14. KAPITEL

 

Als er sie endlich küsste, schmiegte Vanda sich an Phil. Der Kuss war ganz zart und fordernd zugleich. Kein Zweifel, er wollte die Sache langsam und gründlich angehen. Aber die rhythmische Massage seiner Zunge an ihrer, das Gefühl seiner zarten Haut unter ihren unruhigen Händen, und der erdige, maskuline Duft, der ihre Sinne erfüllte - das alles brachte ihr Herz zum Rasen, und ihre Leidenschaft geriet außer Kontrolle.

Sie drückte ihre Finger in seinen Rücken und presste sich an ihn. Mit ihren Hüften drückte sie sehnsüchtig gegen seinen Schoß und rieb sich an seiner harten Länge. Die schmerzhafte Leere zwischen ihren Beinen wurde heiß und verlangend.

Zur Hölle mit ausgiebigem Liebesspiel. Das konnten sie beim zweiten Mal machen. Oder beim dritten.

»Los jetzt.« Sie befreite sich aus der Umarmung und zerrte am Knoten ihres Frotteegürtels. Alles war in Rot getaucht, ihre Augen mussten bereits kräftig leuchten.

»Kleines, ich liebe deine Begeisterung, aber erst müssen wir reden.«

»Du machst Witze.« Sie riss sich den Mantel vom Leib und warf ihn auf den Boden.

Er atmete scharf ein. »Lieber Gott, du bist so schön.«

»Danke.« Dass seine Erektion noch größere Formen angenommen hatte, blieb ihr nicht verborgen. »Genug mit dem Geplauder.« Sie griff nach dem Bund seiner Flanellpyjamahose.

Doch Phil packte ihre Handgelenke, um sie aufzuhalten. »Wir müssen wirklich reden.«

»Warum?« Sie wand ihre Hände aus seinem Griff und funkelte ihn böse an. »Lässt du mich sitzen?«

»Nein! Ich liebe dich. Ich will mein ganzes Leben mit dir verbringen.«

»Wirklich?«

»Ja, wirklich.«

»Was ist dann das Problem? Ich kann nicht schwanger werden. Ich habe keine Krankheiten. Dein Prachtkörper wird überhaupt keinen Schaden nehmen.« Sie griff sich ihre Peitsche vom Couchtisch. »Es sei denn natürlich, du machst mich sauer. Das sollte dich zum Gehorsam treiben. Die Peitsche oder mein persönlicher Liebessklave - was soll es sein?«

Seine blauen Augen funkelten. »Du musst nicht zu Drohungen greifen. Ich melde mich gern freiwillig.«

Sie warf die Peitsche zurück auf den Tisch. »Dann halt endlich den Mund und küss mich. Bring mich zum Schreien. Das ist ein Befehl.«

Irgendwie schien Phil dennoch nervös zu sein. »Ich muss dir zuerst etwas sagen.«

Vanda stöhnte vor Frustration. Sie hätte doch die blöde Peitsche benutzen sollen.

»Erinnerst du dich, wie du erwähnt hast, dass die Nazis Wölfe auf dich gehetzt haben?«

Alles Gefühl wich aus ihrem Körper, und sie erstarrte. Auch die heiße Lust kam nicht gegen ihre eisige Gänsehaut an. »Ich will nicht darüber reden.« Sie konnte es Phil nicht erzählen. Er würde sie nie wieder so sehen können wie vorher. »Die Vergangenheit ist vorbei. Es bringt nichts, noch darüber zu reden.«

»Aber das hier...«

»Nein! Du liebst mich, oder nicht?« Wieder schossen ihr Tränen in die Augen. »Sollte Liebe nicht genug sein?«

»Ich hoffe es.«

»Ist es.« Vanda nahm ihn in die Arme. »Bitte. Nimm mich einfach, wie ich bin. Liebe mich.«

»Ich liebe dich doch. Mehr als alles andere.«

»Gut.« Sie zog seine Hose herunter. »Dann beeil dich.«

»Wir haben die ganze Nacht. Hetz mich nicht.«

Aber sie war bereit für ihn. So sehr bereit. »Ich will dich.«

Sie streckte ihre Hand aus, um ihn zu berühren.

