19

Jack öffnete die Tür zu Dr. Kostichs Suite. Mit hochgezogenen Augenbrauen blickte er den Runenstein an. »Tully. Äh … Ysolde.«

»Hallo, Jack. Ist er da?«

»Ja.« Jack trat einen Schritt zurück und ließ mich herein.

»Du hast doch beim letzten Mal keinen Ärger bekommen, dass du mich hereingelassen hast, oder?«

Er grinste schief. »Nicht viel. Er hat mich bloß ein bisschen über glühende Kohlen laufen lassen.«

»Das tut mir leid …«

Er unterbrach mich lächelnd. »Das war mir unser Wiedersehen wert. Darf ich fragen, warum du einen großen Stein im Arm hältst?«

»Sein Name ist Larry. In Wirklichkeit ist er ein blauer Drache.«

Jack starrte auf den Stein. »Ich dachte, der Meister hätte dir die Gnade der drei Weisen verliehen.«

»Das hat er auch. Es hilft nur nicht wirklich.«

»Ah. Er ist im Wohnzimmer.«

Jack führte mich zum Wohnzimmer. An der Tür blieb er stehen und verkündete murmelnd meinen Namen. Ich war erleichtert, als ich sah, dass Violet noch bei ihrem Vater war. Die beiden blickten von ihren Tellern mit Kuchen und Sandwiches auf, als ich eintrat.

»Tully! Du kommst gerade rechtzeitig zum Tee«, erklärte Violet und schenkte mir eine Tasse Tee ein.

Ich blieb einen Moment lang unschlüssig stehen, um abzuwarten, ob Dr. Kostich sich aufregen würde, weil ich schon wieder unangemeldet vorbeikam, aber er runzelte nur die Stirn und sagte: »Da du mich auch an deinen Tisch eingeladen hast, ist es nur passend, wenn ich das Gleiche tue.«

»Danke.« Erfreut nahm ich die Tasse entgegen, die Violet mir mit einem Teller voller Leckereien reichte. »Oh, Gurken-Sandwiches, die liebe ich!«

»Gibt es Neuigkeiten von Maura?«, fragte Dr. Kostich und blickte mich an. »Hast du sie gefunden?«

»Ja.«

»Oh, dem Himmel sei Dank!«, seufzte Violet. »Ich wusste, dass du sie retten würdest.«

»Das ist mir leider noch nicht gelungen.«

Dr. Kostich setzte seinen Teller ab. »Warum bist du dann hier?«

Ich holte tief Luft und trank einen großen Schluck heißen Tee. »Ich bin hier, damit Sie einen Stein wieder in einen blauen Drachen verwandeln, wenn es geht, und damit Sie das Verbot von mir nehmen.«

Sein Gesicht war so unbeweglich wie der Stein Larry. »Wir hatten eine Vereinbarung, Tully Sullivan.«

Ein leiser Schmerz schoss durch mich hindurch, als er seine arkanen Muskeln spielen ließ. »Ja, das stimmt. Ich habe versprochen, Maura zu helfen, und das habe ich auch getan. Ich habe mit ihr darüber geredet, den Drachenstamm zu verlassen.« Ich trank noch einen Schluck Tee, um den nötigen Mut zum Weitersprechen zu sammeln. »Ich habe ihr meine Hilfe angeboten. Sie will ihn nicht verlassen.«

»Das habe ich dir doch gesagt«, sagte Violet und setzte sich aufrecht hin. »Aber sie hat Angst, Tully. Hinter der draufgängerischen Fassade ist sie verängstigt. Ich weiß es.«

Langsam schüttelte ich den Kopf. »Ich widerspreche den Gefühlen einer Mutter nur ungern, aber sie kam mir nicht verängstigt vor.«

»Wie denn?«, fragte Kostich. Seine Stimme klang gleichmütig, aber ich spürte, wie sich Wut in ihm aufbaute.

Ich erwiderte seinen Blick. »Nicht verängstigt oder eingeschüchtert, noch nicht einmal unglücklich. Sie wirkte sehr selbstbewusst … und ging auch mit den anderen so um.«

Er schnalzte verärgert mit der Zunge.

»Nein, das kann nicht stimmen. Das war geschauspielert, Tully«, beharrte Violet.

