17. KAPITEL

 

Phil führte Vanda an einen Tisch in der Mitte des Clubs. Vampire Blues richtete sich offensichtlich an ein anderes Publikum, als es beim Horny Devils der Fall gewesen war. Es gab keine grellen Lichter und keine schnelle, hämmernde Musik. Keine kreischenden, hüpfenden Mädchen, die nach dem nächsten Tänzer verlangten.

Vampire Blues war ein düsterer, trüber Ort, der nach verschüttetem Blissky stank. Vampir-Kellnerinnen, in schwarze Satinshorts und Trägerhemdchen gekleidet, huschten an den vernarbten Tischen entlang. Über der Bar hing ein Fernseher, auf dem das Digital Vampire Network lief. Stone Cauffyn verlas gerade die Nightly News, aber er war auf stumm geschaltet.

In einer Ecke neben der Bar spielte eine kleine Jazzband eine langsame, traurige Melodie, und ein Pärchen auf der Tanzfläche wiegte sich zu ihrer Musik.

Vanda setzte sich mit einem Schnaufen hin. »Hier ist es deprimierend.«

»Du solltest auch deprimiert sein.« Phil setzte sich neben sie. »Du hast deinen Club verloren.«

»Erinnre mich nicht daran.« Sie blickte über ihre Schulter. »Wo sind die anderen Jungs hin? Sie sollten mich doch beschützen.«

»Das werden sie.« Phil bemerkte, wie gut Colbert und seine Freunde in die dunklen Sitzecken im hinteren Teil des Clubs passten. Robby MacKay, mit seinem leuchtend blauen und grünen Kilt, war auffälliger. Er saß an einem Tisch, der ihnen zugewendet war, um das Breitschwert an seinem Rücken zu verbergen.

»Zuerst müssen wir dich in Corkys Sendung bekommen«, erklärte Phil. »Aber wir wollen nicht, dass deine kleine Armee ebenfalls zu sehen ist.«

»Klar«, murmelte Vanda. »Ich bin nicht nur der Köder, ich muss auch ein vollkommen hilfloser und verletzlicher Köder sein.«

»Genau.« Phil winkte einer Kellnerin. »Wenn Casimir merkt, wie gut du beschützt wirst, dann wittert er gleich die Falle. Aber wenn er denkt, du bist schutzlos, greift er wahrscheinlich nur mit wenigen Männern an.«

»Okay. Ziehen wir die Sache durch.«

Die Kellnerin blieb an ihrem Tisch stehen und sah Phil abschätzend an. Mit einem Lächeln beugte sie sich vor, um ihren Ausschnitt zu präsentieren. »Was kann ich für euch tun?«

»Du kannst etwas anziehen«, knurrte Vanda.

Die Kellnerin richtete sich auf und warf ihr einen beleidigten Blick zu.

»Ich nehme ein Bier«, sagte Phil. »Und meine Verlobte einen Blissky.«

Die Kellnerin drehte sich beleidigt um und stakste davon.

Vanda starrte Phil an. »Wie war das?«

»Ich weiß, dass du nicht viel Alkohol trinkst, aber du musst betrunken wirken«, erklärte er ihr.

»Ich meinte den Teil mit der Verlobten. Habe ich irgendwas verpasst?«

»Ich dachte, das hält die Kellnerin davon ab, mich anzumachen. Es tut mir leid, dich auf diese Weise zu missbrauchen.« Unschuldig blickte Phil die Liebe seines Lebens an.

Ihre Mundwinkel zuckten. »Schätzchen, du kannst mich so viel missbrauchen, wie du willst.« Sie rieb mit ihrem Stiefel an seinem Bein entlang.

Mit einem leichten Kopfnicken deutete Phil auf die anderen Vampire.

Vanda verdrehte die Augen. »Diese Verbote sind doch für die Tonne. Ich sollte meinen Wachposten bespringen dürfen, wenn ich will.« Sie lächelte. »Und ich will.«

»Ich will auch, aber wir können es uns gerade nicht erlauben, uns ablenken zu lassen.«

Ein Blitzlicht lenkte Phil plötzlich ab. Dann noch mehr Blitzlichter. Drei japanische Vampire fotografierten die Kellnerin. Sie posierte lächelnd.

