20

Die schwarze Luft erzitterte unter den Rufen und Schreien.

Katie begann zu weinen.

»Was ist hier los?«, fragte Jean mit verzweifelter Stimme.

»Ein Angriff«, flüsterte Wayne. »Irgendein … Ich weiß es nicht.«

Er hörte Knurren, Keuchen, dumpfe Geräusche, sogar Gelächter. Und das Weinen seiner Tochter.

Bis vor wenigen Augenblicken hatten die drei still dagesessen, und Wayne, Katie und Jean hatten ihr Schweigen als Schutz betrachtet, als ihre Möglichkeit, sich vor den Angreifern zu verbergen. Nun drohte das Weinen des Mädchens sie zu verraten.

»Katie«, sagte er. »Nicht. Pst. Bitte, Schätzchen.«

Wenn sie uns hören, werden sie uns kriegen!

Wer? Wer macht so etwas?

Als es begann (Vor einer Minute? Fünf Minuten? Es schien bereits eine Ewigkeit zu dauern), hatte er es für einen Scherz gehalten – jemand nutzte die Dunkelheit, um seiner Freundin oder seiner Frau einen Schrecken einzujagen. Dann schrie jemand: »O Gott, er ist tot!«, und Wayne wusste, dass es nicht gespielt war. Sekunden später war er von Schreien des Entsetzens und des Schmerzes umgeben.

Es wird bald aufhören, sagte er sich.

Es würde einfach leiser werden und enden, wie das Erdbeben in Los Angeles, 1971, als er dort studiert hatte. Als das Erdbeben zuschlug, war er sich sicher gewesen, er würde sterben, doch er hatte nichts getan, einfach auf seinem Bett gesessen, und es war vorbeigegangen.

So wird es auch jetzt sein. Wenn wir einfach still dasitzen und kein Geräusch von uns geben, wird es aufhören, und uns passiert nichts.

Aber es wurde nicht leiser. Es schwoll an, breitete sich aus, wurde schlimmer.

Wayne fühlte sich, als würde er in die Handlung eines seiner eigenen Horrorromane hineingezogen.

Das sind nur Bücher, dachte er, aber was ist das hier für eine Scheiße!

Sie muss aufhören zu weinen!

Er beugte sich in der Dunkelheit vor und berührte Katie. Sie schrie auf. »Schon gut, Schätzchen.« Er streichelte ihre Wange, griff hinter sie und ertastete Jean. Das Mädchen musste auf dem Schoß ihrer Mutter sitzen, wie sie es schon getan hatte, ehe die Feuer in den Aufzügen erloschen. »Keine Sorge. Nichts …«

»Lass nicht zu, dass sie uns töten, Daddy.«

Was kann ich denn tun?, dachte er. Ich bin ein verfluchter Schriftsteller. Ich bin nicht Chuck Norris.

Ein beschissener Schlappschwanz.

»Daddy.«

»Leg dich hin, sei still und rühr dich nicht«, sagte er. »Du auch, Jean, leg dich auf sie.«

Dann drehte er sich um und geriet mitten in eine Explosion von Blut, das ihm ins Gesicht spritzte, in den Augen brannte, seinen Mund füllte.

Sie haben die Dicke erwischt, dachte er.

Sie sind nah bei uns. Verdammt nah. Wir sind die Nächsten!

Das Blut sprühte ihm weiter ins Gesicht. Er kroch auf die Quelle zu. Seine Hände stießen gegen die dicken Waden der Frau. Ihre Beine waren immer noch übergeschlagen, doch sie zuckten, als hätte die Frau in eine Steckdose gefasst. Wayne tastete sich am Kleid der Frau entlang. Fand die Handtasche. Sog scharf die Luft ein und duckte sich zur Seite, als ein dünner Streifen Feuer über sein Ohr und seine Wange fuhr. Doch er hielt die Handtasche fest, riss sie auf, wühlte darin und schnappte sich das Streichholzheftchen.

Mit verkrampften Fingern brach er ein Streichholz ab und riss es an.

