EINS
Mir ist kalt.
Mir ist sogar arschkalt, um genau zu sein.
Die Wellen peitschen mir hinten an die Schenkel,
und das Wasser, das am Nachmittag noch leuchtend türkis war, hat
sich mittlerweile in eine eiskalte schwarze Brühe verwandelt.
Verzweifelt kralle ich mich am Felsen fest, der mir in die
Fingerkuppen und die Fußsohlen schneidet. Er ist so rutschig wie
ein Eisberg. Aber wenn ich loslasse, plumpse ich ins eisige Wasser,
wo es nur so von Haien wimmelt. Und zwar direkt unter mir. Kein
Scheiß!
Und ich bin absolut wehrlos: Ich trage nichts als
einen ultraknappen weißen Bikini und einen Gurt um den
Oberschenkel, in dem normalerweise der Dolch steckt, den ich mir
nun aber zwischen die Zähne geklemmt habe. Also muss ich ganz
einfach durchhalten, sonst droht mir eine Teilamputation,
mindestens aber höllische Schmerzen - und die sind garantiert noch
abartiger als die Schmerzen, die ich sowieso schon ertragen muss.
Doch ich habe eine Mission zu erfüllen: Ich muss das Päckchen oben
in der Villa abliefern, die über mir auf den Klippen thront …
Sonst kann ich mir wieder die ganze Nacht lang das
Gejammer
und Gekeife von André, dem oberzickigen Artdirector,
anhören.
»Nein, nein, nein«, kreischte André in seinem Boot,
von wo aus er das Fotoshooting überwachte. »Viv, bitte mach noch
ein bisschen Gel an die Stelle da. Nein, auf der anderen Seite,
da drüben.«
Also echt. Ich hätte mich einfach rückwärts ins
Wasser fallen und von den Haien fressen lassen sollen. Und die Haie
hätten mich bestimmt gefressen, ganz gleich was Dom, der Typ, von
dem Stark Enterprises das Boot gemietet hatte, uns erzählte. Der
hatte uns nämlich erklärt, es handle sich lediglich um Ammenhaie,
absolut harmlos, und die Tiere hätten sowieso viel mehr Angst vor
uns als wir vor ihnen. Er betonte immer wieder, dass das grelle
Licht der Leuchten, die Francesco, der Fotograf, aufgebaut hatte,
die Haie zwar anzog, aber dass sie mitnichten hier waren, um mich
als kleinen Mitternachtssnack zu verputzen.
Aber mal ehrlich, woher wollte der das eigentlich
so genau wissen? Die hatten wahrscheinlich noch nie die
Gelegenheit, von einem Supermodel zu naschen. Wetten, die würden
mich total lecker finden?
»Nik?«, rief Brandon Stark mir vom Boot aus zu.
»Wie geht’s dir?«
Als ob ihn das echt interessieren würde. Na ja,
okay, wahrscheinlich interessierte es ihn sogar tatsächlich.
Aber letzten Endes war er ja doch nur aus einem
einzigen Grund hier: nämlich um auf Kosten des Unternehmens einen
Tag lang die Insel Saint John auf einem Jetski zu umrunden. Er tat
einzig und allein aus dem Grund so besorgt, weil man es von ihm
erwartete.
Oder aber weil er hoffte, mir so später leichter an
die Wäsche gehen zu dürfen. Als hätte der Trick bei mir jemals
funktioniert.
Na ja, in letzter Zeit jedenfalls nicht.
»Och, mir geht’s prima«, rief ich zurück. Nur
leider konnte man mich rein gar nicht verstehen, weil ich ja immer
noch den Dolch zwischen den Zähnen hatte. Und den konnte ich
unmöglich rausnehmen, denn ich musste mich ja schließlich mit
beiden Händen an der Felswand festklammern, damit ich nicht als
Haisnack endete. In meinen Mundwinkeln sammelte sich allmählich
Spucke an. Na toll.
»Wir brauchen nur noch ein paar Schüsse, Nikki«,
rief André. »Du machst das wirklich großartig.« Irgendjemand sagte
was, dann fügte er noch hinzu: »Kannst du bitte mit dem Zittern
aufhören?«
»Ich zittere nicht«, klärte ich ihn empört auf.
