22. Kapitel

 

KASHYYYK, MAITELL-BASIS, HANGAR DES MILLENNIUM FALKEN

 

Jaina trottete in das Hangarbüro - eine Reihe behelfsmäßiger Räume, die durch Platten aus gewelltem Durastahl vom Rest des Gebäudes abgetrennt worden waren und den Alema-Jägern jetzt als Hauptquartier und Arbeitsstätte dienten - und blieb unmittelbar hinter der Schwelle stehen. Das Hauptbüro war dunkel. »Jag?«

Seine Stimme drang durch den Vorhang, der dieses Zimmer vom nächsten trennte. »In der Werkstatt.«

Sie ging darauf zu und trat hindurch. »Wir haben von Talon Karrde einige vorläufige Ergebnisse bezüglich der Daten von Jacens Raumfähre erhalten ... « Als sie sah, was in der Mitte des Werkraums stand, hielt sie abrupt inne, und ihre Augen wurden groß.

Umgeben von Tischen und Regalen, auf denen sich Metallteile und Elektronikkomponenten stapelten, stand ein Mann - wahrscheinlich war es ein Mann, obwohl es sich genauso gut um eine neue Art von Kampfdroide hätte handeln können. Der Großteil seines Körpers war von einem Overall aus einem zerknitterten, reflektierenden, silbergrauen Material bedeckt. Darüber trug er einen Helm, Metallhandschuhe und Stiefel: er hatte eine mechanische Vorrichtung auf dem Rücken, die von zwei x-förmig über seine Brust verlaufenden Riemen gehalten wurde, und darunter einen breiten Gürtel mit Fächern und einem Halfter, in dem eine überdimensionale Blasterpistole steckte. Sämtliche Ausrüstungsgegenstände wiesen dieselbe metallische Oberfläche auf, die an gebürstetes Silber erinnerte.

Der Helm war der, den Jag bei ihrem letzten Kampf gegen Alema Rar an Bord der Liebeskommandant getragen hatte, und bei den Handschuhen handelte es sich um die Crushgaunts, die Boba Fett geschickt hatte.

Jaina runzelte die Stirn. »Warum erwische ich dich eigentlich immer, wenn du gerade Verkleiden spielst?«

»Ich stelle bloß meine Ausrüstung zusammen - meine aktuelle Montur.« Jag schob das Visier seines Helms hoch, um dahinter Augen und Nasenrücken zu enthüllen.

Jaina trat näher und klopfte mit ihren Knöcheln gegen seine Brust. Es machte klong; der Stoff, der das Metall verbarg, dämpfte das Geräusch. »Die Brustplatte also auch.«

»Nicht unbedingt der letzte Schrei, oder?«

»Nun, wenn es zu irgendetwas nütze ist, verzeihe ich dir, dass du dieses ganze übermäßig schimmernde Zeug trägst.«

»Oh, das ist alles nützlich.« Jag tippte der Reihe nach jeden Gegenstand an, während er erklärte. »Den Helm, die Brustplatte und die Crushgaunts kennst du ja schon.«

Jaina nickte.

»Der Rucksack verfügt über eine Schubdüse. Bei Schwerkraftverhältnissen wie auf Coruscant bringt, das nicht viel, aber unter Niedriggravitationsbedingungen bin ich damit um einiges wendiger; außerdem hilft es mir dabei, das Manko auszugleichen, dass ich keine Jedi-Sprünge machen kann. Die Blasterpistole habe ich von Grund auf neu gestaltet.« Er zog die Waffe und ließ sie ungeachtet der Crushgaunts in achtbarer Han-Solo-Manier um seinen Abzugsfinger wirbeln. »Sie ist übergroß, damit ich sie auch ziehen und abfeuern kann, wenn ich die Handschuhe trage: und sie ist so entworfen, dass sie auch bei den Temperaturen und in der Luftleere des Tiefenraums funktioniert - ich kann damit schießen, wenn ich draußen im All bin.« Er schob die Pistole ins Halfter zurück. »Darüber hinaus verfügt der Blaster über eine Funktion, von der ich nicht glaube, dass jemals eine Handfeuerwaffe damit ausgestattet war.«

»Und die wäre?«

Er schüttelte den Kopf, und sein Nasenrücken kräuselte sich.