Einen Moment lang erblühte ein Lichtkreis.

Er konnte einen Blick auf die Frau werfen, die zuckend und zitternd vor ihm saß. Ihre Augen waren nach oben gedreht. Die aufgeschlitzte Kehle spuckte Blut. Das Blut löschte das Streichholz, doch ehe die Dunkelheit sich erneut herabsenkte, sah Wayne eine geduckte Gestalt an seiner Seite vorbeischleichen.

Zu Katie und Jean!

Er klemmte sich das Streichholzheft zwischen die Zähne, sprang nach vorn und warf die dicke Frau auf den Rücken. Ihr Kopf schlug auf den Fels auf. Er kniete auf ihrem weichen, wackelnden Körper, fand ihre Schultern, packte den Strickschal und riss ihn ab.

»WAYNE!«

Katie kreischte.

Er kroch zurück und knüllte den Schal zusammen. Wirbelte herum. Entzündete ein Streichholz und sah im flackernden Schein der Flamme, wie seine Frau über Katie kauerte (ausnahmsweise hatte sie auf ihn gehört) und ein Mann sich über ihren Rücken beugte, bereit, sie mit einem Rasiermesser aufzuschlitzen.

Ein Mann – ein Jugendlicher? – mit einem Gesicht so weiß wie Brotteig, wildem, wirrem Haar und buschigem Bart. Er trug einen gesteppten, rosafarbenen Bademantel mit Spitzen, dessen Vorderseite blutgetränkt war.

Als das Streichholz aufflammte, kniff er die Augen zusammen und wandte den Kopf ab.

Das Licht schien ihn zu erschrecken.

Seine freie Hand flog nach oben, um die Augen zu bedecken, und er wollte Jean mit dem Messer attackieren, doch der Schal in Waynes Hand war inzwischen ein Feuerball. Als die Klinge nach unten fuhr, sprang Wayne ihn an und stieß ihm den brennenden Stoff ins Gesicht.

Er kreischte. Wayne warf ihn nach hinten, landete auf ihm, rollte sich herunter, stemmte sich auf allen vieren hoch und riss den Kopf zum Licht herum.

Der Angreifer, dessen Bart und Haar in Flammen standen, wand sich auf dem Rücken, während er mit dem brennenden Schal kämpfte. Der Schal schien sich an seinen Armen verfangen zu haben. Als es ihm gelang, ihn zur Seite zu werfen, hatten die Ärmel des Bademantels Feuer gefangen. Er sprang auf. Er wirbelte und schlug mit den Armen um sich, dann taumelte er an Jean vorbei und rannte los. Er stürmte an ausgestreckten Leichen vorbei, an Leibern, die sich entsetzt zusammendrängten, an jemandem, der auf dem Bauch lag, seine Hand ausstreckte und ihn ins Stolpern brachte. Er fiel, stieß sich wieder hoch und taumelte weiter.

Vielleicht versucht er, den Fluss zu erreichen, dachte Wayne.

Der Mann rannte immer noch, als Wayne zu Jean und Katie kroch. »Alles in Ordnung bei euch?«, keuchte er.

»Ja«, sagte Jean. »Ja.«

»Hast du ihn erwischt, Daddy?«

»Das kann man wohl sagen.«

Als Kyle ihre Kehle aufschlitzte, strömte Blut über seine Hände. Er ließ ihr Haar los und wich von dem zuckenden Körper zurück. Kurz darauf schlug ihr Kopf auf den Felsboden der Höhle auf.

Er klemmte sich das Taschenmesser zwischen die Zähne und ging nach vorne. Ihr Blut bespritzte seine Hose und den herausragenden Penis. Als er den Strahl passiert hatte, drehte er sich dorthin, wo sie liegen musste, und kniete nieder.

Kyle rutschte auf den Knien nach vorn, bis er gegen sie stieß. Er griff nach unten und berührte ihre nackten Beine. Ihr Schienbein. Es zitterte.

Sie lebt noch. Fick sie schnell, solange sie noch lebt und zuckt.

