22

 

„Sind Sie zu Hause erreichbar, Dr. Thalbach?“

Er legte die ausgefüllten Karteikarten seiner Sprechstundenhilfe auf den Schreibtisch und nahm sein Schlüsselbund in die Hand.

„Ich fahre zu meinen Klinikpatienten und dann zu meiner Frau. In den nächsten Stunden bin ich für niemanden erreichbar.“

„Klingt nach einem romantischen Abend“, sagte sie seufzend.

Er lächelte und sagte auf dem Weg zur Tür: „Erraten. Ich will meine Frau mit einem romantischen Essen überraschen.“

„Wieso habe ich nicht das Glück, so einen Mann zu erwischen?“, rief sie ihm lachend nach.

Ja, Noel hatte Glück gehabt, als er in ihr Leben trat. Ralf setzte sich in seinen Wagen, startete und fuhr den gewohnten Weg, den er schon so oft gefahren war. Er dachte daran, wie sie sich damals aufgeführt hatte. Ohne seine Hilfe hätte sie nicht überlebt. Er hatte sie vor den schlimmen Folgen gerettet, die unvermeidbar gewesen wären. Wie er sie damals gesehen hatte, hatte er sofort gewusst, dass sie ihn brauchte.

Es war die glücklichste Zeit seines Lebens gewesen.

Ralf schaltete das Radio an und summte leise die Melodie mit, die gerade gespielt wurde. Schade, dass sie sich die Haare schwarz gefärbt hatte. Insgeheim stand er schon immer auf Blondinen.

Aber das machte nichts. Sie hatte genug andere Qualitäten. Ralf rückte unruhig auf seinem Sitz hin und her, um die Regung zwischen seinen Lenden zu bändigen, die der Gedanke an ihren knackigen Hintern auslöste. Kein Wunder, dass er schon bei dem Gedanken an ihren Arsch geil wurde. Seit seiner Reise war sie nicht mehr dieselbe Frau. Tagtäglich hatte sie gelitten, seit er zurück war. Das wusste er, auch wenn sie versuchte, es zu verbergen. Sie brauchte wieder eine feste Führung, eine Hand, der sie vertraute.

Entschlossen biss Ralf die Zähne zusammen. Er würde seine Frau nicht länger leiden lassen. Nein, das kam auf keinen Fall in Frage.

Noch immer summend bog er in die Auffahrt und fuhr auf das Gebäude zu.

 

„Ich sollte jetzt wirklich gehen“, sagte Marc und vergrub sein Gesicht in Noels Haar, das er aus der Spange gelöst hatte und ihr nun über die Schultern wallte.

„Ich würde dir so gerne widersprechen.“ Sie schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn. „Ich rufe dich spätestens morgen an.“

Nickend ließ er sie los und ging rückwärts auf die Tür zu, bis er lachend wieder auf sie zukam. Er nahm sie in den Arm und wirbelte sie einmal herum, als würden sie einen Walzer eng umschlungen tanzen. „Ich habe keinen Abschiedskuss bekommen.“

Noel hatte das Gefühl zu zerspringen, wenn er sie nicht so fest halten würde. In seinen Armen fühlte sie sich, als könnte sie alle Sorgen hinter sich lassen. Sie legte den Kopf in den Nacken und empfing seine Lippen auf den ihren.

An Marcs Augen erkannte sie, dass etwas nicht stimmte. Ohne sich umzudrehen, war ihr klar, was geschehen sein musste. Marc trat einen Schritt zurück, hielt jedoch seine Hände auf ihren Schultern.

„Es tut mir leid“, sagte er so leise, dass sie es kaum hören konnte. Sie drehte sich um und sah in Ralfs Gesicht. Schweigend stand er vor ihr. Noel senkte den Kopf.

„Ich hatte die Absicht mit dir zu reden.“

„Ein bisschen spät. Meinst du nicht?“

„So solltest du es nicht erfahren, Ralf. Es tut mir leid.“ Sie fühlte sich schäbig. Ralf hatte es auf die niederste Art erfahren, die es gab und das hatte sie nicht gewollt.

