Kapitel 13

 

Große Mutter Bast, was zum Teufel ist mit mir passiert?«, fragte ich und richtete mich auf; dabei war ich noch nicht einmal sicher, ob ich mich schon zurückverwandelt hatte. Ich erinnerte mich nur an Blut und ein Wildschwein und...

Iris kniete neben mir. Als ich aufzustehen versuchte, kippte ich beinahe um – mein Gleichgewichtssinn war gestört. Sie zwang mich zur Vorsicht und half mir, langsam aufzustehen und zum Sofa zu gehen.

Ich sah mich um, und verzweifelte Angst schnürte mir die Brust zu. »Zach? Wo ist Zachary? Ist ihm etwas passiert?« Warum ich mir Sorgen machte, wusste ich gar nicht, da war nur die Angst, dass ihm etwas zugestoßen sein könnte.

»Er ist hier drüben«, sagte Iris und eilte zur Küche. In diesem Moment kam ein großer Puma lautlos hinter dem Julbaum hervor. Ich schluckte schwer. Es war Zach. Er ging zum Sofa, schnupperte an mir, wandte sich dann ab und folgte Iris.

Morio wiederum folgte ihm. »Ich gehe mit, nur für den Fall, dass er Hilfe brauchen sollte, wenn er sich zurückverwandelt«, sagte er.

Schwindelig und unsicher, was zum Teufel hier passiert war, lehnte ich mich in die Kissen zurück und rieb mir die Schläfen. Chase kam zu mir, sah mich mit besorgter Miene an und legte mir eine Hand auf die Schulter. Dankbar für seine Zuwendung, ließ ich mir von ihm ein Kissen unter den Kopf schieben und schloss kurz die Augen, als er die Finger um meine Hand schlang und mir mit seinem Körper einen festen Anker bot. Menolly setzte sich neben ihn und ging sogar so weit, ihm ein anerkennendes Nicken zu schenken.

»Hier, das legen wir auf deine Stirn, mein Liebes.« Iris kam mit einem feuchten Lappen in der Hand wieder ins Wohnzimmer. Sie drückte ihn mir auf die Stirn, und die angenehme Kühle beruhigte mich und klärte meinen brummenden Kopf zumindest ein wenig.

»Trink.« Camille drückte mir ihre Wasserflasche in die Hand. »Trink das aus. Du bist wahrscheinlich dehydriert, das Wasser wird dir guttun.«

Ich nahm einen Schluck und stellte dankbar fest, dass die Flasche Sprudel mit Waldbeergeschmack enthielt. Ich versuchte mich vollends wachzurütteln, fühlte mich aber immer noch, als triebe ich in einer Nebelbank, die aus dem Nichts aufgetaucht war und mir die Sicht raubte.

Smoky und Trillian standen am Kamin; beide beobachteten mich. Smokys Gesichtsausdruck war undurchdringlich; Trillian blickte vage besorgt drein. Endlich konnte ich wieder normal atmen, und der Raum hörte auf, sich zu drehen. Ich richtete mich auf und versuchte, die ganze Sache zu begreifen.

In diesem Moment kehrte Morio mit Zachary zurück, dessen Augen wild glommen. Er hatte seine menschliche Gestalt wieder angenommen und sah so aus wie zuvor, aber sein Moschusgeruch hing noch schwer in der Luft, und ich spannte mich unwillkürlich an. Chase warf erst mir, dann Zach einen Blick zu, doch er sagte nichts.

Iris musterte uns alle eindringlich. »Ich sollte wohl einen starken Tee kochen und die Kekse aus dem Schrank holen«, sagte sie und ging wieder hinüber in die Küche.

Nun, da ich mich fast wieder normal fühlte, war mir das Ganze ziemlich peinlich. Ich hüstelte und starrte zu Boden. »Das tut mir leid«, murmelte ich. »Habe ich...  habe ich mich verwandelt? Ich kann mich nicht erinnern.«

Menolly schüttelte den Kopf, und ihre Stimme klang ernst, als sie sagte: »Nein, Kätzchen, du hast dich nicht verwandelt, du hattest einen Krampfanfall. Erinnerst du dich daran, was passiert ist? Fühlst du dich krank?«

Krampfanfall? Das war ja etwas völlig Neues, aber gar nicht gut. Ich versuchte festzustellen, wie ich mich eigentlich genau fühlte, aber es kam nicht viel dabei heraus – nur verlegen, weil ich unangenehm aufgefallen war. Mir war ein wenig übel, und mein Hinterkopf fühlte sich an, als hätte ich ihn kräftig auf den Boden gehauen, aber ansonsten schien alles in Ordnung zu sein. Bis auf die Kleinigkeit, dass ich keinerlei Erinnerung an die letzte halbe Stunde hatte. Ich zuckte mit den Schultern.

»Ich glaube nicht«, sagte ich. Ich holte tief Luft, hielt den Atem an und atmete langsam wieder aus. Nein, nichts. Im Gegenteil – seltsamerweise fühlte ich mich stärker als vorher...  vor dem, was eben mit mir geschehen war.

