1. Kapitel

 

ÜBER DEM PLANETEN KASHYYYK, AN BORD DES MILLENNIUM FALKEN

 

Der Falke kreiste über einem Abbild der Hölle.

Unmittelbar darunter brodelte ein aufgewühltes Meer aus Schwarz- und Gelbtönen, aus Rot und Orange. Weiter östlich ging die Feuerdecke in den dem Untergang geweihten Wald über. Die Linie zwischen diesen beiden Bereichen war ungleichmäßig und unbeständig, und selbst aus der Entfernung von einigen Kilometern konnte Han Solo im Grenzgebiet einzelne Bäume in Flammen aufgehen sehen; einige ließ die Hitze schier explodieren.

Westwärts stieg eine mehrere Kilometer durchmessende Säule überhitzter Luft auf, schleuderte Hauch in die Atmosphäre und verdunkelte die Nachmittagssonne. Und es war diese Rauchsäule, die die wahre Gefahr des Mahlstroms zeigte; während sie immer höher kletterte, saugte sie aus allen Richtungen Luft an, die das Feuer ringsum in einem fort anfachte und das unersättliche, außer Kontrolle geratene Ungetüm nährte.

Einst hatte sich einem hier ein makelloser Blick auf himmelhohe Wroshyr-Bäume und anderes Blattwerk geboten. Vor einigen Tagen jedoch hatte der Sternenzerstörer Anakin Solo mit seinen Langstreckenturbolasern auf Befehl von Jacen Solo hin die Oberfläche von Kashyyyk ins Visier genommen und das Feuer so konzentriert, dass quadratkilometergroße Waldstücke schier in Flammen explodiert waren. Der Angriff sollte die Wookiees dafür bestrafen, dass sie den Jedi Zuflucht gewährten und sich übermäßig viel Zeit damit ließen, ihre Streitkräfte Jacens Galaktischer Allianz zu unterstellen.

Und was für eine Strafe es war. Die einzelnen Feuer hatten sich in unkontrolliert wütende Feuersbrünste verwandelt.

Der Falke bockte, als er über einen thermischen Aufwind glitt, Han brachte ihn wieder in geschmeidigen Horizontalflug und reckte den Kopf, um nach irgendwelchen Lauten von sich lösenden Hüllenplatten oder durch die abrupte Bewegung herausspringender Nieten zu lauschen, doch abgesehen von den Tausenden von Geräuschen, die er in- und auswendig kannte, war nichts zu vernehmen.

Leias Stimme drang knisternd aus der Kommunikationskonsole. »Überflug abgeschlossen. Ich habe den letzten Peilsender platziert.«

Han zog den scheibenförmigen Raumfrachter in die Kurve und sank tiefer, in Richtung ihres Treffpunkts, etwa zwei Kilometer außerhalb der Brandzone. »Irgendwelche Probleme?«

»Jede Menge. Musste einige Schnellreparaturen an einem der Sender durchführen. Und die ganze Zeit über muss ich Herden fliehender Tiere ausweichen.«

Der Falke buckelte heftiger, als er von einer besonders starken Thermalbö erfasst wurde, und dann glitt das Schiff über unverbrannten Wald. Hier war das Gelände höher, die Bäume wesentlich niedriger - kein Einziger ragte mehr als einen halben Kilometer in die Höhe. Die geologische Abtastung ergab, dass die Erdschicht zu dünn war, als dass hier voll ausgewachsene Wroshyrs wachsen könnten - der unterirdische, steinerne Höhenrücken. der die Bäume klein hielt, würde das Feuer aufhalten, zumindest in diesem Gebiet.

Han überprüfte die Kom-Konsole, suchte nach dem Signal, das von Leias letztem Peilsender übertragen wurde, und peilte ihn an. »Waroo! Mach die Winde einsatzbereit!«

Ein bestätigendes Knurren drang über die Gegensprechanlage. Gleichzeitig konnte Han hören, wie das Geräusch um einiges schwächer den Zugangskorridor zum Cockpit hinter ihm entlanghallte. Waroo stand an der Andockschleuse an Steuerbord, durch die Kashyyyks Atmosphäre hereindrang, bereit, Leia in Empfang zu nehmen.