Touristen, nahm er an. Sie hatten alle eine Digitalkamera um den Hals hängen und saßen an einem Tisch in der Nähe.

Die Kellnerin brachte Phil und Vanda ihre Drinks und wendete sich dann den Japanern zu. »Was möchtet ihr?«

»Wir wollen Blissky. Ich bin Kyo, ich bezahle.«

Die Kellnerin nickte. »Drei Blissky, kommt sofort.« Als sie zur Bar ging, fotografierte Kyo ihre Rückansicht.

»Kyo!« Einer seiner Freunde lachte. »Du bist schlimm.«

Vanda nippte an ihrem Blissky und verzog das Gesicht. »Urgs.«

»Tut mir leid«, murmelte Phil. »Es soll so aussehen, als würdest du deine Sorgen ertränken.«

Während Phineas noch in sein Handy sprach, kam er auf die beiden zu. »Yeah. Okay, Alter. Super.« Er klappte das Telefon zu und setzte sich zu ihnen an den Tisch. »Das war Gregori. Er ist bei DVN und tut so, als würde er einen neuen Werbespot für Fusion Cuisine besprechen, und dabei hat er einige Male fallen lassen, dass Vanda hier ist und sich in Selbstmitleid suhlt.«

Vanda schnaufte. »Ich suhle mich nicht.«

»Das gehört alles zur Show, Süße«, flüsterte Phineas. »Jeden Augenblick kommen die Neuigkeiten bei Corky an.«

»Und sie wird in ihrer Sendung zeigen wollen, wie ich mich suhle«, knurrte Vanda. Sie nahm noch einen Schluck Blissky und verzog das Gesicht.

Phineas runzelte die Stirn. »Süße, du siehst nicht sehr betrunken aus.«

»Bin ich nicht. Und wenn du mich noch einmal ›Süße‹ nennst, stopfe ich dir meine Peitsche in den Hals.«

Ergeben erhob der schwarze Vampir die Hände. »Mädchen, ich meine nur, dass ich einige Erfahrung habe, was extreme Trunkenheit angeht. Erstens musst du aussehen, als würdest du den Blissky genießen. Ich zeige es dir.« Er nahm sich ihr Glas und leerte es zur Hälfte.

Dann knallte er das Glas hin und klopfte auf den Tisch. »Verdammt, ist das gut. Also, zweitens, du musst betrunken aussehen. Lass dich in deinem Stuhl hängen und sperr deinen Mund auf.«

Vanda sah ihn mit einer gehobenen Augenbraue skeptisch an.

Der Barkeeper ging gerade ans Telefon, und etwas später erschien ein kleiner, glatzköpfiger Mann, der sich mit einer kleinen Kamera teleportiert hatte. Corkys Spion, der gleiche Mann, den Phil in ihrem Büro gesehen hatte. Der Mann eilte in eine der Nischen.

»Showtime«, flüsterte Phil. »Corkys Spion ist hier.«

»Wo?« Vanda drehte ihren Kopf.

»Sieh nicht hin«, knurrte Phil.

Vandas Augen nahmen einen sorgenvollen Ausdruck an. »Was jetzt?«

»Zieh einfach dein Ding durch«, riet Phineas. Und als Vanda reglos sitzen blieb, fügte er hinzu: » Süße.«

»Ich wette, es war schlimm für dich, deinen Club abbrennen zu sehen«, fuhr Phineas fort. »Das muss dich richtig wütend gemacht haben.«

Sie nippte an ihrem Blissky.

Phineas beugte sich näher zu ihr. »Ich wette, es hat dich fast zur Weißglut gebracht.«

»Ich weiß, was du vorhast.« Vanda sah ihn ausdruckslos an.

