28. Kapitel

 

Han und Leia betrachteten ihre Bildschirme, während die Heckholokameras des Falken ihnen die letzten paar Sekunden der Existenz des Asteroiden zeigten.

Im einen Moment war er noch da; im nächsten wurde er von einem gleißenden Glanz und einem sich nach außen hin ausbreitenden Energieimpuls ersetzt.

Bedrückt aktivierte Han seine Kom-Konsole. »Die Sensoren zeigen einen Energiewert, der für mich ganz nach Fissionsbomben aussieht. Ich glaube nicht, dass seit Beginn des Yuuzhan-Vong-Krieges irgendwer Fissionsbomben eingesetzt hat.«

Leia schüttelte den Kopf. »Da hat es jemand ziemlich ernst gemeint.«

Über die Kom-Konsole drang keine Erwiderung, doch dafür drang ein Geräusch aus den Lautsprechern - keuchendes Atmen.

Leia runzelte die Stirn und schaltete ihr Mikrofon ein. »Zekk. bist du das?«

»Ich bin's nicht.«

»Ich bin's.« Die schmerzerfüllte Stimme gehörte Jag.

»Jag!« Vier Menschen riefen gleichzeitig seinen Namen, Jaina am lautesten von allen. Sie fügte hinzu: »Wie bist du von dem Asteroiden runtergekommen?«

»Habs zur Oberfläche geschafft. Hab meinen Astromech angefunkt, der mir die Entfernung und die Peilung zu meinem X-Flügler gegeben hat. Zum Glück stand er noch aufrecht, war bloß mit Staub bedeckt. Aber er ist beschädigt, und ich bin ... Ich glaube nicht, dass ich augenblicklich in der Lage bin, einen Hyperraumsprung zu berechnen.«

Han seufzte erleichtert. »Mach dir darum mal keine Gedanken. Junge. Wir lassen die Koordinaten für dich durchlaufen. Komm du einfach bloß zu uns.« Er aktivierte seinen Sender, um Jags X-Flügler ein klares Signal zu geben, auf das er Kurs nehmen konnte.

»Mach ich, Sir.«

»Und nenn mich nicht Sir. Ich hasse das.«

»Verstanden, Sir.«

 

 

WALDMOND ENDOR, JEDI-AUSSENPOSTEN

 

Luke und Ben stürmten ins Kommunikationszentrum, beide in dieselben dunklen Jedi-Gewänder gehüllt. Auf Lukes Nicken bin zogen sich die anwesenden Techniker nach draußen in den Korridor zurück, um sie mit dem Hologramm von Han und Leia allein zu lassen.

Hans Hologramm grinste Luke schief an. »Hallo, alter Kumpel.«

»Es ist schön, euch zu sehen.« Lukes Geste suggerierte, dass es ihm lieber gewesen wäre, seine Schwester und seinen Schwager umarmen zu können. »Eine Live-Holokom-Übertragung vom fernen Bimmiel? Für eure Verhältnisse ist das ziemlich verschwenderisch, oder?«

Leia nickte. »Aber besondere Neuigkeiten erfordern besondere Maßnahmen. Luke, Alema Rar ist tot.«

Luke stieß einen langen Atemzug aus. Endlich. Er sah zwischen Han und Leia hin und her. »Dann hat sie euch keine andere Wahl gelassen?«

»Nein.« Leias Tonfall klang bestimmt. »Jag ist schwer verwundet. Zekk ist ein wenig ... angekratzt, wird es aber überstehen. Jaina ist unverletzt. Außerdem wurde der Asteroid zerstört.«

Luke sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Das scheint mir ein wenig übertrieben.«

Han schnaubte. »Nicht unser Werk, Luke. Eine nicht gekennzeichnete Fregatte griff an, während wir unsere Unterstützerrolle gespielt haben. Sie haben Shuttles gestartet, die Fissionsbomben auf dem ganzen Asteroiden platziert haben. Dann sind sie abgehauen. Alemas verrücktes kleines Sith-Schiff ist ebenfalls entkommen, aber es war niemand an Bord.«

