12. 

 

blumeDuncan griff nach dem Becher mit Wasser und trank in kleinen Schlucken. Das half am besten gegen den krampfhaften Husten, der ihn jedes Mal im Anschluss an McIntyres Versuche überfiel. 

»Ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe«, hatte Jesus einst seine Jünger gewarnt. Diese Stelle hatte Duncan gestern in Moiras Bibel aufgeschlagen, die sie bisweilen für ihn in der Küche liegen ließ – den einzigen Ort im Haus, zu dem er freien Zutritt hatte. Es half, sich diese Worte immer wieder vorzuhalten. Duncan hatte gehofft, sich irgendwann an den Würgereiz und das scheußliche Gefühl des Rohrs in seiner Kehle zu gewöhnen. Aber nach wie vor forderte es seine ganze Selbstbeherrschung. Er nahm es hin als Teil seiner Buße. Und als Schritt näher zur Freiheit. 

Er ließ den Becher sinken und beobachtete den Doktor, der am Schreibtisch saß und bereits wieder eifrig schrieb – Versuchsberichte und Überlegungen, gespickt mit kleinen Zeichnungen. Duncan wurde nicht schlau aus seinem Dienstherrn. Er schätzte McIntyres Hingabe an seine Sache, aber manchmal hatte er den Eindruck, der Doktor würde ihn öfter zu sich rufen, als nötig wäre. 

»Wo setze ich die Biegung an?«, murmelte McIntyre. 

Duncan war sich nicht sicher, ob der Doktor mit ihm sprach oder nur Selbstgespräche führte. Er stellte den Becher auf die Fensterbank und erhob sich. »Sir?« 

»Ja, ja.« McIntyre winkte mit der Feder. »Du kannst gehen.« 

Duncan blieb stehen. »Sir, darf ich Euch etwas fragen?« 

McIntyre hob kaum den Kopf. »Worum geht es? Einen freien Tag?« 

Duncan zögerte. Von dieser Frage hing so viel ab. »Sir, ich … seid Ihr mit mir zufrieden? Und mit meiner Arbeit?« 

Jetzt legte McIntyre die Feder weg und sah ihn aus zusammengekniffenen Augen hinter der Brille an. Der Ausdruck auf seinem Gesicht spiegelte abwartendes Misstrauen. »Wieso willst du das wissen?« 

Duncan gab sich einen Ruck. »Wisst Ihr noch, was Ihr mir versprochen habt?« 

»Ich habe dir etwas versprochen?« 

»Sir, Ihr habt mir zugesichert, Euch für meine Begnadigung einzusetzen.« 

»Ach, das. Und?« 

»Habt Ihr schon etwas erreicht?« 

McIntyre verschränkte die Arme vor der Brust. »Du bist gerade mal ein paar Monate hier, O’Sullivan. Als ich davon sprach, meinte ich nicht, dass es so schnell gehen würde.« 

Duncan hatte Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen. »Dann habt Ihr dem Gouverneur noch nicht geschrieben? Oder mit ihm gesprochen?« 

»Wie stellst du dir das vor? Ich kann nicht einfach so beim Gouverneur vorsprechen und um deine Begnadigung bitten. Abgesehen davon kann ich dich im Moment unmöglich gehen lassen. Nicht jetzt, wo ich kurz vor dem Durchbruch stehe.« McIntyre nahm die Arme wieder herunter. »Und was willst du denn mit deiner Freiheit? Du hast kein Geld und keine Heimat. Du solltest froh sein, dass du hier bei uns leben darfst. – Wir werden demnächst nach Sydney reisen. Ich möchte einigen Leuten meine Erfindung vorstellen. Und du wirst mitkommen. Dafür bekommst du dann zwei freie Tage und eine Extraportion Rum. Na, was hältst du davon?« 

»Sir«, sagte Duncan mühsam beherrscht, »es wäre mir lieber, wenn Ihr Euch um meine Begnadigung bemühen würdet. So, wie Ihr es versprochen habt.« 

McIntyres Miene gefror zu Eis. »Wie redest du mit mir? Wenn ich wollte, könnte ich dich dafür auspeitschen lassen!« 