Resigniert schnaufte Phineas. »Mach irgendwas, Phil. Beleidige sie. Mach sie wütend.«

Phil zuckte mit den Schultern. »Mir fällt nichts ein. Ich finde sie... perfekt.«

»Danke.«

»Ach, kommt schon.« Phineas sah sie verdrossen an. »Könnt ihr nicht so eine Art Rosenkrieg veranstalten? Ist die Kamera auf uns gerichtet?«

Tatsächlich hatte der kleine, glatzköpfige Mann seine Kamera direkt auf sie gerichtet, bemerkte Phil aus den Augenwinkeln. »Ja, ist sie.«

Phineas grinste Vanda an. »Weißt du, diese Overalls solltest du lieber nicht tragen. Du siehst fünf Kilo fetter aus.«

»Ihr habt mich vielleicht überredet, hier brav wie ein Hündchen zu sitzen, aber ich gebe nicht den dressierten Affen.«

»Verdammt noch mal, Mädchen«, fauchte Phineas sie an. »Alle wissen, dass du verrückt bist. Jetzt verhalte dich auch so!«

Vanda zuckte mit den Schultern. »Selber verrückt.«

Phineas starrte Phil vorwurfsvoll an. »Was für ein Trainings-Sponsor bist du eigentlich?«

»Ein erfolgreicher anscheinend.«

»Mist«, murmelte Phineas. Sein Blick wanderte zu den japanischen Touristen am Nebentisch, und seine Augen leuchteten auf. Unbemerkt fasste er unter den Tisch und schleuderte ihn auf die japanischen Vampire.

Der Tisch krachte auf die Touristen und bespritzte sie mit Blissky und Blier. Sie sprangen auf und brüllten vor Schreck und Empörung.

Demonstrativ sprang Phineas auf und blickte Vanda angewidert an. »Vanda! Warum hast du das gemacht?«

»Was?« Verwirrt erhob sie sich.

Phineas schlug sich eine Hand gegen die Stirn. »Du kannst diese Leute nicht einfach angreifen, bloß weil du Naruto nicht gut findest!«

»Wen?« Vanda kapierte gar nichts mehr.

»Sie hasst Naruto?« Kyo starrte Vanda wütend an, und sein Gesicht wurde dabei immer röter.

»Du hast mein Hemd ruiniert!« Ein anderer Japaner wischte sich die Blisskyflecken von seinem roten Seidenhemd. Wütend starrte er Vanda an. »Du böse Frau.«

»Hey, sie hat dir einen Gefallen getan«, rief Phineas. »Das Hemd ist was für Frauen.«

Langsam kam die Sache in Fahrt.

»Sie hat deine Ehre beleidigt, Yoshi«, verkündete Kyo. »Und sie beleidigt die Ehre von Naruto.«

»Hai!« Alle drei japanischen Vampire gingen in Angriffstellung.

»Was zum Teufel?« Vanda sprang zurück und löste rasch ihre Peitsche von ihrer Hüfte.

Corkys Kameramann zeichnete immer noch alles fleißig auf, bemerkte Phil. Sie würden wirklich kämpfen müssen.

Die Japaner hatten einige beeindruckende Tritte und Drehungen auf Lager. Yoshi trat nach Vanda, aber es gelang ihr, sich zu ducken. Sie hieb mit ihrer Peitsche nach ihm, und er wich zurück.

Kyo ging auf Phil los, der allerdings Erfahrung mit Kampfkünsten hatte und alle Tritte und Schläge gekonnt abwehrte. Schnell hatte er rausbekommen, dass jeder Tritt auf Kyos teure Digitalkamera den Touristen zurückweichen ließ.

Sie mussten für Corky eine richtige Show inszenieren. Phil warf einen Stuhl nach Kyo, absichtlich daneben, der auf einem der Tische zerbarst. Umstehende Besucher des Clubs kreischten und rannten aus dem Gebäude. Andere blieben und schlossen Wetten ab.

Endlich verschwand der Kameramann. Vielleicht hat er eine Deadline, überlegte Phil, um das Video noch in Corkys Show »Live with the Undead« unterzubringen, die in fünfzehn Minuten beginnen sollte.

»In Ordnung!«, rief Phil. »Die Show ist vorbei.«

Phineas und Vanda hörten auf zu kämpfen. Die japanischen Vampire standen da, atmeten schwer und sahen verwirrt aus.

