S I E B E N
Ich fliege durch die Luft, Hals über Kopf, und schließlich fühle ich, wie ich im Schnee lande. Es fühlt sich an, als würde er meine Rippen zerbrechen und alle Kraft aus mir herausschlagen. Ich erlebe den Sturz wieder und wieder. Ich werde hin- und hergerollt, kann nicht anhalten, werde in jede Richtung gestoßen und verletzt. Der Helm sitzt immer noch sicher auf meinem Kopf, und dafür bin ich dankbar, als ich fühle, wie mein Kopf auf Felsgestein in der Erde aufprallt. Hinter mir höre ich immer noch das laute Krachen von Metall.
Ich liege dort, gefroren, frage mich, was ich getan habe. Einen Moment lang bin ich unfähig, mich zu bewegen. Aber dann denke ich an Bree und zwinge mich. Allmählich bewege ich mein Bein, dann hebe ich einen Arm, versuche es. Dabei spüre ich in meiner rechten Seite, in den Rippen, einen entsetzlichen Schmerz, der reicht, um mir den Atem zu rauben. Ich habe mir eine gebrochen. Unter höchsten Anstrengungen schaffe ich es, mich auf die Seite zu drehen. Ich hebe mein Visier, sehe hinüber und mache mir ein Bild.
Ich habe das erste Auto mit solcher Kraft getroffen, dass ich es auf die Seite gestoßen habe. Dort liegt es, die Reifen drehen sich noch. Das andere Fahrzeug ist von der Straße abgekommen, aber es steht noch, in einem Graben auf der anderen Seite der Straße, etwa fünfzig Meter vor uns. Ben ist noch immer in den Beiwagen; ich kann nicht sagen, ob er tot oder lebendig ist. Ich scheine die Erste zu sein, die zu Bewusstsein gekommen ist. Niemand anderes zeigt ein Lebenszeichen.
Ich verschwende keine Zeit. Ich fühle mehr Schmerzen als je zuvor – als wäre ich gerade von einem Laster überrollt worden – aber wieder denke ich an Bree, und irgendwie bringe ich die Energie auf, mich zu bewegen. Jetzt bin ich im Vorteil, weil alle anderen sich erst wieder aufrappeln müssen.
Mit dem pochenden Schmerz in meinen Rippen humpele ich zu dem Auto herüber, das auf der Seite liegt. Ich bete, dass Bree da drin ist, dass sie unverletzt ist und dass ich sie aus dem Fenster ziehen kann. Ich greife nach unten, nach der Waffe, während ich mich annähere, vorsichtig halte ich sie vor mich.
Ich sehe hinein und sehe, dass beide Sklaventreiber leblos in ihren Sitzen liegen, voller Blut. Die Augen des einen geöffnet, er ist ganz offensichtlich tot. Auch der andere scheint tot zu sein. Schnell sehe ich auf den Rücksitzen nach, in der Hoffnung, Bree zu sehen.
Aber sie ist nicht dort. Stattdessen finde ich dort zwei andere Jugendliche – einen Jungen und ein Mädchen. Dort sitzen sie, starr vor Angst. Ich kann es nicht glauben. Ich habe das falsche Auto erwischt.
Sofort sehe ich zu dem anderen Auto am Horizont hinüber, dem im Graben, und während ich noch schaue, startet es plötzlich und seine Räder drehen sich. Das Auto versucht, aus dem Graben herauszukommen. Ich will hinrennen, um zu ihm zu gelangen, bevor es das schafft. Mein Herz klopft in meinem Hals, weil ich weiß, dass Bree dort ist, kaum noch fünfzig Meter entfernt.
Gerade, als ich losrennen will, höre ich aber plötzlich eine Stimme.
„HILF MIR!“
Ich schaue hinüber und sehe Ben, der im Beiwagen sitzt und versucht, herauszukommen. Flammen züngeln um das Motorrad, hinter dem Tank. Mein Motorrad brennt. Und Ben hängt fest. Ich stehe dort, hin- und hergerissen zwischen Ben und dem Auto, in meine Schwester ist. Ich muss gehen und sie retten. Aber zugleich kann ich ihn nicht sterben lassen. Nicht so.
Wütend renne ich zu ihm. Ich greife nach ihm, fühle die Hitze aus den Flammen hinter ihm, und ziehe an ihm, versuche, ihn herauszubekommen. Aber das Metall des Beiwagens hat sich so verbogen, dass seine Beine in der Falle sind. Er versucht auch, zu helfen, aber während ich ziehe, wieder und wieder, züngeln die Flammen immer höher. Ich schwitze und stöhne, aber ich ziehe mit all meiner Kraft. Schließlich ist er draußen.
Und genau in dem Moment explodiert das Motorrad.