»Warte einen Augenblick.« Er legte sie auf den Boden, und sie schlang sofort ihre Beine um seine Hüfte.

»Liebessklave.« Sie hob ihre Hüften, um sich an ihm zu reiben. »Nimm mich, jetzt.«

»Jetzt nicht.«

»Doch, jetzt. Was verstehst du an der Bezeichnung ›Liebessklave‹ bloß nicht?«

Phils Lachen war wunderbar. »Ich war der Erste, der seine Liebe erklärt hat. Also komme ich zuerst dran.«

»Wir wechseln uns ab?«

»Ja. Ich zuerst.«

Innerlich musste sie schmunzeln. Für einen Liebessklaven war er sehr dominant. Aber selbst ihre kleinen Machtkämpfe erregten sie noch. »Du glaubst, du hast hier das Sagen?«

»Ich weiß es.« Er zog den Frotteegürtel aus ihrem Bademantel.

»Vielleicht lasse ich dich nur glauben, dass du etwas zu sagen hast.« Sie runzelte die Stirn, als er den Gürtel um ihre Handgelenke wickelte. »Was machst du da?«

»Ich habe vor, dich genau zu erkunden. Das kann ich nicht, wenn du mich so hetzt.« Er nahm ihre Arme, legte sie über den Kopf und band die Enden des Gürtels um ein Bein des Couchtisches.

Dabei knotete er den Gürtel so locker, dass sie sich befreien konnte, wann immer sie wollte. »Und wer hat dich zum Chef ernannt?«

»Ich. Du kannst deine Beschwerden gern schriftlich einreichen.«

»Das werde ich. Du... du bist...« Als seine Zunge ihren Hals kitzelte, vergaß sie beinah, was sie sagen wollte. »Du bist anmaßend.«

»Mmm-hmm.« Der Erkundungspfad ging hinab zu ihren Brüsten.

»Du bist ein Neandertaler.« Sie schauderte, als seine Zunge eine Brustwarze umkreiste. »Penetrant und vollkommen un...un...«

Er saugte ihre Brustwarze in seinen Mund.

»Unausstehlich!«

Mit sanftem Saugen bearbeitete er die harte Spitze ihrer Brust, bis sie stöhnte.

Zwischen ihren Beinen wurde das Verlangen, er möge sie ausfüllen, immer größer. »Phil, bitte.«

»Du bettelst doch nicht etwa, oder doch?« Er knabberte an ihrem Bauch.

»Niemals.«

»Gut, denn mich stimmst du nicht um. Ich bin immer noch dran, und ich bin noch nicht fertig mit dir.« Mit zwei Fingern drang er ohne Vorwarnung in sie ein.

Vanda bäumte sich auf.

»Du bist so feucht.« Seine festen Finger bewegten sich ein wenig auf und ab. »So schön.«

Sie keuchte, rang nach Luft. Oh Gott, es fühlte sich so gut an.

Ihre Beine zitterten vor Anspannung. Ihre Hüften hoben sich.

Doch er ließ seine Finger wieder hinausgleiten, und das gefiel Vanda gar nicht.

»Warum machst du nicht weiter?«

»Vertrau mir.«

Als sie seine Zunge und seinen warmen Atem spürte, wie er sie kitzelte und neckte, saugte und schnappte, stöhnte sie voller Wonne auf.

Die Spannung in ihr steigerte sich wieder zu voller Kraft, raubte ihr den Atem. Oh Gott, wenn es immer so war, wenn er an der Reihe war, konnte er sich die ganze Nacht Zeit lassen. Oder zwei Wochen. Ihr Blickfeld trübte sich. Ihre Ohren rauschten. Alle Gefühle, alle Gedanken konzentrierten sich nur auf seinen verruchten Mund.