„Wie wolltest du es mir dann sagen? Du Ralf, es war nett mit dir, aber jetzt lasse ich mich von einem Anderen vögeln?“ Er verzog das Gesicht zu einem Grinsen, das überhaupt nicht zu seinem Wesen passte. Noel hatte erwartet, dass er verletzt sein würde. Stattdessen schien es auf eine Szene hinauszulaufen. Dafür hatte er nicht die richtige Ausgangsposition.

„Vielleicht sollten wir später reden. Du bist obszön.“

Beinahe teuflisch starrte er sie an. „Ich habe meine Frau gerade in flagranti erwischt. Es ist mein Recht eine Szene zu machen.“

„Das ist es nicht.“ Plötzlich wurde Noel ganz ruhig. Sie würde nicht die Schuld allein auf ihren Schultern tragen. „Spiel nicht den unschuldig betrogenen Ehemann, wenn du dich gleich an Janine Ferangellis Schulter ausweinen gehst.“

Ralf kniff die Augen zusammen, bevor er den Kopf schief legte und lächelte. „Baby, ich habe keine Affäre mit Janine.“

Er deutete mit einer wegwerfenden Handbewegung auf Marc. „Der Kerl soll mein Haus verlassen.“ Er legte seine Tasche auf den Tisch, öffnete sie, wühlte offensichtlich ziellos darin herum und schloss sie wieder.

Noel sah Marc an. „Bitte geh. Ich muss das allein machen.“

Marc nickte und Noel ging auf Ralf zu, der wie unter Schock stand und sichtbar um seine Haltung rang.

Er lächelte und sah Marc an.

„Ja, geh nur. Noel macht das allein.“ Seine Stimme klang erschreckend anders. Er trat einen Schritt auf Noel zu und legte einen Arm um ihre Schulter.

Überrascht von den Ereignissen, ließ sie es eine Sekunde zu lang geschehen. Ehe sie sich versah, stand er hinter ihr, sein Arm um ihren Hals geschlungen. Er riss ihren Kopf zurück, und raubte ihr die Luft zum Atmen. Sie musste sich auf Zehenspitzen stellen, um nicht zu ersticken. An ihrem überstreckten Hals spürte sie die kalte, scharfe Klinge eines Skalpells. Ihr Herz pumpte so viel Blut in ihren Kopf, dass ihr für einen winzigen Moment schwindelig wurde. Als sie wieder aufsah, stand Marc mit gespreizten Beinen, die Arme nach vorne ausgestreckt vor ihnen. Zwischen beiden Händen, krampfhaft umschlossen die Waffe – mit der er auf Ralfs Kopf zielte.

„Nein, Marc!“ Sie wollte mehr sagen, aber Ralfs Griff um ihren Hals war so fest, dass sie kaum Luft bekam.

„Du solltest besser auf sie hören, Marc“, säuselte Ralf in lieblichem Tonfall. „Wenn du die Waffe nicht fallen lässt, schneide ich der Schlampe die Kehle durch.“

Mit weit aufgerissenen Augen starrte Noel in Marcs Gesicht und las die Qualen, die darin geschrieben standen.

„Lass sie los“, befahl Marc und entsicherte die Waffe.

„Ralf. Bitte.“ Sie merkte, dass er sich ihr zuwandte. Sein Atem kitzelte an ihrem Ohr, seine Zunge fuhr über ihren Hals.

„Ja? Was soll der liebe Ralf machen? Soll er dir die Kehle durchschneiden oder soll er dir die verdammte Scheiße aus dem Kopf vögeln?“ Mit einem Ruck stieß er mit der Hand durch den Rockstoff und ihren Slip hindurch zwischen ihre Beine.

Noel stöhnte vor Schmerz und wich ihm unwillkürlich aus. Dabei glitt das Skalpell durch die empfindliche Haut an ihrem Hals. Ungeachtet ihres Schmerzensschreies leckte er weiter ihren Hals.

„Janine war immer nur Mittel zum Zweck. Sie ist nicht so zimperlich wie du.“

Noel fürchtete, ihre Beine könnten den Dienst versagen, so sehr zitterten sie. Das alles konnte nur ein ganz böser Traum sein.

„Ja. So ist es schon viel besser“, hörte sie Ralf neben ihrem Ohr sagen und bemerkte, dass Marc die Waffe auf den Boden gelegt und mit dem Fuß in eine entfernte Ecke des Raumes geschleudert hatte. Gut. Wenigstens nicht in Ralfs Richtung, dachte Noel, während sie fühlte, dass ein warmes, feuchtes Rinnsal ihren Hals hinab rann.