»Den Eindruck hatte ich nicht. Glaub mir, ich wünschte, es gäbe eine einfache Lösung, um ihr zur Flucht vor diesen Drachen zu verhelfen, aber in Wahrheit halten sie sie gar nicht fest. Jedenfalls nicht so, wie du meinst. Im Gegenteil. Sie hatte das Kommando über die Drachen – bis sie uns angriffen.« Ich schilderte kurz die Wiedererweckung Constantines und den darauf folgenden Angriff von Larry, Curly und Moe.

Kostich erhob sich und trat ans Fenster. Seine Finger vollführten unbewusst kleine Klarheitszauber. »Du sagst, einer der Drachen bezog sich auf jemand anderen als Maura?«

»Nicht direkt, aber es klang so.« Mir kam eine Idee, aber sie war so weit hergeholt, dass ich sie nicht glaubwürdig fand. Außerdem passte sie nicht. »Wenn jemand anderer als Maura die Fäden zieht, dann weiß ich nicht, wer das sein sollte. Vor ein paar Tagen hatte ich eine Vision, die in einem Adlerhorst in Tibet stattfand. Ouroboros-Drachen waren dort, und sie wurden von Maura angeführt. Ich habe sie zwar nicht mit eigenen Augen gesehen, aber ein Schatten tauchte auf und sprach von ihr als von seiner Herrin. Wer sonst als ein Geisterbeschwörer könnte einen Schatten haben?«

Kostich gab erneut einen verärgerten Laut von sich und machte mit seinen dünnen Fingern eine abfällige Bewegung. »Ein Nekromant oder auch ein Ilargi. Das ist nicht von Bedeutung.«

»Es müsste aber auch ein Drache sein, und es gibt keinen Nekromanten oder Drachen-Ilargi, an den ich …« Ich brach ab. »Warten Sie – ein Nekromant kann Schatten rufen?«

»Rufen? Nein, aber sie sind die einzigen Wesen, an die Schatten gebunden werden können, wenn der Nekromant als Erster Kontrolle über den Schatten gewinnt. Was hat Maura denn gesagt, als die Ouroboros-Drachen sich ihren Anordnungen widersetzten?«

Ich wiederholte ihre Worte. Die schreckliche Idee breitete sich in meinem Kopf immer mehr aus.

»Sie duldete eine Entführung?« Violet stöhnte leise. »Sie nahm daran teil? Sie plante sie? Oh, mein armes Mädchen!«

»Das kommt davon, wenn man mit Drachen verkehrt«, sagte ihr Vater zu ihr. Dann wandte er sich wieder an mich. »Nun gut. Wir werden die Situation von hier aus lösen. Du bist entschuldigt.«

»Hä?« Ich schüttelte den Kopf, um ihn wieder klarzubekommen und starrte Dr. Kostich einen Moment lang verständnislos an. »Oh. Äh … ja, es tut mir leid. Wenn ich Ihnen sonst noch irgendwie mit Maura behilflich sein kann, tue ich es gerne. Wegen des Verbots …«

»Du hast meine Enkelin nicht aus ihrer Verbindung mit den Drachen befreit. Unsere Vereinbarung sah das jedoch vor«, sagte Dr. Kostich. Er setzte sich wieder auf seinen Stuhl und widmete sich seinem Teller mit Gebäck.

»Wir hatten vereinbart, dass ich es versuchen soll. Das habe ich getan. Ich möchte, dass das Verbot aufgehoben wird.«

Er erstarrte bei meinem gebieterischen Tonfall.

»Bitte«, fügte ich hastig hinzu.

»Ja, Vater, hebe es auf. Sie hat es verdient«, sagte Violet erschöpft. Sie tat mir leid, aber ich wusste auch nicht, wie ich ihr noch helfen sollte.

Es sei denn …

Kostichs Gesicht verfinsterte sich für gute zwei Minuten, aber schließlich gab er nach. »Ich werde das Verbot aufheben, aber du musst wissen, dass du nicht mehr Mitglied der Magistergilde bist und dich deshalb auch nicht an uns um Hilfe wenden darfst.«

Ich nickte und wartete gespannt. Seufzend stand Dr. Kostich auf, zog ein Symbol über mich und verkündete, ich sei jetzt frei von Verbot und Gnade.

Winzige unsichtbare Bänder, die mich festgehalten hatten, lockerten sich und lösten sich schließlich auf. Ich hatte auf einmal das Gefühl, zum ersten Mal seit vielen Monaten wieder durchatmen zu können. »Danke«, sagte ich zutiefst dankbar. »Und Larry?«

Dr. Kostichs Nüstern bebten.

