniete sich hin und hob einen großen, tropfenden Brocken Dämon auf. Ich versuchte, nicht angewidert das Gesicht zu verziehen. Irgendwie fand ich das besonders eklig. Er schnupperte daran und schloss die Augen. Gleich darauf warf er den Klumpen zu Boden und schüttelte sich den Schleim von den Händen.

»Nein. Sie ist tot und ganz und gar verschwunden. «

»Hoffentlich dauert es wieder zweitausend Jahre, ehe sich noch so ein Ding blicken lässt«, sagte ich. »Okay, zurück zu Harolds Haus, wir müssen das für alle Zukunft verhindern. Ihr Nekromant ist zwar tot, aber was wetten wir, dass ihnen irgendetwas einfallen wird, wie sie das Tor offen halten können? «

»Entweder das, oder sie nehmen einen neuen Nekromanten an Bord. Wie verschließt man denn ein Dämonentor?«, fragte Camille, an Morio gewandt.

Er runzelte die Stirn. »Wenn wir selbst einen Nekromanten auf unserer Seite hätten - einen guten -, dann könnte der das problemlos erledigen. Wir können es vielleicht außer Kraft setzen, weil wir mit Todesmagie gearbeitet haben, aber um es endgültig verschwinden zu lassen, brauchen wir jemanden, der ein solches Tor erschaffen könnte. «

»Wie meinst du das? Soll das heißen, die Teufelsbraten könnten das Tor wieder aktivieren, nachdem ihr es ausgeschaltet habt?« Ich verstand ohnehin nicht allzu viel davon, wie Zauber funktionierten, und über Todesmagie wusste ich schon gar nichts.

Morio seufzte. »So kann man das nicht sagen. Wenn ein Zauberer ein Dämonentor erschafft, wirkt er nicht nur einen Zauber. Er reißt in Wahrheit einen Durchgang zu den Unter irdischen Reichen auf. Zumindest sollte es so sein. In unserem Fall hat der Trottel, der für sie gearbeitet hat, versehentlich eine Tür zum Astralraum aufgerissen statt in die U-Reiche. Deshalb hat er auch einen astralen Dämon angezogen. Aber wenn so eine Tür erst mal offen ist, bekommt man sie so leicht nicht wieder zu. Man kann diesen Zauber nicht einfach abschalten. Man muss dazu in der Lage sein, die Tür zuzustoßen und die Risse im ätherischen Gewebe zu flicken. Wir können eine vorübergehende Barriere errichten, aber weder Camille noch ich besitzen die Kraft, ein Tor zu schließen, das von einem ausgebildeten Nekromanten geöffnet wurde. «

»Verdammt. Was machen wir denn jetzt?«, fragte Delilah und klopfte sich ab. Dann streckte sie die Hand aus und half Camille auf die Beine. Smoky und Rozurial standen stirnrunzelnd da, und Vanzir sah einfach nur angefressen aus.

»Ich weiß was.« Ich lächelte. »Das könnte uns einiges an Überredung abverlangen, und vielleicht müssen wir uns auf einen Handel mit ihm einlassen, damit er es macht, aber ich weiß, wen wir fragen können. «

»Wen denn?«, fuhr Smoky auf. »Camille geht jedenfalls keinen Handel mehr ein. «

»Wie den, den sie mit dir geschlossen hat, hm?«, fragte ich spitz und lachte ihm ins Gesicht. Er starrte mich finster an, aber ich schüttelte nur den Kopf. »Geh nicht gleich in die Luft. Ich denke an Wilbur. Ihr wisst schon - Wilbur, dem Martin, der Ghul, gehört. Unser neuer Nachbar. Ich wette mit euch, dass er mächtig genug ist, um unser kleines Problem aus der Welt zu schaffen. «

»Ja, natürlich«, sagte Camille. »Jemand, der einen Ghul auf so hohem Niveau schaffen kann, wie Wilbur seinen Mar tin, muss in der Lage sein, ein Dämonentor zu öffnen - oder zu schließen. «

»Also, was tun wir jetzt?«, fragte Rozurial. »Sollen wir ihn holen, oder ...«

Ich schüttelte den Kopf. »Nein, zuerst müssen wir die Teufelskerle daran hindern, noch irgendetwas da durch zu holen. Dann sagen wir bei Wilbur ganz lieb bitte-bitte, damit er das Ding schließt. Wenn er Geld dafür will, finden wir einen Weg, ihn zu bezahlen. Wenn er ein, zwei Leichen haben will, um Martin ein paar untote Freunde zu machen, beschaffen wir ihm eben ein paar Leichen. Egal, was er verlangt, wir besorgen es irgendwie. «

»Dann ist das wohl der Plan«, sagte Delilah.

Ich nickte. »Ja. Erst machen wir Dantes Teufelskerlen endgültig den Garaus. Und ich würde vorschlagen, dass wir danach ihr Haus dem Erdboden gleichmachen und die Tunnel mit Beton auffüllen.«

Vanzir grinste. »Da weiß ich was Besseres«, versprach er, aber er wollte uns kein Wort mehr darüber verraten, während wir uns bereit machten, die Astralebene zu verlassen und zum Haus der Höllenbrut zurückzukehren.