Für einen endlos langen Moment starrten sie sich schweigend an. Duncan schluckte schwer an der Wut und den Worten, die sich in seiner Kehle stauten. »Wie lange?«, würgte er schließlich hervor. »Wie lange muss ich noch warten?« 

McIntyres angespannte Haltung fiel in sich zusammen. Er hob die Schultern, nahm die Feder und tauchte sie erneut ins Tintenfass. Seine Hand zitterte leicht. »Das kann ich dir nicht sagen. Ein paar Monate, vielleicht auch ein paar Jahre. So, und jetzt geh und schirr das Pferd an, ich muss gleich ins Lazarett.« 

* 

Vor seinem endgültigen Aufbruch machte Alistair noch kurz halt bei einem Nachbarn wegen eines Krankenbesuchs. Als er danach erneut auf den Kutschbock stieg, regnete es in Strömen. Das war ja zu erwarten gewesen. Immer traf es ihn, bei diesem grässlichen Wetter nach Parramatta fahren zu müssen. Die Arbeit im dortigen Lazarett gehörte nicht eben zu seinen Lieblingsaufgaben, aber sie war nun einmal Teil seines Dienstvertrags. Alle drei bis vier Tage hatte er einige Stunden dort zu arbeiten. Verlorene Zeit, wie er fand. Wie viel lieber würde er jetzt in seinem Studierzimmer sitzen und sich seinen Forschungen widmen. Er zog den Kopf ein, als eine Regenbö über ihn hinwegzog, gab dem Pferd die Zügel und ließ seine Gedanken schweifen. 

Auf eine geschliffene Linse würde er wohl weiter warten müssen. Nachdem Major Penrith ausgesprochen ungehalten gewesen war, als er das Kutschenhaus schon zum zweiten Mal hatte verlassen müssen, ohne etwas zu finden, hatte Alistair nicht mehr gewagt, ihn darum zu bitten. 

Als Nächstes würde er O’Sullivan damit beauftragen, ein weiteres Rohr herzustellen. Eines, das an seinem unteren Ende ganz leicht abgeknickt war, um die natürliche Biegung der Speiseröhre zu überwinden. Dann würde man vielleicht auch ohne Linse mehr erkennen können als das verwaschene Durcheinander, das er bisher gesehen hatte. 

O’Sullivan hatte ihn heute enttäuscht. Trotz seines Eifers war es ihm wohl nie um den wissenschaftlichen Fortschritt gegangen, sondern nur um seine Begnadigung. Der zornige Blick aus dunkelgrünen Augen hatte Alistair für einen Moment hinter die Fassade scheinbaren Gleichmuts sehen lassen – und ihm Angst gemacht. Das also waren O’Sullivans wahre Gefühle. Man durfte den Katholiken nicht vertrauen. Das Aufrührerische steckte diesen Menschen im Blut. Und O’Sullivan war schließlich wegen Rebellion verurteilt worden. Vielleicht hatte der Major doch nicht ganz unrecht mit seinen Verdächtigungen. 

»Sir!« Eine helle Stimme ertönte neben dem Geplätscher des Regens und den Fahrgeräuschen. »Dr. McIntyre, Sir!« 

Er blickte auf. Durch den strömenden Regen sah er eine verhüllte Gestalt, die neben seinem Karren herrannte. 

»Sir«, rief sie erneut, und jetzt erkannte er Ann. »Sir, bitte!« 

Mürrisch zügelte er das Pferd. »Was ist jetzt schon wieder?« Das närrische Ding raubte ihm in letzter Zeit oft die Geduld. Aber man musste behutsam mit ihr umgehen, schließlich hatte der Major ihr bei dem missglückten Versuch mit dem Röhrchen ziemlich zugesetzt. 

Sie war völlig außer Atem, die nassen Haare klebten ihr strähnig am Kopf. In ihrem Unterkiefer konnte er die neue Zahnlücke erkennen. Er hatte mehrere Tage gebraucht, bis er sie so weit gehabt hatte, dass er ihr zumindest einen von zwei schadhaften Zähnen hatte ziehen können. 

»Gott sei Dank, Sir!« Sie knetete ihre Hände, dann verzog sie das Gesicht und begann zu weinen. 