Jaina nahm an. dass er sie angrinste. Sie verspürte ein kurzes Aufwallen von Verdruss, das jedoch schnell wieder vorüber war. »In Ordnung, dann behalte dein kindisches Geheimnis für dich.«

Er deutete auf das Material seines Pilotenoveralls. »Mit einer Cortosis-Legierung beschichtet. Nicht viel davon - jetzt, wo der Tempel und die Akademie auf Ossus beide aufgegeben wurden, konnte Meister Luke mir bloß ein bisschen besorgen. Aber >ein bisschen< bedeutet immer noch, dass ein Kratzer mit einem Lichtschwert wenig bis gar keine Verletzungen verursacht, anstatt einem etwas zu amputieren. Die Gürtelfächer sind voller Überraschungen für Alema. Und die Stiefel ... « Seine Stimme verebbte.

»Ja?«

»Sorgen dafür, dass ich mir nicht die Zehen stoße.«

Sie seufzte. »Sehr witzig. Oder auch nicht.« Sie ließ den Blick über seine Kampfmontur schweifen. »Wie lange hast du daran gearbeitet?«

»Einige der Teile trage ich schon seit Jahren mit mir herum, während ich andere nach und nach hinzugefügt habe, als ich mehr über unsere Zielperson erfuhr.« Sein Schulterzucken hob den gesamten Oberkörper an. »Das macht mich nicht zu einem Jedi... aber wir brauchen auch nicht noch einen Jedi. Wir brauchen etwas, mit dem sie nicht rechnet. Außerdem kann ich mit dieser Ausrüstung einen Sternenjäger steuern, wenn ich die Crushgaunts ausziehe. Der Anzug verfügt über alle üblichen Funktionen eines Pilotenoveralls,«

»Nun, ich habe hier etwas, das dein Anzug nicht hat.« Sie zog ein Stück Papier aus dem Gürtel hervor und hielt es vor Jags Augen in die Höhe.

Er konzentrierte sich auf die astronomischen Koordinaten, die daraufstanden. »Ist es das, was ich hoffe, dass es ist?«

»Die mutmaßlichen Koordinaten von Brisha Syos Habitat. Lust, hinzufliegen und ein Picknick zu machen?«

»Absolut. Sag du dem großen Kerl ohne Nachnamen Bescheid. Soll ich deine Filtern fragen, ob sie mitkommen wollen?«

Jaina nickte. »Ich denke, sie haben ein Recht, dabei zu sein.«

 

 

AN BORD DER ANAKIN SOLO

 

Allanas Atem ging schwer, und sie rollte sich in ihrem Bett herum, die Augen geschlossen, das Gesicht gerötet.

Im Stuhl neben ihr zuckte Caedus zusammen. Sie hatte wieder die .Alpträume. Seit ihrem Zusammenbruch waren zwei Tage vergangen, in denen sie abwechselnd von tiefem Schlaf und unruhigen Träumen heimgesucht wurde. Der Medidroide hatte gesagt, dass es sich um eine nicht ungewöhnliche Reaktion auf ein emotionales Trauma handelte, doch die objektiven Worte des Droiden trugen nicht dazu bei. den Schmerz zu lindern, den Caedus empfand.

Dann öffneten sich Allanas Augen. Sie schaute sich benommen um, während sie versuchte, sich darüber klarzuwerden, wo sie sich befand, und dann sah sie Caedus.