»Ich bibbere. Und zwar vor Kälte.«
»Was hat sie gesagt?«, erkundigte André sich bei
Brandon. Kein Mensch konnte verstehen, was ich da von mir gab,
wegen diesem blöden Dolch.
»Woher soll ich das wissen?«, meinte Brandon
achselzuckend zu André. »Nikki«, rief er mir nun entgegen. »Was
hast du gesagt?«
»Ich sagte, mir ist kalt«, rief ich. Die Wellen
wurden nun heftiger. Mein Bikini-Höschen war schon klatschnass und
mein Hintern taub. Na toll. Ich konnte meinen Hintern nicht mehr
spüren.
Warum machte ich das alles hier gleich noch mal
mit? War es für ein Parfüm der Marke Stark? Oder für ein neues
Mobiltelefon? Ich konnte mich beim besten Willen nicht mehr
entsinnen.
Und Lulu hatte noch gemeint, was für ein Glück ich
doch hätte, dass ich im Dezember auf die Jungferninseln fahren
dürfte, wo doch der Rest der New Yorker - und ich zitiere wörtlich
- »sich zu Hause den Arsch abfriert«.
Wenn die nur wüsste. Denn ich fror mir hier
den Arsch ab. Und zwar buchstäblich.
»Ich hab keinen Schimmer, was sie gesagt hat«,
hörte ich Brandon zu André sagen.
»Egal, schieß einfach deine Fotos, Francesco«,
instruierte André den Fotografen. »Nikki, wir machen weiter mit dem
Shooting!«
Ich hatte keine Ahnung, was da abging, denn das
Boot befand sich genau hinter mir. Doch dann nahm ich die
Blitzlichter wahr. Ich spannte meinen Nacken an, blickte mit
seitlich gedrehtem Kopf die Klippe hoch und versuchte, diese
Position zu halten. Ich vermied es tunlichst, daran zu denken, dass
ich einen viel zu knappen weißen Bikini anhatte. Stattdessen
stellte ich mir vor, ich würde eine Kampfausrüstung tragen. Ich war
längst nicht mehr ich selbst, Em Watts, sondern hatte mich in die
Walküre Lenneth verwandelt. Ich rekrutierte die Seelen gefallener
Krieger, um sie gen Walhalla zu führen. Ich konnte das schaffen!
Ich konnte alles schaffen!
Bloß dass das da oben auf den Klippen nicht
Walhalla war, sondern eine lausige Straße, die ausschließlich von
Touristen benutzt wurde auf ihrem Weg zum Flughafen. Dort wuchs nur
ein wenig struppiges Unkraut am Rand.
Aber ich trug natürlich keine Kampfausrüstung, na
klar: Wie sinnig ist es wohl, wenn eine ausgebildete
Auftragskillerin - und eine solche sollte ich ja offensichtlich
darstellen - barfuß eine Klippe hochklettert, nur mit einem Bikini
bekleidet und ohne eine Tasche, in die sie ihr Handy stecken kann?
Außer natürlich sie benutzt dazu ihren Dolchhalter. Vielleicht
hatte ich mir deshalb das Messer zwischen die Zähne geklemmt statt
in den Dolchhalter.
Klar ist mir längst aufgefallen, dass die Designer
von Computer-Rollenspielen - oder zumindest die Artdirectors - ihre
Charaktere und Models nie wirklich mit passender Kleidung
ausstatten.
Wenn man mich fragt, hätte man das Ganze auch
anders angehen können: wenn man mich nämlich in einem kuschelig
warmen Studio in New York fotografiert und den Hintergrund mit der
Klippe und den Wellen und dem Mondlicht nachträglich am Computer in
die Fotos reinretuschiert hätte.
Doch Francesco wollte, dass seine Aufnahmen
möglichst realistisch wirkten. Aus dem Grund hatte Stark ihn ja
auch engagiert. Denn für Stark Enterprises war nur das Beste gut
genug.
Tja, also die Haie, die sich unter mir tummelten
und nur darauf lauerten, dass ich endlich von dieser blöden
Steilklippe runterplumpste und sie mich auffressen konnten, waren
echt ziemlich realistisch!