»Na gut, ich kümmere mich schon selber darum. Jetzt, wo das Verbot aufgehoben ist, sollte es ja kein Thema mehr sein, oder?« Am liebsten hätte ich mich noch einmal dafür entschuldigt, dass ich ihnen keine besseren Nachrichten über Maura hatte bringen können, aber es war offensichtlich, dass sie beide wünschten, dass ich gehen sollte.

An der Tür blieb ich stehen und fragte Dr. Kostich: »Können Magier, die verblichen sind, wieder in die sterbliche Welt zurückkehren?«

Seine blassblauen Augen durchbohrten mich mit einem Blick, bei dem sich meine Nackenhaare aufstellten. »Das ist bisher noch nicht vorgekommen, nein.«

»Aber ist es möglich?«

Er schwieg. Schließlich sagte er: »Das kann nur ein Magier erreichen, der so mächtig ist, dass er die Naturgesetze überwindet.«

Oder eine Magierin, die ihre Tochter für sich arbeiten ließ, eine Tochter, die ein halber Drache war und so mächtig, dass sie die Toten auferstehen lassen konnte. Ein Nekromant.

Entsetzen stieg in mir auf. »Ich muss nach Hause.«

»Was ist in deinen Gedanken, Drache?«, fragte Kostich und kam auf mich zu.

Ich schüttelte den Kopf und rannte davon. Über die Schulter rief ich ihm zu: »Ich sage Ihnen Bescheid, wenn es stimmt.«

Im Aufzug auf dem Weg nach unten rief ich hektisch zuerst bei Baltic, dann bei Pavel an. Aber keiner von beiden ging ans Telefon.

Bis ich mir einen Mietwagen besorgt und eine hastige Nachricht bei Aislings Haushälterin hinterlassen hatte, dass ich Brom später abholen käme, hatte ich noch dreimal versucht, Baltic zu erreichen. Mittlerweile fürchtete ich, dass meine Befürchtungen sich als nur zu begründet erweisen würden.

Als ich vor unserem Haus anhielt und sah, dass es taghell erleuchtet war, waren alle Zweifel beseitigt.

»Darf man mitfeiern oder braucht man eine Einladung?«, fragte ich, als ich Larry, den Stein, auf einen Tisch neben die Tür zu Baltics Bibliothek legte.

Als ich die Tür öffnete, drehten sich zwei der drei Personen, die sich im Zimmer befanden, nach mir um.

Ich eilte zu Pavel, der auf dem Fußboden lag, und fühlte seinen Puls. Er war schwach, aber spürbar, und er schien keine blutende Wunde zu haben.

»Wird der Tag eigentlich nie kommen, an dem du tust, was ich dir sage, Gefährtin?«, fragte Baltic verärgert.

Ich wies auf die Frau, die vor ihm stand. »Du bist der einzige Mann, der sich noch über seine Gefährtin ärgern kann, während jemand anderer ihm ein Schwert an den Hals hält. Was willst du Baltic eigentlich antun, Thala? Du willst ihn doch sicher nicht töten; schließlich bist du diejenige, die ihn wieder zum Leben erweckt hat.«

Sie knirschte mit den Zähnen. Baltic antwortete mit der ihm eigenen Arroganz: »Ysolde, verlass sofort dieses Haus. Das hier ist eine Angelegenheit zwischen Thala und mir.«

»Das glaube ich nicht – nicht mehr.« Ich trat über Pavels reglose Gestalt und umrundete die beiden. »Nicht, seit Thala ihren drei Kumpanen in Lettland befohlen hat, mich zu töten.«

Baltic blickte Thala an. Seine Augen glühten vor Wut. »Du hast versucht, meine Gefährtin zu töten? Wer sind diese Drachen, die du befehligst?«

»Ach, du hältst dich wohl für besonders clever, was?«, höhnte Thala. Ihre Augen glitten nervös zwischen Baltic und mir hin und her. »Hat dieses kleine Halbdrachen-Luder Maura geredet?«

»Halbdrache …« Ich schüttelte den Kopf und trat hinter eine Couch. »Sie ist das Gleiche wie du, Thala. Ihr habt beide Drachenväter … rote Drachenväter. Hat Chuan Ren auch deinen Vater getötet? Bist du deshalb kein Mitglied der Sippe?«

Sie stieß ein Wort aus, das ich nicht kannte, aber es war bestimmt nicht besonders höflich. Baltic stand scheinbar völlig entspannt da, aber ich spürte, wie sich trotz seiner geöffneten Hände das Drachenfeuer in ihm ballte. Er wartete nur noch ab, was Thala als Nächstes tat. Keiner von uns glaubte, dass sie ihn verletzen würde, nicht, nachdem sie sich so große Mühe gegeben hatte, um ihn wiederzuerwecken.