»Und es gibt keinen Hinweis darauf, wer den Asteroiden in die Luft gejagt hat, oder warum?«

Han schüttelte den Kopf. »Ist uns ein vollkommenes Rätsel. Und du weißt, was ich von vollkommenen Rätseln halte.«

»Sie kümmern dich nicht, solange sie nicht verhindern, dass du deine Bezahlung kriegst.«

Han grinste. »So was in der Art.«

Leia sagte: »Wir werden Jag zu euch bringen. Jaina und Zekk werden uns hinführen.«

Luke nickte. »Ich freue mich darauf, euch zu sehen.« Er warf einen Blick auf den Monitor, der die Daten dieser Übertragung anzeigte. »Noch ein paar Sekunden, und die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Signal zurückverfolgt werden kann, steigt sprunghaft an.«»Wir sehen uns in einigen Tagen, alter Kumpel.« Han streckte die Hand zur Seite aus, die aus dem Aufnahmebereich der Holokamera an seinem Ende der Verbindung verschwand, und das Hologramm erlosch flackernd.

Am liebsten hätte Luke sich hingesetzt, um sich eine Weile einfach von der Schwerkraft überwältigen zu lassen, doch das hätte Ben womöglich beunruhigt.

Zumindest war es jetzt vorüber, endlich vorüber. Maras Mörderin stellte keine Bedrohung mehr für ihn dar, für seine Familie. Fr verspürte einen Anflug von Bedauern - im Gegensatz zu Jacen konnte man die Untaten, die Alema Rar begangen hatte, ihrem Wahnsinn zuschreiben. Wäre sie imstande gewesen, zu gegebener Zeit Hilfe anzunehmen, wäre sie womöglich eine Streiterin für Ruhe und Ordnung geblieben.

Doch das waren sinnlose Spekulationen. Ihr Leben war vorbei. Vielleicht konnte Mara jetzt in Frieden ruhen.

»Dad?«

»Ja?«

»Geht's dir gut?«

Luke nickte. »Besser. Maras Mörderin hat ihre gerechte Strafe erhalten, und jetzt können wir diese Ungewissheit endlich hinter uns lassen.«

»Ja.«

Luke drehte sich um. um seinen Sohn anzusehen. Da war etwas an Bens Erwiderung ... Es lag nicht am Tonfall seiner Stimme, doch als Ben sprach, hatte Luke einen kleinen Ruck in der Macht verspürt. Zweifelte Ben womöglich daran, dass Alema tatsächlich tot war? Leia hätte nicht gesagt, dass dem so war, wenn es irgendwelche Zweifel daran gegeben hätte.

Luke verdrängte die Frage aus seinem Kopf. Ben würde ihm schon erzählen, was ihm zu schaffen machte, wenn er dazu bereit war. »Warum gehst du nicht und trainierst ein wenig? Ich muss über einiges nachdenken.«

Ben nickte argwöhnisch. »Lass mich wissen, falls du irgendwas brauchst.«

»Sicher, Ben.«

 

Luke saß im Schneidersitz auf dem Dach des Außenpostens, auf der harten Fläche der Landezone, den Rücken gerade, in Meditationshaltung.

Er konnte die Permabetonoberfläche unter sich spüren: konnte sie spüren, als wäre sie Haut, die mit den Permabeton- und Durastahl- »Knochen« des Außenpostens verbunden war. dessen Träger und Stützsäulen in die Erde hinabführten, ganz bis runter zum Fundament. Er konnte den kilometerdicken Gesteinsmantel unter dem Fundament fühlen, der sich bis hinunter zum Kern des Mondes erstreckte; seine gewaltige Masse suggerierte Ewigkeit.

Er öffnete sich der Macht und konnte die Schwingungen des Lebens um sich herum spüren, die Energien all der Leute im Außenposten, die Lebendigkeit aller wachsenden Dinge.