Bevor sie auftauchen.

Er kroch über sie und gelangte zwischen ihre Beine.

Hinter ihm setzte sich das Chaos fort. Die verrückten Geräusche von Kampf und Gemetzel.

Kyle zitterte am ganzen Leib vor Entsetzen und Verlangen.

Die Wahnsinnigen waren dort hinten, zogen ihre Nummer ab, und niemand wusste, dass er hier mit Paula war. Er war unsichtbar. Er konnte mit ihr tun, was er wollte. Niemand würde es je erfahren.

Sie werden es den Wahnsinnigen zuschreiben.

Er ließ seine Hände an den bebenden Schenkeln hinaufgleiten, schob sie unter den feuchten Rock.

Ein Rock?

Was …?

Er zog die Hände darunter hervor, griff höher und ertastete weiteren nassen Stoff. Eine Bluse? Er drückte durch die Kleidung die weichen Hügel ihrer Brüste. Es fühlte sich an, als trüge sie keinen BH, aber …

Woher zum Teufel hat sie die Kleider?

Er hatte ihr den Kilt und das Höschen ausgezogen, ehe sie sich von ihm losgerissen hatte. Ihre Bluse hatte sich gelöst, als er sie im Fluss gepackt hatte.

Paula ist nackt.

Das ist nicht Paula.

Kyle dachte an die Verfolgungsjagd in der Dunkelheit. Er war ihr dicht auf den Fersen gewesen. Sie hatte sich knapp außer Reichweite befunden, als er unter dem Geländer durchtauchte. Dann hatte er den Arm ausgestreckt und ihr Haar ergriffen – oder das Haar von jemand anderem.

Er hatte die Falsche erledigt.

Jetzt werde ich sie nie erwischen, wurde ihm klar. Und dann dachte er: Wen kümmert’s?

Er riss die Bluse auf und füllte seine Hände mit den großen, warmen Brüsten. Dann schob er den Rock an ihren Beinen hoch und tastete nach der Unterhose. Sie trug keine.

Klasse.

Wer ist sie?

Wen kümmert’s?

Kyle klappte sein Messer ein und steckte es in die Tasche. Er beugte sich vor und rieb sein Gesicht an ihren Brüsten. Er knetete eine Brust, nahm die andere in den Mund und saugte sie tief ein.

Ein hoher Schrei ertönte. Aber nicht von der Frau. Von irgendwo hinter ihm.

Na und?

Ein weiterer Tourist gibt den Löffel ab.

Er biss die Frau, und Blut strömte in seinen Mund.

Der Schrei wurde lauter.

Dann wurde es hell.

Grellorange flackerndes Licht.

Kyle stemmte sich plötzlich beunruhigt hoch und wollte gerade über die Schulter blicken, als jemand mit brennendem Kopf und Bademantel taumelnd neben ihm zu Boden ging.

Nicht mehr als einen Meter entfernt.

Er spürte die Hitze der Flammen.

Verdammt, jetzt kann mich jeder sehen!, dachte er.

Die Wahnsinnigen können mich sehen!

Er begann, sich zu erheben.

Und sah das Gesicht der Frau, die er getötet hatte.

Es war leuchtend rot.

Doch er kannte dieses Gesicht, auch wenn er es seit Jahren nicht gesehen hatte.

Sein Verstand setzte aus.

Winselnd kletterte er von seiner toten Mutter und rannte in die Dunkelheit.

Calvin, der auf dem Schutt in einer der Aufzugskabinen stand, sah den in Flammen gehüllten Mann durch die Gruppe stürmen und kurz vor dem Geländer stürzen. Ein Junge in der Nähe des brennenden Mannes stieg von jemandem herunter und rannte davon.

Weitere Streichhölzer flammten auf, als die Touristen dem Beispiel des ersten Mannes folgten. Im Schein der Streichhölzer sah Calvin Leute ihre Pullover und Hemden ausziehen. Sie begannen, den Stoff anzuzünden. Kurz darauf war der Bereich vor den Aufzügen in flackerndes Licht getaucht.