Han gestattete sich ein flüchtiges Lächeln. Es war gut, wieder einen Wookiee an Bord des Falken zu haben. Das erinnerte ihn an die alten Tage, als er und Chewbacca noch jung und sorglos gewesen waren - vorausgesetzt, dass es nicht unter die Rubrik »Sorgen« fiel, wenn sie von Kopfgeldjägern und imperialen Schmuggelabwehreinheiten gehetzt wurden.

Außerdem war Waroo nicht bloß irgendein Wookiee. Er war Chewbaccas Sohn. Ein gescheiter Sohn, ein guter Krieger.

Wären die Dinge anders gelaufen und hätte sich Hans eigener Sohn Jacen nicht zu dem entwickelt, zu dem er sich entwickelt hatte, hätte der Falke eines Tages womöglich ihm gehört, um mit Waroo an seiner Seite Hans schurkisches Erbe anzutreten.

Stattdessen war Jacen zu etwas Dunklem geworden, zu etwas Schrecklichem, zu einem selbsternannten Anführer, der entschlossen war, die Galaxis seiner unbeugsamen Herrschaft zu unterwerfen. Er hatte konspiriert, gefoltert, betrogen, gemordet, und das alles mit einer Überzeugung von der Richtigkeit seiner Sache, die der eines Geisteskranken gleichkam.

Und obwohl Han sich einzureden versuchte, dass Jacen für ihn gestorben war, dass er nichts anderes mehr war als ein Fremder mit dem Gesicht und dem Namen seines Sohnes, packte jede neuerliche Gräueltat, die Jacen beging, sein Herz wie eine Eisenfaust und drückte fest zu.

Die Kommunikationskonsole piepte, um daraufhinzuweisen, dass sie sich dicht bei der Quelle des Peilsignals befanden. Han drückte den Bug nach unten, um sich einen besseren Blick in die Tiefe zu verschaffen. Von der Steuerbordseite her vernahm er einen dumpfen Schlag, gefolgt von einer geknurrten Beschwerde, und wieder grinste er. »Tut mir leid. Keine weiteren abrupten Flugmanöver mehr. Ich versprech's.«

Die Wroshyr-Bäume waren hier immer noch hoch genug, um den Waldboden zu einem Ort tiefer Schatten und dräuender Gefahr zu machen. Es gab keine Lichtung, auf der man landen konnte. Dennoch war Leia zu sehen; ihr weißes Gewand zeichnete sich deutlich zwischen all dem Blattwerk ab. Sie stand auf einem der oberen Äste, als würde sie auf einem der Gehsteige in Coruscant warten, ohne sich Gedanken über den Wind oder die potenziell lästige Schwerkraft zu machen. Sie winkte.

Han brachte den Falken unmittelbar über ihr in Position. »In Ordnung, Waroo. Hol sie hoch.« Einen Moment später hörte er das surrende Geräusch der Winde, als der Wookiee das Seil zu Leia hinabließ.

Die Besatzung des Millennium Falken war dabei, etwas zu tun. das - unter anderen Umständen - als etwas genauso Schreckliches betrachtet worden wäre wie Jacens' Feuerlegen ... weil sie letzten Endes etwas ganz Ähnliches vorhatten.

In Kürze würde ein Konföderationskreuzer im niedrigen Planetenorbit mit seinen Turbolasergeschützen auf die Wälder feuern, um Teile davon in Brand zu stecken. Allerdings würde dieser Schlag mit chirurgischer Präzision erfolgen, um exakt der mehrere Kilometer langen Linie von Peilsendern zu folgen, die Leia platziert hatte. Sobald diese Feuerlinie gezogen worden war. würden die Turbolaser die Schneise nach Osten hin verbreitern ... und der Falke, weitere mit Löschschaum beladene Raumfrachter sowie ein ganzes Heer von Wookiee-Feuerbekämpfungsteams würden den Brand an seinem westlichen Rand in Schach halten. Sobald dieses kontrollierte Feuer erloschen war, würde der vorrückende Flächenbrand dort bloß noch auf verkohlte Erde stoßen - auf einen so breiten Streifen verkohlter Erde, dass die vom Wind getragenen Funken ihn nicht überwinden könnten.