Sie wich vor ihm zurück, presste sich gegen die Wand. Sie griff nach ihrem Oberschenkel, und ihre Hand förderte den Injektionsstift zutage, den ihre Mutter ihr vor langer Zeit gegeben hatte, die Selbstverteidigungswaffe, mit der sie schon einmal einen gefährlichen Attentäter außer Gefecht gesetzt hatte.

Jetzt richtete sie den Injektor gegen ihn, ihren eigenen Vater, und Caedus spürte einen so scharfen Stich, als hätte sie die Nadel geradewegs in sein Herz gerammt.

Seine Stimme war heiser vor Aufgewühltheit. »Guten Morgen, Allana. Ich bin froh, dass es dir wieder besser geht.«

Sie ließ den Injektor sinken, schob ihn jedoch nicht in sein verstecktes Futteral zurück. »Ich will nach Hause.«

»Fürs Erste ist das hier dein Zuhause. Hier bist du sicherer als irgendwo sonst.«

Sie schüttelte den Kopf. »Am sichersten bin ich bei Mann.«

»Wenn du bei deiner Mutter bist, werden böse Leute kommen, um dich zu holen. Deshalb musst du hierbleiben.«

»Sie sind alle gestorben, nicht?«

Caedus nickte. »Viele Leute sind gestorben. Und obwohl ich versucht habe, dich weit von ihnen wegzubringen, war das nicht weit genug.«

»Du warst...« Allana suchte nach den richtigen Worten. »Du warst böse. Ich hasse dich.«

Ein weiterer Stich in sein Herz. »Nein, das tust du nicht. Du kannst niemanden hassen, der dich lieht. Ich liebe dich, Allana.«

»Nein, tust du nicht! Du hast mich von Mami weggeholt. Du hast gesagt, sie hätte es dir erlaubt, und du hast gelogen. Du bist nicht besser als jeder andere, der mir wehtun will. Ich hasse dich.« Wieder hob sie den Injektor.

»Nein. Allana, das geht gar nicht. Das ist unmöglich, und ich sage dir auch, warum.« Caedus zwang sich mit schierer Willenskraft. auf seinem Stuhl sitzen zu bleiben. Jede Faser von ihm wollte das kleine Mädchen festhalten, sie trösten ... jede Faser von ihm. abgesehen von der. die ihm sagte, dass sie die Möglichkeit haben musste, selbst zu entscheiden, selbst zu handeln. »Du hast recht, ich hatte nicht die Erlaubnis, dich mitzunehmen. Aber die brauche ich dazu auch gar nicht.«

»Doch, brauchst du!«

»Nein, brauche ich nicht. Ich werde dir auch sagen, warum. Und du musst mir glauben, weil ich dich in dieser Sache niemals belügen könnte. Du würdest merken, wenn ich dich anlüge. Alles, was du tun musst, ist, auf dein Herz zu hören; dann wirst du wissen, wie ich für dich empfinde. Dann wirst du wissen, dass ich die Wahrheit sage.«

Trotzig hielt sie den Injektor bereit. Ihre Miene forderte ihn heraus, nach ihr zu greifen.

»Allana, Tenel Ka hat das Recht zu bestimmen, wohin du gehst und was du lernst und wie man dich beschützt, und dieses Recht hat sie. weil sie deine Mami ist. Dein ganzes Leben lang hatte sie dieses Recht.

Ich habe dasselbe Recht... weil ich dein Papi bin.«

Allana erstarrte, und ihr Gesichtsausdruck wandelte sich von Trotz zu Unglaube. Sie schüttelte den Kopf.

Caedus wartete, ließ seine Liebe für sie in die Macht fließen.

versuchte, sie ihr durch seine Augen zu vermitteln. Er nickte. »Du wusstest immer, dass du einen Papi hast. Deine Mami musste geheim halten, wer es ist. Aber jetzt bist du alt genug, um das zu verstehen. Ich bin dein Papi.«

Er spürte, wie die Furcht in ihr ebenso zu weichen begann wie der nachklingende Schmerz der Ereignisse von vorgestern. Allana ließ den Injektor sinken. Durch die Macht ließ er ihr die Wahrheit zuteilwerden - zum ersten Mal seit Monaten, vielleicht seit Jahren, ohne sich dabei auf seine Sith-Ausbildung zu besinnen oder auf die der Jedi, ohne Strategie, ohne Plan. Er zeigte ihr einfach bloß, was er fühlte.

