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Zweiter Monat der Überschwemmung – 20. Tag

 

Renisenb blickte über den Nil.

Aus der Ferne vernahm sie die lauten Stimmen ihrer Brüder Yahmose und Sobek, die sich darüber stritten, ob die Dämme an einer bestimmten Stelle verstärkt werden müssten. Sobeks Stimme klang hoch und zuversichtlich wie immer. Yahmoses Stimme, tief und murrend, drückte Zweifel und Besorgnis aus. Yahmose sorgte sich stets um irgendetwas. Er war der älteste Sohn, und während der Abwesenheit des Vaters lag die Leitung des Besitzes mehr oder weniger in seinen Händen. Yahmose war langsam, bedächtig und neigte dazu, Schwierigkeiten zu sehen, wo gar keine bestanden. Er war ein vierschrötiger Mann, der sich schwerfällig bewegte und der nichts von Sobeks Fröhlichkeit und Vertrauensseligkeit besaß.

Seit ihrer frühesten Kindheit kannte Renisenb die Streitereien zwischen den beiden älteren Brüdern, die sich stets im gleichen Tonfall abspielten. Das vermittelte ihr plötzlich ein Gefühl der Sicherheit. Sie war daheim. Ja, sie war heimgekehrt…

Doch als sie abermals über den schimmernden Fluss blickte, erhoben sich erneut Schmerz und Aufruhr in ihr. Khay, ihr junger Gatte, war tot… Khay mit dem lachenden Gesicht und den starken Schultern. Khay befand sich bei Osiris im Reich der Toten… und sie, Renisenb, sein zärtlich geliebtes Weib, war einsam zurückgeblieben. Acht Jahre hatten sie miteinander verbracht – fast ein Kind noch, war sie zu ihm gekommen –, und jetzt war sie mit dem Kind Khays, Teti, in ihr Vaterhaus zurückgekehrt.

Sie wollte diese acht Jahre vergessen – so erfüllt von unaussprechlichem Glück, so zerstört durch Verlust und Schmerz.

Ja, sie wollte vergessen und wieder Renisenb werden, des Ka-Priesters Imhotep Tochter, ein sorgloses Mädchen. Diese Liebe eines Gatten war etwas Grausames gewesen, das sie mit seiner Süßigkeit getäuscht hatte. Sie dachte an die starken Bronzeschultern, an den lachenden Mund – jetzt war Khay einbalsamiert, von Bändern umhüllt, geschützt durch Amulette auf seiner Reise durch die andere Welt.

Renisenb dachte: Ich will nicht mehr daran denken. Es ist vorbei. Ich bin wieder daheim. Alles ist wie früher. Teti hat bereits vergessen. Sie spielt mit den anderen Kindern und lacht.

Unvermittelt wandte Renisenb sich ab und kehrte zum Haus zurück. Unterwegs kam sie an einigen Eseln vorbei, die zum Flussufer getrieben wurden. Sie ging an den Kornspeichern und Nebengebäuden vorüber und trat durch das Tor in den Hof – einen schönen Hof. Da gab es einen künstlichen See, umgeben von blühendem Oleander und Jasmin und beschattet von Sykomoren. Teti und die anderen Kinder spielten jetzt hier; sie liefen unter schrillem Geschrei in den kleinen Pavillon, der auf der einen Seite des Sees stand, und wieder heraus. Renisenb bemerkte, dass Teti mit einem hölzernen Löwen spielte, dessen Maul sich mittels einer Schnur öffnen und schließen ließ – ein Spielzeug, mit dem sie selber als Kind sich gern beschäftigt hatte.

Wieder dachte sie: Ich bin heimgekehrt… Nichts hatte sich hier verändert, alles war wie früher. Hier war das Leben sicher, beständig, unwandelbar.

Der Ball, mit dem die Kinder spielten, rollte ihr vor die Füße; sie hob ihn auf und warf ihn lachend zurück.