Sie schrie auf, als ein Beben durch ihren Körper ging. Sie wand sich und wurde überrollt von einem köstlichen Schaudern.

Dann drang er plötzlich in sie ein und ließ sie aufstöhnen. »Phil.« Sie befreite ihre Hände aus dem Gürtel. »Versuchst du, mich umzubringen?«

Er lächelte und küsste sie auf die Stirn. »Halt durch, Kleines. Ich bin immer noch dran.«

****

Mehrere Stunden später lag Phil zufrieden und wie betäubt auf dem Rücken.

»Phil«, flüsterte Vanda ihm ins Ohr.

Er stöhnte. War er wieder an der Reihe? Er hatte den Überblick verloren. Sein letztes Mal hatte ihn bereits fast völlig erledigt. Er war schon im Halbschlaf gewesen, als sie angefangen hatte, ihn mit einem warmen, feuchten Waschlappen zu massieren. Sie war so sanft dabei, dass er in einen schläfrigen, halb erregten Zustand gefallen war.

Aber dann hatte sie ihn in den Mund genommen. Im Nu war er wach gewesen, hart und bereit. Sie hatte ihn gefoltert, bis er um Gnade bettelte, und dann hatte sie sich auf ihn gesetzt. Er wusste nicht, was aufregender gewesen war: Zu fühlen, wie ihr heißer Eingang an seinem Schaft auf und ab glitt, oder zuzusehen, wie sie ihn ritt. Es hatte ihm gefallen, die Ausdrücke auf ihrem Gesicht zu beobachten, die Röte ihrer Haut und das Hüpfen ihrer Brüste. Er hatte es genossen, ihr leises Stöhnen und ihre heiseren Schreie zu hören. Er hatte noch nie etwas so Erotisches erlebt.

Sie hatte ihn fast umgebracht.

»Phil«, flüsterte sie wieder.

Er stöhnte.

»Du bist eingeschlafen. Es ist vier Uhr morgens.«

»Das ist schön.« Er zwang sich, die Augen zu öffnen, aber sie fielen wieder zu. »Ich schlafe nachts. Wache am Tag.«

»Ich weiß. Aber die ganze Anstrengung hat meinen Appetit angeregt.«

»Wie nett.« Er schlummerte wieder ein. »Phil.«

»Mmm.«

»Ich habe Hunger.« Sie fuhr mit dem Finger an seiner Halsschlagader entlang.

Endlich hatte er kapiert und riss die Augen auf.

»Dachte ich mir, dass ich damit deine Aufmerksamkeit bekomme. Ich wollte Connor anrufen, aber ich dachte mir, ich sage es dir zuerst, falls einer von den Jungs sich mit synthetischem Blut zu uns teleportiert und dich nackt auf dem Boden ausgestreckt sieht.«

Er setzte sich auf. »Ich verstehe.« Das wäre wirklich zu offensichtlich. Er blinzelte und merkte zum ersten Mal, dass sie Flanellhosen und ein Herren-T-Shirt trug. »Du bist angezogen.«

»Ja. Ich habe die Sachen auf dem Trockner gefunden. Und ich habe noch einmal gebadet. Vampire haben einen extrem starken Geruchssinn.«

Werwölfe hatten den ebenfalls, und Vandas Geruch haftete überall an ihm. »Ich sollte mich besser auch waschen.« Er eilte ins Badezimmer.

Als er mit nur einem Handtuch um die Hüften wieder aus dem Bad kam, hatte sie bereits die Decke und alles, was sonst noch nach Sex roch, in die Waschmaschine gesteckt.