Eine Menge Leute lagen auf dem Boden – einige stellten sich tot, vermutete er, andere waren tatsächlich ermordet worden.

Wenn wir sitzen geblieben wären, würden wir jetzt mitten im Getümmel stecken, dachte Calvin. Vielleicht hätten wir dann auch schon ins Gras gebissen.

Aber als Calvin begriffen hatte, dass nicht nur jemand irgendwelchen Blödsinn machte, sondern sie in echten Schwierigkeiten steckten, hatte er Mavis durch die Dunkelheit gedrängt und in den Aufzug geschoben. Dort waren sie von drei Seiten geschützt. Er hatte den Eingang blockiert und seinen Stock durch die Luft schwingen lassen, bis die Feuer aufleuchteten und er sah, dass sich ihm niemand näherte.

Er konnte vier Unruheherde ausmachen.

Ein splitterfasernacktes Mädchen, das unbewaffnet zu sein schien, wurde von einem ihrer Leute bekämpft, während die schwangere Frau schrie, als wäre sie von einem Hund gebissen worden.

Eine junge Frau, die mit einem Satinkleid wie eine Ballkönigin herausgeputzt war, stand breitbeinig über dem dicken Mann und stocherte ihm mit etwas, das wie ein Knochen aussah, in den Eingeweiden herum, während er brüllte und sich aufbäumte. Calvin konnte sie nicht länger sehen, als die beiden schwulen Männer sie schlugen und zu Boden warfen.

Die ist erledigt.

Weiter rechts taumelten ein halbes Dutzend Leute herum, rangen miteinander und schrien. Doch sie waren im Begriff aufzuhören. Calvin vermutete, dass ihnen erst jetzt im Hellen klar wurde, mit anderen aus der Gruppe zu kämpfen.

Nur ein paar Meter links von sich sah Calvin seinen alten Freund, den Schnösel, in Schwierigkeiten stecken. Sein Sohn hing auf dem Rücken eines bärtigen Grobians in Frauenkleidern, der auf dem Schnösel kniete und den Hurensohn mit einer großen Schere zu durchbohren versuchte. Nur der Junge, der sich an das Handgelenk des Mannes klammerte, hinderte ihn daran, den Schnösel zu erledigen.

Calvin sprang aus dem Aufzug, hinkte zu ihnen und schlug mit seinem Stock zu.

Der Pferdekopf aus Messing zerschmetterte dem Grobian die Zähne.

Er fiel rückwärts auf den Jungen.

Calvin schwang den Stock wie einen Golfschläger und hieb dem Mann in die Eier.

Der Junge konnte sich befreien, schnappte sich die Schere und rammte sie dem Mann in die Brust.

Calvin trat zurück und blickte sich um.

Er sah keine weiteren Unruheherde mehr.

Der miteinander ringende Haufen hatte sich beruhigt.

Die beiden Schwulen traten abwechselnd auf die junge Frau mit dem eleganten Kleid ein.

Das nackte Mädchen kniete auf dem Boden, sprach mit dem Mann, der mit ihr gekämpft hatte, und nickte. Er zog sein Hemd für sie aus.

Merkwürdig, dachte Calvin. Ist sie eine von uns?

Er sah sich erneut um. Der Angriff war anscheinend vorbei.

Jetzt klagten die Leute über ihre Toten und versorgten die Verwundeten.

Calvin humpelte zurück zum Aufzug. Er ging durch den Schutt und schlang die Arme um Mavis. Sie umklammerte ihn fest.

»Wenn du das nächste Mal eine Höhle sehen willst, May«, flüsterte er, »dann kauf dir ein Bilderbuch.«

Darcy hörte schnelle Schritte, Keuchen und Schluchzen – jemand rannte durch die Dunkelheit auf sie zu. Greg blieb vor ihr stehen. Sie umklammerte seine Schulter fester.

Sie standen reglos und still da.

Die Geräusche kamen näher und näher.

Jemand aus meiner Gruppe?, fragte sie sich. Oder einer von ihnen?