Sie schritt auf den Hauseingang mit seinen fröhlich bemalten Säulen zu, ging dann durch den großen Hauptraum mit dem aufgemalten Fries von Lotos- und Mohnblüten und weiter zum Frauenquartier im rückwärtigen Teil des Hauses.

Aufgeregte Stimmen drangen an ihr Ohr, und sie blieb wieder stehen, vergnügt den altvertrauten Lauten lauschend. Satipy und Kait, die sich wie immer stritten! Wie gut erinnerte sie sich der hohen, alles übertönenden Stimme Satipys! Satipy war das Weib ihres Bruder Yahmose, eine große, tatkräftige, laute Frau, auf ihre harte, herrische Weise eine schöne Frau. Sie redete dauernd in selbstbewusstem Ton, hetzte die Diener herum, fand an allem etwas zu tadeln und erreichte durch Prügeln und Schimpfen die unmöglichsten Dinge. Jedermann fürchtete ihre Zunge und beeilte sich, ihren Befehlen zu gehorchen. Yahmose selbst hegte die größte Bewunderung für sein resolutes, feuriges Weib und ließ sich von ihr oft in einer Weise herumkommandieren, die Renisenb häufig aufgebracht hatte.

Bisweilen, wenn Satipy eine Pause machte, wurde Kaits ruhige, eigensinnige Stimme hörbar. Kait war eine breit gebaute, hässliche Frau, das Weib des schönen, fröhlichen Sobek. Sie liebte ihre Kinder über alles und sprach selten von etwas anderem. Bei den täglichen Streitereien mit der Schwägerin vertrat sie ihren Standpunkt einfach dadurch, dass sie immer die gleichen Worte mit ruhiger, unerschütterlicher Hartnäckigkeit wiederholte. Nie geriet sie in Hitze oder Leidenschaft, und nie betrachtete sie eine Frage von einem anderen Gesichtspunkt aus als von ihrem eigenen. Sobek hing sehr an seiner Frau und erzählte ihr offen von all seinen Angelegenheiten, weil er sicher war; dass sie sich später mal an nichts Unbequemes mehr erinnern würde, da sie beim Zuhören im Geiste doch stets bei einer Frage weilte, die mit den Kindern zusammenhing.

»Es ist eine Schande, jawohl!«, rief Satipy. »Wenn Yahmose nur den Verstand einer Maus hätte, würde er es keinen Augenblick dulden! Wer hat die Verantwortung, wenn Imhotep fort ist? Yahmose! Und als Yahmoses Weib sollte ich als erste die Matten und Kissen auswählen dürfen. Dieses Flusspferd von einem schwarzen Sklaven sollte…«

Kaits schwerfällig tiefe Stimme fiel ein: »Nein, nein, meine Kleine, du musst nicht die Haare deiner Puppe essen. Schau, hier hast du etwas Besseres… oh, wie gut!«

»Du bist sehr unhöflich, Kait. Du hörst mir nicht einmal zu, du antwortest nicht. Dein Benehmen ist unmöglich.«

»Das blaue Kissen hat von jeher mir gehört. Ach, sieh nur die kleine Ankh… sie versucht zu laufen…«

»Du bist so dumm wie deine Kinder, Kait. Aber so kommst du mir nicht davon. Ich will mein Recht, das sage ich dir.«

Renisenb wollte gerade weitergehen, als sie leise Schritte hinter sich hörte. Erschrocken drehte sie sich um, und da erblickte sie mit dem altvertrauten Gefühl der Abneigung Henet.

Henet hatte ihr mageres Gesicht zu ihrem üblichen, irgendwie kriecherischen Lächeln verzogen.