Einst hätten diese Gefühle ihm Gleichmut beschert und seinen Geist mit Frieden erfüllt. Jetzt waren es lediglich Informationen.

Und noch immer bot die Macht ihm keine Führung, keine Visionen seiner Gegner, keine flüchtigen Blicke auf seine Zukunft.

Nichts davon bereitete ihm noch länger Kopfzerbrechen. Er brauchte keine Rückversicherungen bezüglich seiner Zukunft. Vielleicht bedeutete das alles bloß, dass es keine Zukunft gab, auf die er einen Blick werfen konnte. Luke stellte fest, dass dieser Gedanke ihn unbekümmert ließ.

Da war ein Summen, das unverkennbare Geräusch des Dachaufzugs. Luke konnte spüren, wie die Machtpräsenz seines Sohnes näher kam, konnte hören, wie er das Dach betrat.

Ben zögerte, dann kam er in Sieht, setzte sich direkt gegenüber von Luke auf den Permabeton und nahm dieselbe Meditationshaltung ein.

Der Junge sagte nichts, aber er entspannte sich auch nicht, um richtig zu meditieren. Luke konnte Bens Gefühle so deutlich lesen, als stünden sie auf dem Bildschirm eines Datapads: Ruhelosigkeit, Besorgnis ... und ein außerordentliches Maß mentaler Konzentration.

Luke ließ den Jungen warten. Am Ende würde Bens Unruhe die Oberhand gewinnen, und er würde sagen, was ihm auf dem Herzen lag. Das war der Weg der Jugend, der Schüler.

Aber Ben sagte noch immer nichts, und Luke konnte spüren, wie er ruhiger wurde, gelassener... auch wenn seine Konzentration nicht nachließ. Luke wartete, während Böen, die die Düfte der Wälder von Endor in sich trugen, sein Haar aufwühlten.

»Deine Gefühle verraten dich. Ben.« Das war mittlerweile fast so etwas wie eine rituelle Redewendung - die zum Klischee verkommene, verschleierte und vielleicht sogar verzerrte Wahrheit.

Ben musterte ihn ohne die geringste Regung im Gesicht. »Sie verrat en mich? Rammen sie mir eine Klinge in den Rücken oder verpassen sie mir einfach bloß einen ordentlichen Tritt in den Hintern?«

Obwohl ihm nicht danach zumute war, grinste Luke. »Du hast recht, unter gewöhnlichen Umständen schadet es dir nicht, wenn du deine Gefühle preisgibst. Aber es ist dennoch am sinnvollsten. dir die ganze Zeit über darüber im Klaren zu sein, dass du sie so deutlich zum Ausdruck bringst. Dass du sie jedem übermittelst, der empfänglich genug ist, um sie wahrzunehmen.«

»In Ordnung.«

Luke hielt inne. Offensichtlich war der Junge nicht bereit, sich hinhalten zu lassen. »Du glaubst, irgendetwas stimmt nicht. Mit mir.«

»Dass irgendetwas nicht stimmt, ist ein ziemlich relativer Begriff. Wenn ich finde, dass etwas nicht stimmt, und du meinst, dass alles okay ist, wer von uns beiden hat dann recht?«

Luke nickte. Das war eine gute Antwort. »Ich nehme an, das wäre dann wohl ich. Das ist diese ganze Meister/Schüler-, Vater Sohn-, Weiser-alter-Mann/Naiver-junger-Mann-Sache.«

»Stimmt. Es ist schön, dass man automatisch immer recht hat, bloß weil man älter ist. Ich kann's kaum erwarten, selbst älter zu sein.«

»Ach ja?«

Ben nahm sich einen Moment, um sich zu sammeln und seine Gedanken zu ordnen. »Ich versuche dahinterzukommen, warum du überhaupt keine Energie hast.«