»Herzlichen Glückwunsch!« Phineas grinste sie an. »Versteckte Kamera. Ihr kommt alle ins Fernsehen.«

»Was?« Kyo starrte den Fernseher an. Dort liefen immer noch die Nightly News. »Wir jetzt amerikanische Filmstars?«

»Fernsehstars«, korrigierte Phineas ihn. »Ihr werdet berühmt. Und Alter, wir finden Naruto super.«

»Wer ist Naruto?«, flüsterte Vanda.

»Ich lade euch auf die nächste Runde Drinks ein«, schlug Phil vor.

Zehn Minuten später saßen Phil, Vanda und Phineas mit ihren neuen Freunden an einem Tisch: Kyo, Yoshi und Yuki. Robby, Zoltan und Dougal kamen zu ihnen, stellten sich vor und gratulierten zu ihren ausgezeichneten Kampfkünsten. Colbert und seine Männer stellten sich ebenfalls vor und lobten die Touristen für ihren Kampfgeist. Colbert entschädigte den Clubbesitzer für den Schaden und bestellte dann eine Runde Blissky für alle.

Als Corky Courrants Sendung begann, drehte der Barkeeper den Ton lauter. Die Jazzband und alle Kunden verstummten, um sich »Live with the Undead« anzusehen.

»Seien Sie mir gegrüßt, liebe Zuschauer.« Corky lächelte grimmig in die Kamera. »Heute Nacht haben wir schockierende Nachrichten. Letzte Nacht berichteten wir bereits über die komplette Zerstörung von Vanda Barkowskis berüchtigtem Nachtclub hier in New York City.«

Der halbe Bildschirm zeigte jetzt die niedergebrannten, eingefallenen Überreste von Vandas Club.

Phil klopfte ihr unter dem Tisch mitfühlend das Bein.

»Es ist kein Geheimnis, dass ich deshalb letzte Nacht gefeiert habe«, fuhr Corky fort, »aber ich muss zugeben, ich hatte nichts damit zu tun. Es war einfach eine Frage göttlicher Gerechtigkeit. Wir haben gedacht, Vanda sei bei der Explosion eines grausamen Todes gestorben. Seien wir ehrlich, wir hatten alle gehofft und gebetet, dass sie tot ist. Laut einer späten Sondermeldung von heute Nacht können wir bestätigen, dass Vanda Barkowski noch lebt!«

Ein Bild von Vanda blitzte auf dem Bildschirm auf.

»Ah, Vanda.« Die Japaner verbeugten sich vor ihr. »Du berühmte Persönlichkeit.«

Sie stöhnte und schüttelte den Kopf.

»Wie Sie sehen, meine lieben Freunde«, fuhr Corky fort, »habe ich Exklusivmaterial und kann beweisen, dass sich Vanda bester Gesundheit erfreut. Und nicht nur das, sie ist auch gewalttätig wie eh und je! Erst vor wenigen Augenblicken hat mein Agent diese Szene im Vampire Blues Club in New Orleans gedreht. Vanda war dort und so betrunken und aufsässig, dass sie drei arglose Touristen aus Japan angegriffen hat!«

Das Video wurde abgespielt. Die Japaner jubelten.

»Wir sind berühmt!«, rief Yuki.

»Blissky für alle!«, rief Kyo.

Phil stand plötzlich auf. »Jungs, ich löse die Party nur ungern auf, aber ihr müsst gehen. Wir rechnen jeden Augenblick mit Ärger.«

»Ärger?«, fragte Kyo. »Was für Ärger?«

Yuki hob sein Kinn. »Wir rennen nicht vor Ärger davon.«

»Alter, die Malcontents kommen«, erklärte Phineas. »Sie wollen Vanda umbringen.«

»Niemand bringt Vanda um«, entgegnete Kyo bestimmt.

»Wir kämpfen!« Yoshi stieß seine Faust in die Luft.

»Die haben Schwerter«, warnte Phil ihre neuen Freunde.

»Wir keine Angst«, verkündete Yuki. »Wir kämpfen.«

Colbert und die anderen Vampire sammelten sich um den Tisch, die Schwerter gezogen und bereit zum Kampf. Die übrigen Besucher rannten aus dem Gebäude.

