IX.

 

Sich zurückziehn vom Gewühl des Marktes, weil die aristokratischen Fingerlein sich dort beschmutzen? Hier in vornehmer Exclusivität behäbig auf seinem Schlosse horsten und das Leben der Pöbelwelt von oben herab belächeln?

Einst in London hatte er, kurze Zeit in einem Boarding-House lebend, jene Klasse von Rentiers beobachten können, die man fast nur in England und Frankreich, nicht im arbeitsamen Deutschland kennt. Zurückgezogen von den Geschäften, von ihren Zinsen lebend, dreht sich das Leben solcher Leute um den Morgenspaziergang über Constitution Hill, das Verdauen der »Times« zum Frühstück und das feierliche Vorschneiden des Beaf am Mittag. Zieht sich dann Einer noch nach dem Thee und Whist mit seiner Whiskyflasche ins Schlafzimmer zurück und säuft sich fromm in gesunden Schlaf hinüber, so hat er sein Tagewerk würdevoll verbracht. – –

Also der Krieg, der so lange drohende, der Krieg, der all die mächtigen Fragen zur Lösung bringen sollte, stand binnen kürzester Frist bevor? Alle Zeitungen tönten es wieder. Und bei dieser Weltentscheidung sollte er hier hocken bleiben, vielleicht die Landesvertheidigung seines Distrikts als Landsturmcommandeur leiten, höchstens das Deutschthum schirmen gegen etwaige Revolten im Innern? Nein. Die Erziehung seiner Mündel konnte warten, hier galt es wahrlich seine eigene Erziehung. Mit fester Hand schrieb Graf Xaver Krastinik umgehend an den Commandeur seines alten Regiments sowie an eine höhere Behörde in Budapest: daß er bitte, seine selbsterbetene Entlassung aus dem Dienste zu annulliren, daß er sofort wieder eintreten wolle. Er wußte, daß man mit Freuden sein Gesuch bewilligen würde. Zurück konnte er nicht mehr. Der Würfel war gefallen.

Ja, eingereiht aufs neu in die Liste der gewöhnlichen Kämpfer. Keine falsche Erhabenheit mehr, kein eigenwilliges Abschließen in eigenem passivem Werthe. Wie jeder Andere unterworfen der strammen Zucht eines geordneten Berufes, wo jedes eigene Vordrängen unmöglich und jeder nur als Glied des Ganzen gilt.

... Ja, Jeder nur ein Glied des Ganzen. Wer das erkannt, bedarf keines Arztes mehr, um ihm Chinin zu verschreiben für das Fieber der Existenz. Das geschichtliche Gravitationsgesetz dreht das Leben jedes großen Mannes nach dem Wendepunkte hin, wo er aufhört, sich als Werkzeug zu fühlen und sich selbst zum Gotte träumt. Mag der eitle Kiesel die Größe des Montblanc nicht sehen, vergesse doch auch die Alpe nicht, daß auch sie nur das Produkt zahlloser Steingenerationen.

Das sollte vor allem der Adel bedenken. Wenn die Genußsucht bei Sekt und Austern schlampampt, so sehnt man sich nach der fröhlichen, seligen Feudalromantik. Da genoß man das adlige Vergnügen, die »Pfeffersäcke« auf offener Straße zu »werfen«. Auch das Jus primae noctis entbehrte nicht des Reizes. So ärgert sich denn unser heutiger Junkertypus im Geheimen schmählich, daß er sich nicht erzgepanzert als Letzter der Barone durchs irdische Jammerthal raubrittern darf.

Aber während dieser verkappte Größenwahn zugleich an unheilbarem Verfolgungswahn leidet, da der Adel stets seine angeblichen Rechte gefährdet glaubt, macht sich bereits eine neue Raubritterkaste breit, welche die Preß-Feder im Wappen und mit den Societären der Unsterblichkeits-Assekuranzen die magern Kühe Pharaos auf die fette Weide führt. Die gravitätische Grandezza der litterarischen Börsenjobber sieht bereits alle menschlichen Dinge nur vom Standpunkt des bedruckten Zeitungspapiers der »Oeffentlichen Meinung« (soll heißen: des Privatinteresses elender Skribenten) und entscheidet über Krieg und Frieden, als ob die Regierungen gar kein Wörtchen mehr mitzureden hätten.

Als des Grafen logische Betrachtungen wieder bis zu diesem Punkte gediehen, erinnerte er sich plötzlich eines Briefes, den er einst von Leonhart empfing. In seinem Briefpult stöberte er denn auch wirklich die vergilbten Blätter auf.