Er ist fast bei uns!

Greg machte eine ruckartige Bewegung – schwang er die Knochenwaffe? Ein zischendes Geräusch. Seine Schulter zuckte, und im selben Moment hörte Darcy einen leisen, dumpfen Aufprall. Ein Grunzen.

Sie konnte nichts erkennen, doch aus den Geräuschen schloss sie, dass der Knochen den Unbekannten getroffen hatte – nicht am Kopf, aber vielleicht am Arm. Er taumelte zur Seite, stürzte, schlug auf den Betonweg.

Greg stürmte in die Richtung, und sie verlor seine Schulter.

»Nein! Bitte!« Eine verzweifelte Stimme. Irgendwie vertraut.

»Greg, warte. Ich glaub, es ist Kyle.«

»Kyle?«, fragte Greg.

Darcy stieß gegen Gregs Rücken und schlang die Arme um ihn. Sie legte die Hände auf seinen Bauch. Sie spürte seinen schweren Atem. Trotz der kühlen Luft war seine Haut schweißnass.

»Darcy?«, keuchte der Junge.

»Ja.«

»Sie leben. Sie leben noch.«

»Ist bei dir alles in Ordnung?«, fragte sie.

»Es ist … Mord. Mord.« Er schluchzte. »Sie werden alle umgebracht. Ich konnte wegrennen.«

»Habe ich dich verletzt?«, fragte Greg.

»Nur … Ich glaube, es ist nichts passiert.«

»Wir gehen weiter«, erklärte Darcy. »Du kannst mitkommen oder hierbleiben.«

»Nein!«

»Hier bist du sicher«, sagte Greg.

»Geht nicht! Sie werden Sie töten.«

»Sie sind nur zu viert oder fünft«, sagte Darcy.

»Vielleicht mittlerweile sogar weniger«, fügte Greg hinzu. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass unsere Leute sich nicht wehren.«

»Aber sie sind … sie sind wahnsinnig. Sie sind verrückt. Sie töten alle!«

»Beruhig dich, Kyle. Greg, lass uns gehen.«

»Warten Sie! Nein! Ich komme mit! Lassen Sie mich nicht hier!«

»Kannst du aufstehen?«, fragte Greg.

»Ja. Ja.«

Darcy hörte Stöhnen und schlurfende Geräusche, als Kyle sich mühsam erhob. Sie streichelte Gregs Bauch. Sein Atem hatte sich beruhigt. Es fühlte sich gut an, ihn zu halten, und sie wollte ihn nicht loslassen.

»Wo sind Sie?«, fragte Kyle.

»Hier«, sagte Greg. »Du bist genau …«

»Sind Sie das?«

»Ja.«

MEINE HAND!

Darcy stieß die Luft aus.

Sie riss ihren Arm von Gregs Bauch und versuchte, die Hand in Sicherheit zu bringen, sie von dem plötzlichen brennenden Schmerz zu befreien, doch der Schmerz blieb.

Sie wirbelte herum, beugte sich gepeinigt vor, wollte mit der linken Hand an die Wunde fassen und stieß gegen etwas, das aus dem rechten Handrücken herausragte. Eine neue Welle wilden Schmerzes überspülte sie, und sie schüttelte die Hand. Was auch immer es war, es flog heraus und landete klappernd auf dem Gehweg.

Als sie auf die Knie sank, dachte sie: Ein Messer! Er hat mich gestochen. Er wollte Greg erstechen, aber meine Hand …

Sie hörte Kampfgeräusche.

Greg wird mit ihm fertig werden.

Er hat mich gestochen! Kyle … hat versucht, Greg zu töten!

Sie wippte vor und zurück, drückte ihre verletzte Hand an den Oberschenkel, spürte das Blut durch ihre Hose dringen.

Der Kampf ging weiter. Sie hörte Schläge, Grunzen und Keuchen.