Ich blinzelte. »Zachary, was hat dich dazu getrieben, dich zu verwandeln?«

Zachary blickte unglücklich drein und seufzte laut. »Ich weiß nicht, warum ich mich verwandelt habe. Ich erinnere mich daran, dass du zu Boden gestürzt bist, und dann war der Raum von so starker Katzenmagie erfüllt, dass mir schwindlig wurde...  Danach kann ich mich an nichts mehr erinnern, bis ich auf dem Küchenboden wieder zu mir gekommen bin und Morio sich über mich gebeugt hat. Das gefällt mir nicht. Ich hatte noch nie einen Filmriss, wenn ich in meiner Tiergestalt war.«

»Mir gefällt das auch nicht«, sagte ich stirnrunzelnd. »Habe ich irgendetwas gesagt oder getan, bevor ich den Anfall hatte?«

Camille warf Menolly einen Blick zu, dann sahen die beiden mich ernst an. »Menolly hat dir das Mal auf deiner Stirn erklärt, als es passiert ist. Dass es dich als Todesmaid brandmarkt.«

Scheiße! Ich ließ Chase los und barg den Kopf in den Händen. »Das hatte ich ganz vergessen. Ich habe also wohl so etwas wie eine Panikattacke gehabt.« Ich neigte zwar nicht zur Hysterie, fand es aber völlig in Ordnung, ein bisschen auszuflippen, wenn man solche Neuigkeiten erfuhr. Ich wandte mich Menolly zu. »Das habe ich dich vermutlich schon gefragt, aber ich kann mich nicht erinnern. Bedeutet das, dass er so etwas wie ein Kopfgeld auf mich ausgesetzt hat? Werde ich sterben?«

»Ich habe versucht, dir das zu erklären, bevor du weggetreten bist. Die Todesmaiden sind überwiegend Feen, aber er hat auch ein paar VBM in seinem Harem. Stell sie dir als nichtnordische Walküren vor. Sie sammeln die Seelen ein, die der Herbstkönig in der Nacht vor Samhain erntet, und bringen sie in die Unterwelt. Die Todesmaiden gehören dem Herbstkönig, sie sind seine Ehefrauen und Gefährtinnen.«

Was zur Hölle...  ? Das musste ein Scherz sein. »Ich weigere mich. Das mache ich nicht mit. Ich lasse mich nicht zwingen, einen Kerl zu heiraten, der mir so eine Scheißangst macht, Elementarfürst hin oder her.« Ich verstummte, als mir ein hässlicher Gedanke kam. »Äh...  Was meint ihr, was er mit mir anstellen kann, wenn ich ihm nicht gehorche?«

»Ich glaube nicht, dass ich das herausfinden möchte«, antwortete Menolly. »Soweit ich weiß, musst du erst sterben, ehe er dich in sein Reich bringen kann, aber ich könnte mich auch irren. Allerdings wird er dich nicht töten. Er hat dich nur gezeichnet. Im Augenblick würde ich mir deswegen keine allzu großen Sorgen machen. Wir haben reichlich Zeit, uns zu überlegen, wie wir ihn dazu bringen, dich aus seinen Diensten zu entlassen.«

Na toll. Wenn ich starb, würde ich also nicht zu meinen Ahnen kommen. Stattdessen würde ich in den Besitz des Herbstkönigs übergehen. Die Ewigkeit in seinen Diensten zu verbringen hörte sich irgendwie nicht besonders lustig an.

»Ich soll mir keine Sorgen machen? Du hast gut reden«, schnaubte ich. »Du wirst ja auch nicht sterben. Na ja, jedenfalls nicht noch mal.«

Sie zuckte mit den Schultern. »Wir haben im Augenblick größere Probleme, aber wir werden dich von diesem Mal befreien. Das verspreche ich dir.«

Brummelnd setzte ich mich wieder. Camille sah mich mit diesem Blick an, den sie sich für die seltenen Gelegenheiten aufsparte, wenn sie absolut keine Ahnung hatte, was sie tun sollte. Stirnrunzelnd erwiderte ich den Blick. »Also schön, aber ich will, dass die Sache so bald wie möglich aus der Welt geschafft wird. Was, wenn ich einen tödlichen Unfall hätte? Oder einer der Dämonen aus dem Degath-Kommando ins Schwarze trifft? Was mache ich dann, hm?«

Zachary stand auf und räusperte ich. »Ich lasse euch wirklich ungern damit allein – das war wirklich ein höllischer Tag, aber ich muss nach Hause und dort nach dem Rechten sehen. Ich versuche mehr über Tyler herauszufinden und was er bei uns so getrieben hat, und sage euch Bescheid, sobald ich etwas weiß.« Er ging zur Tür.