Vanda wanderte auf und ab. »Ich glaube, ich habe alles. Ich will dich nicht als Wächter verlieren. Wenn Connor herausfindet, was wir machen, teilt er dich vielleicht woanders ein.«

»Dann würde ich kündigen.« Phil fand ein letztes T-Shirt und ein Paar Flanellhosen auf dem Trockner. Er zog sie an. »Ich lasse dich nicht allein.«

»Phil.« Sie sah ihn mit so viel Liebe in ihren sanften grauen Augen an. Dann wanderte ihr Blick zu seinem Hals. Ihre Augen leuchteten auf, und sie wendete sich schnell ab. »Ruf jetzt an, bitte.«

»Sicher.« Er hatte keine Angst vor Vandas Fangzähnen, aber er wusste, wenn sie ihn biss, würde sie merken, dass er nicht wie ein normaler Mensch schmeckte. Und er wollte nicht, dass sie so die Wahrheit herausfand. Er hatte versucht, es ihr zu sagen, aber sie wollte es nicht hören.

Er war schon auf halbem Weg ins Badezimmer, um sein Handy aus seiner Hose zu holen, als ihm einfiel, dass der Empfang in der Blockhütte nie sehr gut war. Es wäre gefährlich, einen Vampir mit einem unsicheren Leitfaden dorthin teleportieren zu lassen. Er ging zurück zum Telefon auf der Küchenanrichte und gab die Nummer vom Sicherheitsbüro bei Romatech ein.

Connor hob ab. »Wie ist es dort so?«

»Ruhig. Vanda ist hungrig, wir könnten eine Lieferung gebrauchen.«

»Ich schicke euch Phineas. Erwarte seinen Anruf in ein paar Minuten.« Connor legte auf.

Phil runzelte die Stirn, als er den Hörer ablegte.

»Stimmt etwas nicht?«, fragte Vanda »Connor schien mir... kurz angebunden, mehr als sonst. Irgendetwas muss los sein. Wir wissen mehr, wenn Phineas da ist.«

Vanda nickte und ging zum Kamin. Das Feuer war zusammengefallen, nur noch glühende Kohlen lagen in einem Haufen Asche.

Das Telefon klingelte, und er griff nach dem Hörer. »Hey, Phineas. Ich bin froh, dass du es aus dem Nachtclub herausgeschafft hast.«

Am Hallen seiner Stimme merkte er, dass man den Lautsprecher eingeschaltet hatte. Er redete weiter, damit seine Stimme Phineas an den richtigen Ort leiten konnte. Als der junge Vampir mit einem großen Karton in den Händen erschien, legte er auf.

»Hey, Alter.« Phineas stellte den Karton auf die Küchenanrichte und drehte sich zu Vanda, um sie zu begrüßen. »Wow, Schnecke. Du siehst knusprig aus.«

Zuerst war sie etwas genervt. »Vielen Dank auch.« Doch ihre Miene wurde weicher, als sie sich der Küche näherte. »Ehrlich gesagt, ich wollte dir danken. Nicht nur, weil du Vorräte bringst, sondern auch, weil du geholfen hast, dass alle sicher aus dem Club kommen.«

»Kein Problem«, sagte Phineas. »Tut mir leid, dass er hochgegangen ist. Weißt du, dein Türsteher war echt angepisst. Hat darauf bestanden, mit mir zu Romatech zu teleportieren, um sich freiwillig zu melden, gegen die Malcontents zu kämpfen. Angus hat ihn gern eingestellt.«

»Angus ist jetzt bei Romatech?«, fragte Phil.

»Oh ja.« Phineas zog eine Plastikschachtel aus dem Karton und stellte sie vor Phil hin. »Hier sind einige Waffen, die ich dir von Connor geben soll.«

»Gut.« Phil öffnete die Schachtel und fand darin zwei Handfeuerwaffen und mehrere Magazine.

»Du könntest silberne Patronen gebrauchen«, sagte Phineas, »aber dann hätte ich mich nicht teleportieren können.«

»Ist schon in Ordnung.« Phil lud ein Magazin in eine der Waffen.

»Was ist mit meinem Essen?« Vanda spähte in den Karton.

»Alles hier, Miss Toast.« Phineas begann, Flaschen synthetischen Bluts auszupacken und sie auf die Anrichte zu stellen.

Vanda griff nach einer, riss den Deckel ab und stürzte den Inhalt hinunter.

