Abb. 19. Lazarett im Kastell Housesteads: Gute medizinische Betreuung der Soldaten war ein wichtiger Teil ihrer Versorgung, denn Krankheiten und Unfälle führten häufiger zum Tod als die gelegentlichen Scharmützel oder Schlachten.

Wie die Passage aus Vegetius’ Werk belegt, waren die ersten Vorbeugungsmaßnahmen gegen Krankheiten gute Ernährung, Körpertraining, Hygiene und sanitäre Anlagen. Die militärische Kost war einfach, doch so gesund, wie es die vorhandenen Mittel erlaubten. Die Ernährung der Soldaten war abwechslungsreicher und nahrhafter als die allgemein übliche: Eine Menge Kalorien enthielten die täglichen 880 Gramm ungemahlener Weizen, die durch 620 Gramm Gemüse sowie Hülsenfrüchte, Obst, Käse und Fisch ergänzt wurden. Getreide war gesund und ließ sich leicht über lange Zeit lagern. Das bevorzugte Getreide war Weizen, obwohl zur Not – und zur Strafe – auch Gerste verwendet werden konnte. Das Korn wurde gemahlen und aus dem Mehl wurde Suppe gekocht, oder es wurden, sofern man im Lager war, Brotlaibe gebacken und auf den Feldzügen kleine Brötchen. Fleisch stand zwar nie im Zentrum des römischen Speisezettels, doch zeigen archäologische Funde in den Lagern, dass es gar nicht so selten verzehrt wurde, wahrscheinlich als Teil opulenterer Kost. Besonders wenn an Festen und Feiertagen Opfer stattfanden, gehörte Fleisch zu den Mahlzeiten. Belegt ist auch, dass Haustiere getötet und verzehrt wurden, Fisch und Meeresfrüchte gefangen wurden und Wild gejagt wurde. Hinzu kamen Gemüse und Hülsenfrüchte, wenn vorhanden. Dem Essen wurde Salz beigegeben. Und natürlich floss Wein.

Wie andere Römer aus dem Volk trafen sich auch Legionärssoldaten gern zum geselligen Beisammensein. Die organisatorische Einheit, die Hundertschaft, bildete eine geschlossene Gemeinschaft, sowohl auf der untersten Ebene der Acht-Mann-Einheiten in der Baracke als auch in der größeren Gruppe der Hundertschaft selbst. In Armeen, die mit einiger Regelmäßigkeit in Bewegung waren oder nur vorübergehend Quartier bezogen, brachte es schon die ständige Veränderung mit sich, dass größere soziale Netzwerke langsamer entstanden. Doch mit dem späteren 1. Jahrhundert, der Zeit der flavischen Herrscher, wurde die Armee zunehmend sesshaft. Mehr und mehr Legionen waren in festen Heerlagern stationiert. Auf diesem Hintergrund entstanden unter Soldaten und Offizieren spontan Vereine der unterschiedlichsten Art. Das überrascht nicht, denn schon bei der Beschreibung des Soziallebens der mittelständischen Zivilgesellschaft (vgl. Kap. 1) hat sich gezeigt, dass man sich mit anderen gern unter gleichem Vorzeichen, sei es religiöser, geographischer oder geschäftlicher Art, zu Vereinen zusammenfand. Die Militärbehörden standen diesen Vereinen ambivalent gegenüber, wie die zivilen Behörden den organisierten städtischen Gruppen. Es bestand immer der Verdacht, dass bei den Treffen Bedenkliches, ja Ruchloses vor sich ging oder ausgebrütet wurde. Marcian, ein Rechtsexperte des frühen 3. Jahrhunderts n. Chr., hält fest, dass einfache Soldaten sich nicht in Vereinen zusammenschließen durften:

 

Es ist durch kaiserliche Mandate den Provinzialpräsidenten aufgegeben, keine Genossenschaften und Vereine zu dulden, noch dass die Soldaten in den Lagern Genossenschaften bilden … (Digesten 47,22,1 pr.)

 

Gestützt auf den gewohnheitsmäßigen Verdacht der Behörden gegenüber organisierten Gruppen darf man schließen, dass Marcian hier ein seit langem bestehendes Verbot und keine jüngere Initiative wiedergibt. Vermutlich weist die Bekräftigung des Verbots darauf hin, dass die Vereine trotz des Dekrets in der Mannschaft schon weit verbreitet waren. Die naheliegendste Folgerung daraus wäre, dass die allmähliche Entstehung von Soldatenvereinen mit der zunehmenden Sesshaftigkeit der Armee nach den Flaviern einherging, dass sie den kommandierenden Offizieren zwar missfiel, sich aber nicht verhindern ließ, ungeachtet wiederholter Versuche, sie einzuschränken, wie in dem zitierten Vermerk aus den Digesten festgehalten wird.