Ich wusste nicht recht, ob ich jetzt beleidigt sein sollte oder nicht. Immerhin hatte ich soeben erfahren, dass ich zur Ehe mit einem der übelsten bösen Jungs überhaupt gezwungen werden sollte – einem Diener des Todes. Das sollte jemandem, der behauptete, mich scharf zu finden, schon ein wenig mehr als ein überraschtes Blinzeln und ein »Bis später dann« entlocken. Aber der Mann hatte noch längst nicht alles verdaut, was heute geschehen war. Junge, Junge – ihm stand ein ganz schöner Schock bevor, wenn er erst mal begriff, in was er da verwickelt war.

Ich begleitete ihn zur Tür. Draußen, auf der Veranda, schob ich die Hände in die Achselhöhlen, um sie zu wärmen. Der Regen war wieder in Schnee übergegangen, und die Temperatur fiel weiter. Die Luft war so kalt und trocken, dass sie in der Nase schmerzte.

»Zachary, alles in Ordnung?«, fragte ich.

Er zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Nichts wird in Ordnung sein, solange wir Kyoka nicht gefunden und aufgehalten haben. Ich blicke noch nicht ganz durch, was diese Sache mit den Geistsiegeln und irgendwelchen Dämonen angeht, aber mir ist klar, dass die Situation gefährlich ist. Ja, ich bin ein ÜW, aber ich bin trotzdem an die Erde gebunden, und ich weiß jetzt, dass ich die Welt in einem allzu menschlich geprägten Bezugsrahmen betrachte.«

Nach einer Pause bemerkte er: »Aus welch einer seltsamen Welt ihr kommt, du und deine Schwestern. Einer Welt der Dämonen und kriegerischen Kleinstaaten und Könige und Königinnen...  « Abrupt verstummte er und starrte zu Boden.

Ich trat einen Schritt auf ihn zu. Er roch immer noch nach Puma, und der Duft der Katzenmagie löste in mir eine so tiefe Sehnsucht aus, dass sie schwer zu ignorieren war. Ich musterte ihn also von den Füßen aufwärts, aber auch das war ein Fehler, denn mein Blick glitt an seinen Beinen hoch, die in den engsitzenden Jeans nur allzu knackig aussahen. Als ich bei seinen breiten Schultern anlangte, stieß ich ein leises Miauen aus. Und dann diese Löwenmähne und die goldenen Juwelenaugen.

Mein Herz raste, doch ich zwang mich, ihm zu antworten. »Zach, so seltsam sind wir gar nicht. Na ja, vielleicht schon, aber wir wollen genau dasselbe wie so viele Menschen und Übernatürliche erdseits. Liebe, Freunde, Familie, Frieden, ungestört unser Leben leben. Wir sind also gar nicht so verschieden, oder?«

Vielleicht flehte ich ihn an, uns nicht als Freaks abzutun, vielleicht versuchte ich auch nur mir selbst einzureden, dass ich kein Windwandler war – dass ich normal war und eine Familie und Freunde hatte wie alle anderen auch. Wie dem auch sein mochte, Zachary hörte mich und breitete die Arme aus. Ich trat in seine Umarmung, obwohl ich wusste, dass dies weder der passende Zeitpunkt noch der passende Ort war, aber das war mir völlig egal.

»Ich weiß nicht, was passiert ist, als ich mich vorhin verwandelt habe«, flüsterte er, »aber eines weiß ich: Als ich mich wieder zurückverwandelt habe, hatte ich einen Ständer, den mir kein Mensch glauben würde.«

Er drückte die Lippen in mein Haar und flüsterte: »Delilah, ich will dich. Es ist mir egal, ob du echtes Werblut besitzt oder nicht. Es ist mir egal, ob du halb Fee bist oder halb Zebra. Es ist mir egal, was mein Clan dazu sagt. Ich will dich nur...  unter mir, in meinem Bett, in meinen Armen. Ich will dein Gesicht sehen, wenn du kommst, und wissen, dass ich derjenige war, der dir solche Leidenschaft beschert hat. Ich überlasse es dir, wann – oder ob überhaupt – etwas zwischen uns passiert. Aber warte nicht zu lange.«

Und dann lagen seine Lippen auf meinen, und ich verlor mich in seinem Kuss. Er drückte mich an die Wand und presste jeden Zoll seines Körpers an meinen. Ich konnte spüren, wie sehr er mich wollte; er war hart und groß und fordernd. Dennoch – dennoch wusste ich, dass er augenblicklich aufhören würde, wenn ich auch nur ein Wort flüsterte. Warum flüsterte ich also nicht?

Das Geräusch der Tür schreckte uns aus unserer Umarmung. Ich drehte mich um und sah Chase in der Tür stehen. Ich konnte seine Gedanken nicht erraten, und ich war nicht sicher, ob ich das überhaupt wollte, aber sein verletzter Gesichtsausdruck traf mich mitten ins Herz, und das Blut meiner Mutter gewann die Oberhand. Ich taumelte von Zach fort, der wortlos die Stufen hinunter zu seinem Wagen ging. Als er einstieg, wandte ich mich Chase zu.