»Mein Vater wollte mich nicht anerkennen, und die Sippe weigerte sich, mich aufzunehmen, weil sie sagten, das Blut meiner Mutter verunreinige das kostbare Drachenblut. Deshalb habe ich meinen eigenen Stamm gegründet, genau wie Baltic, als ich ihn zurückgeholt hatte. Nur dass wir nicht die Absicht haben, ein ruhiges Leben zu führen, während unsere Unterdrücker an der Macht sind.«

Baltic musterte sie. »Du hast deinen eigenen Stamm gegründet? Dann hast du gegen mich gehandelt.«

Sie lächelte. »Du hast ja an nichts anderes als an das Drachenherz gedacht. Es überrascht mich, dass dir überhaupt aufgefallen ist, was vor sich ging.«

»Du hast Kostya mein Stück vom Drachenherz gegeben.« Er kniff die Augen zusammen. »Du wolltest nicht, dass ich das Drachenherz neu zusammensetze.«

»Natürlich nicht, du Dummkopf«, fuhr sie ihn an und schwenkte das Schwert durch die Luft. »Ysolde! Ysolde! Du hast ja an nichts anderes mehr gedacht – immer nur an Ysolde! ›Wir müssen das Herz neu zusammensetzen, Thala. Wir müssen die Scherben von den anderen Wyvern bekommen, damit wir den Ersten Drachen anrufen können, Thala. Deine Pläne und Wünsche müssen warten – zuerst dreht sich alles um die ach so kostbare Ysolde!‹ Jahrelang habe ich geschwiegen, während du deine Pläne machtest, weil ich wusste, dass sie doch nie funktionieren würden. Ich wusste, eines Tages würdest du es leid sein, wiedergewinnen zu wollen, was du nicht zurückhaben konntest, und dann würde dir alles gleichgültig sein.« Sie blickte mich an. »Ich wusste ja nicht, dass meine verfluchte Schwester den Job bereits erledigt hatte.«

»Aber warum …? Ich verstehe nicht«, sagte ich und begann im Schutz der Couch ein paar Schutzzauber zu zeichnen, um eine Kugel mit weißer Magie zu formen.

»Sie wollte das Drachenherz für sich selbst«, antwortete Baltic. Seine Miene war undurchdringlich, aber ich sah, dass in ihm das Feuer tobte.

»Warum? Was konnte es bewirken …? Oh, jetzt verstehe ich! Wenn du die mächtigste Reliquie des Drachentums gehabt hättest, hättest du alles vermocht, oder? Du hättest sogar deine Mutter aus dem Jenseits zurückholen können.«

Zu meiner Überraschung ließ Thala die Schwertspitze sinken und machte mit der freien Hand eine verärgerte Geste. »Glaubt ihr wirklich, ich würde hierbleiben und alles gestehen wie ein Bösewicht am Ende eines Films? So dumm bin ich nicht, und ich habe auch keine Zeit für eure Unzurechnungsfähigkeit.«

Sie warf das Schwert zu Boden und breitete weit die Hände aus. Ein schreckliches Geräusch entfuhr ihrem Mund, halb Heulen, halb Zauberspruch.

Baltic schrie auf und sprang auf mich zu, sodass wir beide hinter der Couch zu liegen kamen. Er schützte mich mit seinem Körper. Einen Moment lang blieb die Erde stehen, und die Luft im Haus ballte sich zusammen; dann entlud sie sich in einer gewaltigen Explosion, die alles mit sich riss.

Als ich die Augen öffnete, sah ich ein verschwommenes Gesicht dicht vor mir. Ich schrie und versuchte mich aufzurichten, wobei mein Kopf gegen etwas Steinhartes schlug.