Ihr Arm zitterte, und die Hand vibrierte an ihrem Bein. Der Schmerz ließ ein wenig nach, doch sie konnte das Zittern nicht unterdrücken. Sie hielt die Hand mit der Linken fest, und das schien zu helfen. Der Schmerz wurde zu einem dumpfen Pochen, einem Pochen, das kaum schlimmer war als der Schmerz, den ihr der angespitzte Knochen zugefügt hatte.

Es sind zwei Verletzungen durch den Knochen, fiel ihr ein. Eine unter den Rippen, die andere am linken Oberschenkel.

Die Beinwunde ist nicht der Rede wert, dachte sie.

Aber, großer Gott, ich werde Stück für Stück niedergemacht.

Sie dröhnte vor Schmerz.

Und begann zu weinen.

Töte ihn, Greg, dachte sie. Töte das Schwein!

Dumpf bemerkte sie, dass sie keine Kampfgeräusche mehr hören konnte. Nur noch jemanden, der nach Atem rang.

»Greg?«, fragte sie schluchzend. »Greg, hast du ihn erwischt?«

Die Atemgeräusche kamen näher. Etwas strich über ihren Kopf und tätschelte ihn dann. Eine Hand. Sie griff mit der unverletzten Hand nach oben. Ein Schlag knallte gegen ihre Stirn.

Darcy fiel mit dem Rücken auf den Gehweg. Ihr Kopf schlug auf den Beton.

Etwas Schweres sank auf ihre Hüfte.

Sie lag betäubt da und war sich nur schwach bewusst, dass sich Hände an ihr zu schaffen machten, den Anorak öffneten, ihre Brüste berührten, sie drückten, in die Nippel kniffen, doch nicht so fest, dass der Schmerz die Benommenheit durchdrang.

Das war nicht Greg. Greg würde das nicht tun.

Kyle.

Er musste Greg verletzt haben.

Der Gedanke, dass Greg verwundet sein könnte, lichtete den Nebel in ihrem Kopf.

Sie versuchte, sich zu bewegen, doch es ging nicht.

Ich muss … mich zusammenreißen.

Sie spürte Feuchtigkeit an ihrer rechten Brust. Kyles Mund. Lutschend, saugend.

Sie hörte ihn stöhnen.

Sein Mund saugte an der anderen Brust.

Dieser kleine Scheißer, dachte sie. Das wollte er schon die ganze Zeit tun.

Der Mund löste sich von ihr.

Seine Hände verschmierten den Speichel auf ihren Brüsten, dann glitten sie weiter nach unten, und sie versteifte sich, als er die Wunde berührte.

»Was ist das?«, fragte er.

Er bohrte einen Finger hinein und lachte, als Darcy kreischte.

Erschaudernd spürte sie, wie er an dem Gürtel zog, der lose um ihren Bauch hing. Dann ließ er ihn los. Er öffnete die Knöpfe ihrer Hose. Zog den Reißverschluss herunter. Begann, an der Hose zu zerren.

Der Nebel war verschwunden. Der helle Blitz des Schmerzes hatte die letzten Reste davon vertrieben, als er den Finger in die Wunde gesteckt hatte. Ihr Kopf war wieder klar.

Sie überlegte, wo das Messer lag.

Es musste außerhalb ihrer Reichweite sein. Es war zur Seite geflogen, und sie war durch den Schlag nach hinten gefallen. Es musste sich irgendwo jenseits ihrer Füße befinden.

Kyles Gewicht lastete nicht mehr auf ihr.

Sie spürte, wie die Hose unter ihrem Hintern weggerissen wurde, fühlte den kalten Beton.

Kyle zog ihr erst den einen, dann den anderen Schuh aus.

Mit der linken Hand löste sie ihren Gürtel.

Ihre Füße wurden hochgehoben. Die Hose glitt ihre Beine hinab.

Sie hatte den Gürtel unter dem Rücken hervorgezogen.

Kyle zwang ihre Beine auseinander.

Sie spürte seine zitternden Hände an den Schenkeln emporwandern und stieß ein Zischen aus, als er auf die aufgerissene Haut dort drückte. Er bohrte nicht in der Wunde, sondern interessierte sich mehr für das, was sich ein Stück höher befand.