Hier stünde dem Feuer sein Ende bevor, sodass der Falke und die anderen Schiffe dann anderswo Feuerschneisen bilden könnten, um den Flächenbrand schließlich überall unter Kontrolle zu bringen. Sobald der Feuersturm nirgendwo mehr Nahrung fand, würde die Flammenbestie verhungern und ersterben - um Millionen verbrannter Hektar Wald und eine narbenübersäte, in Rauch gehüllte Welt zurückzulassen.

Han hörte, wie das Schwirren der Winde verstummte, um dann Sekunden später erneut einzusetzen und Leia zu ihm hochzuholen. Eine Woge der Erleichterung spülte über ihn hinweg. Er wusste, dass sie gut auf sich selbst aufpassen konnte. Das bedeutete allerdings nicht, dass er sich keine Sorgen machte, wenn sie sich wissentlich in Gefahr brachte.

Er zog den Falken behutsam auf einen östlichen Kurs, um sich von der Feuerschneise zu entfernen, und überprüfte, ob seine Kom-Verbindung nach wie vor auf die Konföderationsfrequenz eingestellt war. »Millennium Falke an Lillibanca. Peilsender sind in Position. Sic können anfangen. Bei Nummer eins, falls belieben. nicht bei Nummer zwanzig.«

Er vernahm ein Schmunzeln, bevor die Stimme des Kommunikationsoffiziers auf dem Kreuzer erwiderte: »Bestätige, Falke. Und danke.«

Dann war da eine neue Stimme - weiblich, tief und verführerisch -, direkt hinter Han. »Deine Gefühle verraten dich.«

Durchzuckt von Adrenalin, riss Han den Kopf herum.

Im Zugang zum Cockpit stand eine Frau. Sie war beinahe von Kopf bis Fuß in dunkle Gewänder gekleidet. Lediglich ihr Gesicht war zu sehen, und es war ein schönes Gesicht, blauhäutig, ausdrucksstark.

Ihr Name war Alema Rar, und sie war gekommen, um ihn zu töten.

Han zog seinen Blaster. Gleichzeitig vollführte Alema eine Geste, eine elegante Bewegung, die ihr den Umhang vom Körper wehen ließ, und sie streckte die linke Hand aus. während sie sich mit der Rechten ihr Lichtschwert vom Gürtel schnappte. Hans Pistole entglitt seinem Griff, kaum dass er sie aus dem Halfter gezogen hatte, und schwebte in ihren.

Han starrte sie mit offenem Mund an. Eigentlich hätte sie dazu überhaupt nicht fähig sein dürfen. Ihr linker Arm war nutzlos, seit er Jahre zuvor ruiniert worden war - jetzt jedoch funktionierte er bestens.

Sie bedachte ihn mit einem spöttischen Ts-ts. »Wir sind eine Jedi. Wir ziehen es vor, dass man nicht auf uns schießt. Wir wurden bereits angeschossen. Das ist nicht angenehm.« Sie ließ den Blaster fallen; es klapperte, als die Waffe auf die Deckplatten schlug.

Han gab sich draufgängerisch, auch wenn ihm gar nicht danach zumute war. »Und? Was hast du jetzt vor? Willst du mich totquatschen?« Im Geiste ging er flugs die Waffen und Möglichkeiten durch, die ihm zur Verfügung standen. Dazu gehörten eine versteckte Vibroklinge. die ihm bei einer Jedi wie Alema nicht von großem Nutzen sein dürfte, und eine sehr große Waffe, die ihn nur selten im Stich gelassen hatte.