»Jetzt hör schon auf, Mädchen!« Weinende Frauen konnte er nicht ausstehen. »Sag mir sofort, was los ist!« 

Ann richtete sich auf, das Gesicht nass von Tränen und Regen. »Sir, Ihr … Eure Frau … sie … sie …« 

»Moira? Was ist mit ihr?« Aus diesem Gestammel konnte ja kein Mensch klug werden. »Ist etwas passiert? Wo ist sie?« 

Ann blickte ihn bebend an, dann deutete sie unbestimmt hinter sich. »Im Kutschenhaus«, schluchzte sie. »Auf dem Heuboden. Schnell!« 

* 

Das leise Trommeln des Regens hüllte sie ein wie eine schützende Decke. Der Raum unter dem hölzernen Dach des Kutschenhauses mit seinem Bett aus Stroh war ihrer beider Refugium, ihr Rückzugsort von der Welt. Noch nie hatte jemand nach Duncan verlangt, wenn er mit Moira hier oben war. In diesem Fall, so hatten sie vereinbart, würde er einfach hinunterklettern, während sie sich mucksmäuschenstill verhalten und so lange warten würde, bis sie ungesehen verschwinden konnte. 

Moira liebte es, neben ihm in den warmen Halmen, deren Duft sie an die glücklichen Tage ihrer Kindheit erinnerte, zu liegen. Selbst heute. Eigentlich wollte sie ihm ihre Befürchtung mitteilen, sie könnte schwanger sein. Aber jetzt war nicht der passende Moment. Sie hatte Duncan noch nie so wütend gesehen. 

»Soll ich mit McIntyre reden? Vielleicht hört er auf mich?« Sie bezweifelte es, aber sie wollte es wenigstens anbieten. 

»Nein.« Duncan warf eine Handvoll Stroh in die Luft. »Ich kann schon noch für mich selbst reden.« 

Moira drehte sich auf die Seite. Ein vages Schuldgefühl über die eigene Erleichterung regte sich in ihr. Denn was würde aus ihr und Duncan werden, wenn er tatsächlich begnadigt werden würde? Würde er zurückkehren nach Irland? War das überhaupt möglich? 

»Willst du etwas Kuchen haben?« Ann hatte Früchtekuchen gebacken, von dem Moira ihm ein Stück mitgebracht hatte. »Oder eine Scheibe Schinken …?« 

Es war zu einem galligen Scherz zwischen ihnen geworden. Duncan verzog das Gesicht zu einem gequälten Lächeln. Noch immer wussten sie nicht, wer den Schinken im Kutschenhaus aufgehängt hatte. Wer immer Duncan hatte schaden wollen, musste den Moment abgepasst haben, als er fortgeschickt worden war. 

»Später vielleicht.« 

Moira zuckte die Schultern, räumte den kleinen Packen hinter einen aufgetürmten Strohhaufen und schmiegte sich mit einem wohligen Seufzer wieder an ihn. Es war schön, einfach nur hier neben ihm zu liegen und dem Regen zuzuhören, der laut und gleichmäßig auf das Dach über ihnen prasselte. 

Dann spürte sie, wie sich Duncans Körper straffte. Er setzte sich auf. »Was war das?« 

Auch Moira horchte. »Es ist nichts. Nur der Regen.« Sie zupfte an seinem Ärmel. 

Duncan lauschte noch einen Moment, alle Glieder angespannt wie eine lauernde Raubkatze. Dann ließ er sich wieder zurücksinken. 

Ihre Hand glitt unter sein Hemd, fuhr über seine warme Haut, bis seine Muskeln sich allmählich lockerten und er sich ihr zuwandte. Sanft, aber bestimmt drängte sie ihn nach unten. 

Er verstand die stumme Aufforderung nur zu gut. »Du bist ein böses Mädchen«, flüsterte er und schob ihren Rock nach oben. Sie sah ein Funkeln in seinen Augen, bevor er sich dem geheimen Reich zwischen ihren Schenkeln widmete. 