Zwei Stunden später warteten sie immer noch.

Vanda seufzte. »Vor ein paar Stunden habe ich Todesängste ausgestanden, aber jetzt will ich nur noch, dass es endlich vorbei ist.«

»Was brauchen die so lange?«, fragte Phineas resigniert.

Phil schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Vielleicht haben sie die Falle gewittert.«

»Oder sie waren mit etwas anderem beschäftigt.« Robby rief Angus an, doch es gab keine weiteren Bombardierungen. Die Malcontents schienen sich eine Nacht freizunehmen.

»Die haben etwas vor«, murmelte Zoltan.

Drei Stunden später war jedoch noch immer nichts passiert.

Phil trank mittlerweile einen Kaffee nach dem anderen, um wach zu bleiben.

»Vielleicht haben sie Corkys Show nicht gesehen«, überlegte Phineas.

»Irgendein Malcontent muss sie gesehen haben«, sagte Robby. »Vielleicht schaffen sie es nicht, Casimir die Neuigkeiten zu überbringen. Er versteckt sich eventuell so gut, dass selbst einige seiner eigenen Leute nicht wissen, wo er ist.«

»Das könnte sein«, stimmte Colbert zu. »Ich schlage vor, wir kommen morgen Abend wieder her. Casimir könnte dann immer noch auf der Suche nach Vanda vorbeikommen.«

Die Japaner standen auf und verbeugten sich. »Dann werden auch wir morgen zurückkommen, um zu kämpfen.«

Sie gingen zur Tür, doch Phil hielt sie auf. »Ist es euch ernst, Vanda zu helfen?«

»Natürlich«, sagte Kyo. »Sie berühmter amerikanischer Star.«

Phil nahm sein Handy und gab Kyos Nummer in sein Telefonbuch ein. »Danke. Wenn ich je eure Hilfe brauche, rufe ich an.«

»Es wäre eine Ehre.« Kyo verbeugte sich und ging mit seinen Freunden hinaus.

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Vanda saß auf der ihr zugeteilten Liege im oberen Bereich des Kaffee-Lagerhauses. Ihre Peitsche hatte sie neben sich auf die Liege gelegt, während Scarlett und Tootsie auf der benachbarten Liege hockten und sie mit Geschichten ihrer verrückten Erlebnisse unterhielten.

Sie blickte zu Phil, der schlafend auf seiner Liege lag. Der arme Kerl war so erschöpft, dass er trotz des Lärms um ihn herum eingeschlafen war.

Aber nicht alle Vampire redeten. Vanda hatte hinter der Küche einige Privaträume entdeckt. Colbert und Giselle hatten sich in ihren eigenen Raum zurückgezogen. Vanda war versucht gewesen, um ein Privatzimmer für sie und Phil zu bitten, aber es waren zu viele Angestellte von MacKay S & I mit ihnen dort. Niemand durfte von der verbotenen Affäre zwischen ihr und ihrem zugeteilten Wachmann wissen.

Scarlett stand auf. »Ich trinke noch eine heiße Tasse Chocolood vor dem Schlafengehen. Möchtest du auch, Vanda?«

»Ja, danke.« Vanda beugte sich vor, um ihren Stiefel zu öffnen.

»Eindringlinge!«, rief ein Mann bei den Überwachungsmonitoren. »Alarm!«

Innerhalb von Sekunden hatten die männlichen Vampire ihre Schwerter gegriffen und waren zur Tür gestürmt. Vanda eilte an die Bildschirme, um zu sehen, was geschah. Ein Dutzend mit Schwertern bewaffnete Männer waren in dem großen Raum im Erdgeschoss erschienen.

Colbert rannte in den Schlafsaal, barfuß, sein Hemd aufgeknöpft, aber mit einem Schwert in der Hand. Giselle folgte ihm, nur in einen Bademantel gewickelt. Die Zirkelfrauen scharten sich um sie.