»Wow, Baby.« Phineas warf Phil einen amüsierten Blick zu. »Ich frage mich, warum sie solchen Hunger hat?«

Ohne darauf einzugehen, verstaute Phil den Rest der Flaschen im Kühlschrank.

Phineas sah zwischen Phil und Vanda hin und her. »Holzfäller-Outfits im Partnerlook. Wie... interessant.«

Vanda stellte ihre leere Flasche auf die Anrichte. »Verkneif es dir, Dr. Phang, ehe ich mir was Kreatives für diese Flasche überlege.«

»Oooh, verrucht.« Phineas grinste. »Gefällt mir.«

Phil lud die zweite Waffe, sicherte sie und reichte sie Vanda. »Hast du so eine schon mal benutzt?«

»Nein.« Sie betrachtete die Waffe misstrauisch, dann sah sie Phineas boshaft an. »Aber ich weiß, wohin ich zielen muss, wenn ich üben will.«

»Ooh, verrucht und verrückt.« Phineas zwinkerte ihr zu.

»Würdet ihr ernst bleiben?«, knurrte Phil. Er reichte Vanda noch einmal die Waffe. »Du wirst sie brauchen.«

Sie nahm die Waffe zögernd. »Ich nehme lieber meine Peitsche.«

Schnaufend musterte Phineas sie. »Darauf wette ich.«

»Muss ich dir erst die Fangzähne ausschlagen?«, knurrte Phil.

»Schon gut, schon gut.« Phineas hob die Arme, als wolle er sich ergeben. »Der Love Doctor hat nur ein bisschen seinen Spaß, das ist alles. Die Stimmung bei Romatech ist so... ernst. Hier in eurem kleinen Liebesnest ist es viel schöner.«

»Es ist eine Jagdhütte«, berichtigte Phil ihn.

»Phil und Howard sind Jäger.« Vanda trat an den Couchtisch und legte ihre Waffe neben ihre Peitsche. »Phil hat alle in den Keller gebracht, weil ich sie nicht mochte, aber an den Wänden hingen überall ausgestopfte Trophäen.«

»Ja, stopfen kann man es auch nennen«, murmelte Phineas. Als Phil ihm den Ellbogen in die Rippen stieß, murmelte er: »Tut mir leid, Alter. Ich sage es niemandem.«

»Das ist ja merkwürdig.« Vanda drehte sich auf der Stelle und sah sich in der Hütte um. »Hier gibt es gar keine Jagdgewehre. Wie habt ihr die Tiere denn umgebracht?«

Dazu hatte er kein Gewehr gebraucht. Ein verwandelter Bär und ein Wolf konnten auf die altmodische Weise töten.

Phineas' Blick streifte Phil. Langsam wurde es spannend hier.

Phil räusperte sich. »Howard bewahrt die Gewehre nicht hier auf. Jemand könnte einbrechen und sie stehlen.«

»Oh. Verstehe.« Vanda hockte sich auf die Lehne der Couch. Anscheinend war sie mit der Antwort zufrieden.

»Also, was passiert gerade bei Romatech?«, wechselte Phil das Thema.

Phineas stellte den leeren Karton auf den Boden. »Angus ist vor ein paar Stunden angekommen. Er hat das Konferenzzimmer gegenüber dem Sicherheitsbüro in eine Kriegszentrale verwandelt.«

»Kriegszentrale?«, fragte Vanda mit großen Augen.

»Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Dinge eskalieren«, erklärte Phil. »Besonders jetzt, da Casimir in Amerika ist.«

»Warum konnte er nicht in Osteuropa bleiben? Da sind doch sonst alle gruseligen Vampire.«

Plötzlich kam Phil noch ein anderer Gedanke. Er musste Vanda noch sagen, dass der gruselige Vampir Sigismund sich ebenfalls im Land befand. »Casimir will alle modernen, aus der Flasche trinkenden Vampire töten, und in Amerika leben die meisten von ihnen. Das Machtzentrum ist hier.«