Von ihrem Schoß stieg ein immer stärker werdendes Ziehen auf, dann erfüllte ein heißes Prickeln ihren Körper. Als die Lust sie überflutete, krallte sie eine Hand in Duncans Haar und biss sich in die Faust, um ihr Stöhnen zu unterdrücken. Es war so herrlich, was er da tat, so – 

Aus dem Augenwinkel nahm sie eine Bewegung wahr. Sie drehte den Kopf – und schrie auf. 

Wie in einem wahrgewordenen Alptraum erblickte sie McIntyre auf der Leiter. Er starrte sie beide an, als sähe er einen Geist. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Lautlos schnappte er nach Luft, ruderte mit den Armen, verlor das Gleichgewicht und kippte mitsamt der Leiter aus ihrem Blickfeld. 

Für einen entsetzlichen Moment herrschte Stille. Moiras Herz schien für einen Augenblick auszusetzen. Dann stürzte erst Duncan und gleich darauf Moira an den Rand des Heubodens und blickten hinunter. 

Ihr Atem stockte, sie spürte, wie ihr am ganzen Körper der Schweiß ausbrach: McIntyre lag rücklings auf dem Boden des Kutschenhauses, über sich die Leiter, und rührte sich nicht. 

Duncan keuchte auf. Im nächsten Moment war er die mehr als doppelte Mannshöhe hinuntergesprungen. Behutsam hob er die Leiter an, stieß sie zur Seite und kniete sich neben McIntyre. 

»Ist er … tot?«, fragte Moira verstört. 

Duncan legte seine Hand auf McIntyres Brust, dann seufzte er auf. »Nein. Er atmet.« 

»Ich komme.« Ein Teil ihrer Gedanken funktionierte erstaunlich klar und losgelöst von dem rasenden Schreck, der durch ihre Adern pulsierte. Sie setzte sich an den Rand des Heubodens. Ob sie auch springen sollte? Es war ziemlich hoch. 

»Warte.« Duncan erhob sich und stellte die Leiter auf. Im nächsten Moment war er wieder bei McIntyre. 

»Er hat sich den Kopf aufgeschlagen«, sagte er hilflos, als Moira neben ihn trat. Zum ersten Mal sah sie flackernde Panik in seinen Augen. Er atmete mehrmals rasch ein und aus und ballte die Fäuste, dann blickte er auf. »Ich muss verschwinden.« 

»Was? Nein!« 

»Doch.« Er schüttelte heftig den Kopf. »Niemand würde mir glauben, dass es ein Unfall war.« 

»Ich kann es bezeugen!« 

»Und du meinst, man würde dir glauben? Nach allem, was er« – er deutete auf McIntyre – »gerade gesehen hat?« 

»Ich lasse dich nicht gehen!« Ein Gefühl, als hätte sie einen Ziegelstein verschluckt, füllte ihren Magen aus. 

»Wenn ich bleibe, werden sie mich hängen. Willst du das?« 

»Wie kannst du so etwas sagen?« Sie funkelte ihn zornig an. »Wo willst du denn hin?« 

»Was weiß ich. Nur weg.« 

Ein aberwitziger Gedanke raste durch Moiras Kopf. Im nächsten Moment hatte sie ihn ausgesprochen: »Ich komme mit!« 

»Jetzt sei nicht verrückt.« Duncan schüttelte erneut den Kopf, und doch sah sie in seinen Augen einen Funken Hoffnung aufleuchten. »Du kannst nicht mitkommen.« 

»Was glaubst du denn, was mich erwartet, wenn ich hierbleibe? Er hat gesehen, was zwischen uns ist. Er wird mich zum Teufel jagen!« 

Ein tiefes, langgezogenes Stöhnen ließ sie zusammenfahren. Es kam von McIntyre. 

»Was machen wir mit ihm?«, fragte Moira erschrocken. »Hier kann er nicht bleiben.« 

»Wir bringen ihn in einen Pferdeverschlag.« Duncan griff McIntyre unter den Achseln und begann, den schlaffen Körper über den Boden zu ziehen. 