»Es hat sich nichts geändert, wirst du wohl denken, Renisenb«, sagte sie. »Wie wir alle Satipys Zunge ertragen, weiß ich nicht! Natürlich kann Kait ihr entgegentreten. Aber einige von uns sind nicht so glücklich! Ich kenne meinen Platz, ich weiß, wie dankbar ich deinem Vater sein muss, dass er mir ein Heim, Nahrung und Kleidung gibt. Oh, er ist ein guter Mann, dein Vater. Und ich habe mich stets bemüht zu tun, was ich vermag. Ich arbeite immerzu, packe da und dort mit an und erwarte keinen Dank. Wenn deine liebe Mutter noch lebte, wäre alles anders. Sie wusste mich zu würdigen. Wie Schwestern waren wir! Eine schöne Frau war sie. Nun, ich habe meine Pflicht getan und das ihr gegebene Versprechen gehalten. ›Sorge für die Kinder, Henet‹, sagte sie, als sie im Sterben lag. Und ich habe mein Wort getreulich gehalten. Abgerackert habe ich mich für euch alle und nie einen Dank verlangt. Nie verlangt und nie erhalten! ›Es ist ja nur die alte Henet‹, heißt es, ›die zählt nicht.‹ Niemand denkt jemals an mich. Warum auch? Ich versuche bloß, mich nützlich zu machen, weiter nichts.«

Wie ein Aal schlüpfte sie unter Renisenbs Arm hindurch und trat in das innere Zimmer.

»Was diese Kissen betrifft, Satipy, so entschuldige bitte, aber zufällig hörte ich Sobek sagen…«

Renisenb entfernte sich. Sonderbar, wie sie alle eine Abneigung gegen Henet hegten! Das lag wohl an ihrer klagenden Stimme, ihrem beständigen Mitleid mit sich selbst und ihrer Leidenschaft, Streitigkeiten zu schüren.

Nun ja, dachte Renisenb, irgendein Vergnügen musste man Henet schließlich lassen. Es stimmte, dass sie sich abrackerte und dass niemand ihr Dankbarkeit bezeugte. Man konnte Henet nicht dankbar sein – sie wies selber auf ihre Verdienste hin, so dass jegliches wärmere Gefühl, das man für sie empfinden mochte, erkaltete.

Henet gehörte zu den Menschen, deren Schicksal es war, sich für andere aufzuopfern und niemanden zu haben, der sich für sie aufopferte. Sie war reizlos und außerdem dumm. Doch wusste sie stets, was vor sich ging. Ihr geräuschloser Gang, ihre scharfen Ohren und ihre flinken, spähenden Augen sorgten dafür, dass ihr kein Geheimnis verborgen blieb. Manchmal behielt sie ihr Wissen für sich, manchmal jedoch ging sie tuschelnd von einer Person zur anderen und beobachtete dann aus dem Hintergrund voll boshaften Vergnügens die Ergebnisse ihrer Klatschereien.

Irgendwann einmal hatte schon jeder im Hause Imhotep gebeten, Henet fortzuschicken, doch Imhotep wollte nichts davon hören. Er war vielleicht der einzige Mensch, der sie gern hatte; und sie vergalt ihm seine Gunst mit jener bedingungslosen Ergebenheit, die die übrige Familie so widerlich fand.

Einen Augenblick verharrte Renisenb unschlüssig; dann ging sie langsam in die kleine Kammer, wo ihre Großmutter, Esa, sich in Gesellschaft von zwei kleinen schwarzen Sklavinnen befand. Sie war gerade damit beschäftigt, einige Linnengewänder zu prüfen, und sie schalt die Mädchen auf die für sie kennzeichnende freundliche Art.

Ja, alles war wie früher. Unbemerkt stand Renisenb da und lauschte. Die alte Esa war ein wenig eingeschrumpft, aber ihre Stimme hatte sich nicht verändert, und sie sagte das gleiche, beinahe Wort für Wort, wie vor acht Jahren, ehe Renisenb die Heimat verließ…

Renisenb schlüpfte wieder hinaus. Weder die alte Frau noch die beiden kleinen Sklavinnen hatten sie bemerkt. Eine Weile blieb sie vor der offenen Küchentür stehen. Der Geruch von gebratenen Enten; lautes Lachen und Schelten durcheinander; ein Berg von Gemüse, der auf Zubereitung wartete…

Frauenstimmen von überall her.

Ein Haus voller Frauen, die nie ruhig, nie friedlich waren, die fortwährend redeten, aber nichts taten!