»Du machst das ganz großartig, Nikki, wirklich«,
rief Francesco und schoss ein Foto nach dem anderen. »Die grimmige
Entschlossenheit steht dir förmlich ins Gesicht geschrieben
…«
In dem Moment schwor ich mir, dass ich, sobald ich
von dieser bescheuerten Klippe runter war, Francesco das Messer in
eine seiner Augenhöhlen rammen würde.
Blöd nur, dass die Klinge aus Plastik war.
Trotzdem möchte ich wetten, dass es gerade noch
gereicht hätte, um ihm ein bisschen damit wehzutun.
»… die pure Verzweiflung eines Mädchens, das durch
die Umstände völlig auf sich selbst gestellt ist«, laberte
Francesco weiter, »und nun um das nackte Überleben kämpft in einer
Welt, in der alles und jeder sich gegen sie verschworen zu haben
scheint …«
Das Witzige an der Sache war, dass Francesco im
Grunde soeben mein ganz normales, tagtägliches Dasein beschrieben
hatte.
»Ich finde, dass sie eigentlich eher glücklich
aussehen sollte«, meinte André gerade und klang dabei ein klein
wenig besorgt. »Denn sie weiß doch, dass sie ein Deo der Marke
Stark trägt, und das verleiht dem Mädchen das nötige
Selbstvertrauen, um ihren Job gut zu machen.«
Aha. Werbung für ein Deo also.
»Glücklich, Nikki«, rief André. »Schau doch bitte
glücklich! Wir befinden uns hier auf einer traumhaften Insel! Du
solltest totalen Spaß haben!«
Und damit hatte André absolut recht. Ich sollte
hier tatsächlich meinen Spaß haben. Hatte ich denn
irgendeinen Grund, nicht glücklich zu sein? Ich hatte alles, was
ein Mädchen in meinem Alter sich nur wünschte: Ich hatte eine
Wahnsinnskarriere als »das Gesicht« von Stark Enterprises hingelegt
und dafür wurde ich mehr als nur gut bezahlt. Ich besaß mein
eigenes Zwei-Zimmer-Loft in einem historischen Gebäude mitten in
Manhattan, das ich mit dem absolut bezauberndsten Hündchen und
einem echt witzigen It-Girl teilte, das mich für gewöhnlich zu den
heißesten Partys der Stadt schleifte. (Was ihren Witz betraf, so
war ich mir allerdings nicht sicher, ob der immer so geplant oder
manchmal auch unfreiwillig war.)
Und ich war reich. Meine Kleiderschränke quollen
über mit Designerklamotten, ich hatte luxuriöse Laken der Edelmarke
Frette auf meinem Kingsize-Bett, ein Badezimmer mit
Whirlpool-Badewanne, eine Küche mit schwarzen Granitoberflächen,
die eines Gourmet-Koches würdig und ausschließlich mit
Gerätschaften von Sub-Zero ausgestattet war, und eine
Vollzeit-Haushälterin-Schrägstrich-Masseuse, die es noch dazu
draufhatte, einem (fast) schmerzfrei die Bikinizone zu wachsen, wie
ich erst kürzlich herausgefunden hatte.
Ich war sogar relativ gut in der Schule (trotz der
langen
Nächte und dem oft so rüden Erwachen früh am Morgen, was ich
beides meiner Mitbewohnerin, dem erwähnten It-Girl, zu verdanken
habe).
Na gut, zugegeben, mein Einserdurchschnitt war so
ziemlich dahin, weil mich mein Arbeitgeber ständig aus dem
Unterricht rausriss, um mich auf irgendeine tropische Insel zu
schicken, wo ich mit meinem Hintern ein paar Haien vor der Nase
rumwedeln musste, nur um dann im Halbdunkeln Fotos von mir machen
zu lassen.
Doch wenn ich ab jetzt jede freie Minute mit Lernen
verbrachte, würde ich die elfte Klasse vielleicht gerade noch so
schaffen. Gar nicht mal so schlecht für ein Mädchen, das im
vergangenen Schulhalbjahr einen Monat im Koma gelegen hatte,
oder?
Warum also war ich bloß so verdammt
deprimiert?