Der »Verein« der einfachen Soldaten war in gewissem Sinn die Armee selbst. Ein Ort der Muße und Entspannung jenseits der Baracken waren die Bäder. Jedes Legionärslager hatte seine Bäder, manchmal im Lager selbst, meist direkt außerhalb. Das Baden brachte nicht nur hygienischen Nutzen (der wahrscheinlich durch ungesundes Wasser beeinträchtigt war), es erfüllte wie die Bäder im gesellschaftlichen Leben der Zivilbevölkerung auch eine soziale Funktion. Einfache Soldaten konnten hier mit Freunden plaudern oder einfach herumhängen. Die Bäder waren ein wichtiger Treffpunkt zur Erholung von der Lagerroutine, und die Soldaten genossen die Zeit, die sie dort verbringen konnten.

Die Soldaten waren in zweierlei Form sozial abgesichert. In erster Linie wurden ihnen vom Sold sowie von besonderen Schenkungen Zwangsersparnisse abgezogen, die ihnen bei der Entlassung zur Verfügung gestellt wurden, im Fall des Todes im Feld dem Vater oder Erben. Zusätzlich hatten Soldaten eine Summe in unbekannter Höhe an einen privaten Bestattungsfonds zu leisten, der von der Legion verwaltet wurde (Vegetius 2,20).

Neben den Ressourcen des Lagers und den Vereinen standen den Soldaten auch die Siedlungen offen, die in der Nähe jedes Forts und Lagers einer Legion entstanden. Diese canabae hatten zahlreiche wichtige Funktionen, aber im nicht eben abwechslungsreichen Soldatenalltag waren die Hauptanziehungspunkte die – oft miteinander verbundenen – Kneipen und Bordelle. Auch nahm sich hier der Soldat, dem die Heirat verboten war, eine Frau als »Ehefrau« oder auch nur als »Hausgehilfin« (focaria), hatte seine Familie und vielleicht sogar einen oder auch zwei Sklaven, ein Thema, das im Weiteren ausführlicher behandelt wird. Wie regelmäßig die Kontakte stattfinden konnten, ist unklar. Vermutlich war den Soldaten erlaubt, an den recht häufigen Festtagen das Lager zu verlassen; regelmäßig dienstfrei gab es hingegen nicht und fraglos keine formelle Erlaubnis, außerhalb des Stützpunktes zu leben. Doch wie immer es bewerkstelligt wurde – die Ausdehnung der canabae zeigt, dass sie oft aufgesucht wurden. Diese Besuche waren für den Soldaten, unabhängig davon, ob er eine »Familie« hatte, eine wichtige Dimension seines Lebens und erleichterten damit, was man sich als sehr isoliertes Lagerdasein vorstellt.

Die Routine wurde auch dann unterbrochen, wenn ein Detachement ausrückte, um in einer Provinzstadt oder ländlichen Region polizeiliche Aufgaben zu übernehmen, um Vorräte für das Lager einzukaufen oder auf andere Art zu erwerben sowie für besondere Aufgaben, etwa als Geleitschutz eines Würdenträgers durch gefährliche Gegenden. Solche Dienste waren begehrt, denn sie boten Abwechslung und manche Gelegenheit, mit der Zivilbevölkerung in Kontakt zu kommen und sie auszubeuten.

Weitere Aspekte des Soldatenlebens

Einmal in der Armee, hatte der Soldat die Möglichkeit, sich Fachkenntnisse anzueignen, denn der Fluch aller Armeen ist der Müßiggang. Die römische Armee war keine Ausnahme und hielt ihre Soldaten beschäftigt. Lucius Marius Vitalis trat mit siebzehn den Prätorianergarden bei; er konnte bereits lesen und schreiben, doch war seine Absicht, einen Beruf zu lernen:

 

Ich, Lucius Marius Vitalis, Sohn des Lucius, lebte siebzehn Jahre, fünfundfünfzig Tage. Ich lernte gut und überzeugte meine Eltern, dass ich einen Beruf erlernen wollte. Ich hatte Rom in der Prätorianergarde des Kaisers Hadrian verlassen, als mich, während ich hart arbeitete, die Schicksalsgötter beneideten, mich ergriffen und von meiner neuen Tätigkeit an diesen Ort brachten. Maria Marchis, meine Mutter, errichtete dieses Grabmal ihrem wunderbaren, glücklosen Sohn. (CIL VI 8991 = ILS 7741, Rom)

 

Die Armee war auch darum attraktiv, weil ein junger Soldat nach dem Erwerb neuer Fachkenntnisse darauf hoffen konnte, einen höheren Dienstgrad und damit höhere Verantwortung und höheren Sold zu erlangen und von der ermüdenden täglichen Routine entbunden zu werden. Es gibt zahlreiche Inschriften, auf denen Karrieren aufgezeichnet sind, zum Teil kurz, zum Teil ausführlich, mit der Aufzählung vieler Beförderungen und Versetzungen kreuz und quer durch das Kaiserreich. Einige der frisch Rekrutierten wurden sofort einem höheren Dienstgrad und dem Zenturiat zugeteilt; in anderen Fällen erreichten einfache Soldaten solche Ränge im Verlauf ihres militärischen Werdegangs. Manchmal allerdings kam der Tod der begehrten Beförderung zuvor:

 

… ein Adjutant der Hundertschaft des Lucilius Ingenuus, der die Beförderung zum Centurio erwartete, starb bei einem Schiffbruch und liegt hier begraben. (ILS 2441, Chester, England)

 

Eine Beförderung hing nicht nur von der Leistung ab. Der Soldat musste für zweierlei sorgen: Empfehlungsbriefe und Bestechungsgeld. Bestechung war an der Tagesordnung, wie ein Brief von Claudius Terentianus zeigt:

 

Ich bitte dich, Vater, mir sofort über deine Gesundheit zu schreiben, dass es dir gutgeht. Ich bin besorgt über die Umstände zuhause, wenn du mir nicht schreibst. So Gott will, hoffe ich sparsam zu leben und in eine Kohorte versetzt zu werden. Doch hier geht nichts ohne Geld, und Empfehlungsbriefe nützen nichts, wenn man sich nicht selbst hilft. (P. Mich. VIII 468 = Campbell, Nr. 43)

 

Trotz der Hürden und Risiken trug die Beförderung also wesentlich zur Anziehungskraft des militärischen Lebens bei.

Der Soldat gewann aber auch ein erhöhtes Ansehen in den Augen der zivilen Bevölkerung, das ihn gegenüber Männern auszeichnete, die nicht der Armee beitraten. Das bezeugt Artemidor, wenn er sagt, dass der Traum, Soldat zu sein, für den Träumenden »Ehren« bedeutet (Traumbuch 2,31). Es schlug sich auch in der Gesetzgebung nieder, denn Soldaten waren von den zunehmend beschwerlichen kommunalen Verpflichtungen befreit, die den Zivilisten im Lauf der Kaiserzeit aufgebürdet wurden. Mehr noch beruhte ihr Ansehen darauf, dass sie vor Ort die kaiserliche Macht repräsentierten und als Einzige professionell mit Waffen bester Qualität ausgerüstet und in ihrem Gebrauch geübt waren. Das Zeichen ihres Ranges war der Schwertgürtel; Uniform und Ausrüstung eines Soldaten waren der Ausweis seines besonderen Status und seiner Funktion (Abb. 20 – 23).

Die privilegierte Machtposition, die dem Legionär Achtung oder gar Neid einbrachte, konnte auch Feindseligkeit auslösen. Mochten die Zivilisten ihn hassen, solange sie ihn nur fürchteten; das Resultat blieb am Ende dasselbe. Sowohl die Elite als auch gewöhnliche Römer sprechen in ihren literarischen Schriften wiederholt vom anmaßenden Auftreten der Soldaten und von den Reaktionen zwischen Angst und Abwehr, die es in der Bevölkerung hervorrief. Viele Soldaten dürften die Macht, nach Lust und Laune einzuschüchtern, zu erpressen und ganz allgemein Terror auszuüben, genossen haben. Das Urteil des Kaisers Alexander Severus, wie in der Historia Augusta überliefert, war vielleicht allzu optimistisch:

 

Man braucht sich vor dem Soldaten nicht zu fürchten, wenn er mit Kleidung, Waffen und Schuhzeug versehen ist und einen vollen Magen und keinen leeren Beutel hat. (Historia Augusta, Alexander Severus 52,3)

 

Der Jurist Ulpian zum Beispiel nimmt an, dass Soldaten die zivile Bevölkerung gewohnheitsmäßig bestehlen. Unzulässige Requisitionen waren gang und gäbe. Die jämmerlichen Versuche, ihnen Einhalt zu gebieten, waren gut gemeint, doch wirkungslos. Hier ein Beispiel aus Ägypten:

 

Marcus Petronius Mamertinus, Statthalter von Ägypten, erklärt: Ich bin informiert worden, dass viele Soldaten bei ihren Reisen durchs Land ohne Bescheinigung Boote, Tiere und Personen über das angebrachte Maß hinaus requirieren, sie manchmal mit Gewalt in Besitz nehmen, sie andere Male durch Anwendung von Gefälligkeit oder Ehrerbietung vom Kommandanten erhalten. Dadurch sind Privatpersonen der Arroganz und dem Missbrauch ausgesetzt, und die Armee ist auf Besitzgier und Ungerechtigkeit überprüft worden. Ich befehle darum dem Kommandanten und den königlichen Sekretären, absolut niemandem ohne Bescheinigung irgendwelche Reiseerleichterungen zu ermöglichen, ob er zu Wasser reist oder zu Land, wobei gilt, dass ich jeden hart bestrafen werde, der nach diesem Erlass dabei ertappt wird, dass er eines der oben erwähnten Dinge gibt oder nimmt … (PSI 446 = Campbell, Nr. 293)