»Chase...  wir müssen reden«, sagte ich. »Es ist nichts passiert –«

»Das nennst du nichts? Wow, du benutzt wohl ein anderes Wörterbuch als ich.« Er runzelte die Stirn und versuchte, die Sache mit einem Achselzucken abzutun. »Ich hätte es besser wissen müssen. Das erste Mal bin ich einer Frau treu, und prompt bescheißt sie mich.«

Sein selbstgerechter Tonfall ärgerte mich. »Wie bitte? Wir haben nie Treue oder eine ausschließliche Beziehung ausgemacht. Und was Zachary angeht, ich habe ihn geküsst. Ja. Zweimal, wenn du es genau wissen willst. Aber das ist alles.«

»Soll ich jetzt Beifall klatschen? Dich dafür loben, dass du mit diesem Kerl nur herumgespielt hast?« Er packte mich bei den Schultern und zog mich an sich. »Delilah, er kann dir nicht geben, was ich dir geben kann. Der Kerl bedeutet nichts als Ärger, und er kennt dich nicht so, wie ich dich kenne.«

Ich hatte überhaupt keine Lust, mich jetzt damit zu befassen – mitten in einem Krieg gegen Dämonen und Werspinnen.

»Das reicht jetzt«, sagte ich und schob ihn von mir. »Du hast recht. Du kennst mich tatsächlich gut. Du weißt Bescheid über meine Herkunft, meine Veranlagung und was all das bedeutet. Und du solltest mich bei den Göttern gut genug kennen, um zu wissen, dass ich nicht mit jedem Mann schlafe, der mir über den Weg läuft. Zachary hat nur irgendetwas an sich...  Ich kann es nicht erklären.«

Chase funkelte mich an und stieß dann einen langgezogenen Seufzer aus. »Ja, ich weiß. Ich verstehe, aber das bedeutet noch lange nicht, dass es mir gefallen muss.«

Ich musterte ihn und gab dann einen Schuss ins Blaue ab. »Was ist mit dir? Bist du denn normalerweise deinen Freundinnen treu? Hast du noch nie eine Frau betrogen?«

Er blinzelte und wandte den Blick ab.

»Doch, das hast du, nicht wahr? Du erzählst ihnen vielleicht, du würdest nicht mit anderen herummachen, aber ich vermute mal, dass du schon ziemlich oft fremdgegangen bist.«

Er fuhr auf: »Nein, verdammt noch mal!« Ich zog die Augenbrauen hoch und wartete ab, und schließlich zuckte er mit den Schultern. »Gut, also schön, ich habe auch schon ein paarmal jemanden betrogen. Aber ich habe auch noch nie den Wunsch verspürt, nur mit einer einzigen Frau zusammen zu sein. Ich habe einfach nie die Richtige kennengelernt.«

Bis jetzt. Ich hörte die Worte klar und deutlich, obwohl er sie nicht ausgesprochen hatte.

Ich verschränkte die Arme und lehnte mich an die Brüstung. »Also, wie wäre es, wenn wir ein paar Regeln aufstellen? Jetzt gleich? Ich werde dich nicht bitten, mir treu zu sein, und du wirst das auch nicht von mir erwarten. Aber es wird nichts verheimlicht und nicht gelogen. Falls ich irgendwann doch mit jemand anderem schlafe, werde ich es dir sagen. Und umgekehrt.« Ich wartete. Mein Leben wäre um vieles leichter, wenn Menschen mit Beziehungen und Sex einfach offen und ehrlich umgehen könnten.

Chase lehnte sich ebenfalls ans Geländer und starrte in den rieselnden Schnee hinaus. »Okay. Vorerst. Aber Delilah, falls du mit Zachary schlafen solltest – glaub ja nicht, dass ich sämtliche schmutzigen Einzelheiten wissen will. So liberal bin ich dann doch nicht. Ich will nicht wissen, wie oft er dich an die Decke schießen lässt oder wie groß sein Schwanz ist. Verstanden?«

Er ging zur Tür. Unsere Beziehung hatte sich soeben drastisch verändert, und ich fürchtete, nicht zum Besseren.

»Verstanden«, sagte ich und folgte ihm nach drinnen. »Chase, ich hoffe, du weißt, wie gern ich mit dir zusammen bin.« Aber er war schon im Flur verschwunden.

 

Trillian lehnte am Schreibtisch und starrte den Julbaum an, als ich das Wohnzimmer betrat. Er ignorierte Smoky, der den Arm um Camille gelegt hatte. Morio unterhielt sich flüsternd mit Menolly, und Iris spülte ab. Als sie fertig war, kam sie zu uns ins Wohnzimmer, mit der müden Maggie auf dem Arm. Sie ließ sich im Schaukelstuhl nieder und begann, Maggie in den Schlaf zu wiegen.