»Wir werden warten, bis dein Piranhakäfer von Ehefrau hier ist. um alles mit anzusehen, und dann werden wir dir unser Lichtschwert durchs Herz rammen. Dann kann sie deinen Leichnam in den Armen wiegen und weinen. Wäre das nicht schön?«

»Nicht besonders.«

Es gab Zeiten, in denen es eine wunderbare Sache war, dass Han den Falken so gut kannte, wie er es tat - dass er das Schiff gut genug kannte, um jeden Steuermechanismus und jedes Instrument zu bedienen, selbst wenn er blind oder orientierungslos gewesen wäre. Ohne den Blick von Alema abzuwenden, griff er nach vorn und deaktivierte den Trägheitskompensator und den Generator für die künstliche Schwerkraft des Raumfrachters. Im selben Augenblick gab er Schub auf die Düsen und riss den Steuerknüppel nach hinten.

Er brachte den Falken in die Senkrechte und schoss aufs Weltall zu. Da der Trägheitskompensator ausgeschaltet war, presste ihn die plötzliche Beschleunigung brutal in den Sitz zurück. Ungewohnter Schwindel ließ seinen Kopf schwirren.

Alemas Miene wandelte sich von guter Laune zu großäugiger Überraschung, als sie nach hinten stürzte. Han vernahm, wie sie dumpf gegen die Schottwand des Cockpit-Zugangskorridors krachte - sie musste da aufgeschlagen sein, wo sich der Gang nach Backbord und Steuerbord hin verzweigte. Er hörte, wie seine Blasterpistole hinter ihr her klapperte. Dann folgte weiteres Gepolter und Geklapper, als Alema und der Blaster die rechtwinklige Fläche hinabrollten, die die Wand jetzt bildete.

Außerdem war da Gelächter - Alemas schallendes Gelächter.

Waroo - dessen goldbraunes Fell im Schein des Feuers, das durch den Ring der Andockschleuse zu erkennen war, orangerot glomm - war gerade dabei, Leia an Bord zu hieven, als der Falke bockte; mit einem Mal deutete der Bug des Raumfrachters geradewegs auf den raucherfüllten Himmel, während das Schiff gleichzeitig rasant beschleunigte. Waroo und Leia wurden gegen die Korridorschottwand an achtern geschleudert, dicht hinter der SteuerbordAndockschleuse. Mit einem Mal wurde die Wand zum Fußboden, und die Beschleunigung drückte sie wie eine große, unsichtbare Hand nach unten.

Leia befreite sich selbst vom Windengurt und holte Luft, um nach Han zu rufen. War ihm womöglich entgangen, dass die künstliche Schwerkraft des Falken nicht funktionierte? Dann hörte sie es - Gelächter, das von den Schotts und Bodenplatten des Falken widerhallte.

Waroo richtete sich auf, und seine gewaltige Kraft ließ die Bewegung ungeachtet der massiv verstärkten Schwerkraft, mit der die Beschleunigung an ihm zerrte, ungezwungen wirken. Er stieß ein verwirrt klingendes Grollen aus.

»Alema Rar. Sie ist an Bord.« Leia konzentrierte sich auf die Macht, um ihre eigene körperliche Stärke zu vergrößern. Sie stand schwankend da, nahm ihr Lichtschwert zur Hand und aktivierte es. »Lass uns gehen.«

Steifbeinig marschierte sie die paar Meter zum Gang mit der Einstiegsrampe hinab, über die die Solos den Falken normalerweise betraten und verließen; jetzt stellte die Rampe eine schmutzige Wand zu ihrer Rechten dar. Sie erreichte die Luke, die in den Hauptkorridor des Raumfrachters führte, den gewundenen Gang, der einem Zutritt zu sämtlichen Bereichen des Falken gewährte.

Gleichwohl, den Hauptkorridor zu betreten, würde zur Folge haben, dass sie ein beträchtliches Stück weit fiel. Dann würde die gekrümmte Korridorwand, die jetzt als steil angewinkelter Boden fungierte, sie schmerzhaft nach unten purzeln lassen, bis sie zur Öffnung des Frachtaufzugs gelangte. An dieser Stelle würde sie mehrere Meter weit stürzen und gegen das Schott krachen, das die Wohnquartiere von den Sublichttriebwerken trennte. Unter normalen Umständen hätten ihre gymnastischen Fähigkeiten und ihre Machtkräfte dafür gesorgt, dass sie das Ganze ohne Verletzungen überstand, doch bei mehrfacher Schwerkraft war sie sich da nicht ganz so sicher.