Renisenb trat rasch wieder aus dem Haus in die heiße, klare Stille. Sie sah Sobek von den Feldern zurückkommen, und in der Ferne gewahrte sie Yahmose, der zum Grab hinaufging.

Sie bog in den Pfad ein, der zu den Kalksteinfelsen führte, wo die Grabstätte lag. Es war das Grab des großen edlen Meriptah, das ihr Vater als Totenpriester zu hüten hatte. Der ganze Besitz und das Land ringsum gehörten zu der Grabstiftung.

Während der Abwesenheit ihres Vaters oblagen ihrem Bruder Yahmose die Pflichten des Ka-Priesters. Als Renisenb oben anlangte, traf sie Yahmose im Gespräch mit Hori, dem Verwalter ihres Vaters, in einer kleinen Felsenkammer neben dem Eingang zum Grab.

Hori hatte eine Papyrusrolle über den Knien ausgebreitet, und er und Yahmose beugten sich darüber.

Sowohl Yahmose als auch Hori lächelten, als sie Renisenb bemerkten, und sie ließ sich in ihrer Nähe im Schatten nieder. Sie hatte ihren Bruder Yahmose von jeher geliebt. Er war stets freundlich und liebevoll zu ihr und hatte ein sanftes Gemüt. Auch Hori war in seiner ernsten Art zu der kleinen Renisenb stets gütig gewesen und hatte ihr öfters ihr Spielzeug instand gesetzt. Er war ein herber, schweigsamer junger Mann gewesen, als sie fortging. Renisenb fand, dass er sich kaum verändert hatte, obwohl er älter geworden war.

Während Yahmose und Hori über den Handel mit Gerste und Öl sprachen, blieb Renisenb still und zufrieden im Hintergrund sitzen.

Nach einer Weile entfernte sich Yahmose.

Renisenb deutete auf die Papyrusrolle in Horis Hand und fragte:

»Ist das von meinem Vater?«

Hori nickte.

»Was steht darin?«, erkundigte sie sich neugierig.

Sie betrachtete die Zeichen, die ihren leseunkundigen Augen nichts sagten.

Mit einem leichten Lächeln beugte Hori sich über ihre Schulter, und sein Finger fuhr den Schriftzeichen nach, während er vorlas:

»Der Ka-Diener Imhotep sagt: Möge euch Gesundheit beschieden sein wie denen, die lange leben. Mögen die Götter euch schirmen. Der Sohn spricht zu seiner Mutter, der Ka-Diener zu seiner Mutter Esa: Lebst du in Gesundheit und Sicherheit? Zu seinem Sohn Yahmose: Lebst du in Gesundheit und Sicherheit? Bebaue mein Land nach allen Kräften. Arbeite hart. Siehe, wenn du fleißig bist, will ich die Götter loben…«

Renisenb lachte: »Der arme Yahmose! Er arbeitet sicherlich hart genug.«

Die Ermahnung des Vaters ließ den Priester wie lebendig vor ihr inneres Auge treten – seine würdige Erscheinung, seine leicht zur Übertreibung neigenden Mahnreden und dauernden Anweisungen.

Hori fuhr fort:

»Achte sorgsam auf meinen Ipy. Ich höre, dass er unzufrieden ist. Sieh auch darauf, dass Satipy Henet gut behandelt. Vergiss nicht, über Flachs und Öl zu berichten. Achte auf das Wachstum meines Korns, achte auf alles, was mein ist; denn ich werde dich zur Rechenschaft ziehen. Wenn mein Land überschwemmt wird, wehe dir und Sobek.«

»Mein Vater ist genau wie früher«, sagte Renisenb fröhlich. »Immer denkt er, dass nichts recht getan wird, wenn er nicht hier ist.«

Hori antwortete nicht; er nahm einen Papyrus und begann zu schreiben.