Sie kam zu ihm, kletterte über das Bett auf seinen Schoß. Sie legte ihre Arme um seinen Hals. »Papi.«

»Ja. Dein Papi, für immer und ewig.« Er hielt sie an sich gedrückt und streichelte ihr Haar. »Und wenn der Krieg vorüber ist und wir den bösen Leuten gezeigt haben, dass sie Unrecht hatten, und alle wieder glücklich sind, können wir allen verraten, dass ich dein Papi bin. Und dann kannst du gleich an meiner Seite sitzen und mir helfen zu entscheiden, wie die Dinge künftig für alle werden sollen. Wäre das nicht schön?«

 

 

KORRIBAN, PLANET DER SITH

 

Auf einem in Trümmern liegenden Planeten standen sie inmitten der Ruinen einer Zitadelle - beides Überbleibsel einer selbst bereits uralten Organisation: des Sith-Ordens.

In einem runden Versammlungssaal mit von Alter und Witterung dunklen Steinmauern standen sie im Kreis; dunkle Kapuzengewänder verbargen ihre Identitäten. Im Grunde war diese Sicherheitsmaßnahme unnötig; es war niemand zugegen, der nicht ihrem Orden angehörte. Legenden und Aufzeichnungen hatten sie nichtsdestotrotz die Vorzüge der Vorsicht gelehrt und wie wichtig es war. selbst in ihren sichersten Häfen die Traditionen von Geheimhaltung und Selbsterhaltung beizubehalten.

Eine von ihnen, eine dunkelhäutige Menschenfrau, deren blasse, geometrisch angeordnete 'Tätowierungen sich deutlich von der Haut ihrer Wangen abhoben, verneigte sich vor den Versammelten. In Anbetracht ihres düsteren Aussehens klang ihre Stimme überraschend hell und melodisch, als sie die Frage beantwortete, die man ihr gestellt hatte. »Ja, mein Lord, ich komme mit Neuigkeiten und auch mit gewissen Mutmaßungen bezüglich Alema Rar.«

»Wir werden sie uns anhören. Dician.« Die Worte kamen von dem Mann, der dieses Konklave leitete, einem Menschen, dessen gänzlich weiße Augen auf Blindheit hindeuteten; sein wachsames Verhalten zeugte allerdings vom Gegenteil.

Dician fuhr fort: »Dank des falschen Sith-Holocrons, das ihr überlassen wurde, konnte ihre Spur bis zum Startpunkt zurückverfolgt werden. Es handelt sich um einen Asteroidengürtel in einem Sternensystem nahe Bimmiel. Sobald ein Tarnschiff verfügbar ist, schlage ich vor, dass es eingesetzt wird, um ihren Standort exakt zu bestimmen.«

Die Stimme des weißäugigen Anführers suggerierte Skepsis. »Ihr erachtet sie als wichtig genug, um für eine derartige Mission maßgebliche Ressourcen aufzuwenden?«

»Das tue ich.«

»Warum?«

Dician nahm einen tiefen Atemzug, eine Hinhaltetaktik, die ihr einige Sekunden mehr einbrachte, um sich ihre Argumente zurechtzulegen. »Nachdem ich den Jedi Unterstützung bei ihrer Suche nach dieser Frau zukommen ließ ... «