„Und jetzt lässt du sie los!“, hörte sie Marcs Stimme.

Anstatt sie loszulassen, lachte Ralf Marc höhnisch aus. „Wieso sollte ich auf jemanden hören, der seinen dreckigen Schwanz in mein Eigentum steckt?“

Noel schloss entsetzt die Augen. „Wer bist du, Ralf? Wer bist du?“

Er lachte weiter. „Derjenige, der sich vor Jahren in dich Flittchen verliebt hat.“ Er kicherte, als hätte er den Verstand verloren. Offensichtlich selbstsicher senkte er die Hand mit dem Skalpell und umfasste stattdessen ihren Busen.

Ohne zu überlegen holte Noel mit dem Ellenbogen aus und rammte ihn in den Magen des Mannes, den sie geheiratet hatte.

Stöhnend krümmte er sich. In dem Moment stieß ihm Marc die Faust in die Nieren. Ralfs Griff lockerte sich und ließ Noel genug Raum um sich zu befreien. Das Skalpell fiel ihm bei dem Gerangel aus der Hand und landete klirrend auf dem Steinboden. Noel bückte sich, nahm es an sich und warf es so weit sie konnte aus dem Kampfbereich, während Marc und Ralf sich gegenseitig die Fäuste in die Rippen schlugen. Die bringen sich um, dachte sie, holte ihr Handy aus der Tasche und wählte den Notruf, während die beiden weiter aufeinander losgingen. Kurz und bündig schilderte sie die Lage, nannte die Adresse und hoffte auf baldige Hilfe.

„Hört sofort auf“, schrie sie beide an und musste mit ansehen, wie Ralf einen Treffer auf Marcs Schläfe landete. Marc hielt sich an der Wand fest. Augenscheinlich stand er kurz davor, das Gleichgewicht zu verlieren. Ralf verzerrte das Gesicht, stieß einen tierischen Schrei aus und holte mit dem Knie aus. Mit Wucht rammte er es Marc zwischen die Beine, der sich benommen vom Schlag, nicht wehren konnte. Stöhnend krümmte er sich und wurde sogleich von Ralf an den Haaren gepackt und mit dem Kopf gegen die Wand geschleudert. Blut verteilte sich aus einer Platzwunde am Kopf über Marcs Shirt und färbte es rot. Noel warf sich von hinten auf Ralf, schlang ihren Arm um seinen Hals und zerrte ihn mit ihrer ganzen Körperkraft von Marc weg, der tonlos zu Boden sackte.

Mit einer wendigen Bewegung drehte sich Ralf, hob den Arm und schleuderte Noel mit einem einzigen Schlag von seinem Rücken. Stechende Schmerzen fuhren durch ihren Kopf und ihre Schulter.

Dunkelheit drohte sich auszubreiten, während sie an der Wand zusammensackte. Eine Zeitlang, die ihr wie eine Ewigkeit erschien, blieb sie liegen, unfähig sich zu regen. Verschwommen sah sie die ganze Zeit, wie Ralf immer und immer wieder auf Marc einschlug. Abwechselnd hämmerten seine Fäuste und traten seine Füße auf Marc ein, der gekrümmt auf dem Boden lag.

Er bringt Marc um. Steh auf, Noel. Er braucht dich.

Kaum in der Lage klar sehen zu können, stemmte sie die Hände auf den Boden und versuchte vergeblich auf die Beine zu kommen. Ihr Gleichgewichtssinn ließ es nicht zu. Du gibst jetzt nicht auf! Auf allen Vieren kroch sie so schnell sie konnte den Flur entlang. Fort von Marc. Wie eine Ewigkeit zog sich die Zeit in die Länge, bis sie ihr Ziel erreicht hatte, das keine fünf Meter entfernt war.

Sie griff zu. Fühlte das kalte Metall in ihren Händen, drehte sich um und drückte ab.

Stumm hielt Ralf in der Bewegung inne, starrte Noel fassungslos an und fasste sich an die Schulter, aus der Blut sickerte. Er machte drei Schritte rückwärts und stützte sich an der Wand ab, auf der ein blutiger Abdruck seiner Hand zurückblieb. Dann brach er zusammen und rutschte an der Wand entlang nach unten, wo er sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Hände auf die Wunde presste.