McIntyres rötlich braunes Haar war voller Blut. Auch auf dem Boden, wo er aufgeschlagen war, konnte man einen feuchtglänzenden Fleck sehen. Mit zittrigen Fingern streute Moira etwas Stroh über den Blutfleck, dann klaubte sie den Dreispitz auf, der McIntyre bei seinem Sturz vom Kopf gefallen war, und nahm ein Zaumzeug vom Haken. Duncan hatte McIntyre in die hinterste Ecke des Verschlags gebracht und auf eine Pferdedecke gelegt und war jetzt dabei, ihm den schweren dunklen Mantel auszuziehen. Er arbeitete schweigend, verbissen, wie jemand, der nichts mehr zu verlieren hat. 

Als er fertig war, reichte er ihr den feuchten Mantel. »Willst du wirklich mitkommen?« 

Sie nickte stumm. Der Ziegelstein in ihrem Magen war zu kleinen runden Brocken geworden. 

»Dann zieh das an.« 

»Wieso?« 

»Du bist jetzt er. Wir werden seinen Karren nehmen. Er muss irgendwo in der Nähe sein. Und mit der Verkleidung fällst du nicht sofort auf.« Er legte sein Ohr an McIntyres Brustkorb und lauschte. 

»Geht es ihm gut?« Moira biss sich auf die Lippen. Auch wenn sie McIntyre schon oft verflucht hatte – seinen Tod wollte sie natürlich nicht. 

Duncan nickte. »Er kommt sicher bald wieder zu sich.« Es klang, als wollte er sich selbst damit beschwichtigen. »Wir brauchen sein Halstuch. Kannst du es losbinden?« 

Während Moira sich mit dem Tuch abmühte, band Duncan McIntyres Arme mit dem Zaumzeug auf dem Rücken zusammen. Dann fesselte er auch seine Fußgelenke. 

Moira war kaum fertig, als ein neuerliches Stöhnen durch McIntyres Körper ging. »Schnell, er wacht auf!« 

Duncan riss ihr das Halstuch aus der Hand und band McIntyre den hellen Stoff als Knebel um den Mund. 

McIntyre öffnete die Augen. Für einen Moment wirkte er verwirrt, dann richtete sich sein Blick auf sie. Ein stierer Blick mit so viel Hass, dass es Moira schauderte. Er versuchte etwas zu sagen, aber durch den Knebel hörte sie nur unverständliche Laute. 

Duncan trat neben sie. »Es tut mir leid«, hörte sie ihn flüstern. 

Der Regen war ihr Verbündeter. Kaum ein Mensch war zu sehen, als sie zu dem Karren gingen, den McIntyre auf dem Platz hatte stehen lassen. Nur für einen Augenblick glaubte Moira, eine Gestalt von dem Gefährt weghuschen zu sehen. McIntyres Dreispitz tief ins Gesicht gezogen, ging sie neben Duncan her, der vom Heuboden schnell noch seinen Rock und das eingewickelte Stück Kuchen geholt hatte. Ihr Ehemann war nicht sonderlich groß gewachsen, so dass der Mantel auch für Moira die richtige Länge hatte. 

Ein irres Lachen drängte sich in ihre Kehle, als sie versuchte, McIntyres krummbeinigen Gang nachzuahmen. Mit aller Macht zwang sie es zurück. Das Herz hämmerte in ihrem Brustkorb. Wenn sie jetzt jemand ansprach, waren sie verloren. 

»Heb die Hand!«, flüsterte Duncan, ohne sich zu ihr umzudrehen. »Der Mann da drüben grüßt dich!« 

Hastig erwiderte Moira den Gruß aus der Ferne und betete darum, dass der flüchtige Beobachter sie tatsächlich für McIntyre halten würde. 

Offenbar tat er es. Niemand sprach sie an. Niemand kümmerte sich um sie. 

Der Kutschbock war nass vom Regen. Obwohl Moira vor Ungeduld und Angst vibrierte, nahm Duncan sich die Zeit, den Sitz trockenzuwischen und eine Decke darauf zu legen. Alles andere wäre verdächtig gewesen. Sie wussten schließlich nicht, wer ihnen zusah. 

»Wohin?«, fragte Duncan, als sie mit dem Karren Toongabbie endlich verließen. 

Moira lächelte ihn mit mehr Zuversicht, als sie wirklich empfand, unter dem Dreispitz an. »Nach Parramatta. Ich weiß, wer uns helfen wird.«