Vermutlich befand sich .Alema in diesem Moment im Frachtaufzug. Aber auch dessen konnte Leia sich nicht gewiss sein. Das Gelächter war verklungen, und es gelang Leia nicht, Alema in der Macht auszumachen.

Leia warf Waroo über die Schulter einen Blick zu. »Geh ins Cockpit. Da wird Alema am Ende auftauchen. Beschütze Han. Und nimm dich vor Giftpfeilen in Acht!«

Waroo grollte einwilligend. Er ging geduckt an Leia vorbei und sprang über den Hauptkorridor, um mit beiden Händen die Ecke zu fassen zu bekommen, wo ein Nebengang zu den Zugangsröhren der Geschütztürme führte. Ungeachtet der multiplen Schwerkraft, die an ihm zerrte, zog er sich nach oben, bis er auf der Wand dieses Gangs stand. Dann drehte er sich zu Leia um und sprang wieder zurück in ihre Richtung; diesmal packte er die Kanten der Lukenöffnung ein gutes Stück über ihrem Kopf - der Öffnung, die zum Cockpit-Zugangskorridor führte.

Hans Stimme drang über Leias Komlink. »Festhalten, Leute!«

Leia zuckte vor Anspannung zusammen und umklammerte den Rahmen der Luke, bei der sie stand. Sie hörte Waroo eine Beschwerde knurren.

Der Falke begann abrupt zu rollen und drehte sich um die eigene Achse, während er gleichzeitig die Richtung änderte. Leia mühte sich zu bleiben, wo sie war. und stellte fest, dass sich um sie herum nichts änderte; allerdings vernahm sie das Gepolter von Fracht Containern. Teilen der Innenausstattung und losen Wand- und Bodenplatten, das durch das Innere des Raumfrachters hallte, und sie fühlte sich seltsam orientierungslos.

Dann wurde ihr bewusst, warum. Über ihr hingen Waroos Beine nicht länger nach unten: vielmehr lagen sie gespreizt auf dem, was eigentlich die Decke des Korridors hätte sein sollen. Das bedeutete, dass der Falke jetzt kopfüber flog. Während Leia hinsah, wand sich der Wookiee in den Cockpit-Zugangskorridor. Er verschwand außer Sicht, doch sie konnte ihn immer noch murren hören.

Leia rollte sich nach vorn, ein akrobatischer Purzelbaum, der sie in den Hauptzugangskorridor katapultierte. Sie landete mit Bedacht, um keinen der Glühstäbe, Sensoren oder einen der anderen an der Decke angebrachten Gegenstände zu zerschmettern, die ihr jetzt als Fußboden diente.

Sie musste Alema finden - aber das würde nicht sonderlich schwierig sein, da das fröhliche Lachen der verrückten Twi'lek erneut zu ihr drang, vage aus Richtung Heck des Falken. Mit aktiviertem Lichtschwert bewegte sie sich vorsichtig darauf zu.

Weiter vorne links, von ihrer gegenwärtigen Position aus auf dem Kopf stehend, war die Technikstation des Raumfrachters; die Konsolen erlaubten die Überwachung jedes Systems an Bord des Schiffs. Rechter Hand führte die gewölbte Wand zu der breiten Öffnung, die in den Maschinenraum führte, von wo aus man Zugriff auf den Frachtaufzug, den Hyperantrieb, die Sublicht- Triebwerke und andere wichtige Systeme hatte.

Aus ebendieser Richtung vernahm sie das summende Geräusch eines Lichtschwerts, doch es war ein anhaltender Ton - eine Waffe, die stillgehalten wurde, ohne vorzustoßen oder sich sonstwie zu rühren.