Marc lag reglos auf dem Boden. Noel konnte sein Gesicht nicht sehen, wusste nicht einmal, ob er lebte.

„Marc!“ Sie rief seinen Namen, wartete auf eine Regung, ein Zeichen. Er stöhnte leise, doch er rührte sich nicht. Er lebt! Sie versuchte sich aufzurichten, um zu ihm zu kommen, fühlte sich aber so schwer und schwindelig, dass sie aufgeben musste.

Sie blieb auf dem Boden sitzen, die Waffe noch immer in den Händen. Hilfe herbei sehnend starrte sie Richtung Tür, die Ralf nicht einmal geschlossen hatte. Trotz seiner Verletzung grinste Ralf sie an. Sie sah in sein Gesicht und erkannte es nicht. Das konnte nicht ihr Mann sein. Er verhielt sich wie ein Fremder aus einem billigen Horrorfilm. Wie konnte ein Mensch sich so verändern?

Sie wurde von einem Schütteln gepackt und begann zu wimmern. Erst nur ganz leise, kaum hörbar. Langsam steigerte sie sich immer weiter hinein. Letztendlich schrie sie sich den Kummer und Schmerz aus der Seele bis ihre Kehle brannte.

Sie schrie noch immer, als sie es an der Tür poltern hörte und mehrere Polizeibeamte hereinstürzten.

„Lassen Sie die Waffe fallen!“, hörte sie jemanden rufen, ohne wahrzunehmen, dass sie es war, die die Waffe noch immer in den Händen hielt. Ihre Schreie versiegten in einem Schluchzen, das ganz erstarb, als sich jemand von hinten auf sie stürzte und ihr die Luft aus den Lungen gepresst wurde. Schneller als sie das Geschehen registrieren konnte, lag sie auf dem Bauch, das Gesicht auf den Boden gepresst. Überall waren plötzlich Hände, die sie festhielten. Etwas wurde ihr aus der Hand gezerrt, ehe ihre Arme auf den Rücken gedreht und mit irgendetwas zusammengebunden wurden. Sie hörte Stimmen. Viele Stimmen. In einem heillosen Durcheinander drangen sie zu ihr durch, ohne dass sie verstand, was sie von ihr wollten. Sie sah nur, wie Ärzte sich um Marc und Ralf kümmerten.

Als ihr bewusst wurde, dass Marc ins Krankenhaus gebracht werden musste, richtete sie ihre Klinikphobie auf ihn. Nicht auszudenken, was geschehen könnte, wenn Dräger entdeckt hätte, wer ihm das Notizbuch entwendet hatte. Noel sammelte ihre ganze Energie zusammen und erlangte nahezu unmenschliche Kräfte. Sie konnte nicht zulassen, dass sie ihn in seinem Zustand in ihre Gewalt brachten.

Mit einem Ruck befreite sie sich von mehreren Händen, die sie hielten, und machte einen Satz auf Marc zu. Schneller als sie hochgekommen war, wurde sie wieder in Gewahrsam genommen. Sie schrie Marcs Namen, bis ihre Stimme umkippte und nur noch ein Krächzen über ihre Lippen drang. Jetzt reiß dich zusammen. Sie öffnete den Mund um den Polizeibeamten zu erklären, was geschehen war. Sie bewegte auch ihre Lippen, aber sie brachte keinen Ton hervor und musste mit ansehen, wie Marc vor ihren Augen weggebracht wurde. In ihrem Kopf drehte sich alles. Was war mit Marc? Würde er wieder gesund werden? Sie nahm kaum wahr, was der Polizist ihr erzählte, während er sie nach draußen führte und in den Einsatzwagen sperrte.

 

„Er hat mich mit dem Skalpell bedroht.“ Sie deutete wütend auf die Schnittverletzung am Hals.