Trillian seufzte genervt, als er mich sah. »Seid ihr jetzt fertig? Was dagegen, wenn ich das Thema wechsle? Ich habe Neuigkeiten über eure Familie und den Krieg, und es ist sehr wichtig, dass ihr sie erfahrt, ehe Menolly heute Nacht zur Arbeit geht.«

Er sah so stinksauer aus, dass ich befand, das sei kein guter Zeitpunkt für eine scharfe Erwiderung. Selbst wenn mir eine eingefallen wäre.

»Was ist los?« Camille wollte aufstehen, aber Smoky zog sie zurück, und ein belustigtes Lächeln spielte um seine Mundwinkel.

Trillian zog eine Augenbraue hoch, schaffte es aber, seine Gedanken für sich zu behalten. Ich wusste, dass er Angst vor dem Drachen hatte, und das mit gutem Grund. Jeder eifersüchtige Freund, der vergaß, dass dieser umwerfend aussehende, süffisante Prachtkerl in Wirklichkeit ein Krypto war, der ihn im Ganzen runterschlucken könnte, war ein Idiot. Und würde bald ein toter Idiot sein. Trillian wusste das, und trotzdem fiel es ihm offensichtlich sehr schwer, nicht auf der Stelle zum Sofa zu gehen und sie aus Smokys Armen zu reißen.

»Euer Vater und Eure Tante sind in Sicherheit, aber einer eurer Cousins ist verhaftet worden«, sagte Trillian.

»Wer?«, fragten Camille und ich wie aus einem Mund.

Trillian blickte auf. »Shamas. Man hat ihn verurteilt, weil er für Tanaquar spioniert hat.«

Shamas. Er war ein Aufrührer und hatte noch nie auf die Warnungen gehört, welch gefährliches Spiel er da spielte. Eine Verurteilung wegen Hochverrats bedeutete, dass er verloren war. Verräter starben langsam, und wenn der Tod endlich kam, waren sie meist schon zu weit fort, um dankbar dafür zu sein.

Ich ließ den Kopf hängen und flüsterte: »Das war’s dann für ihn.«

»Er wird nicht leiden«, erklärte Trillian grimmig. »Das verspreche ich euch. Tanaquar ist sehr gut zu ihren Getreuen. Der König von Svartalfheim hat ihr für die Dauer des Krieges eine Triade vom Orden des Jakaris zur Verfügung gestellt.«

Ich sah Camille an, dann Menolly. Wir wussten, was das bedeutete. Shamas’ Schicksal war besiegelt. Die Mönche des Jakaris – der svartanische Gott des Todes und des Lasters – operierten in Triaden und waren sehr geschickte Meuchler. Sie würden Shamas astral aufspüren und dann – mit einem plötzlichen Energiestoß – sein Herz lähmen. Er würde sterben, aber er würde keine Schmerzen leiden. Jedenfalls nicht lange.

Chase beugte sich vor, stützte den Kopf auf die Hände und starrte auf seine Füße hinab. Morio runzelte die Stirn und spielte mit den Troddeln an seinem Ottomanen.

Camille schüttelte Smokys Arm ab und ging zu Trillian hinüber. »Das ist dann wohl das Beste. Wirklich«, sagte sie, als müsste sie sich selbst davon überzeugen. »Shamas wird nicht leiden. Er wird in Würde sterben. Weiß Vater davon?«

Trillian warf ihr einen finsteren, vielsagenden Blick zu. »Ja, ich war bei ihm, ehe ich durch das Portal zurückgekehrt bin, und habe ihm und eurer Tante Bescheid gesagt.«

Tante Rythwar war Shamas’ Ziehmutter. Tante Olanda, Shamas’ richtige Mutter, wohnte weit weg in Windweidental, einer kleinen Kommune von Feen, die sich für ein Leben auf den Bäumen entschieden hatten.

»Was hast du sonst noch für Neuigkeiten?« Camille fingerte an einem Stück Baumschmuck herum; ihre Hände zitterten. Sie und Shamas waren als Kinder sehr gute Freunde gewesen, doch wir konnten jetzt nichts für ihn tun.

Trillian trat ans Fenster und starrte in die stürmische Nacht hinaus. »Der Krieg reißt Y’Elestrial in Stücke. Lethesanar zieht jeden Mann ein, und wenn er gerade mal die Pubertät erreicht hat. Familien schmuggeln ihre Kinder aus der Stadt, um sie in Sicherheit zu bringen. Zahlreiche Offiziere desertieren, und an ihrer Stelle setzt die Königin ihre machtgierigen Günstlinge ein. Die Schlangen der Verräter, die in die Verliese geführt werden, sind lang, meine Mädchen. Seid froh, dass euer Vater sich aus der Stadt abgesetzt hat. Überall wimmelt es von Spionen.«

»Sonst noch etwas?«, fragte ich, obwohl ich es eigentlich lieber nicht wissen wollte. Das klang alles so bedrückend. Y’Elestrial war eine wunderschöne Stadt, aber es würde nicht mehr lange dauern, bis sich ihre Straßen rot färbten vom Blut kämpfender Feinde.