Eine Zeit lang sah Renisenb ihm zu, dann bemerkte sie träumerisch: »Es wäre wohl interessant, schreiben zu können. Warum lernen es nicht alle Menschen?«

»Das ist nicht nötig.«

»Vielleicht nicht nötig, aber angenehm.«

»Glaubst du, Renisenb? Was für einen Unterschied würde es für dich bedeuten?«

Renisenb überlegte, ehe sie antwortete: »Wenn du mich so direkt fragst, Hori, dann weiß ich es wirklich nicht.«

Hori sagte: »Jetzt werden auf einem großen Besitztum nur wenige Schreibkundige gebraucht, aber der Tag wird kommen, da es in Ägypten Scharen von Schreibkundigen gibt.«

»Das wird gut sein«, meinte Renisenb.

»Ich bin da nicht so sicher«, gab Hori zurück.

Renisenb betrachtete ihn forschend. Dann sagte sie bedächtig: »Ich glaube, ich weiß, was du meinst. Nur die Dinge, die man sehen und berühren und essen kann, sind wirklich. Es bedeutet nichts niederzuschreiben: ›Ich habe zweihundertvierzig Scheffel Gerste‹, wenn man sie nicht tatsächlich hat. Man könnte Lügen schreiben.«

Hori lächelte über ihre ernste Miene. Ganz unvermittelt bemerkte Renisenb: »Du hast mir einst meinen Löwen wieder instand gesetzt, erinnerst du dich?«

»Ja, ich erinnere mich, Renisenb.«

»Jetzt spielt Teti damit… Es ist derselbe Löwe.« Sie machte eine Pause, dann fuhr sie schlicht fort: »Als Khay zu Osiris ging, war ich sehr traurig. Doch nun bin ich heimgekehrt, und ich werde wieder glücklich sein und vergessen – denn hier ist alles wie früher. Nichts, gar nichts hat sich geändert.«

»Glaubst du das wirklich?«

Renisenb blickte ihn forschend an.

»Was meinst du damit, Hori?«

»Ich meine, dass es immer Veränderungen gibt. Acht Jahre sind acht Jahre.«

»Nein, nein, ich möchte, dass alles ist wie früher!«

»Aber du selbst bist ja auch nicht mehr die gleiche Renisenb, die mit Khay fortging.«

»O doch! Und wenn nicht, so werde ich es bald wieder sein. Und du bist derselbe geblieben, Hori.«

»Das denkst du nur, aber es stimmt nicht.«

»Doch, doch, und Yahmose ist der gleiche geblieben, so sorgenvoll und behutsam. Satipy befiehlt ihm wie früher, und sie und Kait haben ihren üblichen Streit, und dann versöhnen sie sich wieder lachend; Henet schleicht lauschend umher und gebärdet sich unterwürfig; und meine Großmutter macht ein Aufhebens um ein Stück Linnen! Genau wie früher. Und bald wird mein Vater heimkommen, und dann gibt es große Aufregung, und er wird sagen: ›Warum hast du dieses getan und jenes unterlassen?‹ Yahmose wird bekümmert dreinblicken, und Sobek wird frech darüber lachen. Mein Vater wird den jetzt sechzehnjährigen Ipy verwöhnen, wie er ihn verwöhnt hat, als er acht Jahre alt war, und nichts wird sich geändert haben!«

Atemlos hielt sie inne.

Hori seufzte. Dann entgegnete er freundlich: »Du begreifst nicht, Renisenb. Es gibt das Übel, das von außen kommt, das sichtbar ist, wenn es angreift, aber es gibt auch noch eine andere Verderbnis, die innerlich ausgebrütet wird, die sich äußerlich nicht zeigt. Sie wächst langsam, Tag für Tag, bis schließlich die ganze Frucht verfault ist, von Krankheit zerfressen.«

Renisenb starrte ihn an.

»Was meinst du damit? Was ist dieses Übel, von dem du sprichst?«

Er sah sie an, und plötzlich lächelte er.

»Vergiss, was ich gesagt habe, Renisenb. Ich dachte an die Krankheiten, die die Früchte des Feldes befallen.«

Sie stieß einen Seufzer der Erleichterung aus.

»Da bin ich aber froh. Ich dachte… ach, ich weiß nicht, was ich dachte.«