Ein Schwall entrüsteter Kommentare von den anderen brachte sie abrupt zum Schweigen. Sie sah sich um, wägte die Stimmung der Versammelten ab und entschied, dass es sie Respekt kosten würde, wenn sie sich ihrer Empörung beugte. Bevor der weißäugige Mann sie zur Ordnung rufen konnte, führ sie mit lauterer Stimme fort, um ihre Einwände zu übertönen: »Natürlich in einer meiner Scheinidentitäten, als Geheimdienstmitarbeiterin der Konföderation. Ich würde den Jedi nie helfen, wenn es nicht notwendig wäre, aber sie müssen mich als Verbündete betrachten.« Die anderen verstummten. »Und nachdem ich mich als rechtmäßige Geheimdienstoffizierin erwiesen hatte, erhielt ich eine beträchtliche Menge Informationen über ihre Jagd auf Alema Rar ... die notwendigerweise sowohl Fakten als auch reine Mutmaßungen über sie enthalten.

Es hat den Anschein, als gehöre zu dem, was sie von Lumiya geerbt hat, auch eine Machttechnik, die es ihr ermöglicht, Trugbilder von sich quer durchs All zu projizieren - eine Fertigkeit, die in jeder Hinsicht der verlorenen Technik von Darth Vectivus gleicht.«

Bei diesen Worten schwoll das Gemurmel wieder an. »Wir kennen Vectivus' Geschichte. Er war ein Heuchler«, murmelte jemand.

»Ein Heuchler, der eine Fähigkeit besaß, die für uns alle von Nutzen wäre«, sagte jemand anderes.

»Ich war während ihres Besuchs nicht anwesend - wäre es möglich, diese Alema Rar für unsere Sache zu rekrutieren?«, fragte noch ein Dritter.

»Ich glaube nicht. Sie scheint so verrückt wie ein Piranhakäfer mit einer Nadel im Hirn zu sein.« Die Stimme war über die der anderen hinweg kaum zu vernehmen.

Der Mann mit den weißen Augen räusperte sich, und die anderen verstummten. »Wir müssen die Frau in unsere Gewalt bringen, ihr die Geheimnisse dieser Technik entreißen und uns die Machtquelle einverleiben, derer sie sich bedient.«

In Dicians Tonfall lag Bedauern, als sie antwortete. »Ich fürchte, daraus wird nichts, mein Lord. Die Jedi sind gerade dabei, ihren gegenwärtigen Aufenthaltsort zu bestimmen. Es ist wesentlich leichter. Wissen zu erlangen, als es unter Verschluss zu halten - sobald sie wissen, wo ihr Stützpunkt ist. wird es uns unmöglich sein, dieses Geheimnis zu wahren.«

Der weißäugige Mann dachte nach. »Nun denn. Ihr habt recht, Dician. Das hier hat höchste Priorität. Wir werden uns nicht auf ein Tarnschiff beschränken, sondern für diese Aufgabe ein voll bewaffnetes Kampfschiff abstellen. Ich werde die Giftmond zurückbeordern und stelle sie Ruch für diese Mission zur Verfügung. Das Schiff wird mit genügend Sprengstoff ausgestattet, um einen Asteroiden zu zerstören. Ihr werdet die Giftmond benutzen, um die Quelle dunkler Machtenergie zu lokalisieren die für Vectivus' Machtphantomtechnik nötig ist, und sie auslöschen. Ihr werdet jedes Sith-Artefakt in Alema Rars Besitz an Euch nehmen. Darüber hinaus werdet Ihr Alema Rar gefangen nehmen oder sie töten, falls die Umstände es erfordern.«

Dician verneigte sich abermals. »Es wird mir ein Vergnügen sein.«

 

 

WALDMOND ENDOR

 

Luke fand, dass sie eine sonderbare Prozession abgaben. Nicht, dass er im Laufe seines sonderbaren Lebens nicht bereits Teil vieler sonderbarer Prozessionen gewesen wäre.

Die hapanischen Sicherheitskräfte - vier atemberaubend aussehende Frauen - bildeten die Vorhut. Sie trugen die elegantesten Körperpanzer, die man sich nur vorstellen konnte, die anmutigen Linien gebrochen von grünbraunen Tarnmustern, die es schwierig machten, die Rüstungen inmitten der Waldvegetation von Endor auszumachen.