»Ja«, sagte er und wandte sich zu uns um. »Der AND wurde für die Dauer des Krieges aufgelöst. Die Portale werden nicht mehr bewacht.«

Das entlockte uns allerdings eine Reaktion. Menollys Augen blitzten rot, Camille sprang auf und stieß ein paar Flüche aus, bei denen Chases Gesicht die Farbe von Camilles Lippenstift annahm. Ich stand langsam auf und wusste überhaupt nicht mehr, was ich tun sollte.

»Das ist ja lächerlich«, sagte Iris. »Bin ich froh, dass ich erdgebunden bin. Aber ihr Mädchen könnt nicht mehr zurück. Wer soll jetzt Schattenschwinge aufhalten?«

»Sie hat recht, das ist lächerlich«, sagte Menolly. »Trillian, willst du ernsthaft behaupten, dass sie nach der Sache mit Bad Ass Luke diesem verdammten Seelenfresser einfach erlauben, hier einzumarschieren und die Welt auszulöschen? Wie kommt es, dass wir noch nichts dergleichen gehört haben?«

Trillian inspizierte seine Fingernägel. Leichthin sagte er: »Die Person, die diese Befehle überbringen sollte, hat es nicht durch das Portal geschafft. Ich habe die Botschaft bei Tanaquar abgeliefert, und sie hat sich mal mit dem Direktor des AND unterhalten.«

»Der Direktor hat mir ihr gesprochen?« Ich konnte es nicht fassen – das war einfach zu bizarr.

»Er ist ein Doppelagent. Fragt nicht, wie oder warum. Glaubt mir einfach. Er hat sich auf einen Kompromiss eingelassen. Er wird die Agenten zurückbeordern, die Lethesanar vermissen würde. Aber sie wird nie merken, dass ihr – und einige andere, die nicht viel von der Königin halten – auf euren Posten zurückgelassen wurdet. Wir haben sie bereits benachrichtigt.«

Doppelagent? Unser oberster Boss arbeitete für den Feind? Zu Hause musste wahrhaftig alles auf dem Kopf stehen. Einen Augenblick lang hatte ich die verrückte Vorstellung, wenn wir nur nach Hause eilten, würden wir irgendwie alles wieder in Ordnung bringen können; aber ich konnte mich gerade noch davon abhalten, einen so unsinnigen Plan vorzuschlagen.

Stirnrunzelnd fragte ich: »Und, wie viele andere Agenten bleiben hier? Genug, um die Portale zu bewachen?«

»Nicht genug, nein. Und ganz sicher nicht genug für einen Kampf gegen die Dämonen. Ich sage euch das wirklich sehr ungern, aber es liegt allein bei euch Mädchen, Schattenschwinges Höllenspäher zurückzudrängen, bis Tanaquar den Krieg für sich entscheiden und die Kontrolle über Y’Elestrial übernehmen kann.«

Oh, wie wunderbar. Die Elfenkönigin und Tanaquar erwarteten von uns, dass wir alles hübsch in Ordnung hielten. Wir würden verdammt gut werden müssen, und das verdammt schnell.

Trillian schüttelte den Kopf. »Ich weiß, was ihr denkt, aber es gibt wirklich nur euch drei – und die Hilfe, die ihr selbst beschaffen könnt. Meine Unterstützung habt ihr natürlich. Ich werde so oft wie möglich hier sein, wenn Tanaquar mich nicht braucht.«

»Das wissen wir, danke«, sagte Camille, die düster dreinschaute. »Ich wünschte nur, wir wüssten, auf wen wir uns wirklich verlassen können und auf wen nicht.«

Chase runzelte die Stirn. »Wenn ich das so höre, wäre es vielleicht eine gute Idee, Kontakt zu den anderen Erdwelt-Agenten aufzunehmen. Ihr könntet zusätzlich andere Übernatürliche und Menschen mit ins Boot holen, denen ihr vertraut.«

»Das ist das nächste Problem«, sagte Trillian und wandte sich nun an Chase. »Ich sage dir das wirklich sehr ungern, aber du bist deinen Job los. Jedenfalls den beim AND. Sämtliche Erdseits-Agenten sind entlassen.«

»Nur für den Fall, dass du mir nicht zugehört hast – das habe ich schon verstanden«, sagte Chase. Es sah so aus, als würden die beiden gleich aufeinander losgehen, also unterbrach ich sie.