Leia konzentrierte sich auf die Macht und suchte erneut nach ihrer Beute. Zuerst registrierte sie Waroo, dann Han, dann wieder Waroo

Wieder? Sie öffnete den Mund, um über ihr Komlink eine Frage zu stellen, doch das Lichtschwert vor ihr begann zu zucken und zu zischen, als es mit einer metallischen Oberfläche in Berührung kam. Leia fluchte leise vor sich hin und stürmte vorwärts.

Als sie um die Ecke in den Maschinenraum bog, entdeckte sie Alema Rar. Die Twi'lek stand auf der anderen Seite des Frachtaufzugs. neben dem ausladenden, kreisförmigen Gehäuse des Hyperantriebs. Sie hielt ihr Lichtschwert mit zwei gesunden, ruhigen Händen, als sie die Spitze tief in das Gehäuse trieb: gleißende Funken stoben auf, die die Kammer erhellten.

Und sie stand auf dem Boden - dem richtigen Boden. Ihre Füße schienen an der Oberfläche über Leias Kopf zu kleben, als hätte die Schwerkraft nicht den geringsten Einfluss auf sie.

Sie schaute herüber, als Leia eintrat. »Prinzessin! Kommt und helft uns, den Hyperantrieb zu zerstören. Dann können wir die Triebwerke zusammen in Stücke schneiden.«

Wachsam rückte Leia vor. »Zuerst schneide ich erst einmal dich in Stücke. Das wird mir zeigen, wie man das am besten macht.«

»Zuerst solltet Ihr... «

Alemas Worte wurden abrupt abgeschnitten, als der Falke mit einem Mal wieder um die eigene Achse rotierte und der Boden unter Leias Füßen wegsackte, sodass sie gegen die Decke krachte und schließlich mit der Schulter voran gegen die Schottwand an Steuerbord donnerte.

Einige Sekunden zuvor hatte Lumpawaroo die vier Ecken des Cockpitzugangs mit beiden Händen und Füßen umklammert. Er knurrte Hau vernehmlich zu, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.

Han warf dem Wookiee über die Schulter hinweg einen Blick zu. »Es schert mich nicht, was Leia gesagt hat; geh gefälligst zurück und hilf ihr!«

Grummeln.

»Ich werde die Cockpitluke verriegeln. Falls Alema wieder hier hochkommt, wird sie sich den Weg dadurch freischneiden müssen, was euch beiden jede Menge Zeit verschafft herzukommen.«

Grummeln.

»Wenn du dich dann besser fühlst, werde ich lieber aufpassen, wohin ich fliege.« Er drehte sich, um nach vorn zu schauen. »Nicht, dass es hier oben sonst noch irgendwas gäbe! Und der Annäherungsalarm wird mich darüber informieren, wenn ... «

Der Annäherungsalarm schrillte los, und der Horizont draußen vor den Cockpitfenstern leuchtete so grell auf, dass Han nur noch Weiß vor Augen sah. Er glaubte zu spüren, wie sich auf seinem Gesicht und seinen Händen schlagartig ein Sonnenbrand bildete. Waroo heulte.

Mit geschlossenen Augen rollte Han den Falken abrupt zur Seite. Waroos Beschwerdeheulen ertönte weiter - der Wookiee war nicht vom Cockpitzugang losgerissen worden.

Wo war er da nur beinahe hineingeflogen? Dann wusste Han es. Die Lillibanca in der Umlaufbahn hatte mit ihrem Feuerschneisenbombardement begonnen, und Hans Flugmanöver hatten den Falken geradewegs auf die erste Geschützsalve zugesteuert.

Aber wohin sollte er jetzt abdrehen? Er konnte nichts sehen, und jede Richtung, in die er sich wandte, manövrierte sie womöglich direkt auf die zweit e Salve zu - oder hinein.

Jede Richtung - bis auf zwei.

Er ließ den Raumfracht er weiter um die eigene Achse rollen, bis der Falke im engsten rechten Bogen flog, den er zustande brachte, und riss ihn so rasant um 360 Grad herum, dass die Streben und Nieten des Schiffs gequält ächzten. Dann, als allein seine Pilotenerfahrung ihm sagte, dass er sich wieder auf seinem ursprünglichen Kurs befand, riss er den Steuerknüppel zurück und schickte den Falken einmal mehr steil nach oben.