Etwa zehn Meter hinter den Sicherheitskräften gingen Luke und Königinmutter Tenel Ka, Seite an Seite. Beide waren für diese Umgebung vollkommen unangemessen gekleidet - Luke trug seine schwarzen Jedi-Großmeister-Gewänder, Tenel Ka eine fließende Robe in schimmernden, metallic-blauen Farbschattierungen. Luke nahm an, dass Tenel Ka darunter wahrscheinlich einen traditionellen Dathomiri-Kampfanzug anhatte, doch ob das stimmte, würde er niemals erfahren, sofern sie nicht angegriffen wurden und sie das Bedürfnis verspürte, sich freier zu bewegen.

Zehn Meter weiter hinten kamen die Droiden C-3PO und R2-D2 - Ersterer, um sich mit jeglichen Ewoks auseinanderzusetzen, die vielleicht auftauchten, und Letzterer, weil er ein beruhigendes und bekanntes »Gesicht« für Tenel Ka darstellte, insoweit ein Droide dazu eben imstande war.

Die Hauptgruppe der sonderbaren Safari ging hinter den Droiden - die Jedi-Meisterinnen Saba Sebatyne und Cilghal, zusammen mit einem halben Dutzend Ratgeberinnen der Königinmutter.

Das Schlusslicht der Prozession bildeten vier weitere hapanische Sicherheitsexpertinnen.

Luke senkte seine Stimme zu einem Flüstern. »Ein ziemliches Gefolge für einen kleinen Wald Spaziergang. Wie viele müsst Ihr mitnehmen, wenn Ihr einfach nur mal auf die Toilette gehen wollt?«

In der kurzen Zeit seit ihrer Ankunft auf Endor hatte Tenel Ka kein einziges Mal gelächelt, aber jetzt tat sie es beinahe. Beinahe. Luke hatte den Eindruck, als wüssten ihre Gesichtsmuskeln, die eine solche Geste erlaubten, nicht länger, wie das ging. Ihre geflüsterte Antwort war sachlich: »Bei mir zu Hause niemanden. An fremden Orten mindestens vier.«

»Und wenn Ihr Dathomir einen Besuch abstattet, wo die einzige verfügbare Privatsphäre in einem Busch besteht?«

»Dann ist das der am besten gesicherte Busch im Umkreis von einem Dutzend Parsec.«

»Das dachte ich mir schon.«

Eine Weile gingen sie schweigend dahin. Luke konnte die Anspannung in Tenel Ka spüren - sie brodelte an der Oberfläche ihrer Gedanken, wie Wasser kurz vor dem Kochen doch er fand es nicht angemessen, sie zu der Unterhaltung zu drängen, die ihnen bevorstand.

Tenel Ka wartete, bis sie eine weiträumige Lichtung fanden, in deren Mitte sich ein breiter, beinahe flacher Stein von etwa vier Metern Durchmesser befand - der einzige Fleck auf der Lichtung, auf den Sonnenstrahlen fielen. Sie hob die Stimme, damit alle sie hören konnten. »Hier bleiben wir.« Während sie und Luke auf den Stein zugingen, verteilten sich ihre Wachen, um rings um die Lichtung einen Verteidigungsgürtel zu bilden, derweil die Jedi-Meisterinnen, die hapanischen Ratgeberinnen und die Droiden in einer dicht gedrängten Gruppe zusammenstanden, ein gutes Stück vom Zentrum der Wiese entfernt.

Luke setzte sich auf eine Ecke des Steins, der sich selbst verglichen mit der Temperatur der Waldluft warm unter ihm anfühlte. Er suchte in der Macht nach irgendwelchen intelligenten Lebensformen, die vielleicht nah genug waren, um sie zu belauschen, und fand keine - abgesehen von Tenel Ka, die gerade genau dasselbe tat wie er.