»Oh mein Gott!« Scarlett packte Tootsie. »Was sollen wir tun?«

Colbert blickte zu den zwei Männern, als er aus der Tür eilte. »Beschützt die Frauen!«

Tootsie keuchte empört auf. »Ich dachte, wir sind die Frauen.«

Verschlafen setzte Phil sich auf. »Was ist los?« Er griff nach seinen Schuhen und zog sie schnell an.

Vanda rannte zu ihm. »Die Malcontents sind hier.«

»Mist.« Blitzschnell legte er sich ein Schulterhalfter um und steckte seine Waffe hinein. »Bleib hier.« Er griff sich ein Schwert von dem Haufen bei den Überwachungsmonitoren und sprintete zur Tür.

»Phil!« Vanda rannte ihm nach. Der verdammte Balkon war etwa drei Stockwerke hoch. Sie hatte ihn vorhin mitnehmen müssen, als sie hinabgeschwebt war. »Warte.« Sie erreichte den Balkon gerade rechtzeitig, um ihn springen zu sehen. Sie kreischte. Guter Gott, er hatte sich umgebracht.

Als sie über den Rand spähte, konnte sie ihren Augen kaum trauen. Er war geschickt gelandet und bereits dabei, einen Malcontent mit seinem Schwert herauszufordern. Wie in aller Welt war ihm dieser Sprung gelungen?

Sie zuckte zusammen, als ein Schwerthieb ihn nur knapp verpasste. Ihr Herz schlug ihr bis in die Kehle. Wie in aller Welt sollte er einen Kampf gegen einen Vampir gewinnen? Guter Gott, Hugo hatte recht. Phil bewegte sich unglaublich schnell.

Ihr Blut gefror, als sie die Szene unter sich betrachtete. Vampir gegen Vampir. Schwerter klirrten. Rufe des Triumphs und Schreie der Niederlage. Männer, die vor Qual aufheulten, ehe sie zu Staub zerfielen.

»Rache!«, brüllte jemand über das Klirren der Schwerter.

Sie entdeckte den brüllenden Mann. Er war vollkommen von bewaffneten Malcontents umzingelt. Sie kämpften wie wild, um ihn zu beschützen. Er hielt ein Schwert in einer Hand, den anderen Arm in einem seltsamen Winkel gegen die Brust gedrückt.

»Casimir«, flüsterte sie.

Ein Schrei ließ sie zusammenzucken. Einer von Colberts Männern war aufgespießt worden. Er verwandelte sich zu Staub.

Hände packten Vandas Schultern, und sie zuckte zusammen.

»Komm rein.« Giselle zog sie vom Rand des Balkons fort. »Lass dich nicht von ihnen sehen.«

»Aber ich muss wissen...« Vanda blickte suchend durch wedelnde Arme und schwingende Schwerter und hielt dabei Ausschau nach Phil. Es ging ihm immer noch gut. Er hatte jetzt einen anderen Gegner. Den ersten musste er umgebracht haben.

Sie entdeckte einen Malcontent, der sich mit einem Handy am Ohr in eine dunkle Ecke drückte. Ein Dutzend weitere Malcontents erschienen um ihn herum. »Sieh dir das an!«

»Sie sind in der Überzahl!«, schrie Giselle.

»Wir müssen Verstärkung holen.« Vanda griff nach Giselles Arm. »Bring mir ein Telefon. Wir rufen Angus an.«

»An der Ostküste ist bereits Tag.« Giselles Augen füllten sich mit Tränen. »Sie können nicht kommen.«

Verdammt. Deshalb hatten die Malcontents wahrscheinlich so lange mit ihrem Angriff gewartet. Voller Grauen sah Vanda dabei zu, wie noch eine Gruppe Malcontents sich teleportierte. Guter Gott, es mussten zwanzig von ihnen sein.

Casimir bellte vor Lachen. »Rache für das Massaker bei DVN!«

Giselle brach in Tränen aus. »Gott steh uns bei. Das ist wirklich ein Massaker.«

Vanda stand wie erstarrt auf dem Balkon. Wenn es nur etwas gäbe, was sie tun könnte. Aber sie hatte sich nie im Schwertkampf geübt. Es wäre Selbstmord, hinab in das Gemenge zu springen.