Wenn er so flog, konnte er sich nicht weit genug zur Seite bewegen, um in den zweiten Strahl zu geraten. Für den Augenblick war er in Sicherheit.

Waroo allerdings nicht. Das empörte Heulen des Wookiees wandelte sich zu einem überraschten. Han hörte, wie Waroo gegen die Schottwand des Cockpit-Zugangskorridors donnerte, ehe er demselben holprigen Pfad folgte, den Alema zuvor genommen hatte, als er den Gang hinunterrollte.

Einen Moment lang herrschte Stille. Han zuckte innerlich zusammen, als er sich vorstellte, wie Waroo in den Hauptzugangskorridor katapultiert wurde. In einer Sekunde würde man das gewaltige Krachen von Wookiee auf Metall vernehmen ...

 

Der Drall des Falken nagelte Leia lange Sekunden gegen die Korridorwand. Sie bemühte die Macht, um sich davon abzustoßen und der Zentrifugalkraft zu trotzen, doch das erforderte ihre gesamte Konzentration - das, und die Notwendigkeit, ein Auge auf Alema und ein Ohr auf all die Frachtgüter, Maschinenteile, persönliche Ausrüstung und - nach allem, was sie wusste - Besatzungsmitgliedern zu haben, die überall im Schiff von Schottwänden abprallten.

Alema machten die abrupten Flugmanöver des Falken weit weniger zu schaffen. Die Rotation hatte sie einen Moment lang an die Decke geheftet, doch jetzt richtete sie sich schon wieder auf, als wäre die Schwerkraft normal und ausgeglichen.

Sie stemmte sich auf zwei gesunde Füße, ungeachtet des Leia bekannten Umstands, dass sie die Hälfte eines Fußes eingebüßt hatte. Ihre Gesichtszüge waren so jugendlich und makellos wie damals vor fünfzehn Standardjahren, als Leia ihr zum ersten Mal begegnet war.

Leia zwang sich, ihre Stimme ruhig und tief zu halten. »Scheint, als hättest du dir endlich einige Prothesen gegönnt.« Und eine Schönheitsoperation, um Falten, Tränensäcke und Narben loszuwerden...

»Nichts derartig Plumpes. Wir sind jetzt schlicht unsterblich und für alle Zeiten jung, wie wir es uns verdient haben.« Alema hob ihr Lichtschwert zu einem traditionellen Salut, eine komm-her-und- kämpf-gegen-mich-Geste.

Der Falke schoss wieder senkrecht in die Höhe. Das plötzliche Manöver erwischte Leia unvorbereitet und schleuderte sie auf die Rückseite des Maschinenraums zu - geradewegs an Alema vorbei, die sich nicht vom Fleck rührte.

Leia wirbelte ihr Lichtschwert in einem defensiven Bösen herum, in dem Bemühen, den Hieb abzublocken, von dem sie wusste, dass er kommen würde - doch er blieb aus. Alema tänzelte bloß beiseite. Leia donnerte gegen die Heckschottwand, und der Aufprall sandte Wogen der Pein durch ihre Muskeln, ihre Schulterblätter, ihr Rückgrat ...

Eine flüchtige Sekunde lang war sie hilflos, krümmte sich vor Schmerzen. Trotzdem riss Alema nicht ihr Blasrohr hervor, um einen Giftpfeil in ihre Richtung zu schicken -- sie machte nicht einmal einen blitzschnellen Satz hinter ihr her. um einen verstümmelnden Schlag mit ihrer Waffe zu führen. Stattdessen rückte sie langsam vor und ging über die Decke mit Bedacht auf Leia zu.