»Ich habe Energie. In Reserve.«

»Ja ... vielleicht. Aber früher hat deine Energie auch anderen Leuten Kraft gegeben. Sie angetrieben. Sie begeistert. Das war mal. Seit Mom umgebracht wurde, bist du wie jemand, dem ein Landgleiter auf dem Rücken steht. Völlig plattgedrückt, vor Schmerz kaum imstande, sich zu rühren. Ich meine, mir ging's nicht anders. Aber von mir ist dieser Landgleiter im Laufe der Zeit größtenteils wieder runtergerutscht. Irgendwie bin ich davon ausgegangen, dass er auch von deinem Rücken verschwinden würde, sobald wir erfahren würden, dass diejenige, die Mom ermordet hat, gefangen genommen oder getötet wurde. Dass du dann wieder imstande wärst, dich zu rühren.«

Luke runzelte verwirrt die Stirn. »Ich kann mich rühren.«

»Da bin ich mir nicht so sicher. Und ich versuche, dahinterzukommen, warum das so ist.«

»Lass uns ein bisschen mit dem Lichtschwert trainieren.

Dann wirst du sehen, dass ich mich schneller bewege, als dir lieb ist.«

Ben schüttelte den Kopf. »Du bist immer noch nicht wieder du selbst. Die Leute stellen Fragen. So etwas wie: Wann wird Luke Skywalker endlich seine Mitte finden und die Dinge wieder besser machen? Keiner weiß, was er ihnen sagen soll.«

»Die Dinge besser machen?« Luke versuchte, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen, konnte jedoch nicht verhindern, dass sie sich dennoch in seine Stimme schlich. »Du meinst, wann ich mit den Fingern schnipse, diesen Krieg beende und dafür sorge, dass Blumenblätter auf alle zivilisierten Planeten herabregnen?«

»Ja, genau so.« Ben grinste, dann seufzte er. »Nein, ich denke, sie meinen bloß, wann du endlich wieder anfängst, richtig das Kommando zu übernehmen. Über die Jedi, um unserer Rolle in diesem Krieg gerecht zu werden? Um zu führen und nicht bloß zu dirigieren? Denn das ist ein Unterschied.«

Luke spürte, wie seine Stimmung sogar noch weiter sank. »Oh, Ben. Sie stellen diese Frage aus einem fehlgeleiteten Gefühl dessen heraus, was ich vollbringen kann. Ihre Erwartungen, wozu ich imstande bin, basieren auf Dingen, die passiert sind, als ich noch ein junger Mann war, mit blindem Glück und endloser Energie gesegnet ... und als man noch alle bekannten Machtnutzer der Galaxis an einer Hand abzählen konnte. Auch andere Jedi können, was ich kann.«

»Nein, können sie nicht. Sie sind nicht Luke Skywalker.«

Luke musterte für einen Moment die Oberfläche der Landezone. Sie diente zwar immer noch ihrem ursprünglichen Zweck, war aber abgewetzt, verwittert und rissiger als damals, als man sie gebaut hatte. Irgendwie schien ihm das die perfekte Metapher für seine Situation zu sein. »Du kannst die Zeit nicht zurückdrehen. Auf meinem Rücken lastet kein Landgleiter, sondern das Gewicht von Jahren und Ereignissen. Das kann ich nicht abschütteln, und selbst, wenn ich es könnte, würde ich damit alles zunichtemachen, was ich daraus gelernt habe. Heut zutage bin ich als Lehrmeister von größerem Nutzen als Ressourcenlieferant. Das ist meine Rolle. Ich sollte wirklich langsam darüber nachdenken, mir einen vernünftigen Kandidaten zu suchen, der der nächste Großmeister wird.«

Ben schwieg lange Sekunden, und Luke fühlte, wie ein zunehmendes Gefühl von Verwirrung und Besorgnis von dem Jungen ausstrahlte.

Dann spürte er, wie Ben eine noch stärkere Emotion durchzuckte: Furcht. Luke schaute auf. um zu sehen, dass Ben mit einem Mal auf den Beinen war und ein Ausdruck schierer Beunruhigung in seinen Zügen lag.