„Sie haben auf ihn geschossen“, gab Kommissar Wendt zurück. Er beugte sich ihr über dem Tisch entgegen und betrachtete den Schnitt. „Soll sich das wirklich kein Arzt ansehen?“

Noel schüttelte den Kopf. „Es war Notwehr. Hätte ich zusehen sollen, wie er Dr. Bajona umbringt?“ Noch immer brachte sie die Sorge um Marc beinahe um. Obwohl sie während der Befragung nach ihm gefragt hatte, hatte man ihr nicht gesagt, was mit ihm war.

„Wie dem auch sei. Ihr Mann hat seine Aussage gemacht, noch bevor man ihm die Kugel aus der Schulter entfernen konnte. Er hat davon abgesehen, sie anzuzeigen.“

„Ich habe Angst“, sagte sie, die Augen stur auf den Kommissar gerichtet.

„Am besten gehen Sie ihm erstmal aus dem Weg. Nehmen Sie sich ein Hotelzimmer.“

Es klopfte an der Tür. Kommissar Wendt stand auf, ging zur Tür und öffnete sie. Ein junger Polizist mit so kurz rasiertem Haar, dass es fast als Glatze hätte durchgehen können, betrat den Raum und murmelte Kommissar Wendt etwas Unverständliches zu. Der Kommissar schloss die Tür wieder und kam auf Noel zu.

„Ich habe gute Nachrichten für Sie. Dr. Bajona wartet draußen auf Sie.“

Erleichtert atmete Noel auf. Er war bei Bewusstsein. Offensichtlich konnte er laufen. Und er war hier.

„Er hat bereits bei einem Kollegen ausgesagt und Ihre Aussage bestätigt.“

„Heißt das, dass ich gehen darf?“

Der Kommissar breitete die Hände aus und deutete zur Tür. „Sie haben alle ihre Aussagen gemacht. Es liegt keine Anzeige gegen Sie vor.“

Er öffnete die Tür, vor der Marc mit zerschundenem Gesicht auf sie wartete. Ohne auf die Gegenwart der Polizisten zu achten, fiel sie ihm geradewegs in die Arme. Er presste sie an seine Brust, bis sie fast keine Luft bekam und trotzdem fühlte sie das Bedürfnis, ihm noch näher zu sein.

„Ich hatte solche Angst um dich, Marc.“ Sie strich ihm über die rötlich-blaue Schläfe und bemerkte die Naht an der Stirn. Zaghaft lächelte sie. „Partnerlook, was?“

Er lachte. „Andere tragen Ringe. Wir tragen unser Zeichen auf der Stirn. Wie geht es dir?“, fügte er ernst hinzu.

Sie senkte den Kopf. „Mir tut nichts weh.“

„Es muss ein Schock für dich gewesen sein.“

„Ist es immer noch.“

Nachdem sie sich vom Kommissar verabschiedet hatten, verließen sie das Revier.

„Ich habe leider kein Auto hier. Lars hat mir eine ordentliche Dröhnung verpasst, sodass ich nicht selbst fahren durfte.“

„Mit anderen Worten, du bist breit.“

Er grinste und hielt ihr eine Schachtel entgegen. „Willste auch was?“

Noel hakte sich bei ihm ein und stupste ihren Kopf sanft gegen seine Schulter. „Behalt deinen Stoff für dich.“

Marc rief ihnen ein Taxi. Sie ließen sich zu Noels Haus fahren, wo sie in ihren Wagen wechselten. Nachdem sie die Fotoalben und die Ausrüstung von Marcs in ihren Wagen umgeladen hatten, parkte sie Marcs Auto ein paar Straßen von ihrem Haus entfernt. Sie würden ihn später holen müssen. Das Haus wollte sie nicht mehr betreten. Nicht einmal, um ein paar Sachen zum Anziehen zusammenzupacken.

Als Marc auf dem Beifahrersitz saß, legte er den linken Arm über ihre Kopfstütze und sah sie an.

„Wo willst du jetzt hin, Noel?“

Sie zuckte die Schultern. „Mein Haus werde ich nie wieder betreten.“

Er ließ die Hand auf ihren Nacken sinken und strich zärtlich mit den Fingern darüber. „Komm mit zu mir. Bitte.“

Sie startete den Motor und fuhr vom Grundstück, das die Erinnerung der letzten Stunden wieder in ihr aufleben ließ.

„Ich habe gehofft, dass du das sagen würdest“, sagte sie, ohne ihn anzusehen. Auch so wusste sie, dass er lächelte.