Phineas nickte. »Angus hat dasselbe gesagt.«

»Na gut, die Anführer mögen hier sein, aber ihre Anhänger...« Vanda stöhnte. »Habt ihr die Typen bei der Verlobungsparty gesehen? Als sie gedacht haben, Phineas wäre von Malcontents vergiftet worden, sind sie durchgedreht und wollten wegrennen. Unsere Seite ist ein Haufen von Schwächlingen!«

Phineas erstarrte. »Ich bin kein Schwächling.«

»Und ich auch nicht. Wir haben jede Menge gute Krieger«, sagte Phil mit Nachdruck. Dennoch wusste er, dass Vanda recht hatte. Die Vampire, die sich entschieden, Blut aus Flaschen zu trinken, wollten nicht länger Sterbliche angreifen. Sie waren von Natur aus friedliche, gesetzestreue Kreaturen.

Casimirs Anhänger waren im Gegensatz dazu aggressiv und gewalttätig. Sie waren als Sterbliche Mörder und sonstige Kriminelle gewesen, und als Vampire hatte sich ihre grausame Natur noch verstärkt. Gibt man einem Kriminellen Supergeschwindigkeit, Kraft und die Fähigkeit, die Gedanken anderer zu kontrollieren, war das Ergebnis ein bösartiges Monster, das sich einbildete, großartig und unverwundbar zu sein. Wie konnten die guten Vampire hoffen, sie zu schlagen? Aber wenn sie es nicht taten, gäbe es niemanden mehr, der die Malcontents davon abhalten konnte, die Welt zu terrorisieren. Die Vampire mussten kämpfen, ob sie es wollten oder nicht. Nicht nur, um selbst zu überleben, sondern auch, um die Welt der Sterblichen zu beschützen.

Phil ging zur Hintertür und zog sich ein Paar Gummistiefel an. »Ich habe lange keine Runde gemacht. Willst du mitkommen?« Er sah Phineas eindringlich an.

»Ja, sicher, Alter.«

Phil lächelte Vanda an. »Wir brauchen nur ein paar Minuten.«

Vanda verschränkte die Arme und legte die Stirn in Falten. »Ich verstehe schon. Du willst mit ihm über grausames Kriegszeugs reden, ohne das kleine Frauchen zu erschrecken. Ich habe schon mal einen Krieg durchgemacht, weißt du. Ich bin stark, verdammt.«

Nicht halb so stark, wie sie tat. Phil wünschte sich, er könnte sie in die Arme nehmen und ihr die Stirn küssen, aber das konnte er vor Zeugen nicht tun. »Wir sind bald zurück.« Er schlüpfte mit Phineas hinaus.

Nach einigen Sekunden hatten sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Er stieg die Stufen zum Kieselweg hinab. Der Mond, der zu drei Vierteln voll war, hing tief über den dunklen Umrissen der Bäume. Eine Brise raschelte in den Zweigen und erfüllte die Nacht mit dem Duft nach Pinien.

Der Kies knirschte unter Phils Gummisohlen, als er jetzt den Weg hinabging. Phineas ging neben ihm her und spähte in die dunklen Wälder.

»Hier entlang.« Phil bog ab, um die Hütte im Uhrzeigersinn zu umrunden. Ihre Schritte wurden durch Gras gedämpft. Er horchte genau. Vogelgesang und dann das Rascheln von kleinen Pfoten durch das Unterholz.

»Wie schlimm ist es?«, fragte er.

Phineas trat nach einem Pinienzapfen. »Die russischen Malcontents haben das Stadthaus angegriffen. Es war niemand dort, aber der Alarm bei Romatech ist losgegangen, und als wir endlich dort waren, hatten sie sich schon alle teleportiert.«

»Feiglinge«, knurrte Phil.