»Was heißt das jetzt unter dem Strich für uns?«

Trillian zuckte mit den Schultern. »So, wie ich das sehe, müsstet ihr hier recht sicher sein. Das Haus habt ihr mit dem Geld eures Vaters gekauft, es gehört nicht dem AND. Und niemand vom AND wird in nächster Zeit durch die Portale kommen und euch hier finden. Benutzt nicht den Flüsterspiegel, um den AND oder die Garde Des’Estar zu kontaktieren. Und ganz gleich, was ihr tut, lasst euch bloß nicht in Y’Elestrial blicken, falls ihr in die Anderwelt zurückkehrt.«

Alle drei hielten wir den Atem an. Wir wussten, was jetzt kommen musste, aber niemand wollte die Frage stellen. Schließlich flüsterte Camille: »Warum?«

Zum ersten Mal überhaupt sah ich einen Hauch von Angst über Trillians Gesichtszüge huschen. »Weil ein Preis auf euren Kopf ausgesetzt ist, solltet ihr die Stadt je wieder betreten.«

»Uns droht also der Tod«, sagte ich.

Chase sprang auf. »Auf euch ist ein Kopfgeld ausgesetzt? Was zum Teufel ist denn da los? Hat eure Königin den Verstand verloren?« Sein Zorn auf mich schien restlos verraucht zu sein, denn er griff besorgt nach meiner Hand.

Ich nahm sie. »Lethesanar hat jeglichen Sinn für größere Zusammenhänge verloren. Sie hat nie eine Thronerbin geboren, also gibt es keine Prinzessin, die ihren Platz einnehmen könnte. Ich habe das Gefühl, sie will einfach herrschen, solange sie kann.«

»Aber Tanaquar hat zwei Töchter«, sagte Trillian. »Und sie ist klar im Kopf. Sie kann der Stadt eine Wende geben.«

»Wo führt das Portal im Wayfarer hin?«, mischte Smoky sich plötzlich in die Unterhaltung ein.

»Es ist direkt mit Y’Elestrial verbunden.« Menolly stieg zur Decke auf. »Wir müssen eine Möglichkeit finden, ein neues Ziel für das Portal zu berechnen. Wenn wir in die Anderwelt zurückkehren wollen, benutzen wir vorerst Großmutter Kojotes Portal – das bringt uns sicher vor die Tore von Elqaneve, der Stadt der Elfen.«

»Wir haben also unsere Jobs verloren«, sagte ich. »Was ist mit den anderen Agenten hier drüben? Kennst du ihre Namen?«

Trillian hielt eine Aktenmappe hoch. »Ich dachte, das würdet ihr vielleicht haben wollen. Ich habe eine Liste zusammengestellt mit allen Namen und Aufenthaltsorten. Noch etwas – die anderen wissen nichts von Schattenschwinge. Anscheinend hat der AND nie offiziell zur Kenntnis genommen, dass die Dämonen vorhaben, die Erde zu übernehmen. Keiner der anderen Agenten wurde über euren Kampf gegen das Degath-Kommando informiert.«

Teufel auch. Das bedeutete, dass jeder AND-Agent, der sich dafür entschieden hatte, in der Erdwelt zu bleiben, ganz abgesehen von denen, die wir persönlich kannten, in großer Gefahr schwebte. Und keiner von ihnen wusste es.

Er reichte mir die Akte. »Ich finde, sie verdienen es, wenigstens zu erfahren, was ihnen bevorsteht. Wenn ich in die Anderwelt zurückkehre, lasse ich euren Vater und eure Tante wissen, dass es euch gutgeht.«

»Danke sehr«, murmelte ich bedrückt. Arbeitslos, angewiesen auf unsere Ersparnisse und das, was wir bei unseren Scheinjobs verdienten, waren wir allein in einem fremden Land, ohne jede Hoffnung auf Unterstützung von zu Hause. Na ja, das stimmte nicht ganz. Wir hatten Verbündete, aber die waren eben nicht so ohne weiteres verfügbar.

Plötzlich kam mir ein Gedanke, und ich hob den Kopf. »Meinst du, wir könnten den Flüsterspiegel so umprogrammieren, dass wir damit Kontakt zum Hof von Königin Asteria herstellen können? Das wäre so viel einfacher, als ihr Boten schicken und auf die Antwort warten zu müssen.«

Camille klatschte in die Hände. »Das ist genial! Eine tolle Idee. Aber geht das auch? Meine Magie reicht nicht für ein garantiert gelungenes Ergebnis, und weniger dürfen wir in diesem Fall nicht riskieren.«

»Ich mache mich morgen bei Sonnenaufgang auf den Weg. Mein erstes Ziel ist Elqaneve. Ich kann sie sicher dazu bringen, euch einen ihrer Magi herzuschicken.« Trillian gähnte. »Verdammter Astrallag«, sagte er und verzog das Gesicht.

Häufige oder länger andauernde Reisen durch die Portale konnten den Körper überlasten, den Schlafrhythmus und den Stoffwechsel stören und sonst allerhand anrichten. Trillian war mehrmals pro Woche zwischen der Anderwelt und der Erdwelt hin- und hergereist, seit er sich von der Attacke des Fellgängers erholt hatte.