Sie entdeckte Robby und Phil, die sich zu den neu angekommenen Malcontents durchkämpften. Robby spießte den Telefonbesitzer auf. Der Malcontent verwandelte sich in Staub, und sein Telefon fiel zu Boden. Phil trampelte darauf.

Ein Schopf brauner Haare zog Vandas Aufmerksamkeit auf sich. Einer der neu angekommenen Malcontents wirbelte herum, um einen Angriff abzuwehren. Ein langer brauner Pferdeschwanz peitschte durch die Luft. Eine Frau.

Vanda trat näher an den Rand des Balkons. Da war etwas an der Art, wie die Frau sich bewegte. Sie drehte sich wieder um, und Vandas Herz stockte.

Marta.

Als hätte sie Vandas Gedanken gehört, blickte Marta hinauf auf den Balkon. Sie kniff die Augen zusammen.

Vanda stolperte zurück. »Nein, nein.«

»Ist alles in Ordnung?« Giselle schleifte sie in den Schlafsaal.

Scarlett wartete direkt hinter der Tür. »Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.«

»Habe ich.« Vanda stolperte zu ihrer Liege. Ihr Herz klopfte hart in ihrer Brust. Marta. Die für die Malcontents kämpfte.

Plötzlich kreischte Tootsie.

Vanda wirbelte herum. Ein Malcontent war in den Raum eingedrungen.

Giselle rannte zu den anderen Frauen.

Der Malcontent entdeckte Vanda und hob sein Schwert. Schnell ergriff Vanda ihre Peitsche.

Mit einem Schrei griff er an. Sie sprang über die Liege und hieb mit ihrer Peitsche nach ihm.

Scarlett warf ein Kissen nach ihm und quietschte dann, als der Malcontent sich umdrehte und auf ihn zumarschierte. Scarlett presste sich bebend gegen eine Wand.

Tootsie teleportierte sich, landete direkt hinter dem Malcontent und schlug ihm eine Blisskyflasche auf den Kopf. Der Malcontent stürzte zu Boden.

Scarlett sprang Tootsie in die Arme. »Du hast mich gerettet!«

Giselle und die Frauen kreischten, als zwei weitere Malcontents den Raum betraten.

Colbert kam ihnen nachgerannt, brachte einen um und verwickelte den anderen in einen Kampf. »Wir ziehen uns zurück!«, rief er. »Teleportiert euch sofort zum Landhaus!«

Die Frauen teleportierten sich davon.

»Gott sei mit dir.« Tootsie umarmte Vanda, dann teleportierten er und Scarlett sich ebenfalls.

Mit einem schnellen Stoß durch das Herz verwandelte Colbert auch den zweiten Malcontent zu Staub. Er entdeckte den bewusstlosen Malcontent auf dem Boden und bereitete auch ihm ein Ende.

»Colbert!« Giselle warf sich ihm in die Arme.

Er umarmte sie und streckte dann eine Hand nach Vanda aus. »Du solltest mit uns kommen.«

»Nein!« Phil sprintete in den Raum.

Auf seinem Hemd waren Blutflecke. Aber Gott sei Dank war er am Leben. Plötzlich schoss es Vanda durch den Kopf, wie es ihm wohl gelungen war, in den ersten Stock zu kommen.

Er griff nach seinem Handy, das er auf der Liege gelassen hatte. »Geh schon, Colbert. Solange du noch kannst. Wir verschwinden auch.«

»Gott steh dir bei.« Colbert teleportierte sich davon und nahm Giselle mit.

Phil öffnete sein Telefon und gab eine Nummer ein. »Wir müssen hier weg, Vanda.«

»Aber wohin?«, rief sie. »Nach Osten können wir nicht.«

Er hielt sich das Telefon ans Ohr. »Brynley? Sprich einfach weiter. Wir sind gleich da.« Er schlang einen Arm um Vanda und drückte ihr das Telefon ans Ohr. »Vertrau mir.«

Vanda hörte die Stimme einer fremden Frau am Telefon. Drei Malcontents platzten in den Raum. Sie erschrak, und alles wurde schwarz.