»Wir verschanzen uns bei Romatech, bis die Sache abgekühlt ist.« Phineas seufzte. »Falls sie je wieder abkühlt. Wenn wir diesem Sigismund glauben, sind alle Niederlassungen von Romatech in Gefahr. Angus hat Mikhail, Zoltan, Jack und Dougal zu den anderen Niederlassungen geschickt, um die Sicherheitsvorkehrungen dort zu verschärfen.«

Phil sah zur Veranda, als sie daran vorbeigingen. »Ich wüsste es zu schätzen, wenn du Vanda gegenüber nicht von Sigismund sprichst. Ich will ihr die Neuigkeiten selbst überbringen.«

»Kennt sie ihn?«

»Er hat sie und ihre Schwester verwandelt.«

Phineas stieß einen Pfiff aus. »Verdammt, Alter. Kein Wunder, dass du ihm fast den Schädel zerquetscht hast. Das war echt astrein, übrigens, wie deine Hand sich in eine Kralle verwandelt hat.«

»Ich wüsste es auch zu schätzen, wenn du das für dich behältst.«

Phineas blieb stehen. »Hast du es ihr noch nicht gesagt?«

»Nein. Ich habe es versucht, aber...« Er stöhnte innerlich. Er war selbst noch unschlüssig gewesen. Und Vanda hatte sich so standhaft geweigert zu reden. Was hatte sie vor ihm zu verbergen?

»Connor wollte, dass ich dir eine Nachricht überbringe. Behalt deine pelzigen Pfoten bei dir, während du Vanda bewachst.«

Phil blickte in die dunklen Wälder und sagte nichts.

»Offensichtlich kommt Connors Warnung zu spät«, murmelte Phineas.

»Darüber wird nicht diskutiert.« Phil ging um die Ecke des Hauses und auf die vordere Veranda zu.

»Musst du nicht, Alter. Der Love Doctor spürt diese Dinge. Außerdem bist du ein Tier. Kein Wunder, wenn du dich so verhältst.« Phineas heulte wie ein Wolf.

»Genug«, knurrte Phil. »Das hat nichts mit meiner animalischen Seite zu tun. Ich liebe Vanda. Und ich denke, sie liebt mich auch.«

»Alter, sie kennt dich nicht einmal. Nicht, solange du ihr nicht die Wahrheit sagst.«

»Okay. Ich verstehe schon.« Er konnte nur hoffen, dass sein Dasein als Formwandler keinen Unterschied machen würde. Seine Liebe wäre ausreichend, hatte Vanda gesagt. Aber sie hasste Formwandler. Und sie hatte schreckliche Angst vor Wölfen.

Als sie sich der Hintertür näherten, hörte er drinnen das Telefon klingeln. »Beeil dich.« Er rannte vor, um die Tür zu öffnen. »Ich möchte nicht, dass Vanda rangeht.«

Phineas raste in Vampirgeschwindigkeit hinein und war schneller als Vanda am Telefon. »Hallo?«

Während Phil die Hintertür verriegelte, bemerkte er den schockierten Ausdruck auf dem Gesicht des schwarzen Vampirs.

»Wie... wie ist es passiert?«, stotterte Phineas. Er verzog das Gesicht, als er die Antwort hörte.

Vanda lehnte sich an den Kamin und sah sehr besorgt aus. Sie verschränkte die Arme und zog ihre Schultern zusammen.

»In Ordnung«, sagte Phineas leise. »Wir sind gleich da.« Er legte vorsichtig den Hörer auf und drehte sich dann langsam zu ihnen um. Er wirkte wie betäubt.

»Was ist passiert?«, fragte Phil.

Phineas schluckte hörbar. »Die Romatechs in Texas und Colorado sind bombardiert worden. Vierzehn Vampire sind tot. Noch mehr verletzt.«

Vor Schreck legte Vanda eine Hand auf ihren Mund.

Phil spürte ein Reißen in seiner Brust. In den letzten Jahren hatte es Spannungen zwischen Malcontents und guten Vampiren gegeben. Es hatte sogar einige kleinere Auseinandersetzungen gegeben. Aber nichts in diesem Ausmaß.

Irgendwie musste er Vanda beschützen. Und er musste auch kämpfen. »Der Krieg hat begonnen.«