Luke warf ihm einen fragenden Blick zu. »Was ist los?«

»Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. Wie sind die richtigen Worte dafür?« Ben wandte sich von seinem Vater ab, sah sich um, als würde er auf Gesichtern, die nicht da waren, nach einer Bestätigung suchen, und drehte sich dann wieder um. Mit einem Mal war er so verzweifelt wie jemand an der Kreuzung eines Labyrinths, dem Sturmtruppen im Nacken saßen - welcher der verschiedenen Wege war der beste? Welcher Weg führte zu Gefangennahme oder Tod?

Und dann marschierte er hin und her, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und wühlte darin herum, als würde das plötzliche Durcheinander seinen Gedanken dabei helfen, aus seinem Kopf zu entfliehen. »Du willst bei Mom sein.«

»Natürlich will ich das. Du nicht?«

»Ja, aber für mich ist es etwas anderes. Ich will, dass sie hier ist, bei uns.« Ben blieb mitten im Schritt stehen und wirbelte herum, um seinen Vater anzusehen, eine anmutige Bewegung, die der Jedi- Meister Teil seines Verstandes durchaus zu würdigen wusste. »Aber du willst dort bei ihr sein, wo sie jetzt ist.«

»Was meinst du damit?«

»Du willst am liebsten tot sein. In Frieden ruhen. Mit ihr zusammen. Tot.«

»Das ist lächerlich.«

»Nein, ist es nicht. Als Onkel Han und Tante Leia uns sagten, dass Alema Rar tot ist, hättest du sagen sollen: Jetzt kann ich mich endlich wieder ans Werk machen. Stattdessen sagst du: Jetzt kann ich die Verantwortung für den Jedi-Orden jemandem übertragen, der dieser Aufgabe würdig ist. Du machst dich bereit zu sterben. Das Problem ist, dass du nicht an einer unheilbaren Krankheit leidest und dir auch niemand einen Blaster an den Kopf hält. Also, wie willst du es anstellen?« Bei den letzten Worten überschlug sich Bens Stimme.

»Ben, das ist so, so ... Du ziehst einfach die falschen Schlüsse.« Luke suchte verzweifelt nach dem richtigen Argument, um seinem Sohn klarzumachen, was für ein lächerlicher Gedanke das war.

Aber das Argument fiel ihm einfach nicht ein.

»Das ist es, was mit Bindung gemeint ist, oder?« Ben begann wieder, hin und her zu laufen, und jetzt sprudelten die Worte aus ihm heraus wie Wasser aus einem gebrochenen Damm. »Es geht nicht darum, jemanden zu lieben. Es geht nicht darum, mit jemandem verheiratet zu sein. Es geht nicht darum, Kinder zu haben. Es geht darum, dass von einem nichts mehr übrig ist, wenn etwas schiefgeht. Es geht darum, dass man anfängt, sich wie ein Droide mit installiertem Haltebolzen aufzuführen, wenn sie stirbt. Mom würde nicht wollen, dass du so bist. Also, warum bist du trotzdem so?«

»Ich kann nicht anders.« Luke war auf den Beinen, und die Worte waren heraus, bevor ihm klar war, was er da sagte. Er schwankte, aus dem Gleichgewicht gebracht von der plötzlichen Wucht seiner Emotionen.

Ben wirbelte herum und starrte ihn an. »Aber du musst!«

»Wie?«

»Ich weiß es nicht. Du bist der Jedi-Meister. also überleg dir was!«

Luke spürte, wie echter Zorn in ihm schwelte, ein Feuer, das von der Anmaßung in Bens Tonfall angefacht wurde.

Nein, das war noch eine Lüge. Er machte sich selbst etwas vor. Das Feuer wurde von der Tatsache angefacht, dass Ben recht hatte.

Luke schloss die Augen und bahnte sich seinen Weg durch die Dämmwand aus Friedlichkeit, die er im Laufe der letzten Monate um sich herum errichtet hatte. Dahinter versuchte er, sich selbst zu finden. Doch als Erstes stieß er auf nichts anderes als die Last seines Kummers und die eine Sache, die ihn weiter funktionieren ließ, während er diese Bürde trug - sein Verlangen, wieder mit Mara vereint zu sein. Wieder mit ihr vereint, wenn die Zeit dafür kam. Wiedervereint in der Macht.