»Mach gefälligst, dass sie glücklich aussieht«,
hörte ich André vorwurfsvoll zu Brandon sagen, der sich Andrés
Willen sofort fügte und mir zurief: »Hey, Nik! Wir machen das jetzt
so wie letztes Jahr, als wir zusammen in Mustique waren, erinnerst
du dich? Das war dieses Shooting für die Britische Vogue, da
hatten wir so eine private Hütte! Und wir haben die ganze Zeit
diesen Goldschläger-Schnaps getrunken! Und dann sind wir nackt
baden gegangen! Gott, hatten wir einen Spaß …«
In diesem Moment erinnerte auch ich mich, aber an
etwas anderes: nämlich warum ich so deprimiert war.
Und das war gleichzeitig der Moment, in dem ich die
Klippe losließ.
Es war einfach so, dass es mir ganz plötzlich
erträglicher erschien, von Haien aufgefressen zu werden, als mir
den Rest von Brandons Story anzuhören.
Denn ich hatte mir in letzter Zeit schon einige
ganz ähnliche
Geschichten anhören müssen - und das nicht nur von Brandon,
sondern von den verschiedensten Typen in Manhattan. Inzwischen
konnte ich mir schon recht gut vorstellen, wie die Story zu Ende
gehen würde. Für eine Siebzehnjährige - eine, die noch dazu
angeblich mit dem Sohn ihres Bosses zusammen war - hatte Nikki
Howard nämlich echt schon eine ganze Menge Lover gehabt.
Vom Boot her hörte ich entsetzte Schreie. Doch ich
machte mir deswegen keine großen Gedanken.
Rückwärts plumpste ich ins Wasser. Es war sogar
noch eisiger, als ich es mir vorgestellt hatte: Mir verschlug es
komplett den Atem, und der Kälteschock traf mich dermaßen heftig,
dass ich kurz schon dachte, ein Hai hätte mich zerlegt. Aus einer
Dokumentation, die ich mir mal zusammen mit Christopher angeschaut
hatte, wusste ich, dass die Zähne von Haien derartig scharf sind,
dass ihre Opfer das allererste Zubeißen gar nicht registrieren. Oft
sind sie sich überhaupt nicht im Klaren darüber, dass sie verletzt
sind… Meist merken sie es erst, wenn sie von ihrem eigenen warmen
Blut umspült werden.
Doch die klirrende Kälte war nicht das Einzige, was
ich bemerkte, als ich auf dem Wasser aufschlug. Zusätzlich tauchte
ich in tiefe Dunkelheit. Zumindest war das anfangs so - bis meine
Augen sich an das düstere Wasser gewöhnt hatten und ich erkennen
konnte, dass der Ozean um mich herum von den Lichtern des Bootes
erhellt wurde. Erst jetzt wurde mir klar, dass ich nicht
entzweigebissen worden war. Denn ich konnte keine Schlieren von
Blut um mich herum entdecken. Da waren nur so dunkle Kleckse, die
ich schließlich als die Ammenhaie erkannte, die verzweifelt vor mir
davonschwammen, als ginge es um ihr Leben. Dom hatte wohl doch
recht gehabt: Sie hatten wirklich mehr Angst vor uns als wir
vor
ihnen. Da nahm ich plötzlich auch mein eigenes Haar wahr, das sich
wie goldener Seetang wogend um mich herum ausbreitete. Erst vor
einer Dreiviertelstunde hatte man mich ganz vorsichtig, damit mein
Haar - und der Bikini - ja nicht nass wurden, in einem Schlauchboot
zu der Klippe rübergerudert.
Und nun hatte ich alles ruiniert. Vanessa, die
Stylistin, hatte fast eine Stunde lang geschuftet, bis meine
blonden Locken endlich perfekt saßen, und sie würde ziemlich sauer
sein, wenn ich klitschnass wie eine Meerjungfrau wieder
auftauchte.
Wenn ich denn jemals wieder
auftauchte.
Es war nämlich so, dass … na ja, um ehrlich zu
sein, da unten gefiel es mir irgendwie. Klar war es kalt. Aber auch
friedlich. Und still. Meerjungfrauen wussten schon, was gut war.
Was hatte sich Ariel nur dabei gedacht, dass sie unbedingt an Land
leben wollte?
Das alles war absolut unglaublich, und für ein paar
Sekunden vergaß ich total, wie kalt mir war und wie deprimiert ich
mich fühlte und dass ich meinen Hintern nicht mehr spüren konnte.