»Au! Oh Mann, du hast mir den Schädel gebrochen!«

Ich blinzelte, und als ich ein bisschen klarer sehen konnte, stellte ich fest, dass das unscharfe Gesicht einem zottigen schwarzen Hund gehörte, der sich den Kopf an der Matratze rieb, auf der ich lag. »Jim! Was zum Teufel tust du hier?«

»Ich wollte nur nachsehen, ob du noch atmest. Du hast so komische kleine Grunzgeräusche von dir gegeben.« Er hob den Kopf und brüllte: »Sie ist wach!«

In diesem Moment stellte ich fest, dass ich nicht alleine im Bett lag. Die vertraute, warme Gestalt jedoch, die neben mir lag, war völlig reglos. Ich beugte mich über Baltic, der auf dem Bauch lag. Er hatte ernsthafte Wunden, die allerdings bereits dabei waren zu heilen. »Großer Gott, was ist mit seinem Rücken passiert?«

Aisling kam ins Zimmer, gefolgt von May. »Oh, gut, du bist wach. Wie fühlst du dich?«

»Verwirrt. Was ist mit Baltic passiert?«

»Totenklage aus nächster Nähe«, sagte Jim und betrachtete den mit Wunden bedeckten Rücken. »Er muss zwar gepflegt werden, wird aber wieder gesund, oder?«

»Totenklage …« Jetzt kam die Erinnerung wieder. »Thala!«

»Ich bin so froh, dass du uns gesagt hast, wohin du gehst, sonst wären wir nicht rechtzeitig da gewesen, als das Haus in sich zusammenstürzte«, sagte Aisling. Sie nahm einen Morgenmantel aus dem Schrank. Geistesabwesend schlüpfte ich hinein.

»Baltic hat das meiste abbekommen, aber Gabriel und Tipene haben die ganze Nacht an ihm und Pavel gearbeitet.« May blickte mich aus ihren blauen Augen offen an. Wir verdankten ihnen viel. »Du warst nicht so schwer verletzt, aber die anderen … nun, ich bin froh, dass Aisling und Drake euch rechtzeitig zu uns gebracht haben.«

»Ich werde Himmel und Erde in Bewegung setzen, um euch das wiedergutzumachen«, schwor ich. Vorsichtig berührte ich die Wunden auf Baltics Rücken. Er stöhnte leise und bewegte den Kopf. Ich küsste ihn auf die Wange und flüsterte: »Es ist alles gut, mein Liebster. Schlaf. Ich bin bei dir.«

Er murmelte meinen Namen, und sein Körper entspannte sich wieder, als ich ihm über die Schulter streichelte.

»Wenn du Besuch ertragen kannst, weiß ich jemanden, der darauf brennt, dich zu sehen. Jim, hör auf, Ysolde mit der Nase anzustupsen. Das ist unhygienisch«, schimpfte Aisling und scheuchte ihn zur Tür.

»Och, Mann. Erst schreist du mich an, weil ich sie nicht angucken wollte, als sie voller Blut und Schleim war, und jetzt schreist du mich an, weil ich nachsehe, ob es ihr wieder gut geht. Das ist unlogisch, Ash!«

»Sullivan?« Brom erschien in der Tür und blickte mich ängstlich an. Ich schlüpfte aus dem Bett und lief ihm entgegen. So fest ich konnte, umarmte ich ihn. »Nico sagte, du wärst okay, aber als sie dich hereingetragen haben, hast du nicht so ausgesehen.«

»Ich bin absolut okay«, sagte ich. Ich blickte die anderen im Raum an. »Und Baltic auch. Es tut mir leid, wenn wir euch einen Schrecken eingejagt haben.«

»Ich hatte keine Angst«, sagte Brom mit der Sorglosigkeit eines Neunjährigen. Er warf einen Blick auf Baltic, dann zuckte er mit den Schultern. »Nicht viel jedenfalls. Ich bin aber froh, dass du wieder zurück bist. Jim hat gesagt, Thala ist durchgedreht und hat das Haus in die Luft gejagt. Ist der Keller auch kaputt?«

Ich lächelte. »Ja, mit Sicherheit. Wir werden eine neue Ausrüstung für deine grässlichen Experimente besorgen müssen, was?«

»Okay. Nico sagt, er kommt mit, wenn Maata und ich das nächste Mal ins British Museum gehen. Er sagt, er kennt jemanden, der dort arbeitet, und der lässt uns bestimmt einen Blick hinter die Kulissen werfen. Er sagt, da gibt es Mumien, die sie den Leuten gar nicht zeigen, aber vielleicht kann er sie überreden, sie mir zu zeigen. Er sagt, sie haben auch Katzenmumien.«

»Du bist ein komisches Kind«, sagte Jim zu Brom. »Zum Glück stehe ich auf komisch.«

»Und wieder einmal ist das Gleichgewicht in der Welt wiederhergestellt«, sagte ich lächelnd.