 

» ... Es giebt in der Gesellschaft vier große Motoren. Zwei stabile: Schwert und Geld, zwei revolutionäre: Geist und Knüppel. Unter diesen Kräften ist die äußerlich schwächste, der Geist, die innerlich stärkste. Dann folgt das Schwert, die Staatsgewalt. Dann der Knüppel, die Masse. Am schwächsten ist der scheinbar stärkste Motor, das Geld. Weder mit Geist noch mit Schwert könnte man eigentlich Krieg führen ohne Geld. Und doch führen bankerotte Staaten lustig Krieg und bankerotte Geistesstreiter ebenso. Denn das Geld bildet nur eine todte festliegende Masse und fällt blindlings den andern Kräften zur Beute, wenn sie sich darauf stürzen.

Verbinden sich nun Geist und Schwert, wie beim demokratischen Cäsarismus, so führt dies zur Weltunterwerfung. Verbinden sich Geist und Knüppel, so führt dies zur Revolution. Jedes für sich allein unterliegt, zwei vereinte Kräfte aber siegen über die andern. 1 und 2 (Geist und Schwert) bilden absolutes Uebergewicht, aber auch 1 und 3 (Geist und Knüppel) sind naturgemäß stärker als 2 und 4.

Die Geschichte vollzieht sich seit Anbeginn nach gleichen Gesetzen. Allein die neueste Zeit glich einem plötzlichen Sturzfall, wo der Strom all seine Kräfte zusammenstaut. Daher enthüllt sich das Weltgeheimniß klarer denn je in den Jahren 1792–1815.

Es tritt immer eine Epoche ein, wo die Staatsgewalt und das Feudalsystem (Schwert) übermächtig drückt und so sein eignes Basisfundament zerquetscht. Dann wenden sich alle drei andern Motoren dagegen. Unter diesem gemeinsamen Druck wird zuerst die Bourgeoisie (Geld) hoch gehoben. Aera des constitutionellen Liberalismus. Das Volk der physischen Arbeit aber (Knüppel), nachdem das Schwert zerbrochen, drängt nun heimlich gegen den Geldsack an. Diesen Augenblick benutzt das intellectuelle Proletariat (Geist), sich an die Spitze der Masse zu stellen und mit Hülfe des Knüppels jetzt Schwert und Geld bei Seite zu schleudern. Wie durch geöffnete Schleusen, bricht aber bald die vom Geist entfesselte Masse vor. Durch den früheren Kampf für das Volk gegen Staat und Bourgeoisie erschöpft, wird plötzlich auch der Geist überwältigt. Anarchie überschwemmt alle Ufer der Cultur, nachdem die Revolution den Unrath weggespült. Aber der Geist ist nur zu betäuben, nie zu überwinden. Plötzlich rafft er sich auf und erblickt das zerbrochene weggeworfene Schwert. Er ergreift es, er schmiedet es neu. Zugleich richtet er den umgestürzten Geldsack wieder auf, mit Schwert und Geldsack schlägt er den Uebermuth des Knüppels nieder, bis auch dieser wieder seinem Gebot gehorcht.

Der Geist kann nur durch sich selbst überwunden werden. Seine Schöpferphantasie verliert den Maßstab für das materielle Bleigewicht der drei andern Kräfte, die er mit sich schleppt. Die Spitze des Schwertes, nie ruhend in seiner Hand, stumpft sich endlich ab, biegt sich – man entwindet es ihm wieder und die alten Träger des Schwertes herrschen aufs neue. So kehrt äußerlich Alles zum Alten zurück, weil dies als dauernder Zustand naturgemäß, aber die innere Umformung der Weltbedingungen durch die kurze Herrschaft des Geistes wirkt auf Jahrhunderte fort. Und wiederum wiederholt sich dann später dasselbe Spiel.

Die Feder mißvergnügter Litteraten aber ist es, die in alle Eiterbeulen hineinsticht und heilendes Arsenik spritzt in die allgemeine Fäulniß des Bestehenden. Auf die Heldenfeder der Luther, Milton, Voltaire, Rousseau folgt die Agitatorfeder der Hutten, Swift und Mirabeau und auf diese die Blutsauger- und Revolverpresse der Marat, Desmoulins, Chaumette. Mit der verhundertfachten Macht der Presse steigt natürlich ihre zersetzende Aggressivkraft. Wie aber könnte die Publizistik diese hohe Aufgabe erfüllen, wenn Gerechtigkeit und Humanität sie schwächten? Erst in der hohen Schule der rohen Interessenpolitik, der Charakterlosigkeit, der Bosheit und vor allem des Neides (dieser Spiralfeder der gesellschaftlichen Entwicklung) wird sie dem Zweck gerecht: Unter dem Druck der Luftpumpe einer stabilen mechanischen Gesellschaftsordnung für die menschlichen Leidenschaften ein Sicherheitsventil zu öffnen.