Leia sammelte sich und streckte die Hand aus. eine fegende Geste, die eine Welle von Machtenergie auf ihre Gegnerin zuströmen ließ. Alema wippte einfach auf den Absätzen nach hinten und wirkte gelinde belustigt. »Lässt Eure Kraft nach, Prinzessin? Vielleicht ist das Altersschwäche.«

Ein dumpfes, klapperndes Geräusch ertönte, und dann segelte Waroo vom Hauptkorridor aus an Leia vorbei: er drehte sich wie ein Kinderspielzeug.

Leia wirbelte beiseite und konzentrierte sich auf die Macht, um Waroos Sturz zu verlangsamen. Der Wookiee krachte neben ihr gegen die Schottwand, jedoch nicht hart genug, als dass ein Wesen von seiner Größe und Kraft dadurch Schaden nahm.

Alemas Lächeln wurde breiter. Mit einer Bewegung, die eigentümlich plump und ungeübt wirkte, hob sie das Lichtschwert und stürmte vor, um es auf Waroo herniedersausen zu lassen.

Leia riss die eigene Klinge hoch und fing Alemas scheinbar ungeschickte Attacke ab; ihre Schwerter trafen sich, es surrte, Funken flogen. Waroo rollte sich von den beiden Frauen fort und setzte sich auf, während er gleichzeitig seinen Bogenspanner vom Rücken nach vorn schwang und auf Alema anlegte. Die Waffe, deren robuste Bauweise Wookiee-Standards entsprach, schien nicht beschädigt zu sein.

»Nein!« Leias Fuß zuckte vor, als Waroo feuerte. Sie traf ihr Ziel zuerst, und Alema flog nach hinten, derweil Leia ihr Lichtschwert anwinkelte, um den Bogenspanner-Bolzen abzufangen, der an der Klinge mit einem Zischen zu Nichts verging.

Der verwirrte Waroo stieß ein beleidigtes Knurren aus. Er erhob sich und spannte die Waffe hastig wieder. Leia kam ihrerseits wieder auf die Beine und sprang mit einem Satz auf Alema zu, um sich zwischen die Twi'lek und den Wookiee zu bringen. Sie fing Alemas nächsten Hieb ab - diesmal so flink und kraftvoll geführt, wie man es von einer Jedi erwartete -, bevor er ihr den rechten Arm abtrennen konnte, ging ihrerseits aber nicht zum Angriff über. »Waroo, nicht schießen! Irgendetwas stimmt hier nicht. Vertrau mir.«

Waroo stieß ein leises, missmutiges Grummeln aus. Er zielte, feuerte aber nicht.

Leia stemmte sich gegen Alemas Klinge, keuchend vor Schmerz und Anstrengung. Ihre Klingen zischten und schlugen Funken, als sie sie gegeneinanderpressten, der Länge nach aneinander entlangglitten.

Alema versuchte, sich frei zu machen und zuzuschlagen, aber Leia folgte ihr einfach Schritt für Schritt, blieb dicht bei ihr und kämpfte rein defensiv. Alema hieb ein zweites und ein drittes Mal auf sie ein; alle Schläge zielten auf eins von Leias Gliedern, doch Leia blockte zwei der Attacken ab und wich der dritten aus.

Alemas Lächeln verblasste nicht, ihre Kraft einen Moment später allerdings offenbar schon. Sie sackte nach hinten, als Leia weiter nach vorn drängte. »Schön.« Ihr Tonfall klang unbekümmert, doch ihm haftete etwas Gezwungenes, Sprödes an. »Wir bringen das später zu Ende.«

Sie sprang rückwärts hoch, um weiter oben auf der Wand des Hauptkorridors zu landen, ihre Bewegung so leichtfüßig und anmutig, dass es den Anschein hatte, als habe die konstante Aufwärtsbeschleunigung des Falken keinerlei Einfluss auf sie. Dann wandte sie sich ab und lief auf die Luken zum Schalterraum und zu den Mannschaftsquartieren zu.

Leia und Waroo setzten ihr nach, was sowohl die Jedi als auch den Wookiee einiges an Anstrengung kostete. Doch obwohl Alema kaum ein paar Sekunden lang außer Sicht gewesen war und es in dieser Zeit unmöglich zu einer der beiden Luken geschafft haben konnte, war sie verschwunden.