Schließlich nahm sie neben ihm Platz. »Eine der Schwierigkeiten im Umgang mit Jedi-Meistern ist ihre Geduld. Das kann einen wirklich in den Wahnsinn treiben. Sie warten einfach ab.«

Luke, der sich an seine eigene Zeit mit Meister Yoda auf Dagobah erinnerte, nickte. »Ihr habt recht. Jetzt bin ich genau zu dem geworden, was mich früher vor Frustration verrückt gemacht hat. Ich frage mich, wann das passiert ist?«

Tenel Ka nahm einen tiefen Atemzug. »Ihr wisst, dass ich der Allianz den Rücken gekehrt habe; dass ich verlangt habe, dass Jacen seines Amtes enthoben wird. Dann habe ich mich vollends aus dem Krieg zurückgezogen und meine Pläne gegen Jacen nicht mehr weiterverfolgt.«

»Ja. Ich nehme an, Ihr hattet einen guten Grund dafür.« Das war die Wahrheit. Luke spürte keinen Zorn oder Misstrauen. Tenel Ka war die Königinmutter. Sie wäre in dieser Angelegenheit nicht ohne einen triftigen Anlass ins Wanken geraten.

»Ich weiß nicht, ob es ein guter Grund ist. Es ist ein sehr persönlicher Grund. Jacen hat meine Tochter entführt, Allana. Er hat gedroht, sie umzubringen, wenn ich meine Pflichten als Mitglied der Allianz nicht wieder aufnehme.«

Luke zuckte zusammen. »Ich wünschte, ich könnte sagen, dass mich das überrascht.« Er fügte beinahe hinzu: Ben hat er ebenfalls entführt - und gefoltert. Doch er verkniff sich die Worte, bevor sie ihm über die Lippen kamen. Tenel Ka sollte nicht von mentalen Bildern Jacens heimgesucht werden, der Allana folterte. Es war nicht nötig, ihre Furcht und Sorge durch seine Worte noch mehr zu steigern.

»Ich dachte - ich denke -, dass er dazu womöglich tatsächlich imstande wäre. Mein Baby ... zu töten. Der Zwiespalt hat mich schier zerrissen. Als Königinmutter musste ich für ein Vorgehen plädieren, und als Allanas Mutter für ein anderes. Am Ende gewann Allanas Mutter.«

»Das verstehe ich.«

»Doch nach dem, was vor einigen Tagen geschehen ist... nach dem Abfeuern der Centerpoint-Station ...« Tenel Kas Stimme schwankte. Luke konnte in der Macht spüren, wie ihr Kummer anwuchs, und Saba und Cilghal, die ihre Verzweiflung wahrnahmen, schauten zu ihnen beiden herüber. »Das zeigt, wie weit die Konföderation zu gehen bereit ist. Das zeigt, wie irrsinnig dieser Krieg geworden ist. Das Hapes-Konsortium hat mehr als fünfzehn Jahre gebraucht, um sich von den Schäden zu erholen, die wir erlitten haben, als die Station das letzte Mal eingesetzt wurde, Wenn sie wollen, können die Corellianer sie dazu benutzen, ganze Planeten zu zerstören.«

Luke nickte.

»Vor einer Weile dachte ich, dass Allana und ich vielleicht weglaufen könnten. Natürlich hätten sie uns wieder aufgespürt. Die Allianz oder meine politischen Gegner von Hapes. Dann wären Allana und ich gestorben, aber wir wären gemeinsam gestorben, in den Armen der anderen. Jetzt sieht es so aus, als bliebe uns nicht einmal dieser winzige Trost. Wir werden sterben, ohne einander je wiedergesehen zu haben.«

»Das wisst Ihr doch gar nicht. Falls Ihr etwas Derartiges in einer Machtvision gesehen habt, entspricht das nicht notwendigerweise der tatsächlichen Zukunft ... «