Denn zwischen der Welt als Ganzes und dem Menschen im Einzelnen besteht ein wunderbarer, ob auch weise berechneter, Gegensatz. Die Menschen sind nicht schlecht, wie Misanthropen lügen, sondern bei der Mehrheit überwiegt das Gute. Die menschliche ›Gesellschaft‹ hingegen ist schlecht durch und durch, weil sie auf den menschlichen Leidenschaften erbaut. Die gewöhnlichen Durchschnittsgefühle der Menschen sind gut, jeder Ueberschwang des Gefühls aber als Leidenschaft wirkt böse und entpuppt nur die selbstsüchtige Seite der Menschennatur. Die Durchschnittsgefühle aber sind sämtlich passiv, die Leidenschaften activ und nur die letzteren setzen sich daher herrisch durch. Auf eine edle Leidenschaft kommen hundert schlechte. Dies der Grund, warum in dieser besten aller Welten die Dummheit und die Ungerechtigkeit regiert, obschon die Menschen selbst meist gutartig. Dies der Grund, warum jeder Ungewöhnliche nur durch wüsten erbitterten Kampf die Anerkennung seines Herrscherrechts erzwingt, warum der Geist stets über den Buchstaben purzelt, warum alle Schaffenskraft auf Erden systematisch eingeengt.

Dies aber soll sein, da nur so der ringende Geist sich stählt. Ränge er nicht mit der Welt, so würde ihm der unablässige Ringkampf an Jakobs Furth die Hüfte verrenken. Früher gab es die Geistestyrannei des Clerus, des Feudalsystems, des Sultanismus. Dies alles schwand und schwindet mehr und mehr. Wo also soll der Geist jene stabile Masse finden, an deren erdrückendem Bleigewicht er seine Freiheit erproben soll? Es giebt nur eine: Die Presse.

Sie aber, Liebster, beflecken Sie nicht Ihre reine Hand mit diesem Marterwerkzeug! Schmeißen Sie Ihre Feder in den nächsten Kamin! Das räth Ihnen Ihr wahrer Freund

Leonhart.«

 

Auch dieser Brief selbst wanderte in den Kamin, wohin ihm ja die Feder Krastiniks vorangeeilt. Der Graf sammelte alle Briefe des Todten, die er bewahrt, und verbrannte sie sorgfältig. Ein symbolisches Verbrennen aller Schiffe hinter sich, einer traumhaften Vergangenheit. Hart und wesenhaft stand die Zukunft vor ihm da. Und statt der Feder schreibe jetzt das Schwert.

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Er trat auf den Altan und blickte hinaus in die untergehende Sonne. Welche Schlachtfelder wird sie beleuchten, bald, wie bald! Ob auch ein Pultawa?

Der alte Dichterinstinkt regte sich; nur versuchte er nicht mehr, mit Worten das innen Geschaute herauszukünsteln,. sondern begnügte sich mit dem Schauen selber. Ihm war, als sähe er ein anderes Feld vor sich bei untergehender Sonne, und darüber wandelnd einen einsamen Mann: Als sähe er auf der Ebene von Lützen, ehe jener zu neuem Kriege nach Rußland eilte, den schwedischen Pyrrhus, Karl XII. Und ihm war, als höre er die stummen Gedanken des Helden: – –

»Wie sie dort niedertaucht, die müde Sonne! Sie, die im Diadem des eignen Glanzes gethront auf angeglühter Wolken Sitz, sie, deren Leuchtkraft die Gestirne nährte – und nun so matt, so todesmatt versinkend! Ihr letzter Blick haucht Weihe ringsumher, verklärt im Scheiden noch die bleiche Erde.

So wirst du enden, stolzer Erderschüttrer, in deiner Siege Purpur! Sei es drum! Mag ich erlöschen und mein Purpur bleichen, wenn ich geleuchtet einen Sommertag.

Wie friedlich diese Ebenen entschlafen! Und dennoch mahnen sie, ein Grabmahl, mich, an meinen Ahnen, dessen Blut sie tranken.