Er rieb Darcy durch ihren Schlüpfer.

Dann hakten sich seine Finger unter das dünne Gummiband, und sie setzte sich auf und streckte die aufgeschnittene, brennende rechte Hand nach ihm aus. Er stieß einen Schrei aus, als sie ihn berührte. Zuckte zusammen.

Ihre Hand lag auf seiner Schulter.

»Kyle«, sagte sie. Ihre Stimme war so dünn und morsch wie ein zerfledderter Lumpen. »Nicht. Nicht.«

»Du gehörst mir«, sagte er. »Ganz mir.« Er stieß ein seltsames Lachen aus. »Sie werden glauben, die Wahnsinnigen …«

»Du … gehörst nicht zu ihnen. Du bist nur … ein Kind. Du willst doch nicht …«

Eine seiner Hände löste sich von dem Schlüpfer und fand in der Dunkelheit ihre Brust.

»Lass mich … in Ruhe.«

Er rieb sie. Er drückte sie.

Darcy schlug zu.

Mit der linken Faust.

Die Gürtelschnalle fest auf die Handfläche gedrückt, der Metallstift zwischen Mittel- und Ringfinger aufragend.

Sie schlug in der Dunkelheit nach der Stelle, an der sich sein Hals befinden sollte.

Ihre Faust traf ihn.

Er kreischte auf.

Irgendwo hinter Darcy begann ein Baby zu schreien.

Hank hörte ein durchdringendes, hohes Kreischen. Das Baby auf Chris’ Arm erschrak offenbar bei dem schrillen Geräusch und begann zu weinen.

»Warte hier«, flüsterte er.

Er rannte los.

Chris wartete nicht, sie lief neben ihm her.

Er stürmte um eine Kurve des Gehwegs.

Der Schein der Laterne beleuchtete eine Frau mit wildem blondem Haar, die über einem Jugendlichen hockte. Sie trug eine blaue Nylonjacke. Und einen Schlüpfer.

Der Junge hatte kurzes schwarzes Haar, keinen Bart.

Einer von uns.

Und die Frau wollte ihn töten. Sie hatte seine Ohren gepackt, hob seinen Kopf hoch und schmetterte ihn auf den Beton. Wieder und wieder. Jedes Mal, wenn der Kopf aufprallte, gab es ein schmatzendes Geräusch.

Zu spät, dachte Hank. Der Junge ist hinüber.

Im Laufen beugte sich Hank zur Seite und ließ die Laterne los. Sie schlitterte mit dem Metallboden über den Beton, kippte jedoch nicht um.

Er rannte auf die Frau zu.

Sie schlug den Kopf des armen Jungen weiter auf den Boden.

Hank sah noch einen anderen Körper – einen großen Mann, der reglos hinter den beiden auf dem Beton lag.

Nackt, bis auf seine Boxershorts.

Einer der Männer aus dem Boot?

Hat sie ihn auch erledigt?

Wahrscheinlich haben ihr die anderen geholfen.

Der große Mann rührte sich, hob ein Knie.

Wenigstens ist er nicht tot.

Die Frau wandte den Kopf. Sie sah Hank durch ihr wirres feuchtes Haar an. Sie ließ die Ohren des Jungen los und drehte sich zu ihm.

Ein schneller Tritt ans Kinn.

Ihre Jacke stand offen. Er sah ihre Brüste, den flachen Bauch.

Diese ist nicht schwanger.

Auf ihrem Bauch überall Blut, eine hässliche Wunde knapp unter den Rippen. Auch von der rechten Hand strömte Blut. Ein Schnitt am Oberschenkel.

Die hat ganz schön was eingesteckt und hält sich trotzdem auf den Beinen.

Er sah Verwirrung in den blauen Augen, die ihn durch das verklebte Haar anstarrten.

Schöne Augen.

Vertraute Augen.

Aber die Augen einer Wilden, einer Kannibalin.

Für den Jungen.

Er trat nach ihrer Kinnspitze.

»NEIN!«, schrie Chris.