»Ich habe keine Visionen der Zukunft mehr. Keine richtigen. Überall um uns herum nehme ich einfach bloß Tod und Versagen wahr - das uns wie ein Feuer verzehrt.« Tenel Ka blickte auf ihre Hand hinunter, die mit der Handfläche nach oben in ihrem Schoß lag. Die Finger zuckten, und Luke spürte, dass sie sich inständig wünschte, ihr Lichtschwert im Griff und Gegner vor sich zu haben - Gegner, die sie persönlich angreifen konnte, körperlich. »Ich muss die Königinmutter sein, Meister Skywalker. Ich muss entscheiden, was für mein Volk das Richtige ist.«

»Ja.«

»Ich muss meine Flotten gegen das Böse in die Schlacht führen. das Jacen verkörpert. Und dann muss ich mit ansehen, wie er mein Baby umbringt.« Eine überwältigende Woge des Kummers rollte über Tenel Ka hinweg. Luke hätte beinahe die Hand nach ihr ausgestreckt, um sie zu trösten, doch unter den wachsamen Blicken so vieler anderer wäre eine solche Geste vollkommen unangemessen gewesen. Er sah. wie Cilghal unwillkürlich einen Schritt auf sie zumachte, doch dann fing die Mon-Cal-Heilerin sich und trat wieder zurück.

»Konnte Euer Geheimdienst in Erfahrung bringen, wo Allana ist? Um eine Befreiungsmission zu initiieren?«

»Das musste er gar nicht. Ich kann sie fühlen. Manchmal ist sie auf Coruscant, manchmal woanders. Ihre Bewegungen stimmen mit denen der Anakin Solo überein.«

Mit einem Mal fügten sich die Ereignisse von vor ein paar Tagen in Lukes Gedanken zusammen wie ein Puzzle. Das kleine Mädchen, das Jacen als menschliches Schild benutzt hatte - das musste Allana gewesen sein. Luke entschied, nichts davon zu erwähnen. »Eine von Kummer gebeutelte Königinmutter ist für die Hapaner ebenso wenig von Nutzen wie ein von Kummer gebeutelter Jedi für seinen Orden. Was, wenn wir einfach losziehen und Allana für Euch zurückholen?«

Sie sah ihn an, und in ihren Augen deutete sich neue Furcht an - diesmal war es der Widerwille, sich der Hoffnung auf etwas so Ungeheuerliches hinzugeben. »Wenn ich der Ansicht wäre, dass das möglich sei. hätte ich es bereits selbst getan.«

»Eine ehemalige Jedi und unbegrenzter Reichtum können fraglos eine Menge erreichen.« Luke vollführte eine Geste, die den gesamten Waldmond einzuschließen schien, bis zu seinem Außenposten und darüber hinaus, »Ein ganzer Orden Jedi ist jedoch noch zu einigem mehr fähig.«

»Darum kann ich Euch nicht bitten.«

»Und das müsst Ihr auch nicht. Aber ich denke, dass es richtig ist. es zu tun. Das Richtige von einem persönlichen und militärischen Standpunkt aus betrachtet. Ohne Allana verliert Jacen seinen Einfluss auf das Konsortium. Im Hinblick auf seine Drohung, Allana zu töten, könnte Admiralin Niathal ihr Bündnis mit Jacen womöglich überdenken. Wenn der Allianz die Felle davonschwimmen, sind Jacen und Niathal vielleicht gezwungen, um Frieden zu ersuchen. Allana zu retten könnte diesem Krieg ein Ende bereiten, Tenel Ka.« Er reichte ihr seine Hand. »Das Angebot des Jedi-Ordens gilt.«

Langsam, als würde sie nicht wagen, ihrem Glück zu trauen, ergriff Tenel Ka seine Hand. »Und das Hapes-Konsortium nimmt gerne an. Voller Dankbarkeit.«