Ach ja, und dass ich nicht mehr atmen konnte und womöglich gerade
kurz davor war, zu ertrinken.
Aber andererseits, wofür lohnte es sich für mich
eigentlich noch zu leben? Klar, es war schon irgendwo toll, dass
mir jederzeit der Privatjet von Stark Enterprises zur Verfügung
stand, dass ich nicht selbst Geschirr spülen musste und dass ich so
viel Lipgloss umsonst bekam, wie ich wollte.
Aber eigentlich hatte ich mir nie wirklich was aus
Lipgloss gemacht.
Das Problem war, dass ich für einen Konzern
arbeiten musste, den ich voll und ganz dafür verantwortlich machte,
dass Amerika sich so langsam zu einem einzigen endlosen
Einkaufszentrum ohne jegliches Flair verwandelte.
Und der Junge, auf den ich total stand, wusste noch
nicht einmal, dass ich am Leben war. Und zwar im wahrsten Sinne des
Wortes.
Und wenn ich ihm erzählen würde, dass ich gar nicht
tot war, dann würden die Leute von Stark Enterprises, die mir,
davon war ich überzeugt, nachspionierten, meine Eltern ins
Gefängnis werfen lassen.
Ach ja, und noch eins: Man hatte mein Gehirn aus
meinem eigenen Körper entfernt und in den von jemand anderem
verpflanzt.
Warum also sollte ich weiterleben wollen? Mal ganz
ehrlich?
Am liebsten wäre ich also einfach dort unten
geblieben. Da war es weit weniger stressig als im wirklichen Leben,
und zwar in vielerlei Hinsicht. Und das ist kein bisschen
übertrieben, ich schwör’s.
Als Nächstes allerdings tat es einen monstermäßigen
Platscher neben mir. Und auf einmal kam Brandon in voller Montur
auf mich zugeschwommen und zog mich zur Oberfläche hinauf, wo er
mich - schnaubend und prustend - schließlich in Richtung Boot
zerrte.
Ein bisschen angesäuert war ich ja schon. Außerdem
zitterte ich völlig unkontrolliert.
Okay, na gut, vielleicht hätte ich nicht wirklich
am Meeresgrund bleiben wollen.
Aber man hätte mich auch nicht gleich retten
müssen. Ich hatte ja gar nicht wirklich vorgehabt, dort unten zu
bleiben, bis meine Lungen sich füllten und ich am brackigen
Meerwasser erstickt wäre.
Zumindest glaube ich das.
Während Brandon mich zum Boot zurückschleppte, sah
ich an seiner strammen Armmuskulatur vorbei die Assistentin
meines Agenten im Bug stehen und besorgt nach mir Ausschau
halten.
»Oh mein Gott, Nikki, geht es dir gut?«, heulte
Shauna völlig aufgelöst. Cosabella, die sie dabei krampfhaft im Arm
hielt, bellte hysterisch. Cosabella. Ich hatte Cosabella total
vergessen. Wie hatte ich nur so egoistisch sein können? Wer hätte
sich denn um Cosabella gekümmert? Lulu kann man solch eine
Verantwortung nicht zumuten. Die meiste Zeit vergisst sie ja,
selbst was zu essen (ausgenommen Mojitos und Popcorn). Die würde
doch niemals dran denken, einem armen kleinen Hund was zu fressen
zu geben.
Shaunas Frage war durchaus berechtigt. Ging
es mir denn gut? Diese Frage stellte ich mir selbst nun schon seit
einiger Zeit wieder und wieder.
Manchmal fragte ich mich sogar, ob es mir wohl
jemals wieder gut gehen würde.
»Nikki«, hörte ich Francesco vom Boot aus
kreischen. »Gott sei Dank. Ist aber alles in Ordnung. Ich hab das
im Kasten.«
Na toll. Kein: Nikki, Gott sei Dank, du
bist in Ordnung. Sondern: Nikki, Gott sei Dank, alles
in Ordnung; ich hab das im Kasten.
Wäre auch noch schöner gewesen, wenn es nicht so
wäre.
Denn Stark Enterprises hätte ansonsten keinen von
uns nach Hause zurückkehren lassen.
Nicht bevor wir das im Kasten hatten.