Wie ruhig diese Erde! Also schlief sie, schlief, da sie seinen Todesschrei gehört. Wer weiß, ob nicht der Landmann seinen Pflug unwissend über jene Stelle führt, wo Gustav Adolf sank. So geht die Welt weg mit der Pflugschar der Vergessenheit zermalmend über unser morsch Gebein.

Doch kein Zurück auf dessen Wege giebt's, den tief im Innersten unwiderstehlich ein Vorwärts treibt, an Ueberthatkraft krankend. Ob auch prophetisch mahnt des Ahnen Loos, die Kugel rollt, und rollt sie abgrundwärts, so lief sie doch des Rechtes schroffe Bahn.

Nicht dulden kann ich, der Germanenfürst, daß uns ins Lied der Staaten frech hinein der Russe grunzt, der ungeschlachte Eber. Und ob ein Lützen droht, ich bin bereit.«

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Immer noch stand der Graf Xaver auf dem Altan seines Schlosses und starrte wie ins Unendliche hinaus in die Dunkelheit.

Die Sterne glitzerten hoch am Firmament, zum Schlafe ladend mit geheimem Zauber. Er aber wachte. Der trüben Menschlichkeit Erfordernisse – ihm war, als seien sie abgefallen von seinem Ich, seit er einsam mit der Wahrheit zu Nacht gespeist.

Die Vorahnung gewaltiger Dinge stählte jeden Nerv seines Mannesthums, das er zum Ritter geschlagen fühlte durch siegreichen Kampf. An unendlichem Horizont zogen ihm Erkenntnißbilder der Geschichte vorüber.

Als die Todesfeuer des Hannibalvolkes verglommen, da stieg eine Rauchwolke drohend empor, als wäre es Dido's Rechte, die nordwärts zum Kapitole gewendet. Und Scipio zerwühlte erschauernd seinen blutigen Purpur. – Anderthalb Jahrhunderte seit dem Falle der Meerstadt verflossen, Asche lag und bannendes Salz auf der Stätte. Da saß ein grauer Mann am grauen Meere, in dessen Stirn der Kriegsgott seine Narben schrieb. Marius auf dem Felde des Todes. Und auch er blickte nordwärts. Und er rächte Carthago in Roma's Flammen.

Jugurtha, (wie Philipp von Macedonien mit einem goldbepackten Esel jede Festung zu erstürmen schwor) bepackte römische Consulare mit lybischem Gold; auch er fiel und mußte fallen. Aber er vermachte seine Rache seinem Besieger: Falsch und kalt wie sein alter Freund der Wüstenkönig, zapfte Sulla der Riesenspinne Roms, geschwollen vom Blute ausgesogener Völker, aufs neue Blut in Strömen ab. Wohl schmiedete Rom das All an seinen Siegeswagen. Die Brut der Wölfin schlang die Welt lebendig ein in ihren blutigen Schlund. Aber die Welt lag unverdaut im Magen und Rom würgte sie wieder aus, erstickend an seiner Gier. So wirkt fernhintreffend der Fluch vernichteter Feinde.

Wohl fluthet der Wüstensand um fallende Obelisken und endlos tönt die Klage der Memnonssäule. Aegypten, Carthago, Numidien, Zion, Babylon, alle Reiche Sem's riß der Sturmschritt der arischen Race zu Boden. Aber wie bald zertrat die Gräber der Scipionen der neue Emporkömmling, der Germane! In ewigem Kreislauf auf und ab rollen die Völkergeschicke und jeder Ungebühr ersteht ein Rächer.

Heut also stehn wir aufs neu an einem Wendepunkt der ewig rollenden Kugel. Das Slaventhum, mit dem überwundenen Römerthum verbündet, will die germanische Völkerwanderung wiederholen und wider das Reich deutscher Nation den Alarich und Odoaker spielen. Gleich getheilt liegen die Chancen der äußeren materiellen Kräfte, falls Oesterreich zu Deutschland steht: Menschliche Berechnung vermag nicht dem Spiel der Kräfte vorzugreifen noch zu ergründen, auf wessen Seite die Waage sich neigt Entscheiden kann hier nur das innere Naturgesetz der geschichtlichen Drehung, das hoch über menschlichen Wollens und Könnens prahlendem Größenwahn seine Bahnen zieht, sicher und unbeirrt. Wer aber nachgespürt den inneren Ursachen der großen Außenwirkung, der ahnt freudig, wem der Sieg endlich beschieden sei.