Dann war da die andere Last, die, die er größtenteils von seinen Schultern abgestreift hatte, die Last seiner Verantwortung - gegenüber dem Orden, gegenüber seiner Familie, gegenüber der Galaxis.

Gegenüber dem Leben.

Doch er musste die Bürde, die er abgelegt hatte, weiter tragen, oder?

Es tut mir leid, Mara. In dem Wissen, dass das einem Verrat gleichkam, trat Luke langsam, bedächtig unter der Last seines Kummers hervor.

Das Gewicht wich nicht vollends - genauso, wie Mara immer noch ein Teil von ihm war, würde ihn auch der Schmerz darüber, sie verloren zu haben, auf ewig begleiten. Trotzdem war es plötzlich leichter zu atmen, zu denken. Er fragte sich, wie lange es schon her war, seit er das letzte Mal wirklich einen klaren Gedanken gefasst hatte.

Und seltsamerweise fühlte es sich überhaupt nicht wie ein Verrat an.

Dann war da die andere Bürde, die Bürde der Pflicht. Er hatte sie sein ganzes Erwachsenenleben lang getragen, und manchmal hatte sie ihn zu Boden gedrückt. Gleichwohl, zu anderen Zeiten hatte sie ihn durchhalten lassen, hatte geholfen, ihn am Leben zu erhalten.

Vielleicht war das der Grund, warum er so bereit gewesen war, sie aufzugeben: Weil seine Pflichten ihn in einer Zeit am Leben gehalten hatten, als er gar nicht leben wollte.

Mit akribischer Sorgfalt nahm er dieses andere Gewicht wieder auf und schulterte es.

Er öffnete die Augen. Sein Sohn stand vor ihm, besorgt, aber jetzt seufzte Ben, ein kurzes erleichtertes Ausatmen. »Hey, Dad, sieh mal in den Spiegel.«

»Das brauche ich nicht.«

»Weißt du, was? Deine Gefühle verraten dich.«

Luke unterdrückte ein Prusten. »Ben, solltest du jemals, jemals so was sagen wie: Ich hab's dir doch gesagt...«

»Werd ich nicht.«

»... werde ich dich einer Trainingslektion unterziehen, die Kyp Durron die Tränen in die Augen treiben würde.«

»Werd ich nicht, werd ich nicht.«

»Wann bist du eigentlich so gescheit geworden? Als ich nicht hingesehen habe?«

Ben musste mit den Schultern zucken, jetzt wieder ein Halbwüchsiger, dem die Worte fehlten.

Luke legte seinem Sohn einen Arm um die Schultern und führte ihn auf den Aufzug zu. »Weißt du. dies sind unruhige Zeiten. Viele unserer üblichen Traditionen bleiben momentan auf der Strecke. Unsere Zeremonien, unsere Rituale.«

Ben runzelte argwöhnisch die Stirn. »Worauf willst du hinaus?«

»Ich denke, du solltest anfangen, dein Lichtschwert zu bauen.«

Ben kam schlitternd zum Stehen und sah Luke an. »Aber ... Aber ich habe meine Prüfungen noch nicht abgelegt.«

»Wie würdest du es nennen, von dem Abgrund zurückzuweichen, an den Jacen dich gedrängt hat ... und den Großmeister anschließend vor seinem eigenen Abgrund zu retten?«

»Halsstarrigkeit.«

»Zeig mir einen einzigen Jedi-Ritter, der nicht halsstarrig ist.« Luke trat auf die Aufzugsplattform und hielt seinen Zeh über den in den Permabeton eingelassenen Knopf. »Fang an. an deiner Waffe zu arbeiten. Sohn.« Er drückte den Knopf und ließ sich von dem Turbolift nach unten tragen, zurück zu seiner Arbeit, zurück zu seiner Verantwortung.