Camille nahm seine Hand. »Komm mit ins Bett.«

»Sehr gern, Liebste.« Er bedeutete ihr, schon mal vorzugehen, und wandte sich Smoky zu. »Denk daran«, sagte er in einem Tonfall, der so ruhig und tödlich klang, als spräche eine Viper, »Camille ist nur geliehen. Es ist mir gleich, ob du ein Drache oder ein Gecko bist, sie gehört mir. Verstanden?«

Smoky kicherte dumpf. »Wie du wünschst. Ich werde mich da nicht einmischen«, sagte er, aber ich war nicht so sicher, dass er das aufrichtig meinte.

Als Camille mit Trillian nach oben ging, sah Menolly auf die Uhr. »Ich muss los, in den Wayfarer.« Sie schnappte sich ihren Schlüsselbund und ihre süße kleine Handtasche aus Lackleder. Ich hatte keine Ahnung, woher sie diese Tasche hatte – sie hatte die Form einer Fledermaus mit ausgebreiteten Flügeln und sah aus, als hätte sie ursprünglich zu einem Halloween-Kostüm gehört. »Von jetzt an werde ich wohl einfach die Einnahmen aus der Bar behalten.«

»Tja, nach Hause schicken kannst du sie nicht mehr«, sagte ich.

Sie nickte. »Das bringt mich auf etwas. Wenn der AND sich so plötzlich von hier zurückzieht, werden sie sich wohl nicht die Mühe machen, sich um ihren Immobilienbesitz zu kümmern. Wir müssen herausfinden, ob für die Bar und den Indigo Crescent irgendwelche monatlichen Hypothekenraten zu zahlen sind. Wenn der AND da Kredite laufen hat, müssen wir ab sofort die Zahlungen aufbringen. Zumindest für die Bar. Den Wayfarer dürfen wir auf gar keinen Fall hergeben, weil das Portal da drin ist.«

Ich richtete mich leise stöhnend auf und machte mir eine Notiz, während sie schon zur Tür ging. »Gute Idee. Das Letzte, was wir brauchen, ist eine Zwangsvollstreckung.«

Morio stand auf. »Ich fahre Smoky nach Hause«, sagte er. »Aber ich würde gern hierher zurückkommen, wenn ihr nichts dagegen habt, dass ich heute Nacht auf dem Sofa schlafe.«

»Kein Problem«, sagte ich. »Ich schreibe Iris einen Zettel, dass du da bist.« Die beiden Männer brachen auf, und Chase und ich blieben allein zurück. Ich sah ihn an und seufzte tief.

»Alles ist so durcheinander«, sagte ich. Ich war so erschöpft, dass ich kaum mehr denken konnte. So viele ungelöste Probleme. Ich fragte mich, ob wir das hier überstehen würden. Wieder einmal sehnte ich mich nach meiner Kindheit, als das Leben mir so viel einfacher erschienen war.

Chase sagte nichts, er breitete nur die Arme aus. Ich ging zu ihm, und er zog mich an sich. »Es tut mir leid«, flüsterte er. »Es tut mir leid, dass ich mich vorhin da draußen so aufgeführt habe. Ich weiß, was du bist, und ich liebe dich so, wie du bist. Ich will nicht, dass du dich meinetwegen änderst, aber es ist schwer. Ich habe noch nie so für eine Frau empfunden. Und ich hätte nie damit gerechnet, dass es mir mal so gehen würde.«

Ich schlang die Arme um seine Taille und legte den Kopf an seine Schulter. »Meine Mutter und mein Vater haben das hingekriegt, Chase, aber ich weiß nicht, ob ich es kann. Ich bin...  ich bin ein Windwandler. Ich passe nirgendwohin. Kannst du mit dieser Unsicherheit leben? Kannst du mit der Möglichkeit leben, dass ich vielleicht doch einmal mit jemand anderem schlafe? Ich bin nicht wie Camille. Ich habe noch nicht genug Erfahrung, um zu wissen, was ich will. Diese ganze Sex-Sache ist neu für mich, aber meine Hormone sind aufgewacht, und für uns Feen sind sie eine starke, treibende Kraft.«

Chase küsste mich auf die Stirn, hob dann sacht mein Kinn an und küsste mich auf den Mund. »Dann werde ich wohl damit leben müssen. Ich habe mich oft gefragt, wie Trillian und Morio es ertragen, Camille zu teilen, aber ich glaube, jetzt verstehe ich es. Einen Teil der Zeit mit dir zu verbringen ist besser als die Vorstellung, dich nie wieder zu berühren, nie wieder mit dir zu schlafen, dich nie wieder zu küssen.«

Ich schluckte gegen einen Kloß an, der mir vom Herzen direkt in die Kehle gestiegen war. Ich hätte ihm gern gesagt, dass ich ganz ihm gehörte. Ich hätte ihm gern die Versprechen gegeben, die er hören wollte. Aber ich konnte es nicht. Und ich wollte weder ihn noch mich selbst belügen. Also tat ich das Nächstbeste – ich nahm ihn bei der Hand und führte ihn hinauf in mein Schlafzimmer.