Eichenfestes Volk im Herzen Europas, seit deinen frühsten Wurzeln hast du ringen müssen mit den verderbendrohenden Stürmen, ringen um deine Existenz, ringen um deine schlichte Größe mit dem Größenwahn hadernder Neider! –

Ihm war, als sähe er Hermann den Cherusker, den symbolischen Altvater deutscher Einheit und Siegeskraft, – als höre er den Genius Deutschlands beten zu seinen Göttern, wie beim Morgengrauen jener ersten Entscheidungsschlacht der germanischen Race:

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

»Schon sprengt Wuotan mit dem Rabenpaar, auf seinem Sleipnir, dem achthufig bunten, den Siegesspeer des Morgensterns hochschwingend, hin über seines Regenbogens Brücke. Es stieben seines Rosses goldige Hufen und goldige Funken sprühen an den Himmel. Schon streut auch Freya auf des Gatten Grab die Rosen hin und zarte Götterthränen benetzen ihrer Trauer holde Zeichen. Denn sieh, dort glüht es schon am Wolkenrande wie einer Jungfrau wechselndes Erröthen, und Morgenthau glänzt Erd und Himmel an.

Du großer Geist, der auf des Sturmes Mantel durch greise Eichen fährt! Du, der da lispelt im reifen Korn, das deine Tritte segnen, fahr jetzt hernieder im Gewittergrollen! Mit deiner Blitze rothem Flammenschwert schmettre der Feinde stolzen Helmbusch nieder! Stoß in dein Horn, dein Donnerhorn, o Herr, daß der Legionen frechen Tubaruf die Furcht erstickt! Dann spende milden Regen, daß die zertretnen Früchte freien Wirkens aufs neu entsprießen deinem Segensthau!

Schon stampft auch meines Rosses Huf, o Herr, auf des Geschickes schwanker Himmelsbrücke. Beseel' mich deines Sleipnir Festigkeit, daß ich hinüberfliege unversehrt und hinter mir der Erzfeind niedertaumelt, der listig nachsetzt Deutschlands freiem Roß.

Hier steh ich, Wodan. Schon zu meinen Füßen schlummert der Drache, dem mein Zauberlied die wachen Sinne schlafbedürftig machte. Nun, Drache Rom, weckt dich das Gjallarhorn, Verderben dröhnend von Walhalla nieder.

An jenem Tempel, den ich bauen will auf aller deutschen Stämme Säulen hier, durch Opferblut gekittet Stein an Stein, mag ich als Grundstein selber fallend dienen. Mag ich, vergessen bald und unbeweint, des Meisters Hammer einem Andern reichen und der dem Nächsten – was bekümmert's mich? Nie schnallt die Gattin mir den Panzer ab, mein Bett soll sein von mir befreite Erde, und Undank meines Lebens Pfühl. Doch nimmer wird Hermann sterben, ewig lebt er fort in deutschem Blut für alle Folgezeit, und schwebt siegkündend um die deutschen Banner.

O Weser, du des Varus Styx heut Nacht! Durchs grüne Rohr wie eine Sense blitzend, wenn sie geschwungen niederfährt! O Erde, nie fürder sollen fremder Rosse Hufen dein Grünen niederstampfen!

Und o Himmel, gerüstet stehe ich vor deinem Auge? und hebe meine Rechte auf zu dir: Ich will befreien Donar, schlage uns der Lanzen Eisenspitze scharf dein Hammer!

Ha, was vernimmt mein Ohr? Schon nahen sie! Schon lenkt Freya den goldborstigen Eber, golden strahlt die Sonne, ihr Brustgeschmeide. Schon schirrt Donar an die flammenden Böcke, um die Lenden den Stärkegürtel schnürt er, Krafthandschuhe wappnen seine Fäuste. Lodernd rollt sein Auge, die Zähne knirschen, laut laut bläset sein gewaltiger Odem, daß Blitzfunken stieben vom brennenden Barte. Der Mondweg dröhnt, aufheulen die Klüfte der Hela, der Hammer fliegt, die wälschen Adler fallen! Har! Sie fallen!«

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Er blickte gen Himmel, erhobenen Hauptes und mit leuchtenden Augen.

Noch lag eine Zukunft vor ihm: die That. Mannesthat in welterschütterndem Kampfe.

Unser Wissen ist Stückwerk und und unser Weissagen ist Stückwerk.

Haltet euch bereit, denn die Zeiten nahen. In Bereitschaft sein ist Alles.

 
Größenwahn
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